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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 22.11.2012 - 2 AZR 371/11
BAG 22.11.2012 - 2 AZR 371/11 - Unwirksamkeit einer Kündigung - fehlerhafte Massenentlassungsanzeige
Normen
§ 1 Abs 2 S 1 Alt 3 KSchG, § 17 Abs 1 KSchG, § 17 Abs 3 S 2 KSchG, § 17 Abs 3 S 3 KSchG, § 134 BGB, Art 2 Abs 2 EGRL 59/98, Art 3 Abs 1 UAbs 3 EGRL 59/98, Art 6 EGRL 59/98, § 111 BetrVG, § 112 BetrVG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Berlin, 18. November 2009, Az: 37 Ca 5785/09, Teilurteil
vorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 10. September 2010, Az: 9 Sa 562/10, Urteil
Leitsatz
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Eine Kündigung ist nach § 134 BGB nichtig, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs die - nach § 17 Abs. 1 KSchG erforderliche - Massenentlassungsanzeige nicht wirksam erstattet ist.
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. September 2010 - 9 Sa 562/10 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18. November 2009 - 37 Ca 5785/09 - abgeändert:
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Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 9. Dezember 2008 nicht aufgelöst worden ist.
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3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen; im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten Kündigung.
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Der Kläger ist seit 2002 bei der zu einem Konzern gehörenden Beklagten tätig. Der Konzern beschäftigte im Jahr 2008 über 2.000 Arbeitnehmer, davon ca. 720 - darunter den Kläger - im Bereich „Technical Operations/Netzinfrastruktur“. Er ist in sechs Regionen aufgeteilt. In jeder Region ist auf der Grundlage eines zwischen ver.di auf der einen und der Beklagten sowie zwei weiteren Konzernunternehmen auf der anderen Seite geschlossenen Zuordnungstarifvertrags ein einheitlicher, unternehmensübergreifender Betriebsrat gebildet. Der Kläger ist der Region 3 zugeordnet, deren Hauptniederlassung in Berlin liegt.
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Im Jahr 2008 beschloss die Beklagte, die Aufgaben der Servicetechniker zweier Tätigkeitsbereiche ab dem 1. Juli 2009 im Wesentlichen nicht mehr durch eigene Mitarbeiter ausführen zu lassen. Dies führte zum Wegfall zahlreicher Arbeitsplätze. Am 12. November 2008 vereinbarten die drei Gesellschaften mit dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich.
-
Darin heißt es:
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„…
§ 8
Beratungen nach § 17 KSchG
Der KBR wurde im Rahmen des Interessenausgleichsverfahrens vorsorglich schriftlich nach § 17 Abs. 2 KSchG über
•
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
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die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Mitarbeiter,
•
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Mitarbeiter,
•
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
•
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Mitarbeiter,
•
und die für die Berechnung der Abfindungen vorgesehenen Kriterien
unterrichtet; die erforderlichen Beratungen wurden durchgeführt. Das Unternehmen wird erforderlichenfalls einer Anzeige nach § 17 KSchG die Stellungnahme des KBR beifügen.
…“
- 5
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Mit Schreiben vom 19. November 2008 zeigte die Beklagte die vorgesehene Entlassung von 49 ihrer insgesamt 75 am Standort Berlin beschäftigten Mitarbeiter gegenüber der Agentur für Arbeit an. In dem Formular kreuzte sie in der Zeile „Die Stellungnahme des Betriebsrates zu den angezeigten Entlassungen ist beigefügt“ das Feld „nein“ an. An anderer Stelle wies sie darauf hin, dass ein Sozialplan vereinbart worden sei.
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Mit Schreiben vom 25. November 2008 teilte die Agentur für Arbeit folgendes mit:
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„…
Ihre Anzeige vom 19.11.2008 ist am 19.11.2008 in der Agentur für Arbeit Berlin Süd vollständig eingegangen.
Gemäß § 20 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz habe ich wie folgt entschieden:
Die Sperrfrist beginnt am 20.11.2008 und endet am 19.12.2008.
Die Entlassungen am 08.12.2008 von 49 Arbeitnehmern mit Ablauf der Kündigungsfristen sind damit rechtswirksam nach der gesetzlichen Sperrfrist möglich.
…“
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Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristgerecht zum 31. Juli 2009.
- 8
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Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Auch habe die Massenentlassungsanzeige nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt.
-
Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - beantragt
-
1.
festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 9. Dezember 2008 nicht aufgelöst wurde, sondern ungekündigt fortbesteht,
2.
die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Bauleiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.
- 10
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, es habe infolge der Restrukturierungsmaßnahmen keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger gegeben. Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe die Massenentlassungsanzeige korrekt erstattet.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Teilurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 12
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Die Revision ist begründet.
- 13
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I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 9. Dezember 2008 nicht aufgelöst worden. Die Beklagte hat keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Massenentlassungsanzeige erstattet. Der Anzeige war keine Stellungnahme des zuständigen Betriebsratsgremiums beigefügt. Die Beklagte hat gegenüber der Agentur für Arbeit auch nicht glaubhaft gemacht, dass sie das Gremium mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige unterrichtet hat, und hat nicht den Stand der Beratungen dargelegt. Der auf die Anzeige hin ergangene Bescheid der Agentur für Arbeit vermochte diesen Mangel nicht zu heilen. Der Mangel führt zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige und in deren Folge zur Unwirksamkeit der Kündigung.
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-
1. Die Beklagte hat keine wirksame, den Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 KSchG genügende Massenentlassungsanzeige erstattet.
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a) Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG hat der Arbeitgeber, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG verpflichtet ist, der Agentur für Arbeit Entlassungen anzuzeigen, der schriftlichen Anzeige die Stellungnahme des Betriebsrats „zu den Entlassungen“ beizufügen.
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aa) Die Stellungnahme soll Auskunft darüber geben, ob und welche Möglichkeiten der Betriebsrat sieht, die angezeigten Kündigungen zu vermeiden, und belegen dass soziale Maßnahmen mit ihm beraten und ggf. getroffen worden sind. Das Erfordernis, eine Stellungnahme beizufügen, soll auch verhindern, dass der Arbeitgeber eine vom Betriebsrat für möglich gehaltene Alternative gegenüber der Agentur für Arbeit verschweigt, um eine für ihn günstige Entscheidung der Behörde zu erwirken (BAG 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 39 = EzA KSchG § 17 Nr. 25; 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 45, AP KSchG 1969 § 6 Nr. 6 = EzA KSchG § 6 Nr. 4). Es bedarf einer ausdrücklichen abschließenden Erklärung, die erkennen lässt, dass sich der Betriebsrat mit den angezeigten Kündigungen befasst hat (BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 55 f., EzA KSchG § 17 Nr. 26; 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 23, aaO).
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bb) Die Stellungnahme muss nicht zwingend in einem eigenständigen Schriftstück niedergelegt sein. Falls zwischen den Betriebsparteien im Zusammenhang mit den beabsichtigten Kündigungen ein Interessenausgleich nach §§ 111, 112 BetrVG zustande gekommen ist, kann die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG in diesen integriert werden (BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 55 f., EzA KSchG § 17 Nr. 26; 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 39 = EzA KSchG § 17 Nr. 25).
- 18
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cc) Einer ausdrücklichen Stellungnahme des Betriebsrats bedarf es nur dann nicht, wenn ein Interessenausgleich mit Namensliste gem. § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vereinbart worden ist. In diesem Fall sieht § 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG vor, dass dieser die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG ersetzt. Eine solche Regelung fehlt für den Interessenausgleich ohne Namensliste. § 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG ist auf diesen Fall auch nicht entsprechend anwendbar. Die Beratungen über einen Interessenausgleich ohne Namensliste beziehen sich typischerweise nicht auf die konkret in Aussicht genommenen Kündigungen, sondern auf die Betriebsänderung als solche.
- 19
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b) Gem. § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ist die Massenentlassungsanzeige auch dann wirksam, wenn zwar eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vorliegt, der Arbeitgeber aber glaubhaft macht, dass er diesen mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige unterrichtet hat, und er gleichzeitig den Stand der Beratungen darlegt.
- 20
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c) Aus Wortlaut und Systematik der Bestimmung ergibt sich, dass die Beifügung der Stellungnahme - ersatzweise das Vorbringen des Arbeitgebers nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG - Wirksamkeitsvoraussetzung für die Massenentlassungsanzeige ist (so auch BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 52, EzA KSchG § 17 Nr. 26; v. H/L/v. Hoyningen-Huene 15. Aufl. § 17 Rn. 88). Kommt der Arbeitgeber weder der Verpflichtung aus § 17 Abs. 3 Satz 2 noch der aus § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG nach, ist die Massenentlassungsanzeige unwirksam.
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d) Beiden gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Agentur für Arbeit über die erfolgte Konsultation des Betriebsrats zu unterrichten, hat die Beklagte nicht genügt.
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aa) Die geplanten und am 19. November 2008 angezeigten Kündigungen waren gem. § 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtig. Von insgesamt 75 Arbeitnehmern sollten 49 gekündigt werden. Damit ist der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG überschritten.
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bb) Der Massenentlassungsanzeige war keine Stellungnahme des - als einziges Gremium damit befassten - Konzernbetriebsrats zu den beabsichtigten Kündigungen nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG beigefügt. Eine solche war auch nicht im Interessenausgleich vom 12. November 2008 enthalten. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Konzernbetriebsrat das für die Durchführung des Konsultationsverfahrens und damit für die Abgabe der Stellungnahme zuständige Gremium war (zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 155/11 - Rn. 32 ff., NZA 2013, 32; 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 20 ff., BAGE 138, 301; zur Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats Dzida/Hohenstatt NJW 2012, 27, 29; Mückl ArbR 2011, 238, 239; Niklas/Koehler, NZA 2010, 913, 916). Nicht entscheidungserheblich ist auch, ob - wie die Beklagte in der Revisionserwiderung erstmals behauptet hat - der Interessenausgleich der Agentur für Arbeit mit oder schon vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige übermittelt wurde.
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(1) Die Betriebsparteien haben in § 8 des Interessenausgleichs im Einzelnen aufgeführt, worüber der Konzernbetriebsrat unterrichtet worden ist, und bestätigt, dass die erforderlichen Beratungen durchgeführt worden sind. Dies dokumentiert lediglich die erfolgte Unterrichtung. Eine Stellungnahme des Konzernbetriebsrats ist darin nicht enthalten. Der Bestimmung kann nicht entnommen werden, welche Position der Konzernbetriebsrat zu den beabsichtigten Kündigungen bezogen hatte, insbesondere ob und ggf. welche Möglichkeiten er sah, die anzuzeigenden Kündigungen zu vermeiden.
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(2) Auch in der Präambel und den Schlussbestimmungen des Interessenausgleichs liegt keine Stellungnahme im dargestellten Sinne. Laut Präambel hat der Konzernbetriebsrat „zu alledem eine differenzierte Auffassung“, hat sich aber „bereit gefunden, diese interne Restrukturierung zu akzeptieren, um den Verlust aller Arbeitsplätze … zu verhindern“. In dieser pauschal zu sämtlichen Restrukturierungsmaßnahmen abgegebenen Erklärung liegt keine Stellungnahme zu den von der Beklagten konkret beabsichtigten Kündigungen. Laut der Schlussbestimmungen in § 10 des Interessenausgleichs sind sich die Betriebspartner darin einig, dass „die Maßnahmen in diesem Interessenausgleich abschließend geregelt sind“. Dies bezieht sich ersichtlich auf das vom Verfahren nach § 17 KSchG zu unterscheidende Verfahren nach §§ 111, 112 BetrVG und damit erneut nur auf die Betriebsänderung als solche, nicht konkret auf die angezeigten Kündigungen.
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(3) § 8 Satz 2 des Interessenausgleichs verdeutlicht, dass in dessen Regelungen auch aus Sicht der Betriebsparteien keine Stellungnahme iSv. § 17 Abs. 3 KSchG enthalten war. Danach wird das Unternehmen „erforderlichenfalls einer Anzeige nach § 17 KSchG die Stellungnahme des KBR beifügen“. Hätten die Betriebsparteien schon die im Interessenausgleich selbst enthaltenen Erklärungen des Konzernbetriebsrats als Stellungnahme iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG angesehen, hätte es nahe gelegen, dessen Beifügung und nicht die einer „Stellungnahme des KBR“ vorzusehen.
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e) Die Beklagte hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG erfüllt hätte.
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aa) Durch die Übermittlung des Anzeigeformulars hat die Beklagte nicht dargelegt, dass sie das zuständige Betriebsratsgremium mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige unterrichtet habe. Ihr Hinweis auf den Abschluss eines Sozialplans ist insoweit unerheblich. Er besagt nichts über die Durchführung des Konsultationsverfahrens.
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bb) Aus dem Inhalt und den Daten des Interessenausgleichs folgt nichts anderes. Der Interessenausgleich wurde am 12. November 2008 unterzeichnet. Die Massenentlassungsanzeige wurde am 19. November 2008 erstattet. Die Beklagte hätte daher glaubhaft machen müssen, dass sie das zuständige Betriebsratsgremium spätestens am 5. November 2008 unterrichtet habe. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Weder dem Wortlaut des Interessenausgleichs noch den Umständen lässt sich entnehmen, dass die in dessen § 8 dokumentierte Unterrichtung des Konzernbetriebsrats zu einem früheren Zeitpunkt als dem der Unterzeichnung erfolgt wäre.
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f) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Prüfung, ob vor Ausspruch der Kündigungen eine wirksame Massenentlassungsanzeige erstattet worden ist, nicht der gerichtlichen Kontrolle entzogen. Die auf der Grundlage von § 18 Abs. 1, Abs. 2 KSchG erlassene Entscheidung der Agentur für Arbeit hindert die Feststellung der Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige durch die Gerichte für Arbeitssachen auch dann nicht, wenn sie bestandskräftig geworden ist. Die Bindungswirkung des Bescheids umfasst nur seinen eigentlichen Inhalt, dh. die Festsetzung der Dauer der Sperrfrist, nicht aber die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige selbst (BAG 20. September 2012 - 6 AZR 155/11 - Rn. 28, NZA 2013, 32). Der Bescheid entfaltet weder gegenüber dem Arbeitnehmer noch gegenüber den Gerichten für Arbeitssachen materielle Bestandskraft und vermag deshalb mögliche Fehler der Massenentlassungsanzeige nicht zu heilen (vgl. grundlegend und dazu, dass der bisherigen Rechtsprechung des Zweiten Senats durch die Entscheidung des EuGH in Sachen „Junk“ die Grundlage entzogen ist, BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 70 ff., EzA KSchG § 17 Nr. 26).
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2. Das Fehlen einer wirksamen Massenentlassungsanzeige führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Dies folgt aus einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 17 Abs. 3 KSchG.
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a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in der Rechtssache „Junk“ (EuGH 27. Januar 2005 - C-188/03 - Slg. 2005, I-885) entschieden, die Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (MERL) sei dahingehend auszulegen, dass die Kündigungserklärung des Arbeitgebers das Ereignis sei, das als Entlassung gelte, und der Arbeitgeber Massenentlassungen erst nach dem Ende des Konsultationsverfahrens und im Anschluss an ihre Anzeige vornehmen dürfe. Eine Rechtsfolge für den Fall, dass das Verfahren vor dem Ausspruch einer Kündigung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde, ist in der MERL nicht vorgesehen. Enthält eine unionsrechtliche Richtlinie keine besondere Regelung für den Fall eines Verstoßes gegen ihre Vorschriften, obliegt den Mitgliedstaaten die Wahl einer Sanktion. Sie haben dabei darauf zu achten, dass die Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nach sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden, die denjenigen entsprechen, die für nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht gelten. Die Sanktion muss dabei wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (EuGH 8. Juni 1994 - C-383/92 - Slg. 1994, I-2479).
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b) Der deutsche Gesetzgeber hat in §§ 17, 18 KSchG keine ausdrückliche Regelung über die Rechtsfolge des Fehlens oder der Fehlerhaftigkeit einer Anzeige bei Ausspruch der Kündigung getroffen.
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c) Das Bundesarbeitsgericht hat bislang offengelassen, ob eine nicht ordnungsgemäße - weil etwa verspätet erstattete - Massenentlassungsanzeige zur Unwirksamkeit einer zuvor ausgesprochenen Kündigung führt (vgl. BAG 23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 32, BAGE 117, 281; 29. November 2007 - 2 AZR 763/06 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 95 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 79; vgl. aber 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - AP BGB § 613a Nr. 424 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 132; 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 54, AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20). Es hat aber angenommen, im Fall einer nicht wirksam erstatteten Massenentlassungsanzeige könne die Kündigung das Arbeitsverhältnis jedenfalls nicht auflösen (BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 51, EzA KSchG § 17 Nr. 26; 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 23, BAGE 134, 176; 13. Juli 2006 - 6 AZR 198/06 - Rn. 21, BAGE 119, 66).
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d) In Teilen des Schrifttums wird die Auffassung vertreten, auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache „Junk“ führe ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine aus § 17 Abs. 3 KSchG folgenden Anzeigepflichten nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung (APS/Moll 4. Aufl. § 18 KSchG Rn. 42 ff.; Appel DB 2005, 1002, 1004; Ferme/Lipinski ZIP 2005, 593, 597; dies. NZA 2006, 937, 940). Als Sanktion genüge eine dauerhafte Entlassungssperre (APS/Moll 4. Aufl. KSchG § 18 Rn. 46; Appel DB 2005, 1002, 1004). Teilweise wird überdies angenommen, dem Arbeitgeber stehe die Möglichkeit der „Nachbesserung“ offen. Er könne noch nach Ausspruch der Kündigung, solange die für den jeweiligen Arbeitnehmer geltende Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen sei, eine unterlassene Anzeige nachholen oder eine fehlerhafte Anzeige korrigieren. Die Entlassung werde dann zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt wirksam (Ferme/Lipinski NZA 2006, 937, 940).
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e) Anderen Stimmen zufolge bewirkt dagegen das Fehlen einer wirksamen Massenentlassungsanzeige vor Ausspruch der Kündigung deren Unwirksamkeit (vgl. KR/Weigand 10. Aufl. § 17 KSchG Rn. 103; ErfK/Kiel 13. Aufl. § 17 KSchG Rn. 36; Bader/Bram/Dörner/Suckow Stand Dezember 2012 § 17 KSchG Rn. 75, Rn. 83; Bauer/Krieger/Powietzka DB 2005, 445, 448; Lembke/Oberwinter NJW 2007, 721, 727; Reinhard RdA 2007, 207, 211; Niklas/Koehler NZA 2010, 913, 918; Hützen ZInsO 2012, 1801, 1810; mit Einschränkungen Clemenz FS Bauer 2010, 229, 238).
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f) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend. Die Gegenmeinung berücksichtigt nicht hinreichend Sinn und Zweck der in Umsetzung der MERL geregelten Konsultations- und Anzeigepflichten des Arbeitgebers. Unter Beachtung des unionsrechtlichen Grundsatzes des „effet utile“ führt es zur Unwirksamkeit der Kündigung als Rechtsgeschäft, wenn bei ihrem Ausspruch eine wirksame Anzeige nach § 17 Abs. 3 KSchG nicht vorliegt. In der Erklärung der Kündigung liegt dann ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot iSv. § 134 BGB.
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aa) Gem. § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Das Verbot muss dabei nicht unmittelbar im Gesetzeswortlaut Ausdruck gefunden haben. Es kann sich auch aus Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift ergeben. Maßgebend ist insoweit die Reichweite von deren Schutzzweck (BAG 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - Rn. 25, BAGE 130, 90).
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bb) § 17 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Satz 2, Satz 3 KSchG ist ein Verbotsgesetz iSv. § 134 BGB.
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(1) § 17 KSchG dient der Umsetzung der MERL. Deren Ziel ist der Schutz der Arbeitnehmer im Falle von Massenentlassungen (EuGH 17. Dezember 1998 - C-250/97 - [Lauge ua.] Rn. 19, Slg. 1998, I-8737; vgl. auch MERL Nr. 2 der Erwägungsgründe). Dies gilt sowohl für das Konsultationsverfahren als solches als auch für das Anzeigeerfordernis. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie bestimmt, dass sich die Konsultationen zumindest auf die Möglichkeit, Massenentlassungen zu vermeiden oder zu beschränken und die Möglichkeit erstrecken sollen, ihre Folgen durch soziale Begleitmaßnahmen zu mildern. Nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie muss die Anzeige „alle zweckdienlichen Angaben über … die Konsultationen der Arbeitnehmervertreter“ enthalten.
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(2) Entsprechend diesem Verständnis dient § 17 KSchG auch dem Arbeitnehmerschutz. Die Vorschrift zielt primär auf Maßnahmen, die die von einer geplanten Massenentlassung betroffenen Arbeitnehmer vor Arbeitslosigkeit bewahren sollen. Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu beraten, ob und ggf. wie Entlassungen vermieden werden können. Der Agentur für Arbeit soll die Möglichkeit verschafft werden, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder doch zum Aufschub von Belastungen des Arbeitsmarkts einzuleiten und für anderweitige Beschäftigungen der Betroffenen zu sorgen (BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 27, BAGE 138, 301; 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - BAGE 134, 176). Zum Schutz der Arbeitnehmer sollen dem die Konsultationen mit dem Betriebsrat und die Unterrichtung der Arbeitsverwaltung vorangehen, um es dieser zu ermöglichen, nach Lösungen zu suchen (BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 20, aaO). Das Erfordernis, der Massenentlassungsanzeige die Stellungnahme des Betriebsrats beizufügen oder - ersatzweise - die Rechtzeitigkeit der Konsultationen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG glaubhaft zu machen, dient der Dokumentation der Durchführung und ggf. des Ergebnisses der Konsultationen (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 53, EzA KSchG § 17 Nr. 26; 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 39 = EzA KSchG § 17 Nr. 25; 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 45, AP KSchG 1969 § 6 Nr. 6 = EzA KSchG § 6 Nr. 4).
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(3) Mit Blick auf diesen Gesetzeszweck ist § 17 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Satz 2, Satz 3 KSchG als gesetzliches Verbot zu verstehen, Kündigungen vor Erstattung einer diesen Erfordernissen genügenden Anzeige auszusprechen.
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(a) Gem. Art. 6 MERL müssen die Mitgliedstaaten Verfahren einrichten, mit denen die Einhaltung der von der Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen gewährleistet werden kann. Die den Mitgliedstaaten überlassene Umsetzung dieser Maßgabe darf der MERL nicht ihre praktische Wirksamkeit nehmen (vgl. EuGH 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 34 und 36, Slg. 2009, I-6653).
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(b) Dieser Verpflichtung ist der nationale Gesetzgeber ua. dadurch nachgekommen, dass er die Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats - ersatzweise den glaubhaften Nachweis der rechtzeitigen Unterrichtung - als Voraussetzung für eine Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige ausgestaltet hat. Die Vorschrift verlangt eine umfassende Unterrichtung der Agentur für Arbeit - auch über die Durchführung des Konsultationsverfahrens - vor Ausspruch der Kündigung und eröffnet ihr die Chance, auf der Basis der betreffenden Informationen Maßnahmen zugunsten der Arbeitnehmer zu ergreifen.
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(c) Dies verlangt nach einem Verbot, das schon den Ausspruch der Kündigung als solchen vor Erstattung einer wirksamen Massenentlassungsanzeige ausschließt. Andernfalls ist nicht gewährleistet, dass die Ziele von MERL und § 17 KSchG erreicht werden. Deren Regelungen sollen verhindern, dass der Arbeitgeber durch den Ausspruch von Kündigungen unumkehrbare Fakten schafft, bevor entweder die Konsultationen auch aus Sicht des Betriebsrats - mit welchem Ergebnis auch immer - beendet sind (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG) oder sie nicht wenigstens während zweier Wochen auf der Basis hinreichender Unterrichtung ergebnisorientiert haben geführt werden können (§ 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG; vgl. EuGH 27. Januar 2005 - C-188/03 - [Junk] Rn. 38, 44, Slg. 2005, I-885). Die gesetzliche Verpflichtung, dies durch Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats oder glaubhaften Vortrags über Beginn und Stand der Beratungen zu dokumentieren, dient ihrerseits der Effektivität der Regelungen. Die Verpflichtung würde um die mit ihr bezweckte Wirkung gebracht, würde sie nicht gleichgesetzt mit dem Verbot, Kündigungen auszusprechen, ohne sie erfüllt zu haben. Ein Verstoß gegen dieses Verbot führt deshalb gem. § 134 BGB zur Nichtigkeit.
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(aa) Hätte das Fehlen oder die Unvollständigkeit einer Massenentlassungsanzeige lediglich ein vorübergehendes Hindernis für die (faktische) Wirkung der Kündigungen zur Folge und könnte der Arbeitgeber durch Ergänzung oder Berichtigung der Anzeige bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die Wirksamkeit der Anzeige noch herbeiführen, wäre die Erreichung des Normzwecks nicht sichergestellt. Es wäre nicht gewährleistet, dass die Beratungen von Arbeitgeber und Betriebsrat zur Vermeidung von Kündigungen „ergebnisoffen“ geführt werden könnten. Für den Betriebsrat wäre es sehr viel schwieriger, die „Rücknahme“ einer bereits ausgesprochenen Kündigung zu erreichen, als den Verzicht auf ihren nur geplanten Ausspruch (EuGH 27. Januar 2005 - C-188/03 - [Junk] Rn. 44, Slg. 2005, I-885).
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(bb) Für die Auffassung, das Fehlen oder die Unvollständigkeit der Anzeige könne zwar nicht mehr geheilt werden, sobald die Kündigung ausgesprochen ist, dies führe aber nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung als Willenserklärung, sondern - mangels Ingangsetzens der Sperrfrist nach § 18 Abs. 1 KSchG - (nur) zum dauerhaften Ausbleiben der mit ihr verbundenen Beendigungswirkung (so etwa APS/Moll 4. Aufl. § 18 KSchG Rn. 44), gibt es keine tragfähige Grundlage. § 18 KSchG regelt lediglich die Folgen der Erstattung einer in jeder Hinsicht wirksamen Anzeige. Das folgt aus Wortlaut und systematischem Zusammenhang der Vorschrift mit § 20 Abs. 1 KSchG. Nur wenn eine wirksame Anzeige vorliegt, sind iSv. § 20 Abs. 1 KSchG „Entscheidungen … nach § 18 Abs. 1 und 2“ KSchG zu treffen. Rechtsfolgen aus dem Fehlen oder der Fehlerhaftigkeit der Anzeige lassen sich dagegen aus § 18 KSchG nicht entnehmen (so iE auch Reinhard RdA 2007, 207, 211; Clemenz FS Bauer 2010, 229, 238). Zwar ergibt ein Umkehrschluss, dass ohne wirksame Anzeige die gesetzliche Sperrfrist des § 18 Abs. 1 KSchG nicht in Gang gesetzt wird. Das bedeutet aber nur, dass sie nicht zu laufen beginnt, nicht dass sie nie endet.
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(cc) Die Rechtsfolge des Fehlens einer wirksamen Anzeige ergibt sich stattdessen aus Sinn und Zweck von § 17 KSchG. Sie besteht in der Unwirksamkeit der Kündigung als Willenserklärung. Diese darf, um den Zweck der Bestimmung zu erreichen, nicht vor Erstattung einer wirksamen Anzeige ausgesprochen werden. Dem steht nicht entgegen, dass der gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG maßgebende Schwellenwert noch nach Ausspruch der Kündigung etwa durch einvernehmliche „Rücknahme“ von Kündigungen unterschritten werden kann. Es verbleibt auch dann bei der Unwirksamkeit der Kündigung nach § 134 BGB (vgl. auch Lembke/Oberwinter NJW 2007, 721, 729; Reinhard RdA 2007, 207, 215). Der Umstand, dass besondere Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Kündigung nach deren Ausspruch entfallen können, ändert nichts daran, dass sie für ihre Wirksamkeit bei Zugang erfüllt sein müssen. So bewirken weder der Wegfall des Mutterschutzes oder des besonderen Kündigungsschutzes nach § 15 KSchG noch das Absinken der Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer unter die Schwellenwerte des § 23 Abs. 1 KSchG die „nachträgliche“ Wirksamkeit der Kündigung. Der Arbeitgeber ist vielmehr bei fortbestehendem Kündigungsgrund gehalten, erneut zu kündigen.
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3. Eine Vorlage zur Vorabentscheidung an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV war nicht erforderlich. Das Unionsrecht enthält klare Regelungen zum Umfang der in der Massenentlassungsanzeige notwendigen Angaben und der ihr beizufügenden Unterlagen. Zu der Frage, welche Rechtsfolgen eine unvollständige Anzeige nach sich zieht, enthält die MERL keine Regelungen. Der Streitfall wirft damit keine Frage der Auslegung von Unionsrecht auf. Er betrifft allein die Anwendung nationalen Rechts (vgl. auch BAG 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 39 = EzA KSchG § 17 Nr. 25; 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 48, AP KSchG 1969 § 6 Nr. 6 = EzA KSchG § 6 Nr. 4). Auf die Frage, ob die MERL einen bestimmten zeitlichen Ablauf von Beteiligung des Betriebsrats und Anzeigeerstattung verlangt, kommt es nicht an (zu einer daraus resultierenden Vorlagepflicht vgl. BVerfG 25. Februar 2010 - 1 BvR 230/09 - Rn. 23 ff., BVerfGK 17, 108).
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II. Die Vorinstanzen haben den Teilantrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis „ungekündigt fortbesteht“, rechtsfehlerfrei als unselbständigen Annex zum Kündigungsschutzantrag nach § 4 Satz 1 KSchG angesehen. Über ihn war deshalb nicht gesondert zu entscheiden.
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III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist beendet.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO. Zwar ist die Revision des Klägers erfolgreich und regelt § 97 Abs. 1 ZPO nur die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels. Es steht aber rechtskräftig fest, dass der Kläger hinsichtlich aller in die Berufung und die Revision gelangten Streitgegenstände obsiegt hat. Daran vermag die noch ausstehende Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Widerklage nichts zu ändern. Nach dem Grundgedanken des § 91 ZPO müssen deshalb die Kosten von Berufung und Revision der Beklagten auferlegt werden; sie ist in beiden Instanzen voll unterlegen (vgl. BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 682/08 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 65 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 57; BGH 27. April 1970 - III ZR 49/69 - BGHZ 54, 21).
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