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BSG 12.09.2012 - B 3 KR 20/11 R
BSG 12.09.2012 - B 3 KR 20/11 R - Krankenversicherung - Hilfsmittelversorgung umfasst Reparatur bei Hilfsmitteldefekt - Kostenerstattungsanspruch für selbst veranlasste Reparaturen bei nicht zeitnaher Instandsetzung oder Ersatzbeschaffung
Normen
§ 2 Abs 1 S 1 SGB 5, § 2 Abs 2 S 1 SGB 5, § 12 Abs 1 SGB 5, § 13 Abs 3 S 2 SGB 5, § 33 Abs 1 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 33 Abs 1 S 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 14 Abs 2 S 2 SGB 9, § 15 Abs 1 S 2 SGB 9, § 15 Abs 1 S 3 SGB 9, § 15 Abs 1 S 4 SGB 9, § 34 Abs 1 S 1 SGB 10, § 34 Abs 3 SGB 10, § 4 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 1
Vorinstanz
vorgehend SG Wiesbaden, 8. Oktober 2008, Az: L 2 KR 49/07, Urteil
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 19. Mai 2011, Az: L 8 KR 310/08, Urteil
Leitsatz
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1. Die Hilfsmittelversorgung in der GKV umfasst zwar auch den Anspruch auf Reparatur im Falle eines Hilfsmitteldefekts, nicht aber auf Durchführung bestimmter Reparaturmaßnahmen.
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2. Einem Versicherten kann jedoch ein Kostenerstattungsanspruch für selbst veranlasste Reparaturen zustehen, wenn die Krankenkasse nicht die zeitnahe Instandsetzung oder Ersatzbeschaffung - etwa bis zu einer Obergrenze von 10 Tagen - eines im täglichen Gebrauch befindlichen Hilfsmittels sichergestellt hat.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. Mai 2011 geändert und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8. Oktober 2008 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Kläger für bereits entstandene Reparatur- und Wartungskosten des Zweit-Elektrorollstuhls 4072,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu erstatten sind.
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Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
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Die Beklagte trägt zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig sind die Erstattung von Reparatur- und Wartungskosten für einen zweiten Elektrorollstuhl sowie die Übernahme zukünftiger Kosten.
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Der 1973 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte und in einem Pflegeheim lebende Kläger leidet an den Folgen einer spastischen Tetraplegie, die ihn dauernd auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen sein lässt. Eine selbstständige Fortbewegung ohne fremde Hilfe ist behinderungsbedingt nur mit einem Elektrorollstuhl möglich. Der Kläger ist deswegen von der beklagten Krankenkasse zuletzt 2001 mit einem Elektrorollstuhl "Chairman" mit integrierter Aufstehvorrichtung und Joystick-Steuerung sowie individueller Anpassung der Sitzschale ausgestattet worden (im Folgenden: Erst-Elektrorollstuhl). Zusätzlich hat er 2006 einen neuen Leichtgewichtsrollstuhl für Aktivitäten erhalten, bei denen der Elektrorollstuhl nicht mitgeführt werden kann. Im Zuge dessen hatte die Beklagte den Kläger zunächst aufgefordert, den ihm ursprünglich im Jahre 1999 überlassenen und 2001 durch den neuen Elektrorollstuhl ersetzten Elektrorollstuhl "Allround" (im Folgenden: Zweit-Elektrorollstuhl) zurückzugeben. Davon hat sie im weiteren Verlauf zwar Abstand genommen, jedoch zugleich entschieden, dass sie die Kosten zukünftiger Reparaturen und Wartungen für den Zweit-Elektrorollstuhl nicht mehr tragen werde (Bescheid vom 27.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 19.1.2007).
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Im Februar 2007 hat der Kläger unter Verweis auf mehrfache Ausfallzeiten seines Erst-Elektrorollstuhls über mehrere Wochen - in einem Fall sogar über 2 ½ Monate - Klage mit dem Ziel erhoben, die Beklagte zur Übernahme der Reparatur- und Wartungskosten an dem Zweit-Elektrorollstuhl zu verpflichten. Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, die bereits entstandenen und zukünftig entstehenden Reparatur- und Wartungskosten für den Zweit-Elektrorollstuhl zu übernehmen, weil der Kläger wegen erheblicher Ausfallzeiten des Erst-Elektrorollstuhls während dessen Reparatur einen zweiten Elektrorollstuhl benötige (Urteil vom 8.10.2008). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.5.2011): Der Kläger habe weder Anspruch auf die Zusage der dauerhaften Übernahme von Reparaturkosten für seinen Zweit-Elektrorollstuhl noch könne er - wie im Berufungsverfahren ergänzend beantragt - die Erstattung der bis dahin aufgelaufenen Reparaturkosten beanspruchen. Der Rollstuhl sei nach einem von der Beklagten zwischenzeitlich eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) so erheblich verschlissen, dass eine Verpflichtung zur Übernahme künftiger Reparaturkosten mit den Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs 1 SGB V nicht zu vereinbaren sei. Aber auch die von dem Kläger bis dahin getragenen Reparaturkosten seien nicht zu übernehmen. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Erstellung des MDK-Gutachtens seien diese Kosten wegen des Verschleißes des Zweit-Elektrorollstuhls als unwirtschaftlich anzusehen. Für den Zeitraum davor sei es ihm gerade noch zumutbar gewesen, bei Reparaturen des Erst-Elektrorollstuhls Ausfallzeiten von 4 - 6 Wochen hinzunehmen und insoweit die Hilfe von Pflegepersonen in Anspruch zu nehmen.
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Mit seiner vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die Entscheidung des LSG zwinge ihn, die Versorgung mit einem unzureichenden Hilfsmittel in Kauf zu nehmen. Seiner Behinderung werde allein die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl gerecht. Dies diene der eigenständigen Fortbewegung und erfülle damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens; dies müsse auch für die in erheblichem Maße angefallenen Ausfallzeiten gelten. Im Übrigen sei die Annahme lebensfremd, dass er in dem Pflegeheim für jeden individuellen Positionswechsel im Rollstuhl Pflegepersonal in Anspruch nehmen könne.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 19. Mai 2011 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Wiesbaden vom 8. Oktober 2008 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass ihm für bereits entstandene Reparatur- und Wartungskosten des Zweit-Elektrorollstuhls "Allround" 4072,13 Euro nebst Zinsen zu erstatten sind.
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Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers hat Erfolg, soweit er die Erstattung der bisher angefallenen Reparaturkosten für seinen Zweit-Elektrorollstuhl beansprucht. Zu Recht hat die Beklagte es dagegen abgelehnt, den Zweit-Elektrorollstuhl auch in Zukunft ständig funktionsfähig zu erhalten; dies hat das LSG zutreffend entschieden.
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1. Als Rechtsgrundlage für die in Zukunft begehrten Reparaturleistungen kommt nur § 34 Abs 1 S 1 SGB X iVm § 33 Abs 1 S 4 SGB V (hier in der insoweit gleichlautenden Fassung von Art 5 Nr 9 des SGB IX vom 19.6.2001, BGBl I 1046, und - ab 1.4.2007 - Art 1 Nr 17 Buchst a des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) in Betracht. Danach umfasst der Hilfsmittelanspruch nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V zwar die "notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln" (§ 33 Abs 1 S 4 SGB V). Hierüber kann eine in die Zukunft reichende Zusicherung gemäß § 34 Abs 1 S 1 SGB X indes nur erteilt werden, wenn die Sach- und Rechtslage - wie aus § 34 Abs 3 SGB X zu schließen ist - bereits gegenwärtig eine abschließende positive Sachentscheidung erlaubt. Das aber ist nicht der Fall, weil bindende Reparaturzusagen für künftige Reparaturfälle unabhängig vom konkreten Reparaturbedarf - wie vom Kläger erstrebt - schon allgemein unvereinbar mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V sind und dafür bei einer Zweit-Versorgung wie hier erst Recht kein Raum ist.
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a) Anders als der Kläger möglicherweise meint, räumt § 33 Abs 1 S 4 SGB V mit dem Anspruch auf "Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln" keine isoliert zu betrachtende Rechtsposition ein. Systematisch ist die Regelung vielmehr ausschließlich in Bezug auf den Primäranspruch des § 33 Abs 1 S 1 SGB V zu sehen, der die Versorgung mit den Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln gewährleistet, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Diese im Einzelfall notwendigen Hilfsmittel haben die Krankenkassen den Versicherten unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs 1 SGB V als Sachleistung zur Verfügung zu stellen, soweit weder das SGB V noch das SGB IX etwas Abweichendes vorsehen (vgl § 2 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 SGB V). Teil dieser Leistungspflicht sind demgemäß auch die notwendigen Maßnahmen bei einem Defekt oder der sonstigen Störung eines Hilfsmittels. Daher sieht § 33 Abs 1 S 4 SGB V ausdrücklich vor, dass "der Anspruch" - gemeint ist der Anspruch nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V - auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln umfasst.
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b) Damit begründet § 33 Abs 1 S 4 SGB V indes keinen einklagbaren Anspruch auf Durchführung einer bestimmten Reparaturmaßnahme im Fall eines Hilfsmitteldefekts. Einen notfalls auch gerichtlich durchsetzbaren Anspruch haben die Versicherten nur darauf, auf der Rechtsgrundlage von § 33 Abs 1 S 1 SGB V überhaupt mit einem funktionsfähigen Hilfsmittel versorgt zu sein. Wie die Krankenkassen dies im Einzelnen sicherstellen, ist dagegen ihrer pflichtgemäßen Entscheidung im Rahmen ihrer Sachleistungsverantwortung nach § 2 Abs 1 S 1 SGB V überlassen. Im Außenverhältnis zum Versicherten ist es deshalb rechtlich ohne Bedeutung, ob die Krankenkasse auf den Defekt eines Hilfsmittels durch Instandsetzung oder durch Ersatzbeschaffung reagiert, wenn sie denn den Gebrauch des im Einzelnen notwendigen Hilfsmittels nur überhaupt ermöglicht. Dies schließt es schon im Ansatz aus, eine Krankenkasse unabhängig von Zustand und Restwert eines Hilfsmittels sowie dem Anlass einer möglichen Reparatur - von ihrer tatsächlichen Durchführbarkeit ganz abgesehen - zur Übernahme aller künftig anfallenden Reparaturkosten für ein bestimmtes Hilfsmittel zu verpflichten, wie es das SG ausgesprochen hat und der Kläger weiterhin begehrt.
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c) Das gilt hier umso mehr, als sich die von dem Kläger begehrte Zusage auf die Reparatur eines Ersatz-Hilfsmittels richtet. Unbeschadet der Verpflichtung der Beklagten, Defekte an dem von ihr nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V zur Verfügung zu stellenden Elektrorollstuhl binnen angemessener Frist zu beheben, ist es nach der aufgezeigten Regelungssystematik allein ihre Sache, im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots aus § 12 Abs 1 SGB V über die dazu im Einzelnen erforderlichen Maßnahmen zu entscheiden. Das mag es nicht ausschließen, einem Versicherten in Einzelfällen funktionsfähige Ersatzhilfsmittel zur Verfügung zu stellen, wenn anders das Versorgungsgebot des § 33 Abs 1 S 1 SGB V wirtschaftlich nicht sicherzustellen ist. Dies zu entscheiden obliegt jedoch grundsätzlich der Krankenkasse und ihrer Einschätzung der jeweils zu Gebote zu stehenden Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Umsetzung ihres Versorgungsauftrags aus § 2 Abs 2 S 1 iVm § 33 Abs 1 S 1 SGB V, ohne dass hiervon im Regelfall die Rechtsposition der Versicherten betroffen wäre. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Sicherstellung einer ausreichenden Hilfsmittelversorgung ohne dauerhaft zur Verfügung gestellte Zweitversorgung als Vorsorge für Reparaturfälle im Einzelfall aus besonderen Gründen schlechterdings ausgeschlossen erscheint (ähnlich bereits Beschluss des erkennenden Senats vom 6.8.2009 - B 3 KR 4/09 B - juris RdNr 8). Dies ist vorliegend nicht der Fall; doch selbst wenn es hier so wäre, obläge es immer noch der Entscheidung der Beklagten, ob sie dem Kläger als Zweit-Elektrorollstuhl einen neuen (Ersatz-)Rollstuhl zur Verfügung stellt oder den 2001 ersetzten Elektrorollstuhl durch Reparatur funktionsfähig hält.
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2. Rechtsgrundlage für die Erstattung der vom Kläger in der Vergangenheit für seinen Zweit-Elektrorollstuhl aufgewandten Reparaturkosten ist § 13 Abs 3 S 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 S 4 SGB IX. Danach ist die Krankenkasse als Trägerin der medizinischen Rehabilitation zur Erstattung der Kosten für eine vom Versicherten selbst beschaffte Leistung ua dann verpflichtet, wenn sie diese nach Maßgabe des für sie geltenden Leistungsrechts - hier des SGB V - zu Unrecht abgelehnt hat und zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - juris RdNr 7 mwN, Rollstuhl-Bike III). Dies ist hier der Fall, weil die Beklagte bei Ausfallzeiten des Erst-Elektrorollstuhls von bis zu 2 1/2 Monaten nicht für eine hinreichende Hilfsmittelausstattung des Klägers Sorge getragen hat und der Kläger sich deshalb veranlasst sehen durfte, seinen Zweit-Elektrorollstuhl weiter funktionsfähig zu halten.
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a) Ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats zufolge haben die Leistungen zum Behinderungsausgleich gemäß § 33 Abs 1 S 1, 3. Variante SGB V zwei Zielrichtungen: Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst; bei diesem sog unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (stRspr, BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 mwN - Badeprothese). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSG aaO; vgl auch BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 mwN - C-leg-Prothese). Die Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt in den Fällen der Erst- oder Ersatzausstattung, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 - Badeprothese).
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b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, direkte und indirekte Folgen der Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sog mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V, § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (zum mittelbaren Behinderungsausgleich zuletzt eingehend: BSGE 107, 44 = SozR 4-2500 § 33 Nr 31, RdNr 18 - Scalamobil sowie BSGE 108, 206 = SozR 4-2500 § 33 Nr 34, RdNr 32 ff - Rollstuhl-Bike III, jeweils mwN). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher von der GKV nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr, zuletzt BSGE 109, 199 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37, RdNr 14 mwN - Therapiestuhl). Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (vgl zuletzt BSG aaO, mwN).
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c) Den hieraus sich ergebenden Ausgleichsanforderungen genügt die Krankenkasse für das Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums bei Versicherten, denen - wie hier beim Kläger - behinderungsbedingt eine eigenständige Fortbewegung in zumutbarer Weise (vgl hierzu BSGE 108, 206 = SozR 4-2500 § 33 Nr 34, RdNr 41 - Rollstuhl-Bike III) mit einem Aktivrollstuhl nicht möglich ist, nach der Rechtsprechung des BSG nur durch die Versorgung mit einem entsprechend ausgestatteten Elektrorollstuhl. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist es wesentliches Ziel der Hilfsmittelversorgung, dass behinderte Menschen nach Möglichkeit von der Hilfe anderer Menschen unabhängig, zumindest aber deutlich weniger abhängig werden (Urteil vom 12.8.2009 - B 3 KR 8/08 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 27, RdNr 18 f - Elektrorollstuhl). Die spezielle Pflicht der GKV, behinderten Menschen durch eine angemessene Hilfsmittelversorgung eine möglichst selbstständige Lebensführung zu bewahren, ergibt sich zunächst aus der allgemeinen Pflicht der Sozialversicherungsträger, in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich die sozialen Rechte der Versicherten und Leistungsberechtigten zu sichern. Nach § 2 Abs 2 SGB I sind die "nachfolgenden sozialen Rechte" bei der Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs (SGB I bis SGB XII) und bei der Ausübung des Ermessens zu beachten; dabei ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Der Bereich der Hilfsmittelversorgung durch die Krankenkassen ist speziell in § 4 Abs 2 Nr 1 SGB I angesprochen, wonach Versicherte im Rahmen der GKV ein Recht auf die notwendigen Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit haben. Die Hilfsmittelversorgung dient dabei der Sicherung des Erfolges der Krankenbehandlung, der Vorbeugung gegen eine drohende Behinderung und dem Behinderungsausgleich (§ 33 Abs 1 S 1 SGB V). Im Bereich der Pflegeversicherung findet sich eine ähnliche Verpflichtung: Die Pflegekassen haben pflegebedürftige Versicherte ua dann mit Pflegehilfsmitteln auszustatten, wenn diese ihnen eine "selbständigere Lebensführung ermöglichen" (§ 40 Abs 1 SGB XI).
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d) Diese Anforderungen sind auch bei Defekten eines von der Krankenkasse zur Verfügung gestellten Rollstuhls zu beachten. Die Krankenkasse genügt ihrer Leistungspflicht ersichtlich nicht schon dann, wenn sie überhaupt für eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung Sorge trägt. Maßstab der Versorgung ist vielmehr auch bei einem Hilfsmitteldefekt allein der Anspruch aus § 33 Abs 1 S 1 SGB V. Das ist die Kehrseite dessen, dass § 33 Abs 1 SGB V keinen gesonderten Anspruch auf die Instandsetzung eines Hilfsmittels vorsieht, sondern nur den Grundanspruch nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V kennt. Dies bedeutet nicht, dass die Krankenkassen bei jeglichem Ausfall eines Hilfsmittels sofort einen Ersatz zu stellen haben. Jedoch müssen sowohl die notwendigen Entscheidungsprozesse als auch die tatsächlichen Instandsetzungs- oder Ersatzbeschaffungsmaßnahmen so organisiert sein, dass die Versicherten bei einem Hilfsmitteldefekt in zumutbarer Zeit wieder in einer den Anforderungen des § 33 Abs 1 S 1 SGB V genügenden Weise versorgt sind.
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e) Diese Pflicht zur zeitnahen Instandsetzungs- oder Ersatzbeschaffung wird nicht für alle Hilfsmittel und alle Versorgungsfälle einheitlich zu beurteilen sein. Einen Anhaltspunkt für die insoweit einerseits von den Versicherten hinzunehmende und andererseits von den Rehabilitationsträgern zu beachtende Zeitspanne bieten aber § 14 Abs 2 S 2 und § 15 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX, die eine Entscheidung über den Teilhabebedarf selbst - ohne Zeiten einer etwaigen Begutachtung - regelmäßig innerhalb von drei Wochen vorsehen und nach Ablauf einer weiteren angemessenen Frist den Weg zur Selbstbeschaffung der begehrten Leistung eröffnen. Das spricht zur Überzeugung des Senats dafür, dass Versicherte zwar defektbedingte Ausfallzeiten in geringem Maße - zusammenhängend etwa bis zur Obergrenze von 10 Tagen und abhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalles - hinzunehmen haben, wenn ihrem Versorgungsbedürfnis ansatzweise auf andere Weise Rechnung getragen ist, wie hier mit dem Aktivrollstuhl und der Möglichkeit, diesen von Mitarbeitern des Wohnheims bedienen zu lassen. Unversorgte Zeiten über dieses Maß hinaus - an das bei mehreren Ausfallzeiten pro Jahr noch strengere Maßstäbe anzulegen sein dürften - sind hingegen mit den aus § 33 Abs 1 S 1 abzuleitenden Anforderungen in aller Regel nicht vereinbar.
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f) Diesen Anforderungen genügte die Versorgung seitens der Beklagten hier bei Weitem nicht. Insbesondere kam es im Jahr 2006 nach den unbestrittenen Angaben des Klägers bei dem Erst-Elektrorollstuhl zu Ausfallzeiten von zum Teil mehreren Wochen bis hin zu 2 ½ Monaten (24.1. bis 26.1.2006, 2.3. bis 21.3.2006, 25.4. bis 27.4.2006 sowie 8.8. bis 2.11.2006). Das setzte sich nach Auskunft des zuständigen Sanitätshauses auch in den Folgejahren mit Reparaturzeiten von jeweils vier bis sechs Wochen fort. Ebenso hat der MDK über umfangreiche Reparaturen berichtet, ausgewiesen durch zehn Reparaturrechnungen für 2008 (6.2.2008, 7.3.2008, 7.4.2008, 4.7.2008, 15.7.2008, 27.8.2008, 15.9.2008, 13.10.2008, 24.11.2008 und 5.12.2008) und für Arbeiten an der Aufstehvorrichtung des Rollstuhls sowie an den mechanischen Teilen des Rollstuhlsitzes. Die Ursache hierfür hat der MDK ua darin gesehen, dass die Mechanik des Rollstuhls mit Aufstehfunktion nicht ausreichend an den Belastungsanforderungen des Klägers ausgerichtet sei.
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g) Diesen seit 2006 immer wieder auftretenden Versorgungslücken durfte der Kläger durch die Instandhaltung seines Zweit-Elektrorollstuhls begegnen; die hierdurch bedingten Kosten sind iS von § 13 Abs 3 S 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 S 4 SGB IX als durch die der Beklagten zuzurechnenden Versorgungsausfälle verursacht anzusehen. Dass sich der Anspruch der Versicherten grundsätzlich gerade nicht auf die Reparatur eines bestimmten Hilfsmittels oder einer Ersatzbevorratung richtet, steht dem nicht entgegen. Zwar gewährt § 13 Abs 3 S 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 S 4 SGB IX Anspruch auf Kostenerstattung nur für solche selbstbeschaffte Leistungen, die der dem Versicherten eigentlich zustehenden Sachleistung entsprechen (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 28). Geht die selbst beschaffte Leistung über das als Naturalleistung Geschuldete hinaus, ist sie insoweit nicht notwendig (BSG vom 11.9.2012 - B 1 KR 3/12 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). So liegt es hier indes nicht, weil sich der Kläger durch die Instandhaltung seines Zweit-Elektrorollstuhls nur die Leistung selbst beschafft hat, die eigentlich die Beklagte geschuldet hat - nämlich die allenfalls durch begrenzte Ausfallzeiten unterbrochene Versorgung mit einem Elektrorollstuhl.
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Für die Schließung dieser Versorgungslücke durfte der Kläger die Reparatur seines Zweit-Elektrorollstuhls auch als wirtschaftlich ansehen, denn die Kosten einer Ersatzbeschaffung wären wesentlich höher gewesen. Ob die Beklagte im Einzelfall eine kostengünstigere Form der Ersatz-Versorgung hätte realisieren können, ist jedenfalls solange ohne Belang, wie sich die von dem Kläger verursachten Kosten nicht als evident unwirtschaftlich darstellen. Denn verantwortlich für den Anfall dieser (Zusatz-)Kosten war allein die Beklagte und der von ihr zu vertretende unzureichende Umgang mit den Ausfällen des Erst-Elektrorollstuhls. In dieser Lage kann einem Versicherten in der Regel nicht vorgeworfen werden, dass er für ein ggf weniger taugliches Hilfsmittel Reparaturaufwendungen wie hier für den inzwischen nur noch eingeschränkt brauchbaren Zweit-Elektrorollstuhl veranlasst (ähnlich der 1. Senat des BSG zum fehlenden Hinweis auf günstige Möglichkeiten angemessener Selbstbeschaffung vom 11.9.2012 - B 1 KR 3/12 R - RdNr 34 zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Kosten der Ersatzbeschaffung aus der Sicht eines verständigen Versicherten offenkundig außer Verhältnis zu dem Gewinn an Versorgungssicherheit stehen. Dafür ist hier indes nichts ersichtlich; auch die Beklagte selbst hat sich darauf nicht berufen.
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h) Zu erstatten hat die Beklagte demnach die vom Kläger geltend gemachten Reparaturkosten - deren Höhe nicht im Streit steht - einschließlich der Zinsen als notwendige Beschaffungskosten (vgl BSG vom 11.9.2012 - B 1 KR 3/12 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, mwN). Die Erstattung "in entstandener Höhe" (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V) geht insoweit der allgemeinen Regelung des § 44 SGB I vor (vgl zur abweichenden Situation bei Zinsaufwendungen zur Befriedigung einer rechtswidrigen Erstattungsforderung BSGE 76, 233 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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