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BAG 27.04.2017 - 2 AZR 67/16
BAG 27.04.2017 - 2 AZR 67/16 - Sozialauswahl - Bezug von Regelaltersrente
Normen
§ 1 Abs 3 S 1 KSchG, § 1 Abs 2 S 1 KSchG, § 10 Abs 1 KSchG, § 10 Abs 2 KSchG, § 10 S 3 Nr 6 AGG, § 35 SGB 6, § 41 S 1 SGB 6, § 235 SGB 6, § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 2, § 7a SGB 2, § 136 Abs 2 SGB 3, § 8 Abs 1 AltTZG 1996, Art 6 Abs 1 EGRL 78/2000, § 242 BGB
Vorinstanz
vorgehend ArbG Hagen (Westfalen), 15. Januar 2015, Az: 4 Ca 1219/14, Teilurteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 7. August 2015, Az: 13 Sa 166/15, Urteil
nachgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 13. Oktober 2017, Az: 13 Sa 944/17, Urteil
Leitsatz
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Ein regelaltersrentenberechtigter Arbeitnehmer ist in einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG hinsichtlich des Kriteriums "Lebensalter" deutlich weniger schutzbedürftig als ein Arbeitnehmer, der noch keine Altersrente beanspruchen kann.
Tenor
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1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. August 2015 - 13 Sa 166/15 - aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten vorrangig über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
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Der im November 1947 geborene, verheiratete Kläger war seit 1981 bei dem beklagten Arbeitgeberverband bzw. dessen Rechtsvorgänger als juristischer Mitarbeiter tätig, zuletzt nach Maßgabe des von ihm selbst formulierten Arbeitsvertrags vom 29. Juni 2012. Der Beklagte beschäftigte regelmäßig 25 Arbeitnehmer, darunter fünf weitere juristische Mitarbeiter. Zu diesen gehörte seit September 2007 die im Juli 1979 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Arbeitnehmerin F.
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Mit Schreiben vom 23. Mai 2014 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers, der zu diesem Zeitpunkt bereits eine Regelaltersrente bezog, zum 31. Dezember 2014.
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Hiergegen hat sich der Kläger fristgerecht mit der vorliegenden Klage gewandt. Die ordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses sei ausgeschlossen. Bei den Verhandlungen über den letzten Arbeitsvertrag sei ihm zugesagt worden, er könne solange arbeiten, wie er wolle. Die Kündigung sei treuwidrig und sozial nicht gerechtfertigt. Ab Oktober 2013 hätten die Fälle, die nicht in ein gerichtliches Verfahren gemündet seien, dramatisch zugenommen. Da ihm vor Ausspruch der Kündigung angeboten worden sei, das Arbeitsverhältnis als Referent für Ausbildung und Strategie bei einem anderen, mit dem Beklagten verbundenen Arbeitgeber fortzusetzen, habe allenfalls eine Änderungskündigung erklärt werden dürfen.
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Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
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1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 23. Mai 2014 aufgelöst worden ist;
2.
im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, ihn - den Kläger - zu unveränderten Arbeitsbedingungen als juristischen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen;
3.
im Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, ihm - dem Kläger - ein Arbeitsverhältnis als Referent für Ausbildung und Strategie in arbeitsrechtlichen Rechtsangelegenheiten (gerichtlich und außergerichtlich) im Übrigen zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 29. Juni 2012 mit einem näher bezeichneten Arbeitgeber zu beschaffen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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1.
die Klage abzuweisen;
2.
hilfsweise das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Auflösungsantrag abzuweisen.
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Der Beklagte hat die Kündigung für sozial gerechtfertigt gehalten. Das Arbeitsaufkommen für die juristischen Mitarbeiter sei signifikant zurückgegangen. Zwischen 2009 und 2013 habe sich die Zahl der Gerichtsverfahren halbiert. Deshalb habe der Vorstand beschlossen, die verbliebenen Aufgaben von fünf juristischen Mitarbeitern erledigen zu lassen. Diese würden nicht übermäßig belastet. Bei ihnen sei „Luft nach oben gewesen“. Das zeige die Zahl der Fälle, die sie in der Vergangenheit bearbeitet hätten. Ggf. nehme man in Kauf, dass die Beratung nicht mehr so schnell und nicht mit derselben Intensität erfolge. Die soziale Auswahl sei auf den Kläger gefallen, weil dieser durch den Bezug einer Regelaltersrente wirtschaftlich abgesichert sei.
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Das Arbeitsgericht hat den vom Kläger erstinstanzlich allein gestellten Anträgen zu 1. und 2. entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten einschließlich des dort erstmals gestellten Auflösungsantrags zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seine zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht in Bezug auf sämtliche Anträge der Parteien.
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A. Das betrifft zunächst den Kündigungsschutzantrag. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die unter Geltung des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1) ausgesprochene Kündigung nicht als sozialwidrig ansehen. Ob die Kündigung wirksam ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheiden.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Kündigung sei jedenfalls nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, weil der Beklagte bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt habe. Der Kläger sei deutlich schutzwürdiger als die Arbeitnehmerin F. Zwar treffe ihn eine Unterhaltspflicht weniger. Er sei jedoch wesentlich länger bei dem Beklagten beschäftigt. Zudem müsse sein Lebensalter „gebührend“ berücksichtigt werden, weil seine Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt schlechter stünden. Nach „gegebener Gesetzeslage“ könne der Bezug einer Regelaltersrente nicht zu seinen Lasten gehen.
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II. Diese Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Inhalt von § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 KSchG verkannt.
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1. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts musste der Beklagte den Kläger hinsichtlich des Auswahlkriteriums „Lebensalter“ aufgrund des Bezugs einer Regelaltersrente als deutlich weniger schutzbedürftig ansehen als die Arbeitnehmerin F.
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a) Die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG dient der personellen Konkretisierung der eine Kündigung bedingenden dringenden betrieblichen Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG in Fällen, in denen die Zahl der vom Rückgang des Beschäftigungsbedarfs betroffenen Arbeitnehmer die der verbliebenen Arbeitsplätze übersteigt (BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 53, BAGE 123, 1). Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG soll dann grundsätzlich dem Arbeitnehmer gekündigt werden, der auf das Arbeitsverhältnis am wenigsten angewiesen ist. Seit Inkrafttreten der Neuregelung des § 1 Abs. 3 KSchG durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 bestimmt sich dies allein anhand der Kriterien Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter und Schwerbehinderung. Sie bilden jeweils typisierend die Merkmale einer besonderen Schutzbedürftigkeit aus. Das Lebensalter versteht der Gesetzgeber insofern als abstrakten Maßstab für die Vermittlungschancen eines Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt nach einer Kündigung. Diesen Zweck hat er zwar nicht unmittelbar in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG formuliert. Sein Regelungswille kommt aber mit hinreichender Deutlichkeit in der bis zum 11. Dezember 2006 geltenden Regelung des § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG zum Ausdruck. Danach sollte eine Berücksichtigung des Alters bei der Sozialauswahl zulässig sein, sofern über die Auswahl „insbesondere die Chancen auf dem Arbeitsmarkt entscheiden“. Das lässt nur den Schluss zu, dass der Gesetzgeber das Lebensalter - jedenfalls im Zusammenhang mit einer durchzuführenden Sozialauswahl - als abstrakten Maßstab für die Vermittlungschancen eines Beschäftigten nach einer Kündigung verstanden wissen will (BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 53, BAGE 140, 169). Die Rechtsstellung solcher Arbeitnehmer sollte gestärkt werden, deren Chancen aufgrund ihres Alters typischerweise schlechter stehen, überhaupt oder doch zeitnah ein dauerhaftes „Ersatzeinkommen“ zu erzielen. Zugleich sollten ausweislich der Begründung zur ebenfalls durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt erfolgten Änderung des SGB III die Ausgaben für das Arbeitslosengeld und damit die Beiträge zur Arbeitsförderung gesenkt werden (BT-Drs. 15/1204 S. 10 und 15).
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b) Die der Berücksichtigung des Lebensalters bei der sozialen Auswahl vom Gesetzgeber beigemessenen Zwecke gebieten es, einen Arbeitnehmer, der bereits Regelaltersrente beziehen kann, jedenfalls hinsichtlich dieses Auswahlkriteriums als deutlich weniger schutzbedürftig anzusehen als Arbeitnehmer, die noch keinen Anspruch auf eine Altersrente haben. Bei diesen besteht die Gefahr, dass sie durchgehend oder zumindest für größere Zeiträume beschäftigungslos bleiben und damit mittel- bzw. langfristig auf den Bezug von Entgeltersatzleistungen und etwaigen staatlichen Unterstützungsleistungen angewiesen sind (BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 31, BAGE 150, 136). Hingegen steht den Arbeitnehmern, die im Kündigungszeitpunkt bereits Anspruch auf eine Regelaltersrente haben oder - wie der Kläger - eine solche sogar beziehen, dauerhaft ein Ersatzeinkommen für das zukünftig entfallende Arbeitseinkommen zur Verfügung. Sie haben auch keinen Anspruch auf öffentlich-rechtliche Entgeltersatzleistungen. Für Personen, die das für die Regelaltersrente erforderliche Lebensjahr vollendet haben, entfällt vom Beginn des folgenden Monats der Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 136 Abs. 2 SGB III). Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 7a SGB II ist dieser Personenkreis von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen.
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c) Die Annahme, dass der Verlust des Arbeitsverhältnisses einen Arbeitnehmer weniger hart trifft, wenn er Regelaltersrente beziehen kann, liegt auch der Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 2 KSchG zugrunde. Danach darf vom Gericht eine nach Maßgabe von § 10 Abs. 2 Satz 1 KSchG erhöhte Abfindung nicht festgesetzt werden, wenn der Arbeitnehmer das in §§ 35, 235 SGB VI bezeichnete Lebensalter erreicht hat. Dass er gemäß § 10 Abs. 1 KSchG gleichwohl noch eine Abfindung von bis zu zwölf Monatsverdiensten beanspruchen kann, steht ebenfalls im Einklang mit der Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 KSchG. Hier wie dort erkennt der Gesetzgeber an, dass die Härte, die der Verlust des Arbeitsverhältnisses für einen Arbeitnehmer bedeutet, nicht ausschließlich durch sein Lebensalter, sondern daneben durch weitere Kriterien bestimmt wird.
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d) Entgegen der Ansicht des Klägers und des Landesarbeitsgerichts verbietet § 41 Satz 1 SGB VI es nicht, die Möglichkeit, eine Regelaltersrente zu beziehen, im Rahmen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zulasten des Rentenberechtigten zu berücksichtigen. Die Vorschrift stellt lediglich klar, dass eine Kündigung nicht allein dadurch iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers sozial gerechtfertigt („bedingt“) sein kann, dass er Anspruch auf eine Rente wegen Alters hat. Es handelt sich um eine Parallelregelung zu § 8 Abs. 1 Halbs. 1 AltTZG, wonach das Recht zur Inanspruchnahme von Altersteilzeit nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber „begründende“ Tatsache iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gilt. Demgegenüber fehlt es in § 41 SGB VI an einer Regelung wie § 8 Abs. 1 Halbs. 2 AltTZG, der ausdrücklich bestimmt, dass die Möglichkeit eines Arbeitnehmers, Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen, bei der Sozialauswahl nicht zu seinem Nachteil berücksichtigt werden kann. Die vergleichbare Regelung in § 41 Abs. 4 Satz 2 SGB VI wurde zum 1. Januar 1998 gestrichen und untersagte im Übrigen nur die Berücksichtigung einer vorgezogenen Altersrente bei der Sozialauswahl.
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e) In der aufgezeigten Auslegung verstößt § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht gegen die Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16). Das kann der Senat ohne eine an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtete Vorlage nach Art. 267 AEUV entscheiden.
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aa) Ungleichbehandlungen wegen des Alters können nach Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt sein. Den Mitgliedstaaten kommt sowohl bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung sie verfolgen wollen, als auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu dessen Erreichung ein weiter Ermessensspielraum zu (EuGH 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark, Landin] Rn. 26). Welches Ziel eine nationale Regelung verfolgt, haben die Gerichte der Mitgliedstaaten zu prüfen (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 71, Slg. 2011, I-6919). Ebenso obliegt es ihnen zu beurteilen, ob eine nationale Regelung einem rechtmäßigen Ziel iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Richtlinie 2000/78/EG dient. Gleiches gilt für die Frage, ob der nationale Gesetzgeber angesichts des bestehenden Ermessensspielraums davon ausgehen durfte, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sind (EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 49, 50, Slg. 2009, I-1569).
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bb) Danach steht die vorstehende Auslegung des Merkmals „Lebensalter“ in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG jedenfalls im Einklang mit dem Unionsrecht. Ob sie darüber hinaus sogar unionsrechtlich geboten ist, bedarf keiner Entscheidung.
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(1) Die Berücksichtigung der Regelaltersrentenberechtigung im Rahmen der nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vom Arbeitgeber zu treffenden Auswahlentscheidung führt zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung wegen des Lebensalters. Das Recht, eine Regelaltersrente zu beziehen, ist untrennbar mit dem dafür bestimmten Lebensalter verknüpft.
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(2) Mit der Berücksichtigung der Regelaltersrentenberechtigung verfolgt der deutsche Gesetzgeber ein rechtmäßiges Ziel iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Richtlinie 2000/78/EG. Es handelt sich um ein Instrument der nationalen Arbeitsmarktpolitik, mit dem über eine gerechtere Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen die wirtschaftliche Existenz von Arbeitnehmern durch den Verbleib in Beschäftigung gesichert werden soll (zu Altersgrenzen: EuGH 5. Juli 2012 - C-141/11 - [Hörnfeldt] Rn. 29).
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(3) Die dafür gewählten Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Den regelaltersrentenberechtigten Arbeitnehmern steht zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts ein dauerhaftes Ersatzeinkommen zur Verfügung. Hieran fehlt es bei den nicht rentenberechtigten Arbeitnehmern. Selbst wenn diese nach einer Übergangszeit ein Anschlussarbeitsverhältnis begründen können, verlieren sie ihre bisherige kündigungsschutzrechtliche Stellung und gehören bei künftigen Personalreduzierungen regelmäßig zu den Beschäftigten, denen wegen ihrer kurzen Betriebszugehörigkeit vorrangig gekündigt wird. Überdies können sie oftmals bei der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses nicht ihr bisheriges Arbeitsentgelt erzielen, was, ebenso wie die vorangehenden Zeiten einer Arbeitslosigkeit, zu Nachteilen in ihrer Rentenbiografie führt (BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 31, BAGE 150, 136). Ein milderes Mittel ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise, bei der die Höhe der konkreten Rente keine Rolle spielt (EuGH 5. Juli 2012 - C-141/11 - [Hörnfeldt] Rn. 42, 47; 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 48, Slg. 2010, I-9391), nicht ersichtlich. Das vom Gesetzgeber gewählte Mittel führt nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der regelaltersrentenberechtigten Arbeitnehmer. Es verbleiben drei weitere Auswahlkriterien, die den Ausschlag zu ihren Gunsten geben können. Zudem sind sie nicht gezwungen, aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. Bei Bestehen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes kann eine für sie nachteilige Auswahlentscheidung „allenfalls“ dazu führen, dass sie ihr Arbeitsverhältnis zugunsten von stärker schutzbedürftigen Arbeitnehmern verlieren.
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2. Erwies sich danach die Arbeitnehmerin F, die überdies einem Kind zum Unterhalt verpflichtet war, hinsichtlich des Lebensalters als erheblich schutzbedürftiger als der Kläger, musste der Beklagte diesen nicht allein aufgrund dessen sehr viel längerer Betriebszugehörigkeit als insgesamt deutlich schutzwürdiger ansehen. Dabei kann dahinstehen, welche besonderen Schutzwürdigkeiten/-bedürftigkeiten der Gesetzgeber mit dem Auswahlkriterium der Betriebszugehörigkeit verbindet, und ob der Kläger bezogen auf dieses Kriterium zumindest weniger schutzbedürftig gewesen wäre als ein ebenso lang bei dem Beklagten beschäftigter Arbeitnehmer, der im Kündigungstermin noch keine Regelaltersrente hätte beziehen können.
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III. Ob die fristgerecht zum 31. Dezember 2014 erklärte Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest.
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1. Die vom Kläger angeführten Unwirksamkeitsgründe außerhalb von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG liegen nicht vor.
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a) Die ordentliche Kündigung war nicht ausgeschlossen. Im Arbeitsvertrag vom 29. Juni 2012 haben die Parteien die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ab dem Zeitpunkt der rechtswirksamen Eintragung der Fusion der beteiligten Arbeitgeberverbände in das Vereinsregister ausdrücklich vereinbart. Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass die Eintragung bei Zugang der Kündigung erfolgt war. Auf die vor der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags erfolgten Äußerungen von Vertretern des Beklagten über die vermeintliche Lebensanstellung des Klägers kommt es daher nicht an.
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b) Die Kündigung war nicht treuwidrig (§ 242 BGB). Der Beklagte hat sich mit ihrem Ausspruch weder selbstwidersprüchlich verhalten noch hat er sie zur Unzeit erklärt.
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c) Die Kündigung verstößt nicht gegen § 41 Satz 1 SGB VI. Der Beklagte hat sie nicht allein damit begründet, dass der Kläger eine Rente wegen Alters beziehen kann (Rn. 18), sondern auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt.
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d) Der Beklagte musste den Kläger nicht als iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG sozial schutzwürdiger ansehen als die weiteren juristischen Mitarbeiter. Sie waren allesamt mehr Personen zum Unterhalt verpflichtet als der Kläger, länger beschäftigt als die Arbeitnehmerin F und lebensälter als diese, ohne - ungeachtet der Relevanz dieser Möglichkeit - auch nur eine vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen zu können.
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e) Der Beklagte musste dem Kläger - unbeschadet der Frage, ob ein Verstoß gegen eine solche Verpflichtung die Unwirksamkeit der Kündigung hätte begründen oder allenfalls zu Erfüllungs- und ggf. Schadenersatzansprüchen hätte führen können - schon deshalb keine Stelle als Referent für Ausbildung und Strategie bei einem anderen Arbeitgeber „beschaffen“, weil ein solcher Arbeitsplatz weder bei Zugang der Kündigung noch mit Ablauf der Kündigungsfrist bestand.
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2. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob der Bedarf an der Beschäftigung eines juristischen Mitarbeiters iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG in Umsetzung einer nicht rechtsmissbräuchlichen Unternehmerentscheidung dauerhaft entfallen ist oder nicht.
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a) Der Beklagte hat beschlossen, die - noch - anfallenden Rechtssachen künftig von nur fünf juristischen Mitarbeitern in deren vertraglich geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeiten erledigen zu lassen und dadurch wider Erwarten eintretende qualitative Einbußen und ggf. zeitliche Verzögerungen in Kauf zu nehmen. Diese - nahe am Kündigungsentschluss liegende - Unternehmerentscheidung muss der Beklagte im Prozess hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und ihrer Nachhaltigkeit ausreichend verdeutlichen. Dabei geht es allein darum, Rechtsmissbrauch auszuschließen (BAG 22. September 2005 - 2 AZR 365/04 - zu B I 2 c aa der Gründe). Es sollen Kündigungen vermieden werden, die zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führen. Außerdem soll verhindert werden, dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand benutzt wird, um Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeit fortbestehen und lediglich die Arbeitsvertragsinhalte und die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen als zu belastend angesehen werden (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 22; 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18).
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b) Nach dem bisherigen Vortrag der Parteien drängt sich ein Rechtmissbrauch nicht auf. Zwar dürfte der Beklagte seinen Mitgliedern in der rechtlichen Beratung einen gewissen Mindeststandard schulden und die Bearbeitung der anfallenden Rechtssachen zumindest teilweise innerhalb fremdbestimmter Fristen zu erfolgen haben. Gegen eine übermäßige Belastung der verbliebenen Kräfte spricht jedoch, dass nicht nur die Zahl der Gerichtsverfahren über einen längeren Zeitraum deutlich zurückgegangen sein soll, sondern juristische Mitarbeiter eines Arbeitgeberverbandes zudem die Möglichkeit haben, bei ggf. für den Einzelnen steigendem Fallaufkommen „konzentrierter und verdichteter“ zu arbeiten. Demensprechend hat der Kläger selbst nicht behauptet, er habe in „Spitzenzeiten“ Überstunden leisten müssen. Nach der Behauptung des Beklagten sind nach seinem - des Klägers - Ausscheiden auch bei den verbliebenen Arbeitnehmern keine über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitszeiten angefallen. Nichts spricht dafür, dass es unter dem Vorwand einer unternehmerischen Entscheidung allein darum gegangen wäre, sich von dem Kläger zu trennen. Nach seiner eigenen Behauptung sollte zunächst die Arbeitnehmerin F von dem geplanten Stellenabbau betroffen sein. Die Entscheidung, sein Arbeitsverhältnis zu kündigen, sei dann „allein“ mit Rücksicht darauf gefallen, dass er durch den Bezug einer Regelaltersrente abgesichert sei. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte inzwischen wieder auf sechs juristische Mitarbeiter „aufgestockt“ hätte. Die abschließende Feststellung und Würdigung der für den Ausschluss eines Missbrauchs des Kündigungsrechts maßgeblichen Tatsachen muss allerdings - ggf. nach ergänzendem Vorbringen der Parteien - dem Landesarbeitsgericht vorbehalten bleiben.
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B. Die Zurückverweisung umfasst die Hilfsanträge beider Parteien.
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I. Sollte das Landesarbeitsgericht die Kündigung erneut für sozialwidrig erachten, wird es über den Antrag des Beklagten, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, befinden müssen. Seine erste Entscheidung lässt insofern keine Rechtsfehler erkennen. Indes wird die Würdigung nun bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im fortgesetzten Berufungsverfahren vorzunehmen sein.
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II. Sollte das Landesarbeitsgericht dem Kündigungsschutzantrag stattgeben und den Auflösungsantrag abweisen, wird es über den Weiterbeschäftigungsantrag zu entscheiden haben. Dabei wird es nicht allein deshalb davon ausgehen können, die Folgekündigung vom 30. April 2015 sei auf die gleichen Gründe gestützt, weil sie ebenfalls aus betriebsbedingten Gründen erklärt wurde. Auch wird das Landesarbeitsgericht nicht einfach auf das erstinstanzliche Obsiegen des Klägers in dem weiteren Kündigungsschutzverfahren verweisen können, wenn sich die dort vom Arbeitsgericht gegebene Begründung nach der vorliegenden Entscheidung des Senats als - offensichtlich - unzutreffend herausstellen sollte.
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III. Der vom Kläger mit einer nach § 524 ZPO zulässigen Anschlussberufung in den Rechtsstreit eingeführte Antrag auf „Beschaffung“ eines Arbeitsverhältnisses mit einem anderen Arbeitgeber ist nur für den Fall zur Entscheidung gestellt, dass der Kündigungsschutzantrag abgewiesen wird. Er soll nicht auch dann beschieden werden, wenn die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt, aber dem Auflösungsantrag des Beklagten stattgegeben wird. Fällt der Hilfsantrag an, wird das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen des § 533 ZPO für die Zulässigkeit einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz zu prüfen haben. Sollte es die Zulässigkeit bejahen, wird es den Kläger klarstellen lassen müssen, ob er allein einen Anspruch auf Annahme des in dem Antrag liegenden Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem anderen Verein (§§ 164 ff. BGB, § 894 ZPO) oder - dann wohl hilfsweise - auch einen nach § 888 ZPO zu vollstreckenden „Einwirkungsanspruch“ (der Beklagte soll den anderen Arbeitgeber zur Abgabe einer Willenserklärung „bewegen“) geltend macht. In der Sache besteht für die verfolgten Ansprüche jedenfalls nach dem gegenwärtigen Klägervortrag keine Anspruchsgrundlage.
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