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BAG 24.04.2024 - 10 AZR 598/20
BAG 24.04.2024 - 10 AZR 598/20 - Tarifliche Nachtarbeitszuschläge - Gleichheitssatz - Aussetzung
Vorinstanz
vorgehend ArbG Mönchengladbach, 21. Januar 2020, Az: 1 Ca 2526/19, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 6. November 2020, Az: 6 Sa 140/20, Urteil
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. November 2020 - 6 Sa 140/20 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 21. Januar 2020 - 1 Ca 2526/19 - abgeändert.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
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1.559,82 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 779,47 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. September 2019 und
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1.014,51 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 506,97 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Dezember 2019 zu zahlen.
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3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Höhe tariflicher Nachtarbeitszuschläge.
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Der Kläger leistete im streitgegenständlichen Zeitraum Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit bei der Beklagten. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie, Essigindustrie, Senfindustrie Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2004 (MTV). Außerdem galt im Streitzeitraum der Haustarifvertrag zur Konti-Schicht vom 8. Dezember 2017 (HTV).
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Dieser enthält ua. folgende Regelungen:
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„§ 1 Geltungsbereich
…
4.
Dieser Haustarifvertrag gilt nicht für Arbeitnehmer, die aus zwingenden persönlichen Gründen am zu vereinbarenden Schichtmodell nicht teilnehmen können. Als zwingende persönliche Gründe sind insbesondere anzusehen, wenn
…
§ 2 Grundlagen
Soweit in diesem Haustarifvertrag nicht ausdrücklich anders geregelt, gelten die jeweiligen Tarifverträge für die obst- und gemüseverarbeitende Industrie in Nordrhein-Westfalen, abgeschlossen zwischen der Gewerkschaft NGG und dem Arbeitgeberverband der Ernährungsindustrie NRW, einschließlich dem Tarifvertrag - Grundlagen Arbeitsentgeltregelung ETV.
…
§ 3 Arbeitszeit
1. Regelmäßige Arbeitszeit
Als Vollkonti-Schichtbetrieb gilt eine regelmäßige Betriebszeit von 168 Wochenstunden.
Die Arbeitszeit beträgt grundsätzlich 38 Stunden pro Woche, der Stundendivisor ist 1/165 des Monatsentgeltes. …
3. Pausen
Jeder Arbeitnehmer erhält mindestens 30 Minuten Pause, in der er nicht zur Arbeit abgerufen werden kann. Anderenfalls gilt § 3, III Ziff. 6 des Manteltarifvertrages für die obst- und gemüseverarbeitende Industrie NRW. …
§ 7 Belastungsausgleich
…
4. Zulagen und Zuschläge
Die Vergütung von Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit erfolgt grundsätzlich gemäß § 5 Manteltarifvertrag für die obst- und gemüseverarbeitende Industrie in NRW.
Der § 5 Ziffer 2.c) des Manteltarifvertrages wird dahingehend geändert, dass für die Zeit:
von 22:00 bis 00:00 Uhr
25 % Nachtzulage,
von 00:00 bis 04:00 Uhr
40 % Nachtzulage und
von 04:00 bis 06:00 Uhr
25 % Nachtzulage gewährt wird.“
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Der Kläger verrichtete von April bis September 2019 in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr Nachtarbeit in Wechselschicht, für die er einen Zuschlag in Höhe von 25 % des Stundenentgelts erhielt. In diesem Zeitraum wurde keine Konti-Schicht iSd. HTV geleistet.
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Mit seiner Klage begehrt der Kläger - nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung - für die geleistete Nachtarbeit die Zahlung weiterer Nachtarbeitszuschläge in Höhe der Differenz zwischen dem gezahlten tariflichen Zuschlag für Schichtarbeit zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr in Höhe von 25 % und dem tariflichen Zuschlag für Nachtarbeit in Höhe von 50 %.
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Er hat die Auffassung vertreten, der Anspruch ergebe sich aus § 5 Nr. 2 Buchst. b MTV iVm. dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Nach der tariflichen Regelung erhielten Arbeitnehmer für Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr - trotz Vergleichbarkeit beider Arbeitnehmergruppen - Zuschläge für Nachtarbeit von nur 25 % bzw. 40 %, für Nachtarbeit dagegen Zuschläge von 50 %, ohne dass für diese Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund vorliege. Der vorrangig zu beachtende Gesundheitsschutz rechtfertige die Ungleichbehandlung nicht; andere Aspekte als dieser könnten bei Nachtarbeit höhere Zuschläge nicht rechtfertigen. Zudem sei die Teilhabe am sozialen Leben auch bei Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr deutlich erschwert. Planbarkeit könne sowohl bei Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr als auch bei Nachtarbeit vorliegen oder fehlen. Ein Zuschlag von nur 25 % bzw. 40 % für Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr sei nicht vom Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien gedeckt, er verteuere die Nachtarbeit nicht ausreichend. Außerdem sei dieser Gestaltungsspielraum mit Blick darauf eingeschränkt, dass tarifvertragliche Regelungen für Nachtarbeitszuschläge der Durchführung von Unionsrecht iSv. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) dienten und insoweit an Art. 20 und Art. 31 Abs. 1 GRC zu messen seien.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn Nachtarbeitszuschläge in Höhe von
1.
1.559,82 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 779,47 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. September 2019,
2.
1.014,51 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 506,97 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Dezember 2019
zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit verstießen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Gruppen der Arbeitnehmer, die Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit verrichteten, seien schon nicht vergleichbar. Zwischen Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit bestehe zudem ein Regel-Ausnahmeverhältnis, weil die planbare Nachtschichtarbeit sehr viel häufiger anfalle als sonstige Nachtarbeit. Die unterschiedliche Höhe der Nachtarbeitszuschläge überschreite auch nicht den Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien. Die Zuschlagsdifferenz, die zwischen 00:00 Uhr und 04:00 Uhr ohnehin gering sei, verringere sich außerdem durch die Regelungen zu den Schichtfreizeiten und zu den bezahlten Pausen sowie den Umstand, dass der Zuschlag von 50 % für Nachtarbeit typischerweise Mehrarbeit betreffe und daher den Mehrarbeitszuschlag enthalte. Er solle auch nicht nur die Erschwernis für die Arbeit in der Nacht ausgleichen, sondern kompensieren, dass die betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit verlören, über ihre Freizeit zu disponieren. Arbeitgeber sollten von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abgehalten werden. Außerdem sei die Teilhabe am sozialen Leben, etwa die Organisation der Kinderbetreuung, bei unregelmäßiger Nachtarbeit wesentlich schwerer zu organisieren. Schließlich sei eine „Anpassung nach oben“ abzulehnen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger seine Zahlungsansprüche weiter.
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Der Senat hat das Revisionsverfahren im Hinblick auf zwei Vorabentscheidungsersuchen zum Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausgesetzt. Der EuGH hat auf die dort gestellte Frage mit Urteil vom 7. Juli 2022 geantwortet (- C-257/21 und C-258/21 - [Coca-Cola European Partners Deutschland]).
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist begründet. Er hat für den streitgegenständlichen Zeitraum entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts für die während der Nachtschichten geleisteten Arbeitsstunden Anspruch auf einen höheren Nachtarbeitszuschlag. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Klage ist begründet, was der Senat selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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I. Der Rechtsstreit war nicht in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO wegen der gegen das Urteil des Senats vom 22. März 2023 (- 10 AZR 600/20 -) eingelegten Verfassungsbeschwerde (- 1 BvR 1422/23 -) auszusetzen (vgl. zur entsprechenden Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO bei Anhängigkeit einer Verfassungsbeschwerde BAG 10. September 2020 - 6 AZR 136/19 (A) - Rn. 42 ff., BAGE 172, 175).
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1. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist eine Aussetzung in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO nur möglich, wenn in Abwägung zwischen der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und dem Beschleunigungsgebot des § 9 Abs. 1 ArbGG eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien angemessen erscheint. Dies ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei sind insbesondere die bisherige Verfahrensdauer und der jetzige Verfahrensstand sowie die bei einer Aussetzung zu prognostizierende Verlängerung der Verfahrensdauer zu berücksichtigen, welche einer Einschätzung durch das Gericht bedarf (vgl. BAG 22. März 2023 - 10 AZR 499/20 - Rn. 20 mwN; 10. September 2020 - 6 AZR 136/19 (A) - Rn. 45 mwN, BAGE 172, 175).
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2. In Abwägung zwischen der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und dem Beschleunigungsgebot des gerichtlichen Verfahrens (§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 ArbGG, §§ 198 ff. GVG) ist eine nochmalige Aussetzung des Verfahrens unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien nicht angezeigt.
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a) Streitgegenständlich sind vorliegend Ansprüche des Klägers auf höhere Nachtarbeitszuschläge für die Monate April bis September 2019. Die der Beklagten im November 2019 zugestellte Klage ist seit über vier Jahren rechtshängig. In dritter Instanz ist das Verfahren bereits im Hinblick auf zwei Vorabentscheidungsersuchen zum Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ausgesetzt worden. Dieser Aussetzungsgrund ist mit der Entscheidung des Gerichtshofs vom 7. Juli 2022 (- C-257/21 und C-258/21 - [Coca-Cola European Partners Deutschland]) entfallen.
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b) Eine weitere Aussetzung bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht würde unter Berücksichtigung der üblichen Dauer eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens, dessen Abschluss nicht valide abzuschätzen ist, zu einer erheblichen Verlängerung der ohnehin bereits beträchtlichen Verfahrensdauer führen. Mit Blick darauf war dem Interesse des Klägers an einem zeitnahen Abschluss des Verfahrens vor einem Aussetzungsinteresse der Beklagten der Vorrang einzuräumen. Der Zweck der Aussetzung, die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen zu vermeiden, tritt insoweit zurück.
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II. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat für jeden Monat des streitgegenständlichen Zeitraums die Anzahl der geleisteten Nachtarbeitsstunden angegeben und die Klageforderung ausgehend vom tariflichen Bruttostundenlohn mit dem geltend gemachten Zuschlag in Höhe von insgesamt 50 % für die geleisteten Nachtarbeitsstunden abzüglich des gezahlten Nettobetrags für den Zuschlag in Höhe von 25 % berechnet. Damit ist die Klage in Bezug auf jeden Monat, für den der Kläger höhere Nachtarbeitszuschläge verlangt, als abschließende Gesamtklage zu verstehen und hinreichend bestimmt (vgl. BAG 28. Juni 2023 - 10 AZR 471/21 - Rn. 12 mwN).
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III. Die Klage ist begründet. Die Beklagte hat an den Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum für seine Arbeit in der Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr den Zuschlag für Nachtarbeit nach § 5 Nr. 2 Buchst. b MTV in Höhe von 50 % des tatsächlichen Stundenentgelts abzüglich der geleisteten Zuschläge zu zahlen.
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1. Dem Kläger stehen höhere Nachtarbeitszuschläge zu, weil die tarifvertragliche Unterscheidung der Zuschläge für sonstige Nachtarbeit (§ 5 Nr. 2 Buchst. b MTV) und Nachtschichtarbeit (§ 5 Nr. 2 Buchst. c MTV iVm. § 7 Nr. 4 Abs. 2 HTV) einer Kontrolle am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG nicht standhält. Nachtschichtarbeitnehmer werden gegenüber Arbeitnehmern, die außerhalb von Schichtsystemen Nachtarbeit leisten, gleichheitswidrig schlechter gestellt. Dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) kann nur dadurch genügt werden, dass der Kläger für die im Rahmen von Nachtschichten geleistete Nachtarbeit ebenso wie ein Arbeitnehmer, der sonstige Nachtarbeit iSv. § 5 Nr. 2 Buchst. b MTV leistet, behandelt wird. Er hat ergänzend zu dem gezahlten Zuschlag in Höhe von 25 % nach § 7 Nr. 4 Abs. 2 HTV Anspruch auf einen Zuschlag von weiteren 25 % zu seinem jeweiligen Stundenentgelt für die von ihm geleisteten Stunden zur tariflichen Nachtzeit. Das hat der Senat zu den hier auch maßgeblichen Tarifnormen des MTV bereits entschieden (BAG 22. März 2023 - 10 AZR 600/20 - Rn. 34 ff.). Das Vorbringen im Streitfall entspricht dem Vorbringen in dem bereits entschiedenen Verfahren, soweit die Regelungen des MTV berührt sind, und führt zu keiner anderen Bewertung. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird daher auf die Erwägungen im vorstehenden Urteil verwiesen.
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Soweit vorliegend nach § 7 Nr. 4 Abs. 2 HTV für die Zeit von 00:00 Uhr bis 04:00 Uhr ein höherer Nachtarbeitszuschlag als nach dem MTV geschuldet ist, ändert das nichts. Es verbleibt eine Differenz von 10 Prozentpunkten, für die es keinen aus dem HTV - bzw. MTV - erkennbaren sachlichen Grund gibt. Ebenso ist - wie zum MTV entschieden (BAG 22. März 2023 - 10 AZR 600/20 - Rn. 40) - auch aus dem HTV nicht erkennbar, dass sonstige Nachtarbeit in der Regel Mehrarbeit ist und der Zuschlag für sonstige Nachtarbeit einen Mehrarbeitszuschlag umfasst. Soweit das Landesarbeitsgericht meint, der HTV zeige, dass bei einem kontinuierlichen Schichtmodell in der Produktion grundsätzlich kein Bedürfnis für sonstige Nachtarbeit ohne Mehrarbeit erkennbar und deshalb sonstige Nachtarbeit zugleich Mehrarbeit sei, kann dem nicht gefolgt werden. Denn jedenfalls außerhalb eines solchen Schichtmodells ist der Einsatz in sonstiger Nachtarbeit ohne Mehrarbeit möglich. Unabhängig hiervon gilt der HTV nach § 1 Nr. 4 nicht für Arbeitnehmer, die aus zwingenden persönlichen Gründen nicht am Schichtmodell teilnehmen können. Auch hier ist ein Einsatz in sonstiger Nachtarbeit ohne Mehrarbeit nach dem tariflichen Arbeitszeitmodell denkbar.
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Die Differenz von 25 Prozentpunkten - bzw. für die Zeit von 00:00 Uhr bis 04:00 Uhr in Höhe von 10 Prozentpunkten - ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht um den Anspruch auf Schichtfreizeiten nach § 4 Nr. 2 Satz 1 MTV zu reduzieren. Denn es handelt sich - was der Senat ebenfalls bereits entschieden hat - nicht um einen spezifischen Ausgleich für Nachtarbeit (BAG 22. März 2023 - 10 AZR 600/20 - Rn. 31). Gleiches gilt für den Belastungsausgleich nach § 7 Nr. 1 bis 3 HTV und die bezahlten Essenpausen nach § 3 Nr. 3 Satz 1 und 2 HTV, § 3 Abschn. III Nr. 6 MTV (BAG 22. März 2023 - 10 AZR 600/20 - Rn. 39).
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2. Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz hat zur Folge, dass der Kläger Anspruch auf Zahlung des höheren Nachtarbeitszuschlags von 50 % des tatsächlichen Stundenentgelts (§ 5 Nr. 3 Buchst. a MTV) für die von ihm geleistete streitgegenständliche Nachtarbeit hat. Die gleichheitswidrige Ungleichbehandlung kann für die im Streit stehende Vergangenheit nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden. Auch insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Erwägungen des Senats im Urteil vom 22. März 2023 (- 10 AZR 600/20 - Rn. 62 ff.) verwiesen.
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3. Der Kläger hat die tarifliche Ausschlussfrist für die geforderten Nachtarbeitszuschläge für die Monate April bis September 2019 gewahrt. Der älteste Anspruch auf Nachtarbeitszuschläge aus April 2019 war Ende Mai 2019 fällig, die Ausschlussfrist begann am 1. Juni 2019 zu laufen (vgl. dazu BAG 22. März 2023 - 10 AZR 600/20 - Rn. 69 f.). Der Kläger hat seine Ansprüche mit Schreiben vom 28. August 2019, das nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch im August 2019 zugegangen ist, rechtzeitig innerhalb von drei Monaten geltend gemacht. Diese Geltendmachung genügt nach § 15 MTV auch für später entstandene Ansprüche (näher zum Ganzen BAG 22. März 2023 - 10 AZR 600/20 - Rn. 68 ff.).
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4. Danach stehen dem Kläger weitere Nachtarbeitszuschläge für die Monate April bis September 2019 in Höhe von insgesamt 2.574,33 Euro brutto - abzüglich der gezahlten Nettobeträge in Höhe von 1.286,44 Euro - zu. Die Höhe der Zuschläge ist zwischen den Parteien unstreitig und zutreffend berechnet.
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5. Nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB schuldet die Beklagte Verzugszinsen, die dem Kläger gemäß § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach Eintritt der Fälligkeit zustehen (vgl. BAG 19. Mai 2021 - 5 AZR 420/20 - Rn. 38 mwN). Fällig sind die Ansprüche auf Nachtarbeitszuschläge am Ende des Folgemonats. Der Kläger macht Zinsen für die Ansprüche aus April 2019 bis einschließlich Juni 2019 seit dem 14. September 2019 und für die Ansprüche aus Juli 2019 bis einschließlich September 2019 seit dem 14. Dezember 2019 geltend. Zu den genannten Terminen befand sich die Beklagte im Verzug.
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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W. Reinfelder
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