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BSG 25.10.2016 - B 10 ÜG 23/16 B
BSG 25.10.2016 - B 10 ÜG 23/16 B - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - überlanges Gerichtsverfahren - PKH-Verfahren als Gerichtsverfahren neben dem Hauptsacheverfahren - Auswirkungen von Verzögerungen im PKH-Verfahren auf das gleichzeitige Hauptsacheverfahren - Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls - sozialgerichtliches Verfahren
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 198 Abs 6 Nr 1 GVG, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 73a SGG, § 114 ZPO
Vorinstanz
vorgehend SG Magdeburg, 15. Januar 2009, Az: XX, Beschluss
vorgehend SG Magdeburg, 11. November 2010, Az: S 14 V 9/07, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, 23. April 2014, Az: L 7 V 1/11, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, 26. April 2016, Az: L 10 SF 1/14 EK, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. April 2016 wird als unzulässig verworfen.
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Der Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert wird auf 1800 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. In der Hauptsache begehrt der Kläger Entschädigungsleistungen aufgrund einer überlangen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens wegen eines Berufsschadensausgleichs nach dem Bundesversorgungsgesetz, währenddessen er erstinstanzlich auch Prozesskostenhilfe (PKH) erhielt. Das LSG hat auf die Entschädigungsklage des Klägers hin eine Verzögerung des Verfahrens vor dem SG von 30 Monaten festgestellt, die um 12 Monate für die Instanz auf 18 Monate zu reduzieren sei und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 1800 Euro nebst Zinsen ab dem 14.2.2014 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Dabei handele es sich bei dem Hauptsacheverfahren und dem Verfahren auf Gewährung von PKH nach § 198 Abs 6 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) um getrennt zu bewertende Verfahren, sodass das Verhalten des Klägers im Verfahren um die PKH-Bewilligung nicht dem zu prüfenden Hauptsacheverfahren zuzurechnen sei. Ungeachtet dessen befreie diese insgesamt geringe Verzögerung des Verfahrens um PKH durch den Kläger die Richter nicht von ihrer Verpflichtung, für die gemäß Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention gebotene Zügigkeit Rechnung zu tragen (Urteil vom 26.4.2016).
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Beklagte beim BSG Beschwerde eingelegt, die er mit dem Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) begründet.
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II. Die Beschwerde des Beklagten ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht hinreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
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Der Beklagte legt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s a BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).
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Der Beklagte wirft die Frage auf,
ob verfahrensfördernde Handlungen des Gerichts und vom Kläger zu verantwortende Verzögerungen im Verfahren um Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer des gleichzeitig rechtshängig gewordenen Hauptsacheverfahrens gemäß § 198 Abs 6 Nr 1, Abs 1 S 2 GVG zu berücksichtigen sind?
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Diese von dem Beklagten für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage ist allerdings im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdebegründung nicht mehr klärungsbedürftig (vgl hierzu BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 11b AS 61/06 B - Juris RdNr 7 mwN). Wie der Senat bereits im vom Beklagten selbst zitierten Urteil vom 10.7.2014 (B 10 ÜG 8/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 2) entschieden hat, ergibt sich bereits aus dem Gesetz in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG, dass ua Verfahren zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe in den Anwendungsbereich des § 198 GVG fallen und ua neben den Klageverfahren zur Hauptsache erfasst werden (vgl BSG, aaO, RdNr 16 ff, 22). Hierzu hat auch bereits der BGH mit Urteil vom 5.12.2013 (III ZR 73/13 - BGHZ 199, 190, RdNr 23) ausgeführt, dass § 198 Abs 6 Nr 1 GVG ausdrücklich das Verfahren zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe zu den gerichtlichen Verfahren zählt. Denn aus dem Prinzip der Rechtsschutzgleichheit (Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) folge das Gebot, die Situation vom Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher sei auch beim Verfahren zur Bewilligung der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe eine angemessene schnelle richterliche Entscheidung geboten. Komme dieses zu spät, könne das den Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzen (BGH, aaO, unter Hinweis auf BT-Drucks 17/3802 S 23). Warum gleichwohl noch Klärungsbedarf fortbestehen sollte, hat der Beklagte bei seiner Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG nicht ausreichend begründen können (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2) und die Rechtsprechung des BGH völlig außer Acht gelassen. Schließlich verweist der Beklagte selbst auf die Rechtsprechung des BVerfG mit Beschluss vom 30.7.2009 (1 BvR 2662/06 - Juris RdNr 31), wonach ein schwebendes PKH-Beschwerdeverfahren grundsätzlich den Fortgang in der Hauptsache nicht hindere. Der ggf daraus folgende Umstand, dass ein Gericht im Rahmen des PKH-Verfahrens die Hauptsache nicht so zügig bearbeitet wie dies ggf erforderlich wäre, ist insoweit nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen des § 198 Abs 1 S 2 GVG bei den Umständen des Einzelfalles zu bewerten (vgl BSG, aaO, RdNr 29 mwN). Darüber hinaus hätte sich der Beklagte auch mit der Vorschrift des § 198 Abs 6 Nr 1 GVG inhaltlich auseinandersetzen müssen, da dort als Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozesskosten- oder Verfahrenskostenhilfe genannt wird (vgl hierzu BSG Urteil vom 10.7.2014 - B 10 ÜG 8/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 2 RdNr 17 und 18). Dieses hat er unterlassen.
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Soweit der Beklagte eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG rügen wollte, kann er hierauf eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht stützen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).
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Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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Die Streitwertentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 47, 52 Abs 1 und 3 GKG.
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