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EuGH 19.07.2012 - C-451/11
EuGH 19.07.2012 - C-451/11 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer) - 19. Juli 2012 ( *1) - „Assoziierungsabkommen EWG–Türkei — Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates — Art. 7 Abs. 1 — Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört — Thailändische Staatsangehörige, die mit einem türkischen Arbeitnehmer verheiratet war und mit ihm mehr als drei Jahre zusammengelebt hat“
Leitsatz
In der Rechtssache C-451/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Gießen (Deutschland) mit Entscheidung vom 11. August 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 1. September 2011, in dem Verfahren
Natthaya Dülger
gegen
Wetteraukreis
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter) sowie der Richter U. Lõhmus, A. Rosas, A. Ó Caoimh und C. G. Fernlund,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
von Frau Dülger, vertreten durch Rechtsanwalt C. Momberger,
des Wetteraukreises, vertreten durch D. Mayer als Bevollmächtigte,
der deutschen Regierung, vertreten durch A. Wiedmann als Bevollmächtigte,
der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Palatiello, avvocato dello Stato,
der österreichischen Regierung, vertreten durch F. Koppensteiner als Bevollmächtigten,
der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und G. Rozet als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Juni 2012
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: Beschluss Nr. 1/80). Der Assoziationsrat wurde eingerichtet durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, das am 12. September 1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits sowie von den Mitgliedstaaten der EWG und der Gemeinschaft andererseits unterzeichnet wurde und das im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963 geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde (ABl. 1964, Nr. 217, S. 3685, im Folgenden: Assoziierungsabkommen).
Dieses Ersuchen erging im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Natthaya Dülger, einer thailändischen Staatsangehörigen, und dem Wetteraukreis wegen dessen Weigerung, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Assoziierungsabkommen EWG–Türkei
– Das Assoziierungsabkommen
Gemäß seinem Art. 2 Abs. 1 ist Ziel des Assoziierungsabkommens, durch die schrittweise Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und die Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs eine beständige und ausgewogene Verstärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien, u. a. im Bereich der Arbeitskräfte, zu fördern, um die Lebenshaltung des türkischen Volkes zu bessern und später den Beitritt der Republik Türkei zur Europäischen Gemeinschaft zu erleichtern.
– Das Zusatzprotokoll
Das am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichnete und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 (ABl. L 293, S. 1) im Namen der Gemeinschaft geschlossene, gebilligte und bestätigte Zusatzprotokoll (im Folgenden: Zusatzprotokoll) legt in Art. 1 die Bedingungen, die Einzelheiten und den Zeitplan für die Verwirklichung der in Art. 4 des Assoziierungsabkommens genannten Übergangsphase fest. Nach Art. 62 des Zusatzprotokolls ist es Bestandteil dieses Abkommens.
Art. 59 dieses Protokolls bestimmt:
„In den von diesem Protokoll erfassten Bereichen darf der Türkei keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander auf Grund des Vertrags zur Gründung der Gemeinschaft einräumen.“
– Der Beschluss Nr. 1/80
Wie aus seinem dritten Erwägungsgrund hervorgeht, soll durch diesen Beschluss im sozialen Bereich die Regelung zugunsten der türkischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen gegenüber der mit dem Beschluss Nr. 2/76 des Assoziationsrats vom 20. Dezember 1976 eingeführten Regelung verbessert werden.
Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 bestimmt:
„Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,
haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus dem Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahre ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;
freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.
Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war.“
Andere Bestimmungen des Unionsrechts
Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2434/92 des Rates vom 27. Juli 1992 (ABl. L 245, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1612/68) lautet:
„Bei dem Arbeitnehmer, der die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt und im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist, dürfen folgende Personen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit Wohnung nehmen:
sein Ehegatte sowie die Verwandten in absteigender Linie, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen Unterhalt gewährt wird;
seine Verwandten und die Verwandten seines Ehegatten in aufsteigender Linie, denen er Unterhalt gewährt.“
Art. 10 der Verordnung Nr. 1612/68 wurde durch Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77, mit Berichtigungen in ABl. 2004, L 229, S. 35, und ABl. 2007, L 204, S. 28) aufgehoben.
Gemäß Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 gilt Folgendes:
„Von Familienangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, ist gemäß der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 oder gegebenenfalls den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften lediglich ein Einreisevisum zu fordern. Für die Zwecke dieser Richtlinie entbindet der Besitz einer gültigen Aufenthaltskarte gemäß Artikel 10 diese Familienangehörigen von der Visumspflicht.
Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um diesen Personen die Visumformalitäten zu erleichtern. Die Visa werden so bald wie möglich nach einem beschleunigten Verfahren unentgeltlich erteilt.“
Art. 6 („Recht auf Aufenthalt bis zu drei Monaten“) dieser Richtlinie bestimmt:
„(1) Ein Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten, wobei er lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein muss und ansonsten keine weiteren Bedingungen zu erfüllen oder Formalitäten zu erledigen braucht.
(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige im Besitz eines gültigen Reisepasses, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen.“
Nach Art. 7 Abs. 2 dieser Richtlinie gilt das Aufenthaltsrecht auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen.
Art. 38 Abs. 3 dieser Richtlinie lautet:
„Bezugnahmen auf die aufgehobenen Bestimmungen oder Richtlinien gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie.“
Deutsches Recht
§ 4 Abs. 5 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) in der – im Ausgangsverfahren anwendbaren – Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162, im Folgenden: AufenthG) bestimmt:
„Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens reiste im Besitz eines Touristenvisums am 30. Juni 2002 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 12. September 2002 heiratete sie in Dänemark den türkischen Staatsangehörigen M. Dülger.
Herr Dülger ist seit 1988 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland. Während der Zeit, in der die Eheleute Dülger zusammenlebten, war er vom 1. Oktober 2002 bis 30. Juni 2004, vom 1. August 2004 bis 8. Juni 2005, vom 1. März 2006 bis 15. März 2008 und vom 1. Juni 2008 bis 31. Dezember 2009 bei unterschiedlichen Arbeitgebern sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Frau Dülger beantragte am 18. September 2002 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie gab an, verheiratet zu sein und zwei 1996 und 1998 in Thailand geborene Kinder zu haben. Die Klägerin erhielt zur Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die in der Folgezeit jeweils verlängert wurde, zuletzt am 10. September 2008 bis zum 26. Juni 2011. Seit dem 21. Juni 2011 ist Frau Dülger im Besitz einer sogenannten „Fiktionsbescheinigung“ über ihr Aufenthaltsrecht.
Die Töchter der Klägerin reisten am 1. Juli 2006 in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Am 3. Juni 2009 trennte sich Frau Dülger von ihrem Ehemann und zog mit ihren beiden Kindern in ein Frauenhaus nach Friedberg (Deutschland). Sie bezieht seitdem für sich und ihre Kinder Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende, im Folgenden: SGB II).
Am 3. Februar 2011 wurde ihre Ehe mit Herrn Dülger geschieden.
Mit Schreiben vom 9. September 2009 wies die Ausländerbehörde des Wetteraukreises die Klägerin darauf hin, dass sie nach der Trennung ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erworben habe, dieses aber nur ein Jahr unabhängig von der eigenständigen Sicherstellung ihres Lebensunterhalts und desjenigen ihrer Kinder bestehe. Sollte sie ab dem 4. Juni 2010 noch immer auf öffentliche Mittel angewiesen sein, seien die Voraussetzungen für die Gültigkeit ihrer Aufenthaltserlaubnis und derjenigen ihrer Kinder nicht mehr gegeben, und sie müsse Deutschland verlassen. Nur wenn sie und ihre Kinder bis dahin frei von öffentlichen Mitteln leben könnten, könne ihr Aufenthaltsrecht erhalten bleiben.
Am 18. September 2009 beantragte Frau Dülger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG, da sie als Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, mit dem sie mindestens drei Jahre einen ordnungsgemäßen Wohnsitz gehabt habe, die Rechte aus Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 erworben habe, denn es komme nicht darauf an, dass auch der Familienangehörige die türkische Staatsangehörigkeit besitze.
Mit Verfügung vom 15. März 2010 lehnte die Ausländerbehörde den Antrag der Klägerin des Ausgangsverfahrens mit der Begründung ab, dass sie keine Rechte aus Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 erworben habe. Nur türkische Familienangehörige eines türkischen Arbeitnehmers könnten sich nämlich auf diese Bestimmung berufen.
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens erhob Klage gegen diese Verfügung und führte zur Begründung aus, dass Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 keine besonderen Voraussetzungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit der begünstigten Familienangehörigen enthalte. Sie beantragte beim vorlegenden Gericht, die Verfügung der Ausländerbehörde aufzuheben und diese zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 AufenthG zu verpflichten.
Das vorlegende Gericht stellt fest, dass der Klägerin des Ausgangsverfahrens die von ihr begehrte Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG nur zuerkannt werden könne, wenn ihr nach Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 ein Aufenthaltsrecht zustehe, und dass von den in dieser Bestimmung enthaltenen Voraussetzungen allein fraglich ist, ob die Klägerin in Anbetracht ihrer thailändischen Staatsangehörigkeit als Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers angesehen werden könne.
Unter diesen Umständen hat das Verwaltungsgericht Gießen beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Kann sich eine thailändische Staatsangehörige, die mit einem dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmer verheiratet war und nach Erhalt der Genehmigung, zu ihm zu ziehen, mehr als drei Jahre ununterbrochen mit ihm zusammengewohnt hat, auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 ergebenden Rechte mit der Folge berufen, dass ihr wegen der unmittelbaren Wirkung dieser Bestimmung ein Aufenthaltsrecht zusteht?
Zur Vorlagefrage
Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 dahin auszulegen ist, dass sich ein Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers, der Staatsangehöriger eines anderen Drittlands als der Türkei ist, im Aufnahmemitgliedstaat auf die sich aus dieser Bestimmung ergebenden Rechte berufen kann, wenn alle anderen darin vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.
Nach Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 haben die Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers vorbehaltlich der Erfüllung der in dieser Bestimmung aufgestellten Voraussetzungen ein eigenes Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt im Aufnahmemitgliedstaat. Hierzu hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass die Rechte, die Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 den Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers hinsichtlich der Beschäftigung in dem betreffenden Mitgliedstaat verleiht, notwendig das Bestehen eines entsprechenden Aufenthaltsrechts des Betroffenen voraussetzen, da dem Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt und auf tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung sonst jede Wirkung genommen würde (vgl. u. a. Urteile vom 18. Juli 2007, Derin, C-325/05, Slg. 2007, I-6495, Randnr. 47, und vom 22. Dezember 2010, Bozkurt, C-303/08, Slg. 2010, I-13445, Randnr. 36).
Nach Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 unterliegt der Erwerb der in dieser Bestimmung vorgesehenen Rechte drei kumulativen Voraussetzungen:
die betreffende Person muss Familienangehöriger eines bereits dem regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers sein;
sie muss von den zuständigen Behörden dieses Staates die Genehmigung erhalten haben, zu diesem zu ziehen, und
sie muss seit einer bestimmten Zeit ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz im Aufnahmemitgliedstaat haben.
Im Ausgangsverfahren war, wie aus der Vorlageentscheidung und insbesondere dem Wortlaut der Vorlagefrage selbst hervorgeht, Frau Dülger mit einem türkischen Arbeitnehmer verheiratet, der dem regulären Arbeitsmarkt Deutschlands angehörte, und sie lebte mit diesem Arbeitnehmer ununterbrochen seit ihrer Eheschließung im September 2002 bis zu ihrer Trennung im Juni 2009 zusammen, nachdem sie die Erlaubnis erhalten hatte, in diesen Mitgliedstaat zu ihm zu ziehen. Die in der vorhergehenden Randnummer aufgeführten Voraussetzungen scheinen damit auf den ersten Blick erfüllt zu sein.
Die deutsche, die italienische und die österreichische Regierung machen jedoch geltend, dass der Begriff „Familienangehörige“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 nur die Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers erfasse, die ebenfalls die türkische Staatsangehörigkeit besäßen. Die thailändische Staatsangehörigkeit von Frau Dülger hindere diese daher daran, die in dieser Bestimmung vorgesehenen Rechte geltend zu machen.
Dieser These kann nicht gefolgt werden.
Nach gefestigter Rechtsprechung ist Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 integrierender Bestandteil des Unionsrechts (Urteile vom 20. September 1990, Sevince, C-192/89, Slg. 1990, I-3461, Randnrn. 8 und 9, und vom 29. März 2012, Kahveci und Inan, C-7/10 und C-9/10, Randnr. 23).
Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 enthält weder eine Definition des Begriffs „Familienangehörige“ des Arbeitnehmers noch einen ausdrücklichen Verweis auf die Rechte der Mitgliedstaaten, um den Sinn und die Tragweite dieses Begriffs zu bestimmen. Die Vorschrift unterstellt die Staatsangehörigkeit der Familienangehörigen auch keiner Voraussetzung.
Ferner geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass die Bedeutung des Begriffs „Familienangehörige“ des Arbeitnehmers nicht auf dessen Blutsverwandte beschränkt ist (vgl. Urteil vom 30. September 2004, Ayaz, C-275/02, Slg. 2004, I-8765, Randnr. 46).
Unter diesen Umständen ist, um die homogene Anwendung des Begriffs „Familienangehörige“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 in den Mitgliedstaaten sicherzustellen, dieser Begriff auf der Ebene des Unionsrechts autonom und einheitlich auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Ayaz, Randnr. 39).
Wie der Gerichtshof entschieden hat, ist die Bedeutung des Begriffs „Familienangehörige“ des Arbeitnehmers nach dem mit ihm verfolgten Zweck und dem Zusammenhang, in den er sich einfügt, auszulegen (Urteil Ayaz, Randnr. 40).
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das System des schrittweisen Erwerbs von Rechten nach Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 einem doppelten Zweck dient.
Erstens sollen nach der genannten Vorschrift bis zum Ablauf des ersten Zeitraums von drei Jahren Familienangehörige des Wanderarbeitnehmers die Möglichkeit erhalten, bei diesem zu leben, um so durch Familienzusammenführung die Beschäftigung und den Aufenthalt des türkischen Arbeitnehmers, der sich bereits ordnungsgemäß in den Aufnahmemitgliedstaat integriert hat, zu begünstigen (vgl. u. a. Urteil Kahveci und Inan, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zweitens soll diese Vorschrift eine dauerhafte Eingliederung der Familie des türkischen Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat fördern, indem dem betroffenen Familienangehörigen nach drei Jahren ordnungsgemäßen Wohnsitzes selbst der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht wird. Der damit verfolgte Hauptzweck ist also, die Stellung des Familienangehörigen, der sich in dieser Phase bereits ordnungsgemäß in den Aufnahmemitgliedstaat integriert hat, dadurch zu festigen, dass er die Mittel erhält, um dort selbst seinen Lebensunterhalt zu verdienen und sich folglich eine gegenüber der Stellung des Wanderarbeitnehmers selbständige Stellung aufzubauen (vgl. u. a. Urteile vom 11. November 2004, Cetinkaya, C-467/02, Slg. 2004, I-10895, Randnr. 25, sowie Kahveci und Inan, Randnr. 33).
Somit spielt die Familienzusammenführung in der durch Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehenen Regelung eine zentrale Rolle.
Da es sich bei der Familienzusammenführung, in deren Genuss türkische Arbeitnehmer gelangen, die dem Arbeitsmarkt der Mitgliedstaaten angehören, um ein unerlässliches Mittel zur Ermöglichung des Familienlebens handelt, trägt sie sowohl zur Verbesserung der Qualität ihres Aufenthalts als auch zu ihrer Integration in diesen Staaten bei und fördert auf diese Weise den sozialen Zusammenhalt der betreffenden Gesellschaft.
Die deutsche Regierung macht jedoch geltend, dass sowohl der Sinn als auch der Zweck des Assoziierungsabkommens und des Beschlusses Nr. 1/80 dagegen sprächen, dass Art. 7 Abs. 1 dieses Beschlusses auch für andere als türkische Staatsangehörige gelte. Dieses Abkommen diene in erster Linie wirtschaftlichen Zwecken. Die Regelung des Aufenthaltsrechts des aus einem Drittland stammenden Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers sei daher kein derzeitiges Problem einer solchen Zwecken dienenden Assoziation.
Dieses Argument greift nicht durch.
Auch wenn das Assoziierungsabkommen gemäß seinem Art. 2 Abs. 1 dazu dient, eine beständige und ausgewogene Verstärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei zu fördern, ändert dies doch nichts daran, dass sich die Vertragsparteien dadurch, dass sie in Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 für die Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers die Möglichkeit vorgesehen haben, in den Mitgliedstaat zu ihm zu ziehen, in dem er arbeitet, auf Gründe gestützt haben, die eindeutig über rein wirtschaftliche Erwägungen hinausgehen.
Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 steht nämlich in Abschnitt 1 des Kapitels II dieses Beschlusses, das die Überschrift „Soziale Bestimmungen“ trägt. Dieser Abschnitt behandelt Fragen betreffend die Beschäftigung und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer.
Die Vorteile, die die Familienzusammenführung für das Familienleben, die Qualität des Aufenthalts und die Integration des türkischen Arbeitnehmers in dem Mitgliedstaat, in dem er arbeitet und wohnt, mit sich bringt, sind offenkundig unabhängig von der Staatsangehörigkeit seiner Familienangehörigen, die die Erlaubnis erhalten haben, in diesem Staat zu ihm zu ziehen.
Im Übrigen hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die sozialen Bestimmungen des Beschlusses Nr. 1/80, zu denen Art. 7 Abs. 1 gehört, einen weiteren durch die Art. 45 AEUV, 46 AEUV und 47 AEUV geleiteten Schritt zur Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bilden und dass daher die im Rahmen dieser Artikel geltenden Grundsätze so weit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die in diesem Beschluss eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. Januar 1997, Tetik, C-171/95, Slg. 1997, I-329, Randnr. 20, und vom 17. April 1997, Kadiman, C-351/95, Slg. 1997, I-2133, Randnr. 30).
Ebenfalls nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Bestimmung der Bedeutung des Begriffs „Familienangehöriger“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 auf die dem gleichen Begriff im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus den Mitgliedstaaten der Union gegebene Auslegung abzustellen, insbesondere auf die Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1612/68 zuerkannte Bedeutung (Urteil Ayaz, Randnr. 45).
Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung sah vor, dass die Familienangehörigen eines Arbeitnehmers, der die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, das Recht haben, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit bei diesem in dem Mitgliedstaat Wohnung zu nehmen, in dem er beschäftigt ist.
Diese Bestimmung wurde aufgehoben, doch stellen die Art. 6 Abs. 2 und 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 ebenfalls den Grundsatz auf, dass die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, das Recht haben, diesen in den Aufnahmemitgliedstaat zu begleiten oder ihm nachzuziehen.
Eine etwaige Beschränkung des Rechts auf Familienzusammenführung, die sich notwendigerweise dann ergäbe, wenn die durch Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 begründeten Rechte allein für die Familienangehörigen gelten würden, die die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, würde den Zweck dieser Bestimmung beeinträchtigen.
Eine solche Beschränkung würde auch dem in Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens zuwiderlaufen. Da Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 integrierender Bestandteil des Unionsrechts ist, haben die Mitgliedstaaten die Verpflichtungen aus Art. 7 der Charta zu beachten, der Art. 6 Abs. 1 EUV rechtliche Gleichrangigkeit mit den Verträgen zuerkennt.
Wie der Generalanwalt in den Nrn. 50 bis 53 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist diese Auslegung des Begriffs „Familienangehöriger“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 umso mehr gerechtfertigt, als sie sich auch für den Beschluss Nr. 3/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige (ABl. 1983, C 110, S. 60) aufdrängt.
Art. 1 Buchst. a des Beschlusses Nr. 3/80 sieht nämlich insbesondere vor, dass für die Anwendung dieses Beschlusses der Ausdruck Familienangehöriger die Bedeutung hat, wie sie in Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149, S. 2), definiert ist.
Der Gerichtshof hat, soweit er mit der Auslegung des persönlichen Geltungsbereichs der Verordnung Nr. 1408/71 befasst war, wiederholt entschieden, dass Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung zwei deutlich unterschiedene Personengruppen behandelt, nämlich die Arbeitnehmer auf der einen und ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen auf der anderen Seite. Erstere fallen unter die Verordnung, wenn sie Angehörige eines Mitgliedstaats oder in einem Mitgliedstaat ansässige Staatenlose oder Flüchtlinge sind. Dagegen hängt die Anwendbarkeit der Verordnung auf Familienangehörige oder Hinterbliebene von Arbeitnehmern, die Gemeinschaftsangehörige sind, nicht von deren Staatsangehörigkeit ab (vgl. u. a. Urteile vom 30. April 1996, Cabanis-Issarte, C-308/93, Slg. 1996, I-2097, Randnr. 21, und vom 25. Oktober 2001, Ruhr, C-189/00, Slg. 2001, I-8225, Randnr. 19).
Zudem hat der Gerichtshof auch entschieden, dass sich die Definition des persönlichen Geltungsbereichs des Beschlusses Nr. 3/80 in Art. 2 an die entsprechende Definition in Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 anlehnt (Urteil vom 4. Mai 1999, Sürül, C-262/96, Slg. 1999, I-2685, Randnr. 84).
Eine mit diesen Erwägungen in Einklang stehende Auslegung von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 kann nicht dadurch in Zweifel gezogen werden, dass, wie das vorlegende Gericht ausführt, der Gerichtshof in mehreren Urteilen, die zur Anwendung dieser Bestimmung ergangen sind, auf die türkische Staatsangehörigkeit der Familienangehörigen eines Arbeitnehmers Bezug genommen hat (vgl. Urteile vom 16. März 2000, Ergat, C-329/97, Slg. 2000, I-1487, Randnr. 67, vom 22. Juni 2000, Eyüp, C-65/98, Slg. 2000, I-4747, Randnr. 48, Derin, Randnr. 48, und Bozkurt, Randnr. 46).
Allen diesen Urteilen lagen nämlich Ausgangsverfahren zugrunde, in denen es um die Frage ging, ob die im Beschluss Nr. 1/80 vorgesehenen Vergünstigungen Kindern oder Ehegatten eines türkischen Arbeitnehmers zu gewähren waren, die selbst ebenfalls die türkische Staatsangehörigkeit besaßen. Infolgedessen kam der Bezugnahme des Gerichtshofs auf die Staatsangehörigkeit der Familienangehörigen keine spezielle Bedeutung zu.
Die deutsche, die italienische und die österreichische Regierung machen ferner geltend, dass eine extensive Auslegung von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 den persönlichen Geltungsbereich dieses Beschlusses übermäßig ausweiten würde, indem sie es Staatsangehörigen von Drittstaaten, deren Zahl schwer zu bestimmen sei, erlaubte, sich auf diese Bestimmung zu berufen.
Hierzu genügt der Hinweis, dass Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 die Familienzusammenführung ausdrücklich von einer gemäß den Anforderungen der Regelung des Aufnahmemitgliedstaats erteilten Genehmigung für den Nachzug zum türkischen Wanderarbeitnehmer abhängig macht (Urteile Ayaz, Randnrn. 34 und 35, und Derin, Randnr. 63).
Diese Regelung, die bezweckt, diejenigen Familienangehörigen des türkischen Arbeitnehmers vom Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 auszunehmen, die unter Verstoß gegen die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats in dessen Hoheitsgebiet eingereist sind und dort wohnen (Urteil Cetinkaya, Randnr. 23), ist damit zu erklären, dass im Rahmen der Assoziierung EWG–Türkei die Familienzusammenführung kein Recht der Familienangehörigen des türkischen Wanderarbeitnehmers ist, sondern im Gegenteil von einer Entscheidung der nationalen Behörden abhängt, die allein in Anwendung des Rechts des betreffenden Mitgliedstaats getroffen wird, vorbehaltlich der Einhaltung der Menschenrechte (vgl. in diesem Sinne Urteil Derin, Randnr. 64).
Aus dem gleichen Grund kann auch nicht geltend gemacht werden, dass der Umstand, dass die Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers, die nicht die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, vom Geltungsbereich von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erfasst werden, eine gegen Art. 59 des Zusatzprotokolls verstoßende günstigere Behandlung dieser Familienangehörigen im Vergleich zu den Familienangehörigen eines Unionsbürgers darstelle, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen.
Entgegen der für die Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers geltenden Regelung verfügen nämlich die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die Staatsangehörige von Drittstaaten sind, nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 über ein Recht auf Einreise in die Mitgliedstaaten unter der alleinigen Voraussetzung, dass sie über ein Einreisevisum oder eine gültige Aufenthaltskarte verfügen.
Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 dahin auszulegen ist, dass sich ein Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers, der Staatsangehöriger eines anderen Drittlands als der Türkei ist, im Aufnahmemitgliedstaat auf die sich aus dieser Bestimmung ergebenden Rechte berufen kann, wenn alle anderen darin vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des durch das – am 12. September 1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits und von den Mitgliedstaaten der EWG und der Gemeinschaft andererseits unterzeichnete und im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963 geschlossene, gebilligte und bestätigte – Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation ist dahin auszulegen, dass sich ein Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers, der Staatsangehöriger eines anderen Drittlands als der Türkei ist, im Aufnahmemitgliedstaat auf die sich aus dieser Bestimmung ergebenden Rechte berufen kann, wenn alle anderen darin vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.
Unterschriften
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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