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BSG 17.12.2019 - B 1 KR 7/19 R
BSG 17.12.2019 - B 1 KR 7/19 R - Krankenversicherung - Satzungsmehrleistungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung - Begrenzung auf die ersten drei Behandlungsversuche
Normen
Art 20 Abs 3 GG, § 34 Abs 1 SGB 4, § 11 Abs 6 S 1 SGB 5 vom 23.10.2012, § 11 Abs 6 S 2 Halbs 1 SGB 5 vom 22.12.2011, § 12 Abs 1 SGB 5, § 13 Abs 3 S 1 SGB 5, § 27a Abs 1 Nr 2 Halbs 2 SGB 5, § 27a Abs 2 S 1 SGB 5, § 27a Abs 2 S 2 SGB 5, § 27a Abs 3 S 3 SGB 5 vom 14.11.2003, § 27a Abs 4 SGB 5 vom 14.11.2003, § 27a Abs 5 SGB 5 vom 06.05.2019, § 92 Abs 1 S 2 Nr 10 SGB 5, § 194 Abs 1 Nr 3 SGB 5, Nr 8 Abs 1 S 2 KBRL, Nr 8 Abs 1 S 3 KBRL, Nr 8 Abs 1 S 4 KBRL, Nr 8 Abs 1 S 5 KBRL, Nr 9.1 S 3 KBRL, Nr 10 KBRL
Vorinstanz
vorgehend SG Augsburg, 30. Januar 2018, Az: S 6 KR 537/17, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 15. Januar 2019, Az: L 5 KR 94/18, Urteil
Leitsatz
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Eine Krankenkasse darf Satzungsmehrleistungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung auch dann auf die ersten drei Behandlungsversuche begrenzen, wenn der gesetzliche Leistungsanspruch im Einzelfall für mehr als drei Behandlungszyklen besteht.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Januar 2019 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
-
Kosten sind auch im Berufungs- und Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Erstattung des Eigenanteils an den Kosten künstlicher Befruchtung als zusätzliche Satzungsleistung.
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Die beklagte bundesweit zuständige Krankenkasse (KK) regelt in ihrer Satzung als Kostenerstattungszuschüsse konzipierte Gestaltungsleistungen. § 19b (Mehrleistung für künstliche Befruchtung) Satzung lautet:
"(1)
Die DAK-Gesundheit übernimmt für ihre Versicherten, die nach § 27a SGB V Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung haben, zusätzlich zu den gesetzlich geregelten Ansprüchen in Höhe von 50 % der Behandlungskosten für die ersten drei Versuche weitere 50 % der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahme, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten.
(2)
Maßgebend für die Beurteilung der medizinischen Erfordernisse sind grundsätzlich die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung. Die Kostenerstattung erfolgt auf der Grundlage eines vor Behandlungsbeginn genehmigten Behandlungsplans. Voraussetzungen sind, dass der erste Behandlungsversuch nicht vor Inkrafttreten dieser Satzungsregelung durchgeführt wurde und die Behandlung durch einen nach § 121a SGB V zugelassenen oder nach § 13 Abs. 4 SGB V berechtigten Leistungserbringer erfolgt."
Der Anspruch auf die zusätzliche Leistung setzt voraus, dass beide Ehegatten bei der Beklagten versichert sind (§ 19b Abs 4 Satzung).
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Die bei der Beklagten versicherte, 1981 geborene, mit einem 1984 geborenen, ebenfalls bei der beklagten KK versicherten Ehegatten verheiratete Klägerin beantragte die Versorgung mit In-Vitro-Fertilisation (IVF) mit Embryonentransfer (Behandlungsplan vom 12.10.2016). Die Beklagte genehmigte den Behandlungsplan und teilte der Klägerin mit, dass sie "zusätzlich zum gesetzlichen Anteil auch die Kosten des Eigenanteils der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kinderwunschbehandlungen" übernehme. Bei Einreichung der Eigenanteilsrechnungen für nicht komplett durchgeführte Maßnahmen würden diese auf die Anzahl der auf dem Behandlungsplan genehmigten Versuche angerechnet. Insgesamt würden "maximal drei Kinderwunschbehandlungen", jedoch nicht mehr als durch den Behandlungsplan genehmigte Maßnahmen übernommen (Schreiben vom 27.10.2016). Zwei Behandlungszyklen endeten mangels hinreichender Eizellreifung im Stadium der hormonellen Stimulation ohne Eizellentnahme. Ein dritter Behandlungszyklus im Februar/März 2017 führte zum Embryonentransfer, aber nicht zu einer Schwangerschaft. Die Beklagte erstattete der Klägerin hierfür jeweils den Eigenanteil an den Kosten der ärztlichen Behandlung und Arzneimittelkosten. Sie genehmigte sodann die Versorgung mit intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) im Umfang von zwei Behandlungszyklen in Höhe des gesetzlichen Anteils von 50 vH der Kosten (18.4.2017; Folge-Behandlungsplan vom 14.3.2017), übernahm den Eigenanteil einer weiteren Behandlung im Rahmen einer Einzelfallentscheidung als Satzungsleistung, lehnte aber im Übrigen eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 22.5.2017; Widerspruchsbescheid vom 28.9.2017). Das SG hat die Klage auf Erstattung des Eigenanteils an den Behandlungskosten eines fünften im November/Dezember 2017 durchgeführten Behandlungszyklus abgewiesen (Urteil vom 30.1.2018). Das LSG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin 1669,99 Euro zu erstatten: § 19b der Satzung der Beklagten bestimme für die zusätzliche Leistung in Höhe des Eigenanteils keine anderen Voraussetzungen als § 27a SGB V. Ein Versuch der künstlichen Befruchtung liege nicht schon bei einem Abbruch im Stadium der Eizellreifung vor. Die Beklagte sei zwar grundsätzlich berechtigt, ihre Zusatzangebote (§ 11 Abs 6 SGB V) zu beschränken. Dies müsse sie jedoch hinreichend transparent machen (Urteil vom 15.1.2019).
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Die Beklagte rügt sinngemäß mit ihrer Revision die Verletzung von § 11 Abs 6 und § 27a SGB V iVm § 19b ihrer Satzung. Sie habe die Kostenerstattung für "Mehrleistungen zur künstlichen Befruchtung" in ihrer Satzung bewusst abweichend von der gesetzlichen Regelung des § 27a SGB V normiert und auf die "ersten drei Versuche" beschränkt (§ 19b Satzung). Ein Behandlungsversuch erfasse auch im Laufe des Behandlungszyklus abgebrochene Maßnahmen der künstlichen Befruchtung.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Januar 2019 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Januar 2018 zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Das LSG-Urteil ist aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das SG-Urteil zurückzuweisen. Zu Unrecht hat das LSG das SG-Urteil und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte dazu verurteilt, 1669,99 Euro zu zahlen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils an den Kosten der künstlichen Befruchtung für den im November/Dezember 2017 durchgeführten fünften Behandlungszyklus.
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1. Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung ist allein § 19b Satzung (idF und mWv 1.7.2016, vgl § 38 Satzung; genehmigt vom BVA mit Bescheid vom 13.6.2016). Die Satzungsbestimmung ist nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ordnungsgemäß zustande gekommenen (§ 34 SGB IV). Ein Anspruch auf Kostenerstattung wegen Systemversagens (§ 13 Abs 3 Satz 1 SGB V) kommt nicht in Betracht und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Der Sachleistungsanspruch der Klägerin auf medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft ist auf 50 vH der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahmen beschränkt, die bei ihr durchgeführt werden (vgl § 27a Abs 3 Satz 3 SGB V idF durch Art 1 Nr 14 Buchst b des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Begrenzung vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 27.2.2009 - 1 BvR 2982/07 - BVerfGK 15, 152 = NJW 2009, 1733; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 5). Die Beklagte erfüllte diesen Anspruch. Er ist nicht streitgegenständlich.
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Die revisible maßgebliche Satzungsbestimmung (vgl § 162 Fall 1 SGG) gewährt zusätzlich zum Sachleistungsanspruch aus § 27a SGB V eine Kostenerstattung in Höhe von weiteren 50 vH der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahme, begrenzt auf die tatsächlich entstandenen Kosten, für die ersten drei Behandlungsversuche. Als Versuch zählt jeder begonnene Behandlungszyklus, auch wenn er vorzeitig abgebrochen werden musste (dazu a). Dies steht im Einklang mit höherrangigem Recht (dazu b). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung eines Eigenanteils für den im November/Dezember 2017 durchgeführten fünften Behandlungszyklus (dazu c).
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a) § 19b Abs 1 Satzung begrenzt nach Wortlaut (dazu aa), Regelungssystem (dazu bb) und Zweck (dazu cc) die Mehrleistungen für künstliche Befruchtung auf die ersten drei Behandlungszyklen unabhängig davon, ob diese Zyklen vollständig durchgeführt wurden iS von § 27a SGB V iVm den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung (RL über künstliche Befruchtung - KB-RL - idF vom 14.8.1990, BArbBl 1990, Nr 12, zuletzt geändert durch Beschluss vom 16.3.2017, BAnz AT 1.6.2017 B4 mWv 2.6.2017). Die Beklagte legt satzungsautonom einen hiervon unabhängigen Begriff des Versuchs der künstlichen Befruchtung zugrunde.
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aa) Die Beklagte übernimmt schon nach dem Wortlaut der Satzungsbestimmung weitere 50 vH der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten nur "für die ersten drei Versuche". Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass für den Behandlungszyklus, für den Kostenerstattung begehrt wird, die Anspruchsvoraussetzungen des § 27a SGB V erfüllt sind ("für ihre Versicherten, die nach § 27a SGB V Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung haben“): Die Leistung muss erforderlich sein (vgl § 27a Abs 1 Nr 1 SGB V), hinreichende Erfolgsaussicht haben (vgl § 27a Abs 1 Nr 2 SGB V), miteinander verheiratete Eheleute (vgl § 27a Abs 1 Nr 3 SGB V), die die Altersgrenzen erfüllen (vgl § 27a Abs 3 Satz 1 SGB V), und eine homologe Insemination betreffen (vgl § 27a Abs 1 Nr 4 SGB V), darf erst nach erfolgter Beratung stattfinden (vgl § 27a Abs 1 Nr 5 SGB V) und muss vor ihrem Beginn genehmigt sein (vgl § 27a Abs 3 Satz 2 SGB V). Die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen nach § 27a SGB V bestimmt der GBA in den RL nach § 92 SGB V (vgl § 27a Abs 4 SGB V, hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 14 Buchst b GMG; mWv 11.5.2019 § 27a Abs 5 SGB V gemäß Art 1 Nr 10 Buchst b Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung - Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG - vom 6.5.2019, BGBl I 646). Weitere Voraussetzungen normiert die Satzung nicht. Insbesondere verlangt diese nicht, dass der Versuch ein bestimmtes Stadium erreicht hat und damit als "durchgeführt" gilt (vgl § 27a Abs 1 Nr 2 Halbsatz 2 SGB V; Nr 8 Abs 1 Satz 2 KB-RL: "vollständig durchgeführt"; vgl hierzu Fahlbusch in Hauck/Klakow-Franck, jurisPK-SGB V, G-BA, Stand 13.11.2019, Eingangsformel KB-RL, RdNr 23 f). § 19b Abs 2 Satz 1 Satzung nimmt die KB-RL nur insoweit in Bezug, als diese maßgebend "für die Beurteilung der medizinischen Erfordernisse" sind.
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bb) Auch aus der Regelungssystematik ergibt sich keine Beschränkung auf solche Behandlungszyklen, die als "vollständig durchgeführt" gewertet werden (Nr 8 Abs 1 Satz 2 KB-RL). Den gesetzlichen Regelungen liegt die Unterteilung der medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in Behandlungszyklen zugrunde, die dem einzelnen natürlichen Zeugungsakt entsprechen und unmittelbar der Befruchtung dienen (vgl BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 1 RdNr 8 mwN; zur Einbeziehung der Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder von Keimzellgewebe in den gesetzlichen Leistungsanspruch vgl § 27a Abs 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 10 Buchst a TSVG). Die KB-RL sprechen insofern gleichbedeutend statt von einem Behandlungszyklus oder Zyklus auch von Behandlungsversuch oder Versuch (vgl Nr 8 Abs 1 Satz 3 bis 5 der KB-RL). Die gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen müssen nicht nur zu Beginn der Behandlung, sondern grundsätzlich zu Beginn jedes Behandlungszyklus erfüllt sein (zum auch im Rahmen von § 27a SGB V zu beachtenden Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Abs 1 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 14 RdNr 16; Hauck, SGb 2009, 321, 326). Im stimulierten Zyklus ist dies der erste Stimulationstag (vgl Nr 9.1 Satz 3 der KB-RL zu den Altersgrenzen). Für den Sachleistungsanspruch aus § 27a SGB V ist es dagegen ohne Belang, ob der Behandlungszyklus wie geplant beendet werden konnte oder vorzeitig abgebrochen wurde. Auch Maßnahmen, die - wie hier die ersten beiden Zyklen - nicht über das Stadium der hormonellen Stimulation hinausgekommen sind, sind von der - auf 50 vH der Kosten beschränkten - Leistungspflicht der gesetzlichen KKn umfasst. Ob und ggf in welchem Stadium ein Behandlungszyklus abgebrochen wurde, hat lediglich Bedeutung für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Folgezyklen - und damit für die Sachleistungspflicht der KK für den Folgezyklus. Eine hinreichende Aussicht, eine Schwangerschaft herbeizuführen, besteht nach der gesetzlichen Regelung nicht mehr, wenn die Maßnahme drei Mal ohne Erfolg durchgeführt worden ist (§ 27a Abs 1 Nr 2 Halbsatz 2 SGB V; dies gilt nicht für die Insemination im Spontanzyklus; hier sind bis zu acht vollständig durchgeführte Behandlungsversuche möglich, vgl § 27a Abs 2 Satz 1 und 2 SGB V). Konkretisierend bestimmt der GBA in Nr 8 KB-RL für jede der in Nr 10 KB-RL dargestellten Methoden der künstlichen Befruchtung eine Höchstzahl von vollständig durchgeführten erfolglosen Versuchen, ab der eine Aussicht auf Erfolg nicht mehr angenommen wird (vgl Fahlbusch in Hauck/Klakow-Franck, jurisPK-SGB V, G-BA, Stand 13.11.2019, Eingangsformel KB-RL, RdNr 19).
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Die Satzungsbestimmung der Beklagten greift den Begriff des "durchgeführten" oder des "vollständig durchgeführten" Behandlungszyklus nicht auf, sondern spricht in Abgrenzung hierzu nur von den "ersten drei Versuchen". Für einen Gleichlauf mit "den gesetzlich geregelten Ansprüchen" hätte es schon keiner weiteren Begrenzung der zusätzlichen Satzungsleistung bedurft. Die Beklagte hat demgegenüber in Kenntnis der Rechtslage die Mehrleistung bei künstlicher Befruchtung nicht nur auf "50 % der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten" (bis zur Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten), sondern zusätzlich auf "die ersten drei Versuche" beschränkt.
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cc) Zweck dieser (weiteren) Begrenzung ist ersichtlich, den bei der Beklagten versicherten Ehepaaren einerseits für den Regelfall eine volle Übernahme der Kosten der künstlichen Befruchtung zu gewähren, zugleich aber den Umfang der Kostenerstattungszuschüsse (vgl § 11 Abs 6 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V idF durch Art 3 Nr 1 Buchst b Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung <Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG> vom 23.10.2012, BGBl I 2246 mWv 30.10.2012) dergestalt zu bestimmen, dass die aufzuwendenden Beträge für die KK überschaubar bleiben. Insoweit ist von Bedeutung, dass die zusätzlichen Satzungsleistungen von den KKn aus Finanzreserven und, falls diese nicht ausreichen, aus kassenindividuellen Zusatzbeiträgen (§ 242 SGB V) zu finanzieren sind (vgl Becker/Kingreen in Becker/Kingreen, SGB V, 6. Aufl 2018, § 11 RdNr 37; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 4/19, K § 11 RdNr 81). Der erkennende Senat muss nicht entscheiden, ob die Satzungsbestimmung des § 19b Abs 1 es erlaubt, dass Ehepaare auf die Einreichung von Kostenrechnungen für nicht vollständig durchgeführte Versuche verzichten, um sich einen Kostenzuschuss zu weiteren (vollständig durchgeführten) Behandlungszyklen zu sichern, wie es das Schreiben der Beklagten vom 27.10.2016 nahe legt. Jedenfalls will § 19b Abs 1 Satzung die Anzahl der aufzustockenden Behandlungsversuche unabhängig von den konkreten Umständen auf drei begrenzen. Dies schließt Kostenzuschüsse für den vierten und weitere Versuche selbst dann aus, wenn für diese ein Sachleistungsanspruch (§ 27a SGB V) besteht, etwa weil einer der ersten drei Zyklen nicht vollständig durchgeführt wurde, eine klinisch nachgewiesene Schwangerschaft eingetreten ist, die nicht zur Geburt eines Kindes geführt hat, oder nach der Geburt eines Kindes ein weiterer Kinderwunsch besteht (zu den beiden letzteren Fällen vgl Nr 8 Abs 1 Satz 3 bis 5 KB-RL).
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b) Diesem Auslegungsergebnis stehen weder gesetzliche Regelungen (dazu aa) noch das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit (dazu bb) entgegen.
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aa) Durch die Beschränkung der Mehrleistung bei künstlicher Befruchtung auf die "ersten drei Versuche" hat die Beklagte von ihrer durch das SGB V vorgegebenen Gestaltungsfreiheit zulässig Gebrauch gemacht. § 19b Satzung ist von der Ermächtigung des § 11 Abs 6 Satz 1 und 2 SGB V zum Erlass von Satzungsbestimmungen gedeckt (vgl zum Erfordernis BSGE 89, 227, 231 = SozR 3-2500 § 194 Nr 1 S 5; BSGE 121, 179 = SozR 4-2500 § 194 Nr 1, RdNr 18 f). Die Satzungsregelung begrenzt zulässig den Umfang der Kostenübernahme für zusätzliche Leistungen bei künstlicher Befruchtung.
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Nach § 11 Abs 6 Satz 1 SGB V kann die KK "in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der … künstlichen Befruchtung (§ 27a) … vorsehen". Das Gesetz will dem Satzungsgeber nicht ermöglichen, wesentlich neue, anders als im Gesetz vorgeformte Leistungen zuzulassen. Es beschränkt dessen Regelungskompetenz vielmehr auf "zusätzliche" Leistungen. Es ermächtigt ihn auch nicht generell, Satzungsleistungen für alle denkbaren zusätzlichen Leistungen der künstlichen Befruchtung vorzusehen, sondern bloß gerade durch die Regelung des "§ 27a SGB V" geprägte zusätzliche Leistungen (vgl BSGE 117, 236 = SozR 4-2500 § 11 Nr 2, RdNr 11 ff). Dem wird die betroffene Satzungsregelung gerecht. Sie weicht von dem Grundmodell des § 27a SGB V nicht ab, sondern legt dieses zugrunde. Anspruch auf Kostenerstattung zusätzlich zu der nach § 27a Abs 3 Satz 3 SGB V gesetzlich vorgesehenen Kostenübernahme haben nur Versicherte, die die Voraussetzungen des gesetzlichen Anspruch nach § 27a SGB V auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung erfüllen. Die Beklagte gewährt diesem Personenkreis, unter der Voraussetzung, dass beide Ehepartner bei ihr versichert sind (§ 19b Abs 4 Satzung), zusätzlich zu der nach § 27a Abs 3 Satz 3 SGB V gesetzlich vorgesehenen Kostenübernahme "für die ersten drei Versuche weitere 50 % der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahme, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten" (§ 19b Abs 1 Satzung).
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§ 11 Abs 6 SGB V enthält keine Vorgaben, in welchem Umfang eine KK zusätzliche Leistungen zu gewähren hat. Die Ausgestaltung der Leistungen hat nur sachbezogen zu erfolgen (vgl BSG Urteil vom 20.3.2018 - B 1 A 1/18 R - juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). In diesem Sinne sieht § 11 Abs 6 Satz 2 SGB V in Einklang mit § 194 Abs 1 Nr 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 11 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz - GKV-FQWG> vom 21.7.2014, BGBl I 1133 mWv 1.1.2015) vor, dass die Satzung "insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang" der zusätzlichen Leistung bestimmen muss und sie hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln hat. Dabei steht den KKn ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl Gesetzentwurf der BReg eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG>, BT-Drucks 17/6906 S 53, Zu Nr 2 <§ 11>, Zu Buchst b). Es bleibt grundsätzlich der KK überlassen, ob sie als zusätzliche Leistung einen bestimmten maximalen Betrag (etwa ein bestimmtes Budget) gewährt oder - wie hier - die Anzahl der Behandlungszyklen, für die zusätzliche Kosten übernommen werden, begrenzt.
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bb) § 19b Abs 1 Satzung verstößt nicht gegen das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit und hinreichenden Bestimmtheit. Dies gilt auch für die in autonomen Satzungen enthaltenen normativen Regelungen (vgl BSG SozR 2200 § 324 Nr 2 S 2 f = juris RdNr 18; BSGE 89, 227, 233 = SozR 3-2500 § 194 Nr 1 S 7; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 30 mwN zur Rspr des BVerfG sowie Anm Padé, SGb 2008, 367, 370 f; BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 17). Nach dem im Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) gründenden Bestimmtheitsgebot müssen gesetzliche Regelungen so gefasst sein, dass der Betroffene die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten daran auszurichten vermag (vgl BSGE 115, 131 = SozR 4-2500 § 135 Nr 20, RdNr 23; BSG SozR 4-5531 Nr 06225 Nr 1 RdNr 40; BVerwG Urteil vom 24.1.2019 - 3 C 7/17 - juris RdNr 23 = NJW 2019, 2252). Hierzu reicht es aus, dass eine Vorschrift mit herkömmlichen juristischen Methoden auszulegen ist. Allein die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung nimmt ihr noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einem Gesetz fordert (vgl BVerfGE 78, 205, 212; BVerfGE 79, 106, 120; BVerfGE 102, 254, 337; BSG SozR 4-5531 Nr 06225 Nr 1 RdNr 40; BSGE 118, 301 = SozR 4-4200 § 52 Nr 1, RdNr 30 mwN; BVerwGE 155, 129 RdNr 26). So liegt es hier. Soweit § 19b Abs 1 Satzung den Umfang der zusätzlichen Satzungsleistung nicht nur konkret der Höhe nach begrenzt ("weitere 50 % der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten"), sondern auch nach der Anzahl der unternommenen "Versuche", lässt sich die Bedeutung dieses zwar nicht in § 27a SGB V, jedoch in den KB-RL verwendeten Begriffes ohne Weiteres im Wege der Auslegung ermitteln (vgl oben II 1. a).
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c) Die Klägerin hat satzungskonform keinen Anspruch auf eine zusätzliche Satzungsleistung für den im November/Dezember 2017 durchgeführten Behandlungszyklus. Es handelte sich um den fünften Versuch der künstlichen Befruchtung der Klägerin iS von § 19b Abs 1 Satzung. Die ersten beiden Behandlungszyklen begannen mit dem Beginn der hormonellen Stimulation (zum ersten Stimulationstag als maßgeblich im stimulierten Zyklus vgl Nr 9.1 Satz 3 KB-RL). Die Klägerin unternahm anschließend erfolglos zwei weitere vollständige Behandlungsversuche. Es ist zweifelhaft, bedarf aber keiner Vertiefung, ob die Klägerin und ihr Ehemann zudem - wie es § 19b Abs 1 Satzung verlangt - auch für den fünften Versuch überhaupt noch "nach § 27a SGB V Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung" hatten, insbesondere ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine ICSI im fünften Zyklus erfüllt waren.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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