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BSG 31.01.2017 - B 3 KR 44/16 B
BSG 31.01.2017 - B 3 KR 44/16 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Verstoß gegen Grundsatz der freien Beweiswürdigung - kein Zulassungsgrund
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Augsburg, 28. Juli 2015, Az: S 6 KR 176/14, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 22. Juni 2016, Az: L 4 KR 359/15, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Streitig war zuletzt noch ein Anspruch auf Gewährung weiteren Krankengeldes (Krg) für die Zeit von Mitte Februar 2014 bis zum 30.4.2014.
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Der 1958 geborene Kläger, der seit dem 25.4.2013 arbeitslos war und seit dem 1.5.2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung bezog, erhielt zunächst Arbeitslosengeld (Alg) I und seit Eintritt der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit (AU) am 16.5.2013 von der beklagten Krankenkasse Krg, das bis zum 28.10.2013 gezahlt wurde (Bescheid vom 30.7.2013, Abhilfebescheid vom 16.1.2014). Während einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation erhielt der Kläger Übergangsgeld (29.10.2013 bis 20.11.2013). Den Antrag auf Weiterzahlung des Krg ab 21.11.2013 lehnte die Beklagte ab, weil sie den Kläger wieder für arbeitsfähig hielt (Bescheid vom 16.1.2014, Widerspruchsbescheid vom 8.5.2014). Stattdessen bezog der Kläger ab 21.11.2013 wieder Alg, jedoch wegen der zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens nur in verringerter Höhe.
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Das SG hat die Klage auf Gewährung von Krg für die Zeit vom 21.11.2013 bis zum 30.4.2014 nach Beweisaufnahme abgewiesen (Urteil vom 28.7.2015). Im Berufungsverfahren hat das LSG der Klage ab 21.11.2013 für weitere zwölf Wochen, also bis Mitte Februar 2014, stattgegeben, weil nach dem Entlassungsbericht des Rehabilitationsträgers vom 21.11.2013 mit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit für täglich drei bis unter sechs Stunden erst nach einer Rekonvaleszenzzeit von weiteren zwölf Wochen gerechnet werden konnte und die behandelnden Ärzte laufend AU attestiert hätten. Für das Fortbestehen der AU ab Mitte Februar 2014 fehle es allerdings an entsprechenden Nachweisen, sodass die Klage insoweit unbegründet sei (Urteil vom 22.6.2016). Dazu hat das LSG ausgeführt: "Objektive Befunde für die Zeit von Februar bis einschließlich April 2014 liegen nicht vor. Besuche beim Orthopäden erfolgten offenbar jeweils nur zur Fortschreibung der AU mit Nennung der unveränderten Diagnosen. Als Diagnosen sind vermerkt M 16.2, Coxarthrose als Folge Dysplasie beidseits, sowie M 51.1 oder M 51.4, womit lumbale oder sonstige Bandscheibenschäden erfasst sind. Da weitere Untersuchungsbefunde aus dieser Zeit auch nicht in der Akte der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern vorliegen und eine Untersuchung dort erst 2015 stattfand, ist für den Zeitraum 12 Wochen nach der Entlassung aus der Reha nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen, dass durchgehend AU bestand. Insoweit kann den Ausführungen von Dr. N. (Gutachten vom 18.5.2015) und den Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes gefolgt werden, da zumindest zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung eine Leistungsfähigkeit von mehr als drei Stunden gegeben war, was auch in Einklang steht mit der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers, Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit wegen des verschlossenen Arbeitsmarkts zu bewilligen. Die ohne weitere Begründung und ohne den Nachweis von Befunden durch die behandelnden Ärzte ausgestellten AU-Bescheinigungen reichen als Nachweis der AU bis 30.4.2014 nach Auffassung des Senats nicht aus. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG beantragt hatte, ein weiteres Gutachten einzuholen, war diesem Antrag nicht zu entsprechen, da mangels objektivierbarer Befunde aus dieser Zeit und dem Ergebnis der Untersuchung durch Dr. N. zu einem späteren Zeitpunkt kein Aufklärungsbedarf bestand."
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Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch § 160 Abs 2, § 160a Abs 2 SGG normierten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1, § 169 SGG). Der Kläger weist zwar auf gesetzliche Zulassungsgründe hin, nämlich auf die Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) sowie auf Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), jedoch sind die Zulassungsgründe nicht so dargelegt worden, wie § 160a Abs 2 S 3 SGG dies verlangt.
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1. Als Verfahrensfehler rügt der Kläger in erster Linie die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Das Vorbringen dazu genügt aber nicht den formellen Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG.
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a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen könne (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
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b) Diesen Maßstäben entspricht das Beschwerdevorbringen nicht, weil es bereits an der Bezeichnung eines konkreten Beweisantrages fehlt, den das LSG zu Unrecht übergangen haben soll. Nach § 118 Abs 1 SGG iVm § 403 ZPO ist der Beweis durch die Bezeichnung der zu begutachtenden Punkte anzutreten, also durch die Aufführung der noch aufklärungsbedürftigen anspruchsbegründenden oder anspruchsvernichtenden Tatsachen. Der schlichte (Hilfs-)Antrag auf "Einholung eines weiteren Gutachtens" (vgl Sitzungsniederschrift vom 22.6.2016) reicht insoweit nicht aus. Die in der Beschwerdebegründung vom 31.10.2016 genannten fünf medizinischen Fragestellungen, die sich wortgleich auch in der Berufungsbegründung vom 31.8.2015 finden und auf die der Kläger in seinem (Hilfs-)Antrag auf Einholung eines "Obergutachtens" vom 15.10.2015 Bezug genommen hat, sind im maßgeblichen Beweisantrag vom 22.6.2016 nicht aufgeführt. Daher kann diesem Beweisantrag nicht entnommen werden, zu welchem konkreten Beweisthema das Sachverständigengutachten erstellt werden sollte. Die Beschwerde legt auch nicht dar, weshalb sich das LSG zur weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen, weil nach den getroffenen Feststellungen (vgl Urteilsumdruck S 8/9) für die noch streitige Zeit von Mitte Februar bis 30.4.2014 keine objektivierbaren Befunde vorliegen und es in diesem Zeitraum auch keine ärztliche Untersuchung gegeben hat. Es wird auch nicht erläutert, zu welchem konkreten anderen Ergebnis das LSG im Falle der Einholung des gewünschten weiteren Gutachtens hätte kommen können.
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2. Soweit der Kläger "Verstöße gegen die Logik" rügt, handelt es sich der Sache nach um die Geltendmachung einer Verletzung von Denkgesetzen. Damit greift der Kläger die Beweiswürdigung durch das LSG an. Mit diesem Angriff kann jedoch ein Verfahrensfehler nicht begründet werden, weil ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 128 Abs 1 S 1 SGG von vornherein nicht geeignet ist, zur Zulassung der Revision zu führen.
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3. Der Vorwurf, das LSG habe angesichts der vom behandelnden Orthopäden Dr. H. fortlaufend ausgestellten AU-Bescheinigungen von einer Umkehr der Beweislast zugunsten des Klägers ausgehen müssen, ist ebenfalls nicht geeignet, einen Verfahrensfehler des LSG zu begründen. Die (objektive bzw materielle) Beweislast regelt, wen die Folgen treffen, wenn das Gericht eine bestimmte Tatsache trotz Ausschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen kann (non liquet), und betrifft damit das materielle Recht (BVerwGE 45, 131, 132; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 103 RdNr 19a mwN). Es geht also nicht um einen Verfahrensfehler, sondern wiederum um die mit einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht angreifbare Beweiswürdigung.
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4. Der Kläger legt auch eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht formgerecht dar.
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a) Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Die Beschwerdebegründung muss also erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
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b) Der Kläger trägt vor, der Bezug von Alg im fraglichen Zeitraum entsprechend einem reduzierten Leistungsvermögen von täglich drei Stunden schließe den Anspruch auf Krg nicht aus, und macht dazu einen "möglichen" Widerspruch zum Urteil des BSG vom 2.11.2007 - B 1 KR 38/06 R - (SozR 4-2500 § 44 Nr 14) geltend. Die Rüge einer Divergenz kann diesem Vorbringen aber nicht entnommen werden, weil nicht dargelegt wird, dass das LSG überhaupt einen dem entgegenstehenden Rechtssatz aufgestellt hat. Im Gegenteil: das LSG hat dem Kläger für weitere zwölf Wochen nach dem 21.11.2013 Krg zugesprochen, obgleich diesem ab 21.11.2013 bereits Alg gezahlt worden war und das LSG diesen Umstand kannte. Die Abweisung der Klage für die Zeit ab Mitte Februar 2014 hat das LSG nicht mit dem Bezug von Alg begründet.
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5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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6. Die Kostenentscheidung basiert auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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