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BSG 26.06.2019 - B 6 KA 46/18 B
BSG 26.06.2019 - B 6 KA 46/18 B - Kassenärztliche Vereinigung - Honorarverteilungsmaßstab - Geltung einer begrenzten Gesamtvergütung - Gewährleistung einer Kalkulationssicherheit - strikte Trennung der Honorarkontingente für die haus- und fachärztliche Versorgung - Reaktionspflicht des Normgebers
Normen
§ 87b Abs 2 S 1 SGB 5 vom 22.12.2011
Vorinstanz
vorgehend SG Stuttgart, 18. Oktober 2016, Az: S 11 KA 1247/15, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 14. November 2018, Az: L 5 KA 747/17, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landes-sozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. November 2018 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
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Der Streitwert wird auf 15 000 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Der Kläger, der als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, begehrt höheres Honorar für seine Leistungen in den Quartalen 1/2013 bis 3/2013. Er betreibt ein dermato-histologisches Labor und ist ausschließlich pathologisch tätig. Dementsprechend ordnete die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) ihn für Honorarabrechnungen wunschgemäß der Arztgruppe der Pathologen zu. In den streitigen Quartalen vergütete die Beklagte die Leistungen des Klägers, welche er nach Kapitel 19 (Pathologische Gebührenordnungspositionen) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) erbrachte, lediglich quotiert.
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Sie wandte hierzu § 5 des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) der KÄV Baden-Württemberg an (in den Beschlussfassungen der Vertreterversammlung vom 6.2.2013, gültig ab 1.1.2013, und vom 24.4.2013, gültig ab 1.7.2013). Danach war nach § 5 Abs 2 HVM die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) zunächst auf den haus- und den fachärztlichen Bereich zu verteilen. Gemäß § 5 Abs 3 HVM war aus dem versorgungsbereichsspezifischen Verteilungsvolumen das jeweilige versorgungsbereichsspezifische RLV-Verteilungsvolumen zu bilden. Im fachärztlichen Versorgungsbereich waren sodann Vorwegabzüge - ua für Rückstellungen gemäß Anlage 3b des HVM - vorgesehen. § 5 Abs 3 Abschnitt B Buchst c Nr 1 HVM sah für die Vergütung von pathologischen und zytologischen Leistungen des Kapitels 19 EMB-Ä vor, dass auf der Basis des ausbezahlten Honorars im ersten Halbjahr 2012 eine Rückstellung zu bilden war. Dieses Vergütungsvolumen wurde durch die abgerechneten und anerkannten Honorarforderungen der betreffenden Ärzte im jeweiligen Abrechnungsquartal geteilt, woraus sich die jeweilige Quotierung für diese Leistungen ergab (§ 5 Abs 3 Abschnitt B Buchst c Nr 2 HVM). Die Leistungen vergütete die Beklagte in den streitigen Quartalen zu 76,56 % (1/2013), 77,30 % (2/2013) und 74,12 % (3/2013).
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Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 3.2.2015). Klage und Berufung, mit denen der Kläger ua geltend gemacht hatte, die im HVM getroffene Regelung erfordere wegen der Gestaltung des Pathologen-Topfs die Festlegung einer Mindestquote im HVM, um ein Mindestmaß an Kalkulationssicherheit iS des § 87b Abs 2 S 1 SGB V zu gewährleisten, blieben erfolglos (Urteile des SG vom 18.10.2016 und des LSG vom 14.11.2018).
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Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
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II. 1. Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache liegen nicht vor. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar beantworten lässt (BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - Juris RdNr 4). Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde und die Bedeutung über den Einzelfall hinaus fehlt, wenn eine weitergehende Bedeutung der Rechtsfrage für weitere Fälle nicht erkennbar ist oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - Juris RdNr 7).
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a) Der Kläger bezeichnet zunächst die folgende Rechtsfrage als grundsätzlich bedeutsam:
"Ist die KÄV verpflichtet, bei einem aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich im Wege des Vorwegabzugs aufgrund der Abrechnungsergebnisse aus Vorquartalen gebildeten Honorarvolumen eine Mindestquote festzulegen oder genügt der Verweis auf die Beobachtungs- und Reaktionspflicht bei Punktwertverlusten jeglicher Art?"
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Zur Klärung dieser Frage bedarf es der Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht. Die Frage kann bereits auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats eindeutig iS der Entscheidung des LSG beantwortet werden. Der Senat hat in seinem Urteil vom 19.8.2015 (B 6 KA 34/14 R - BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 33) bereits ausgeführt, dass die Gewährleistung einer Kalkulationssicherheit unter Geltung einer begrenzten Gesamtvergütung nur ein "relatives" Ziel darstellt, welches im Übrigen nicht isoliert und zu Lasten anderer Arztgruppen verwirklicht werden darf. Da in einem System begrenzter Gesamtvergütungen die einer Arztgruppe zugesagte Garantie fester Preise ohne flankierende Steuerungsmaßnahmen regelhaft dazu führt, dass andere Arztgruppen diese Garantie mitfinanzieren, indem sie für ihre Leistungen geringere Vergütungen erhalten, kann eine solche Garantie im Prinzip nur Leistungen betreffen, die außerhalb der MGV vergütet werden. Der Begriff der "Steuerung" ist nicht in dem Sinne beschränkt, dass hiervon nur Maßnahmen erfasst werden, die sich unmittelbar auf das ärztliche Behandlungs- bzw Abrechnungsverhalten auswirken. Steuerungscharakter haben etwa auch die Maßnahmen, die - nachträglich - verhindern, dass das Verhalten einer Arztgruppe zu Lasten anderer Arztgruppen geht: So wirkt sich jedes einer Arztgruppe zugewiesene Vergütungsvolumen ("Honorartopf" bzw Honorarbudget) in diesem Sinne erst "nachträglich" aus, weil erst nach Abschluss des Quartals feststeht, in welchem Umfang das Vergütungsvolumen überschritten wurde (BSG, aaO, RdNr 55; vgl zur Bildung von "Honorartöpfen" auch BSG Beschluss vom 5.6.2013 - B 6 KA 55/12 B - BeckRS 2013, 70499).
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Im Urteil vom 23.3.2016 (B 6 KA 33/15 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 24) hat der Senat zwar betont, dass gerade bei Arztgruppen wie Pathologen, Laborärzten oder bei der Erbringung von Dialyseleistungen durch Nephrologen, bei denen der Vergütung ein hoher Anteil von Personal- und Sachkosten gegenübersteht, eine ihrer Höhe nach nicht voraussehbare Quotierung problematische Auswirkungen haben kann. Er hat jedoch eine Reaktionspflicht des Normgebers erst bei einem sich auf das Honorar mindernd auswirkenden dauerhaften Punktwerteabfall von mehr als 15 % unter das sonstige Durchschnittsniveau bejaht (BSG, aaO, RdNr 26). In der Entscheidung vom 8.8.2018 (B 6 KA 26/17 R - Juris RdNr 27 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) wurde die Rechtmäßigkeit der Quotierung von Laborleistungen der Abschnitte 32.2 und 32.3 EBM-Ä nicht in Frage gestellt, obwohl es in den streitgegenständlichen Quartalen keine Mindestquote gab. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob die tatsächlich gezahlte Quote noch eine ausreichende relative Kalkulationssicherheit bietet.
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b) Soweit der Kläger fragt,
"Woran ist dann das 'sonstige Durchschnittsniveau', an dem der dauerhafte Punktwertabfall von mehr als 15 % zu beurteilen ist, zu messen?",
ist bereits zweifelhaft, ob er damit eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen formuliert hat, an denen das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl dazu BSG Beschluss vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - Juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 4.4.2016 - B 13 R 43/16 B - RdNr 6; BSG Beschluss vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - Juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 2.11.2009 - B 13 R 445/09 B - BeckRS 2009, 74151 RdNr 6).
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Soweit aus seinem weiterem Vorbringen entnommen werden kann, dass es ihm vorrangig um die Feststellung geht, ob Hausärzte in die Betrachtung des "sonstigen Durchschnittsniveaus" einzubeziehen sind, besteht jedenfalls keine Klärungsbedürftigkeit. Hinsichtlich einer Reaktionspflicht des Normgebers in den Fällen, in denen sich bei einer Arztgruppe ein auf das Honorar mindernd auswirkender gravierender Punktwertverfall ergibt, reicht es nach der Rechtsprechung des Senats nicht aus, wenn das Honorarniveau einer Arztgruppe im Vergleich zu ihrem bisherigen besonders günstigen Stand absinkt; erforderlich ist vielmehr, dass ihr Vergütungsniveau gravierend unter das Niveau der anderen Arztgruppen absinkt (BSG Urteil vom 22.6.2005 - B 6 KA 5/04 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 24). Hierbei hat der Senat allerdings gerade betont, dass ein Punktwertabstand zwischen hausärztlichen und fachärztlichen Leistungen aufgrund der vom Gesetzgeber bestimmten Trennung der Honorarkontingente ohne Bedeutung ist (BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 29/05 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 26 RdNr 28; vgl auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Oktober 2016, § 85 RdNr 165). Wenn der Gesetzgeber die strikte Trennung der Honorarkontingente für die haus- und fachärztliche Versorgung vorschreibt, hat er in Kauf genommen, dass der Punktwert für die hausärztlichen Leistungen davon unabhängig ist, wie sich der Punktwert im Bereich der fachärztlichen Leistungen entwickelt, obwohl letzterer über die Entwicklung der Leistungsmenge mittelbar teilweise auch vom Überweisungsverhalten der Hausärzte abhängt (BSG Urteil vom 22.3.2006 - B 6 KA 67/04 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 24 RdNr 16).
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Soweit es dem Kläger darum geht, durch Einbeziehung des hausärztlichen Versorgungsbereiches sowie der Bereiche Labor und organisierter Notfalldienst bei Ermittlung des Durchschnittsniveaus eine Reaktionspflicht des Normgebers zu begründen, fehlt es im Übrigen auch an der Klärungsfähigkeit. Nach der Rechtsprechung des Senats setzt eine Reaktionspflicht des Normgebers in Fällen, in denen der Punktwert der aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen um 15 % und mehr niedriger ist als der Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen, eine dauerhafte Entwicklung voraus. Diese kann im Regelfall frühestens nach Vorliegen von Daten aus mindestens zwei Quartalen angenommen werden. Eine Korrektur kann regelmäßig nur für die Zukunft gefordert werden (BSG Urteil vom 23.3.2016 - B 6 KA 33/15 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 26; BSG Urteil vom 22.6.2005 - B 6 KA 5/04 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 32). An dieser Rechtsprechung hat sich das LSG der Sache nach orientiert und im Einzelnen dargelegt, weshalb eine solche dauerhafte Entwicklung nicht bejaht werden konnte. Ob und unter welchen Voraussetzungen und ab welchem Zeitpunkt genau eine KÄV auf eine bestimmte Honorarverteilungsentwicklung reagieren muss, ist angesichts der unvermeidlicherweise relativ unbestimmten Rechtsfolgen der Reaktions- bzw Anpassungspflicht jedenfalls einer allgemein gültigen Feststellung und damit einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich (BSG Beschluss vom 17.9.2008 - B 6 KA 62/07 B - Juris RdNr 10).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).
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3. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht den Feststellungen der Vorinstanzen, denen keiner der Beteiligten widersprochen hat.
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