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BAG 08.05.2014 - 2 AZR 249/13
BAG 08.05.2014 - 2 AZR 249/13 - Außerordentliche Kündigung - Drohung
Normen
§ 241 Abs 2 BGB, § 626 Abs 1 BGB, § 779 Abs 1 BGB, § 17 UWG 2004, § 142 ZPO, § 424 ZPO
Vorinstanz
vorgehend ArbG Siegen, 19. Juni 2012, Az: 2 Ca 281/12, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 13. November 2012, Az: 14 Sa 1178/12, Urteil
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 13. November 2012 - 14 Sa 1178/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten - noch - über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
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Die Beklagte betrieb bis April 2013 Handel mit Kfz-Ersatzteilen. Im Jahr 2012 beschäftigte sie regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Der 1963 geborene Kläger war bei ihr seit August 1988 tätig, zuletzt als Leiter der Finanzbuchhaltung. Sein Bruttomonatsverdienst betrug rund 3.900,00 Euro.
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Im Juni 2011 übernahm eine Gesellschafterin der Beklagten Aufgaben im Bereich Buchhaltung. Daraus erwuchsen Unstimmigkeiten zwischen den Parteien. Eine dem Kläger am 3. Januar 2012 erteilte Abmahnung wegen behaupteter Arbeitsverweigerung hielt die Beklagte unter Hinweis auf Beweisschwierigkeiten nicht aufrecht.
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Mit Schreiben vom 24. Februar 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. September 2012. Zur Begründung gab sie an, ihre Gesellschafterin habe zwischenzeitlich die Arbeitsaufgaben des Klägers vollständig übernommen. Dessen Arbeitsplatz sei weggefallen.
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Der Kläger hat gegen die Kündigung Klage erhoben. Nachdem die Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht erfolglos geblieben war, fertigte sein Prozessbevollmächtigter unter dem 9. Mai 2012 eine Replik auf die Klageerwiderung der Beklagten. Darin heißt es, die Kündigung sei willkürlich erfolgt. Der Beklagten sei es lediglich darum gegangen, den Kläger als „lästigen Mitwisser“ zweifelhafter Geschäfte loszuwerden. Sie habe private Aufwendungen ihres Gesellschafters und seiner Ehefrau sowie des Lebensgefährten einer Gesellschafterin als Betriebsausgaben verbucht. Die Kündigung sei erfolgt, nachdem der Kläger nicht bereit gewesen sei, diese Handlungen zu dulden und/oder mit zu tragen. Der Schriftsatz ging der Beklagten zunächst außergerichtlich als Entwurf zu. In einem Begleitschreiben vom 14. Mai 2012 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, absprachegemäß sollten „nochmal“ die Möglichkeiten einer einvernehmlichen Regelung „erörtert werden“. Falls „in den nächsten Tagen“ keine Rückäußerung erfolge, werde die Replik bei Gericht eingereicht.
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Der Kläger verfuhr, nachdem eine Antwort der Beklagten ausgeblieben war, wie angekündigt. Mit Schreiben vom 23. Mai 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, „hilfsweise“ ordentlich. Der Kläger hat auch diese Kündigung im Wege einer Klageerweiterung fristgerecht angegriffen.
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Nach - rechtskräftiger - Abweisung der Klage gegen die Kündigung vom 24. Februar 2012 hat sich der Kläger nur noch gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die fristlose Kündigung gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB liege nicht vor. Im Schriftsatz vom 9. Mai 2012 habe er den Sachverhalt lediglich aus seiner Sicht dargelegt. Mit dem Begleitschreiben habe er keinen unzulässigen Druck auf die Beklagte ausgeübt.
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Der Kläger hat beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23. Mai 2012 nicht aufgelöst worden ist.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, der Kläger habe mit der unüblichen und nicht abgesprochenen Vorabübersendung seines Schriftsatzes vom 9. Mai 2012 das Ziel verfolgt, sie hinsichtlich der angestrebten gütlichen Einigung „gefügig zu machen“. In der Ankündigung einer Offenbarung angeblicher „Unregelmäßigkeiten“ liege der Versuch einer Erpressung oder Nötigung. Zudem habe der Kläger die Unterlagen, die dem Schriftsatz beigefügt gewesen seien, unbefugt kopiert, um ein Druckmittel gegen sie zu haben. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sei ihr unzumutbar gewesen.
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Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23. Mai 2012 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage auch insoweit abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23. Mai 2012 nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden ist. Es hat bis zum Termin der ordentlichen Kündigung vom 24. Februar 2012, dh. bis zum 30. September 2012 fortbestanden.
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I. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für das Rechtsmittelverfahren ist gegeben.
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1. Neben der Beschwer stellt das Rechtsschutzinteresse im Allgemeinen keine besonders zu prüfende Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels dar; typischerweise folgt es aus ihr (vgl. BAG 2. März 1982 - 1 AZR 694/79 - zu I 1 der Gründe, BAGE 38, 85; BLAH 70. Aufl. Grundz. § 511 Rn. 14, 16 mwN). Ausnahmsweise kann das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn sich etwa die Einlegung des Rechtsmittels trotz Vorliegens einer Beschwer als unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich erweist (BAG 2. März 1982 - 1 AZR 694/79 - aaO).
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2. Derartige Umstände sind hier nicht ersichtlich. Zwar hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich für die Zeit bis zum 30. September 2012 abgerechnet und den sich aus den Abrechnungen ergebenden Nettoverdienst an den Kläger ausgekehrt. Damit hat sie aber nicht - auch nicht konkludent - erklärt, sie werde aus der fristlosen Kündigung gegenüber dem Kläger keine Rechte mehr herleiten. In ihrem Verhalten liegt auch kein - konkludenter - Verzicht auf die Revision. Darauf, ob die Beklagte bei einer Klageabweisung die Rückzahlung überschießender Vergütung beanspruchen will und kann, kommt es nicht an.
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II. In der Sache bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Klage gegen die fristlose Kündigung vom 23. Mai 2012 ist begründet. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liegt nicht vor.
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1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, BAGE 134, 349).
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2. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 17; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 14 mwN). Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen der in Rede stehenden Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24). Ein gegenüber der fristlosen Kündigung in diesem Sinne milderes Mittel ist ua. die ordentliche Kündigung (vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 35, aaO).
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3. Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagten war es weder aufgrund der Erklärungen im anwaltlichen Schreiben vom 14. Mai 2012 und der Übersendung des Schriftsatzes vom 9. Mai 2012 im Entwurf, noch wegen des Fotokopierens betrieblicher Unterlagen durch den Kläger unzumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2012 - dem Termin der vorausgegangenen ordentlichen Kündigung - fortzusetzen.
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a) Als wichtiger Grund ist neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten „an sich“ geeignet (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 29, BAGE 137, 54; 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - Rn. 30). Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Diese Regelung dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Der Arbeitnehmer hat seine Arbeitspflichten so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben verlangt werden kann (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 19; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, BAGE 132, 72).
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b) Droht der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mit einem empfindlichen Übel, um die Erfüllung eigener streitiger Forderungen zu erreichen, kann darin - je nach den Umständen des Einzelfalls - ein erheblicher, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigender Verstoß gegen seine Pflicht zur Wahrung von dessen Interessen liegen (vgl. KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 408). Entsprechendes kann gelten, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nachteilige Folgen mit dem Ziel androht, dieser solle von einer beabsichtigten oder bereits erklärten Kündigung Abstand nehmen (ähnlich BAG 11. März 1999 - 2 AZR 507/98 - zu II 1 b aa der Gründe; 30. März 1984 - 2 AZR 362/82 - zu B I der Gründe; jeweils zur Androhung von Presseveröffentlichungen). Eine auf ein solches Verhalten gestützte Kündigung setzt regelmäßig die Widerrechtlichkeit der Drohung voraus. Unbeachtlich ist demgegenüber, ob das Verhalten den Straftatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) erfüllt. Auch eine nicht strafbare, gleichwohl erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten kann einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB bilden (BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 21 mwN, BAGE 142, 188).
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c) Hier hat der Kläger seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme durch die Erklärungen im Schreiben vom 14. Mai 2012 selbst dann nicht verletzt, wenn er sich die Äußerungen seines Prozessbevollmächtigten aufgrund der erteilten Prozessvollmacht (§ 81 ZPO) uneingeschränkt nach § 85 Abs. 1 ZPO zurechnen lassen muss (zur Problematik vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 297/09 - Rn. 13 ff.; 28. März 1963 - 2 AZR 379/62 - BAGE 14, 147; Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 85 Rn. 7). Das Ansinnen einer gütlichen Einigung hinsichtlich der ordentlichen Kündigung vom 24. Februar 2012 war auch in Anbetracht der Ankündigung, im Falle der Nichtäußerung den im Entwurf beigefügten Schriftsatz vom 9. Mai 2012 bei Gericht einzureichen, nicht widerrechtlich. Darauf, ob sich die Parteien zuvor über das Procedere verständigt hatten, kommt es nicht an.
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aa) Eine Drohung setzt objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 418/10 - Rn. 14). Sie muss nicht ausdrücklich ausgesprochen werden. Die Drohung kann auch versteckt erfolgen, beispielsweise durch eine Warnung oder einen Hinweis auf nachteilige Folgen (vgl. BAG 9. März 1995 - 2 AZR 644/94 - zu 2 der Gründe; BGH 22. November 1995 - XII ZR 227/94 - zu 2 der Gründe). Als Übel genügt jeder Nachteil. Das In-Aussicht-Stellen eines zukünftigen Übels ist widerrechtlich, wenn entweder das Mittel, dh. das angedrohte Verhalten, oder der Zweck, dh. die erwartete Willenserklärung, oder jedenfalls der Einsatz des fraglichen Mittels zu dem fraglichen Zweck von der Rechtsordnung nicht gedeckt ist (vgl. BAG 22. Oktober 1998 - 8 AZR 457/97 - zu I 4 d bb der Gründe).
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bb) Die Einführung des Schriftsatzes vom 9. Mai 2012 in den laufenden Kündigungsschutzprozess mag für die Beklagte ein empfindliches Übel gewesen sein. Das Vorgehen des Klägers war aber nicht widerrechtlich. Es war ihm - ebenso wie seine Ankündigung - erlaubt.
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(1) Parteien dürfen zur Verteidigung ihrer Rechte schon im Hinblick auf den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - zu C II 3 der Gründe; BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 37 mwN). Ein Prozessbeteiligter darf auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Das gilt jedenfalls so lange, wie er die Grenzen der Wahrheitspflicht achtet (vgl. BAG 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 22; 9. September 2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 12).
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(a) Dass der Kläger in dem der Beklagten vorab übermittelten Schriftsatz vom 9. Mai 2012 leichtfertig unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt hätte, ist nicht ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat sein Vorbringen zur Verbuchung privater Aufwendungen und Erstattungsleistungen einer Versicherung mangels ausreichenden Bestreitens der Beklagten nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden angesehen. Die Würdigung wird von der Beklagten nicht angegriffen. Ein Rechtsfehler ist auch objektiv nicht erkennbar.
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(b) Der Kläger hat nicht in rechtswidriger Weise gegen seine aus § 241 Abs. 2 BGB resultierende, durch § 17 UWG ergänzte Verpflichtung verstoßen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einschließlich der ihm aufgrund seiner Tätigkeit bekannt gewordenen privaten Geheimnisse der Beklagten zu wahren (zur Eignung solcher Verstöße als wichtiger Grund vgl. BAG 18. März 1982 - 2 AZR 940/79 - zu A IV 1 der Gründe). Es kommt nicht darauf an, ob sich die Beklagte hinsichtlich der in Rede stehenden „Betriebsinterna“ überhaupt auf ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse berufen könnte (zur Problematik vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb 15. Aufl. § 53 Rn. 55). Der Kläger war jedenfalls im Rahmen des Kündigungsrechtsstreits zur Offenlegung der betreffenden Tatsachen gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten und dem Gericht befugt. Er handelte in Wahrnehmung berechtigter Interessen. Er wollte auf diese Weise unlautere Motive der Beklagten für die angeblich betriebsbedingte Kündigung dartun. Dass er die Informationen an andere Personen oder Stellen weitergegeben hätte, ist nicht dargetan.
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(2) Der bezweckte Erfolg - eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits - war ebenso wenig widerrechtlich. Das gilt unabhängig davon, ob der Kläger seine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten oder die Zahlung einer Abfindung anstrebte. Durch einen Vergleich sollen der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt werden (§ 779 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sein Abschluss ist in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten - vorbehaltlich eines sittenwidrigen Inhalts der Einigung - grundsätzlich erlaubt (vgl. BAG 20. November 1969 - 2 AZR 51/69 - zu I der Gründe).
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(3) Das Vorgehen des Klägers stellt sich auch nicht wegen eines zwischen dem Inhalt des eingereichten Schriftsatzes und der angestrebten Einigung hergestellten Zusammenhangs - der Zweck-Mittel-Relation - als widerrechtlich dar.
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(a) Wer sich bei zweifelhafter Rechtslage seinem Vertragspartner gegenüber auf einen objektiv vertretbaren Rechtsstandpunkt stellt, handelt nicht rechtswidrig, wenn er damit den Gegner zum Einlenken veranlassen will. Das gilt auch dann, wenn für den Fall der Nichteinigung eine bestimmte Verteidigungsstrategie angekündigt wird. Eine solche Offenlegung eines beabsichtigten Prozessverhaltens ist - sowohl im Vorfeld einer Klageerhebung als auch im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens - jedenfalls dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie weder mutwillig erfolgt, noch zu einer über die Erhebung oder das Bestreiten bestimmter Ansprüche hinausgehenden Belastung des anderen Teils führt (vgl. BGH 19. April 2005 - X ZR 15/04 - zu II 5 a der Gründe). Anders als die Beklagte meint, reicht es für die Widerrechtlichkeit der Verknüpfung von Mittel und Zweck nicht aus, dass eine Partei auf den Abschluss eines Vergleichs keinen Rechtsanspruch hat (so schon RG 11. Dezember 1925 - VI 406/25 - RGZ 112, 226).
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(b) Die Ankündigung des Klägers, bei einer Nichteinigung einen dem Entwurf der Replik entsprechenden Schriftsatz bei Gericht einzureichen, wäre allenfalls dann widerrechtlich, wenn sein darin ausgedrückter rechtlicher Standpunkt gänzlich unvertretbar wäre. Das ist nicht der Fall. Der Kläger musste nicht von der Wirksamkeit der Kündigung vom 24. Februar 2012 ausgehen. Er durfte sich mit der Behauptung verteidigen, die angestrebte Auflösung des Arbeitsverhältnisses beruhe auf seiner ablehnenden Haltung gegenüber bestimmten buchhalterischen Vorgängen. Seine Anregung, sich vor diesem Hintergrund auf eine einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits zu verständigen, erfolgte im Vertrauen auf eine nicht etwa gänzlich aussichtslose Rechtsposition.
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d) Die Beklagte war nicht deshalb zur fristlosen Kündigung berechtigt, weil der Kläger Fotokopien von Geschäftsunterlagen hergestellt und diese bei Gericht eingereicht hatte. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, insoweit liege keine Verletzung vertraglicher Pflichten vor. Zumindest sei es der Beklagten nicht unzumutbar gewesen, die Kündigungsfrist einzuhalten. Die Würdigung hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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aa) Dem Arbeitnehmer ist es aufgrund der dem Arbeitsvertrag immanenten Pflicht zur Rücksichtnahme verwehrt, sich ohne Einverständnis des Arbeitgebers betriebliche Unterlagen oder Daten anzueignen oder diese für betriebsfremde Zwecke zu vervielfältigen. Betreffen die Unterlagen ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, ist die Herstellung einer verkörperten Wiedergabe gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) UWG sogar strafbewehrt, wenn dies zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht geschieht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen. Verstößt der Arbeitnehmer rechtswidrig und schuldhaft gegen diese Vorgaben, kann darin ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB liegen. Ob eine außerordentliche Kündigung berechtigt ist, hängt insbesondere von der Motivation des Arbeitnehmers und möglichen nachteiligen Folgen für den Arbeitgeber ab (vgl. BAG 18. März 1982 - 2 AZR 940/79 - zu A IV 1 der Gründe).
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bb) Im Streitfall hat der Kläger ohne Einverständnis der Beklagten Fotokopien verschiedener, den Geschäftsbetrieb der Beklagten betreffender Rechnungen und Schecks hergestellt, ohne dass hierfür ein dienstliches Bedürfnis bestanden hätte. Selbst wenn er die Kopien ausschließlich zu seiner Rechtsverteidigung hat verwenden wollen und verwandt hat, durfte das Landesarbeitsgericht daraus nicht ohne Weiteres auf eine Wahrnehmung berechtigter Interessen schließen. Dem Rechtsschutzinteresse einer Partei, die sich nicht im Besitz prozessrelevanter Urkunden befindet, trägt das Gesetz mit den Regelungen zur Vorlagepflicht in § 142 ZPO und § 424 ZPO Rechnung. Besondere Umstände, aufgrund derer der Kläger hätte annehmen dürfen, ein entsprechendes prozessuales Vorgehen sei von vorneherein aussichtslos, sind nicht festgestellt.
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cc) Es kann dahinstehen, ob sich der Kläger für die Rechtfertigung seines Verhaltens auf eine Beweisnot berufen könnte (zur Eignung eines solchen Sachverhalts als Rechtfertigungsgrund vgl. Haller BB 1997, 202, 203). Sein Verhalten wiegt den Umständen nach jedenfalls nicht so schwer, dass der Beklagten - auch unter Berücksichtigung ihrer eigenen Interessen - ein Festhalten am Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen wäre.
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(1) Das Berufungsgericht hat bei der Interessenabwägung einen gewissen Beurteilungsspielraum. Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz (nur) daraufhin überprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Verfahrensgrundsätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16).
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(2) Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Beklagte nicht auf.
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(a) Das Landesarbeitsgericht hat zugunsten des Klägers dessen Dauer der Betriebszugehörigkeit von mehr als zwanzig Jahren berücksichtigt. Von dieser hat es angenommen, sie sei beanstandungsfrei verlaufen. Die Würdigung ist angesichts der „Rücknahme“ einer vorausgehenden Abmahnung des Klägers nachvollziehbar. Sonstige Beanstandungen sind nicht dargetan. Die Berücksichtigung des Lebensalters zugunsten des Klägers hat das Landesarbeitsgericht mit zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Arbeitsvermittlung begründet. Es durfte außerdem bedenken, dass der Kläger die fraglichen Fotokopien nicht zu Wettbewerbszwecken oder zu dem Zweck hergestellt hat, der Beklagten zu schaden. Er hat sie - soweit ersichtlich - nur an seinen Rechtsanwalt und damit an eine ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtete Person mit dem Ziel weitergegeben, sie bei Gericht einzureichen. Auf diese Weise wollte er sein Vorbringen zur Unsachlichkeit der Kündigung verdeutlichen und ihm stärkeres Gewicht verleihen. Diese Umstände schließen - wie aufgezeigt - die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens zwar nicht aus. Sie lassen es aber in einem milderen Licht erscheinen. Hinzu kommt, dass es sich um eine singuläre Pflichtverletzung handelte, der erkennbar die - irrige - Vorstellung des Klägers zugrunde lag, zur Selbsthilfe berechtigt zu sein.
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(b) Aufgrund dieser Erwägungen war es ohne Weiteres vertretbar, dem Interesse des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses - zumindest für die Dauer der Kündigungsfrist - Vorrang vor dem Beendigungsinteresse der Beklagten einzuräumen.
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III. Das Landesarbeitsgericht hat unausgesprochen angenommen, die ordentliche Kündigung vom 23. Mai 2012 gehe ins Leere, da das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits anderweitig zum 30. September 2012 aufgelöst worden sei. Dagegen erhebt die Beklagte keine Einwände. Ein Rechtsfehler ist nicht ersichtlich.
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IV. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
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