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BAG 27.10.2014 - 10 AZB 93/14
BAG 27.10.2014 - 10 AZB 93/14 - Beschwerdeverfahren - Kostenerstattung
Normen
§ 12a Abs 1 S 1 ArbGG, § 46 Abs 2 S 1 ArbGG, § 64 Abs 7 ArbGG, § 72 Abs 6 ArbGG, § 78 ArbGG, § 91 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend ArbG Potsdam, 31. Januar 2014, Az: 1 Ca 858/11, Beschluss
vorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 23. Juli 2014, Az: 17 Ta (Kost) 6044/14, Beschluss
Tenor
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1. Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Juli 2014 - 17 Ta (Kost) 6044/14 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
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3. Der Streitwert wird auf 378,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Die Parteien streiten über die Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten.
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In einem Kündigungsschutzverfahren wandte sich der Kläger gegen die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte. Zwei Anträge des Klägers, das Verfahren bis zum Abschluss eines Strafverfahrens auszusetzen, wies das Arbeitsgericht durch Beschlüsse vom 20. September 2011 und vom 29. Juni 2012 zurück. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichteten Beschwerden des Klägers durch Beschlüsse vom 21. Oktober 2011 (- 10 Ta 2080/11 -) und vom 16. August 2012 (- 10 Ta 1382/12 -) zurückgewiesen, ohne eine Kostenentscheidung zu treffen. Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 27. August 2012 abgewiesen und dem Kläger „die Kosten des Verfahrens“ auferlegt. Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren wurde durch gerichtlich festgestellten Vergleich vom 18. April 2013 erledigt. Der Vergleich enthält unter Ziff. 6 folgende Kostenregelung:
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„Hinsichtlich der Kosten erster Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung in dem angefochtenen Urteil des ArbG Potsdam. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.“
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Mit einem am 13. September 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die Beklagte ua. die Festsetzung der in den beiden Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten iHv. insgesamt 378,00 Euro nebst Zinsen begehrt. Das Arbeitsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 13. September 2013 zunächst zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der Beklagten hat es durch Beschluss vom 31. Januar 2014 abgeholfen und dem Antrag entsprochen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.
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Der Kläger begehrt weiterhin eine Aufhebung der arbeitsgerichtlichen Abhilfeentscheidung vom 31. Januar 2014 und vertritt die Auffassung, eine Kostenfestsetzung sei nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ausgeschlossen. Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.
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II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die durch Beschluss vom 31. Januar 2014 erfolgte Festsetzung der zu erstattenden Kosten auf 378,00 Euro nebst Zinsen ist - wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeht - nicht zu beanstanden. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG steht einer Festsetzung der Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht entgegen.
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1. Grundsätzlich ergibt sich aus den Bestimmungen der §§ 91 ff. ZPO der Umfang der durch die unterliegende Partei zu erstattenden Kosten. Nach § 91 Abs. 2 ZPO gehören hierzu die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Hiervon macht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG eine Ausnahme. Nach dieser Norm besteht im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist eine „andere Bestimmung“ iSv. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG (BAG 1. November 2004 - 3 AZB 10/04 - Rn. 6, BAGE 112, 293). Die Vorschrift dient dem Zweck, beide Parteien im arbeitsgerichtlichen Verfahren durch Freistellung von Kosten der Prozessbevollmächtigten in der ersten Instanz vor überhöhten Kostenrisiken zu bewahren. Sie findet auch dann Anwendung, wenn der Prozess ohne Obsiegen einer Partei endet (BAG 16. November 2005 - 3 AZB 45/05 - Rn. 14).
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2. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG findet ausschließlich im ersten Rechtszug Anwendung, im Rechtsmittelverfahren gelten dagegen in vollem Umfang die §§ 91 ff. ZPO. Dieser auf die erste Instanz beschränkte Anwendungsbereich des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ergibt sich schon aus dessen eindeutigem Wortlaut; im Übrigen verweisen weder § 64 Abs. 7 ArbGG noch § 72 Abs. 6 ArbGG auf diese Bestimmung (allgM, vgl. zB GMP/Germelmann 8. Aufl. § 12a Rn. 39; GK-ArbGG/Schleusener Stand September 2014 § 12a Rn. 66).
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3. Ebenso wenig findet § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG im Beschwerdeverfahren nach § 78 ArbGG Anwendung. Der Wortlaut des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG erwähnt das Beschwerdeverfahren nicht. Dieses ist auch nicht Teil des erstinstanzlichen Urteilsverfahrens, sondern findet nach Durchführung des Abhilfeverfahrens vor dem Beschwerdegericht statt. § 78 Satz 1 ArbGG verweist für das Beschwerdeverfahren - abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen - auf die Vorschriften der ZPO für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte (§§ 567 ff. ZPO). § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG wird von § 78 ArbGG nicht in Bezug genommen. Soweit deshalb im Beschwerdeverfahren überhaupt eine Kostenerstattung stattfinden kann (zB gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht in Beschwerdeverfahren über Prozesskostenhilfeangelegenheiten), sind die Kosten der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln erstattungsfähig (GK-ArbGG/Ahrendt Stand September 2014 § 78 Rn. 81; Schwab/Weth/Schwab ArbGG 3. Aufl. § 78 Rn. 63).
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4. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Arbeitsgericht die streitgegenständlichen Kosten zu Recht gegen den Kläger festgesetzt.
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a) Dass Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten in den beiden Beschwerdeverfahren entstanden sind, steht zwischen den Parteien ebenso wenig im Streit wie deren Höhe.
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b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist für den Anspruch auf Kostenerstattung unerheblich, dass das Beschwerdegericht im Streit über die Aussetzung des Rechtsstreits keine Kostenentscheidung getroffen hat, sondern die Kosten der Beschwerde als Kosten der Hauptsache angesehen hat (vgl. dazu BAG 30. Oktober 2007 - 3 AZB 17/07 - Rn. 36; BGH 12. Dezember 2005 - II ZB 30/04 - Rn. 12). Dies hat lediglich zur Folge, dass die Verteilung der im Beschwerdeverfahren angefallenen Kosten nicht durch eine Kostengrundentscheidung des Beschwerdegerichts erfolgt, sondern durch die Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren und damit nicht vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens abhängt (Musielak/Ball ZPO 11. Aufl. § 572 Rn. 24 mwN). Hingegen führt eine unterbliebene Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts nicht dazu, dass die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten ihren Charakter ändern und zu Kosten des Urteilsverfahrens erster Instanz werden. Deshalb steht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einer Kostenerstattung nicht entgegen.
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c) Nach der in Ziff. 6 des Vergleichs vom 18. April 2013 getroffenen Kostenregelung sollte die Kostenentscheidung des Urteils des Arbeitsgerichts Bestand haben. Eine besondere, hiervon abweichende Regelung für die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Parteien nicht getroffen. Damit hat der Kläger alle Kosten zu tragen, die von der Kostengrundentscheidung des Arbeitsgerichts erfasst sind. Dies sind mangels dortiger Kostenentscheidung auch die vor dem Landesarbeitsgericht entstandenen Kosten der beiden Beschwerdeverfahren.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.
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Linck
Brune
W. Reinfelder
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