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BSG 18.01.2017 - B 3 KR 32/16 B
BSG 18.01.2017 - B 3 KR 32/16 B - Krankenversicherung - Krankengeldanspruch - Auslegung des Begriffs "dieselbe Krankheit" - sozialgerichtliches Verfahren - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage
Normen
§ 48 Abs 1 SGB 5, § 160 Abs 2 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Düsseldorf, 5. Dezember 2013, Az: S 8 KR 1062/11
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 6. Juni 2016, Az: L 1 KR 112/14, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Das LSG Nordrhein- Westfalen hat den Anspruch der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Klägerin auf Gewährung von Krankengeld (Krg) im Zeitraum vom 9.7.2011 bis zum 16.1.2012 verneint, weil der Anspruch mit Ablauf des 8.7.2011 erschöpft gewesen sei. Der Anspruch auf Krg sei zunächst auf den Ablauf von 78 Wochen (im Dreijahreszeitraum vom 27.10.2008 bis zum 26.10.2011) beschränkt gewesen, während dessen die Klägerin wegen derselben Krankheit (Hüftgelenksarthrose beidseits als Folge einer beidseitigen Hüftdysplasie) arbeitsunfähig gewesen (§ 48 Abs 1 S 1 SGB V) sei, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG. Nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums sei kein weiterer Anspruch auf Krg wegen derselben Krankheit entstanden, weil die Klägerin nicht mindestens sechs Monate wegen dieser Krankheit nicht arbeitsunfähig gewesen sei, sondern durchgehend bis zu Beginn der neuen Blockfrist (am 27.10.2011) wegen der Hüftgelenksarthrose arbeitsunfähig gewesen sei (§ 48 Abs 2 SGB V).
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Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht formgerecht dargelegt hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der danach unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
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Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage,
"wann liegt dieselbe Krankheit vor, die den Anspruch auf Krankengeld begrenzt, wenn die Krankheit Gelenke im Körper betrifft, die doppelt vorhanden sind, wie Hüft-, Hand-, Knie-, Schulter- oder Fußgelenke und die nach 'einseitiger' Behandlung (rechts oder links) als ausgeheilt gelten."
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Hierzu trägt sie vor, dass ihre Arthrose im linken und im rechten Hüftgelenk nicht dieselbe Krankheit bzw kein einheitliches Krankengeschehen gewesen sei. Im Gelenksystem könne jedes Gelenk eine Arthrose oder eine andere Erkrankung bilden. Dies gelte für alle doppelseitigen Gelenke. Diese Rechtsfrage habe über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Das BSG habe bereits zur Frage des Vorliegens derselben Krankheit ua bei Wirbelsäulenerkrankungen entschieden (Hinweise auf BSG Urteile vom 29.9.1998 - B 1 KR 2/97 R - BSGE 83, 7 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8, vom 12.10.1988 - 3/8 RK 28/87, vom 7.12.2004 - B 1 KR 10/03 R, beide in Juris). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung sei die Arthrose der Hüft-/Kniegelenke beidseits nicht dieselbe Krankheit im Rechtssinne.
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Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin mit der aufgeworfenen Frage eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung und Anwendung des Bundesrechts (§ 162 SGG) gestellt hat. Die Klägerin bemängelt im Kern ihres Vorbringens die vom LSG vorgenommene Ausfüllung des Begriffs "wegen derselben Krankheit" und die hierzu getroffene Subsumtion des festgestellten medizinischen Sachverhalts, wobei die Klägerin die vom BSG zur Auslegung dieses Rechtsbegriffs bereits ergangene Rechtsprechung selbst zitiert. Dies könnte dafür sprechen, dass es sich um eine Frage der Beweiswürdigung handelt, die im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein keiner Überprüfung zugänglich ist (§ 128 Abs 1 S 1, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
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Doch selbst wenn die Klägerin eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung und Anwendung von § 48 SGB V gestellt hätte, fehlt es an ausreichender Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG gilt als höchstrichterlich geklärt eine Rechtsfrage auch dann, wenn das Revisionsgericht diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage ergeben (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick darauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
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Insofern reicht der Vortrag der Klägerin nicht aus, wenn sie der Ansicht ist, dass die Arthrose der linken und der rechten Hüfte nicht dieselbe Krankheit sei und sich diese Problematik bei allen doppelseitigen Gelenken stelle. Das BSG hat bereits darauf hingewiesen, dass bei der Auslegung des Begriffs "dieselbe Krankheit" iS von § 48 SGB V eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden ist, die die Gefahr begründet, dass dem Merkmal im Kontext des § 48 Abs 1 SGB V letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukommt, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung des zeitlichen Umfangs der Krankengeldgewährung bezweckt (vgl nur BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 1 KR 15/10 R - SozR 4-2500 § 48 Nr 4 mwN). Im Übrigen dürfte der Herausbildung eines von der Klägerin gewünschten allgemeinen abstrakten Rechtssatzes entgegenstehen, dass sie selbst darauf hinweist, dass Hüftgelenke in medizinischer Hinsicht sowohl von derselben Krankheit als auch von unterschiedlichen Erkrankungen betroffen sein können. Dies bedarf der Feststellung im Einzelfall anhand des individuellen Krankheitsverlaufs. Überdies hat die Klägerin auch nicht vorgetragen, dass der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des Begriffes "dieselbe Krankheit" erhebliche Kritik entgegengesetzt worden ist, die Anlass zu einer weiteren revisionsrechtlichen Überprüfung geben könnte.
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Schließlich hat die Klägerin versäumt, zur Klärungsfähigkeit der Frage vorzutragen. Denn sie legt nicht dar, inwieweit die von ihr gewünschte Auslegung des Krankheitsbegriffs dazu führen würde, dass ihr Begehren auf weitere Bewilligung von Krg Erfolg haben könnte.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
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