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BSG 25.03.2021 - B 3 P 22/20 B
BSG 25.03.2021 - B 3 P 22/20 B - (Sozialgerichtliches Verfahren - Geltendmachung eines Verfahrensmangels im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG - Unterbleiben einer zielführenden Befragung zu einem bestimmten Thema durch das Gericht - Grenzen der Amtsermittlungspflicht)
Normen
§ 103 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Gießen, 27. April 2016, Az: S 9 P 1/14, Urteil
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 9. September 2020, Az: L 6 P 24/16, Urteil
Tenor
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Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 9. September 2020 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.
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Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2980 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Das Hessische LSG hat mit Urteil vom 9.9.2020 einen Anspruch des Klägers auf Erstattung von Aufwendungen für Verhinderungspflege - aus der sozialen Pflegeversicherung - seines im September 2011 verstorbenen Vaters, der bei der Beklagten versichert gewesen ist, in Höhe von insgesamt 2980 Euro für Zeiten vom 2. bis 23.12.2009, vom 27. bis 30.12.2009, vom 23. bis 31.10.2010 und vom 15.11. bis 3.12.2010 verneint: Dem Kläger stehe kein Anspruch nach § 39 SGB XI aF zu. Für den Senat sei bereits nicht hinreichend feststellbar gewesen, ob überhaupt ein Fall von (rechtmäßiger) Verhinderungspflege entstanden sei. Nach Anhörung des Klägers und der wiederholten Vernehmung der Zeugin sei letztlich unklar geblieben, wer, wann und in welchem Umfang tätig geworden sei. Der Kläger habe hierzu nichts Näheres beitragen können. Weder er noch die Zeugin hätten sich an die in der Verhinderungspflege tätigen Personen namentlich erinnern können. Da die näheren Umstände der Verhinderungspflege und die dafür getätigten Aufwendungen ohne jegliche Unterlagen oder halbwegs präzise Angaben nicht weiter aufklärbar gewesen seien, gingen die verbleibenden Zweifel zu Lasten des Klägers. Zudem sei auch - entgegen der Behauptung des Klägers - keine wirksame Abtretung nach § 53 SGB I von Ansprüchen des Versicherten an den Kläger feststellbar. Der Kläger sei weder Erbe seines Vaters noch Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I. Die für das Sozialrechtsverhältnis geltende Beschränkung einer Abtretung schließe die Geltendmachung eines im Zeitpunkt des Todes noch nicht festgestellten Kostenerstattungsanspruchs (vgl § 59 Satz 2 SGB I) durch den Abtretungsempfänger aus (Hinweis auf BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 2 U 21/12 R - BSGE 115, 247 = SozR 4-7610 § 812 Nr 7, RdNr 16). Daher habe es auch nicht der am 8.9.2020 anwaltlich beantragten Aussetzung des Verfahrens zur Feststellungsentscheidung der Beklagten nach § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I bedurft.
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Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 1.10.2020 zugestellte Urteil des LSG mit einem von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 1.11.2020 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt.
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II. 1. Der Antrag auf PKH ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hier fehlt es an der hinreichenden Aussicht auf Erfolg. Es ist nicht zu erkennen, dass die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers selbst unter Einschaltung eines anwaltlichen Bevollmächtigten erfolgreich sein könnte. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 ZPO scheidet daher aus. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Kläger die persönlichen bzw wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine PKH-Bewilligung erfüllt.
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Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es nicht darum, ob die Entscheidung des LSG richtig oder falsch ist. Vielmehr ist gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3); auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG kann der Verfahrensmangel nicht gestützt werden und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) nur, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (Nr 3 Halbsatz 2). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach Prüfung des Streitstoffs im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung durch den Senat nicht ersichtlich.
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a) Es ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das von dem Kläger angegriffene Urteil des LSG mit Erfolg auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung iS dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, von der angestrebten Entscheidung der Rechtssache im Revisionsverfahren somit erwartet werden kann, dass diese in einer bisher nicht geschehenen, jedoch das Interesse der Allgemeinheit berührenden Weise die Rechtseinheit herstellen, wahren oder sichern oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 30 S 57 f). Rechtsfragen, die in diesem Sinne noch grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind im Rahmen des PKH-Verfahrens nicht ersichtlich. Das LSG hat den Rechtsstreit anhand der einschlägigen Rechtsnormen und unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen und zitierten Rechtsprechung des BSG entschieden.
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b) Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG. Das LSG ist im angefochtenen Urteil ersichtlich nicht von der Rechtsprechung des BSG abgewichen. Vielmehr hat es sich bei seiner Entscheidungsfindung ausdrücklich auf Rechtsprechung des BSG bezogen und die dort entwickelten Maßstäbe seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
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c) Ebenso wenig lässt sich bei summarischer Prüfung ein Verfahrensfehler erkennen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.
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Ein Verfahrensfehler ist nicht deshalb hinreichend aufgezeigt, weil der Kläger vorträgt, ihm sei kein rechtliches Gehör "in Sachen Quittungsbelege" eingeräumt worden und er sei überhaupt nicht zielführend danach befragt worden. Das LSG hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 9.9.2020 ausführlich persönlich angehört. Es ist nicht ersichtlich, dass ihn das LSG daran gehindert hätte, zu Belegen oder Quittungen vorzutragen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte das LSG nicht hinreichend sicher feststellen, ob und in welchem Umfang erstattungsfähige Aufwendungen tatsächlich entstanden seien. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem BSG ist von vornherein nicht das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Aus diesem Vortrag ergeben sich auch keine Anhaltspunkte, dass sich das LSG zu einer weiteren Beweisaufnahme im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) hätte gedrängt sehen müssen. Soweit der Kläger bemängelt, dass ein Antrag seines Anwaltes vom 8.9.2020 an die AOK vom LSG ignoriert und nicht berücksichtigt worden sei, hat das LSG im angegriffenen Urteil die Rechtsgründe dargelegt, weshalb dieser Antrag nicht entscheidungsrelevant gewesen ist. Im Übrigen gilt, dass ein in der Berufungsinstanz rechtsanwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gehört werden kann, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr; vgl nur BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Beides lässt sich nach Durchsicht der Akten vorliegend nicht feststellen.
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2. Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist eingelegt worden ist (§ 64 Abs 2, § 73 Abs 4, § 160a Abs 1 Satz 2 SGG). Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen, ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des LSG hingewiesen worden. Das somit nicht der gesetzlichen Form entsprechende Rechtsmittel ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss zu verwerfen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 3 GKG.
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