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BSG 20.07.2020 - B 12 R 4/20 B
BSG 20.07.2020 - B 12 R 4/20 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Abgrenzung - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit - Reinigungskraft - Beurteilung des konkreten Rechtsverhältnisses
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 7 Abs 1 SGB 4
Vorinstanz
vorgehend SG Trier, 30. November 2017, Az: S 7 R 334/16, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 10. Dezember 2019, Az: L 6 BA 4/18, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. Dezember 2019 wird als unzulässig verworfen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1714,13 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde ist zwischen den Beteiligten noch die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 1714,13 Euro streitig für die in der Zeit vom 1.1.2011 bis 31.12.2014 von der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft im Umfang von wöchentlich fünf Stunden.
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Aufgrund einer Betriebsprüfung stellte die Beklagte nach Anhörung der Klägerin deren Beitragspflicht in Höhe von 2384,93 Euro (inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von 665 Euro) aufgrund einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. fest (Bescheid vom 17.5.2016) und informierte hierüber auch die Beigeladene zu 1. Widerspruchs- und Klageverfahren sind ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 7.11.2016, Urteil vom 30.11.2017). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte ihre Forderung auf 2378,13 Euro (inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von 664 Euro) korrigiert (Bescheid vom 15.4.2019).
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Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die angefochtenen Bescheide der Beklagten bezüglich der Erhebung von Säumniszuschlägen abgeändert, weil diese zu Unrecht erhoben worden seien. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Beigeladene zu 1. habe ihre Tätigkeit bei der Klägerin als Reinigungskraft im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Sie sei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen und habe kein unternehmerisches Risiko getragen. Die Höhe der geforderten Beiträge sei nicht zu beanstanden.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
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II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Die Klägerin hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf und fähig ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums darzutun, weshalb deren Klärung erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN).
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Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, "unter welchen Voraussetzungen und bei Gewichtung welcher Kriterien eine Reinigungskraft als Selbstständige in einem Betrieb tätig sein kann" - und "unter welchen Bedingungen eine Reinigungskraft, die ihre Arbeitskraft mehreren Unternehmen anbietet, dies als selbstständige Unternehmerin machen kann".
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Es kann dahingestellt bleiben, ob damit eine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (vgl allgemein BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert worden ist. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN). Eine Rechtsfrage ist so konkret zu formulieren, dass sie als Grundlage für die Darlegung der weiteren Merkmale der grundsätzlichen Bedeutung (Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit, Breitenwirkung) geeignet ist (Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 160a RdNr 97). Selbst wenn hier eine Rechtsfrage als hinreichend bezeichnet unterstellt wird, wäre jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit nicht dargelegt.
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Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung, Bedingungen zu formulieren, unter denen eine bestimmte Tätigkeit selbstständig ausgeübt werden kann. Zu beurteilen ist stets das konkrete Rechtsverhältnis. Dabei ist - wie bereits das LSG ausgeführt hat - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Gesamtbild der Tätigkeit danach zu würdigen, ob die typischen Merkmale einer abhängigen Beschäftigung oder diejenigen einer Selbstständigkeit überwiegen (vgl zB BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 16; BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 42 RdNr 14 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Welche Rechtsfrage hierzu durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärt sein könnte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass für die Tätigkeiten von Reinigungskräften besondere Kriterien oder Gewichtungen zur Anwendung kommen müssten. Vielmehr fehlt es der Beschwerdebegründung an jeglicher Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung zur Abgrenzung von selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung, nach der grundsätzlich keine berufsbezogenen Kriterien, sondern dem allgemeinen Typus von Selbstständigkeit auf der einen Seite und abhängiger Beschäftigung auf der anderen Seite zuzuordnende Kriterien heranzuziehen sind (vgl zB BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 42 RdNr 18 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, in welchem der Senat ausdrücklich ausgeführt hat, dass die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder erfolgt).
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Soweit sich die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung darauf beruft, das LSG habe die einzelnen Kriterien nicht angemessen gewichtet und Besonderheiten des Einzelfalls nicht hinreichend gewürdigt, wendet sie sich im Kern lediglich gegen die inhaltliche Richtigkeit der Berufungsentscheidung; eine grundsätzliche Bedeutung ergibt sich daraus nicht.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160 Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 3 GKG und basiert - entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung - auf der im vorliegenden Verfahren insgesamt noch im Streit stehenden Beitragsnachforderung (abzüglich der Säumniszuschläge).
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