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BSG 02.11.2011 - B 4 AS 154/11 B
BSG 02.11.2011 - B 4 AS 154/11 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - fehlende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Vermögensberücksichtigung - Genossenschaftsanteile - Verwertung
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 12 Abs 1 SGB 2, § 12 Abs 3 SGB 2
Vorinstanz
vorgehend SG Karlsruhe, 9. Dezember 2008, Az: S 9 AS 1822/08, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 26. Juli 2011, Az: L 13 AS 824/09, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juli 2011 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Streitig ist die zuschussweise anstatt darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.2.2008 bis 31.7.2008.
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Der Beklagte bewilligte der im Januar 1991 geborenen Klägerin durch Bescheid vom 22.1.2008 in der Fassung des Bescheides vom 7.3.2008, dieser wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.4.2008, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als zinsloses Darlehen im zuvor benannten Zeitraum. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin sei Inhaberin von Geschäftsanteilen bei zwei Volksbanken im Wert von insgesamt 5994,07 Euro. Hierbei handele es sich oberhalb von 3300 Euro um nach Ablauf der Kündigungsfrist verwertbares Vermögen, das zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen sei. Mit ihrer Klage vor dem SG hat die Klägerin geltend gemacht, dass ihr die Geschäftsanteile nicht als Vermögen zuzurechnen seien, da die Eltern die Geschäftsanteile erworben hätten. Diese sollten nun, nach der Scheidung der Eltern, an die Mutter zurückfließen. Die Geschäftsanteile seien keine Schenkung, sondern eine Ausstattung iS des § 1624 BGB. Eine Verschlechterung der Vermögens- und Einkommenssituation der Eltern könne daher zur Rückübertragung der Geschäftsanteile nach Maßgabe der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage führen. Zudem sei sie, die Klägerin, im streitigen Zeitraum nur mit Genehmigung der Eltern im Hinblick auf die Geschäftsanteile verfügungsberechtigt gewesen. Weder im Klage-, noch im Berufungsverfahren vor dem LSG konnte die Klägerin mit ihrem Begehren auf zuschussweise Leistungsgewährung durchdringen (Urteil des SG vom 9.12.2008 und Urteil des LSG vom 26.7.2011). Das LSG hat nach Vernehmung der Eltern der Klägerin sowie Einholung einer Auskunft bei den Volksbanken zur Begründung ausgeführt, ein Herausgabe- oder Rückgaberecht der Eltern an den Geschäftsanteilen habe nicht bestanden, sie hätten tatsächlich im Vermögen der Klägerin gestanden. Die Klägerin sei nach den Regeln der Schenkung nicht verpflichtet gewesen, die Geschäftsanteile wieder an ihre Eltern herauszugeben (§§ 528, 529 BGB). Auch eine Ausstattung iS des § 1624 BGB wäre im streitigen Zeitraum nicht an die Mutter zurückzugeben gewesen. Die Ausstattung sei dem Rechtsgedanken des § 242 BGB unterworfen. Hieraus folge, dass der Anspruch auf Ausstattung entfalle, wenn sich die maßgeblichen Verhältnisse grundlegend geändert hätten. Selbst wenn man jedoch Wegfall der Geschäftsgrundlage annehmen wolle, ändere dies nichts an der Berechtigung der Klägerin die Genossenschaftsanteile zu behalten. Eine Rückgabe sei ausgeschlossen, wenn der zur Rückgabe Verpflichtete durch die Rückgabe seinerseits hilfebedürftig würde. Eine Rückforderung bzw Rückübertragung wäre nach § 138 Abs 1 BGB zudem nichtig. Ein Rechtsgeschäft, dass nach Inhalt, Zweck und Beweggrund darauf abziele - trotz eigenen Vermögens oder eigener Einkunftsmöglichkeit - zu Ansprüchen auf Sozialhilfe zu gelangen, sei grundsätzlich sittenwidrig. Selbst wenn jedoch Herausgabe- oder Rückgabeansprüche der Eltern bestanden haben sollten, komme eine Nichtberücksichtigung als Vermögen nicht in Betracht, denn Vermögen sei vorrangig zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts einzusetzen und nicht zur Befriedigung von Ansprüchen Dritter. Ein Ausschlussgrund für die Berücksichtigung der Geschäftsanteile als Vermögen bei der Berechnung der SGB II-Leistung sei nicht gegeben. Es müsse jedoch beachtet werden, dass bei einer Berücksichtigung der Geschäftsanteile als Vermögen der Ausstattungszweck der Klägerin eine finanzielle Grundlage für den Start ins "Leben" zu verschaffen, zumindest teilweise gewährleistet bleibe, denn das Vermögen sei nur oberhalb der Freibetragsgrenzen zu verwerten. Prognostisch sei das Vermögen auch im Sommer 2009 nach Kündigung verwertbar gewesen.
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Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem zuvor benannten Urteil Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend und rügt Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
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II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
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Die Klägerin hält zwar sinngemäß die folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
Liegt ein dem Hilfebedürftigen zurechenbares Vermögen auch dann vor, wenn der Hilfebedürftige nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen berechtigt oder sogar verpflichtet ist, dieses Vermögen zurück zu übertragen?
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Soweit die Klägerin mit ihrer Frage unterstellt, dass sie zivilrechtlich berechtigt oder verpflichtet gewesen sei, die Geschäftsanteile an ihre Mutter oder die Eltern zurück zu übertragen, fehlt es im Hinblick auf die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage jedoch an einer Auseinandersetzung mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Klägerin behauptet zwar die Rechtsfrage sei nicht höchstrichterlich "entschieden". Diese Behauptung erweist sich jedoch im Hinblick auf die erforderliche Darlegung der Klärungsbedürftigkeit als unzureichend. Anlass zu näheren Ausführungen hätte insbesondere deswegen bestanden, weil das LSG darauf hingewiesen hat, dass das Vermögen nicht zur Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten, sondern vorrangig zur eigenen Lebensunterhaltssicherung einzusetzen sei. Dieser Grundsatz ist im Hinblick auf den Einsatz von Einkommen zur Unterhaltssicherung anstatt Schuldentilgung auch bereits mehrfach vom erkennenden Senat bekräftigt worden (vgl BSG 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 19; auch 14. Senat vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 18). Zur Verwertung von Vermögen hat der 14. Senat des BSG ausgeführt, die Bedürftigkeitsprüfung im SGB II erfordere keine Saldierung aller Aktiva und Passiva. Dies folge aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen solle, wenn der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht habe. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte sei allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (zB eine auf einem Grundstück eingetragene Hypothek) laste, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden könne (BSG 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R). Die Klägerin hätte daher dartun müssen, dass und warum dieses nicht für verwertbares Vermögen gelten soll - im Hinblick auf den Einsatz von Vermögen also noch Klärungsbedarf besteht.
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Den weiteren Ausführungen der Klägerin mangelt es zudem an der Darlegung der Klärungsfähigkeit im vorliegenden Verfahren. Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage setzte im konkreten Fall voraus, dass die Klägerin berechtigt oder verpflichtet war, ihr Vermögen in Form der Geschäftsanteile bei der Volksbank an die Mutter oder die Eltern zurück zu übertragen. Dieses verneint das LSG in seiner Entscheidung jedoch. Es würdigt den Sachverhalt vielmehr dahingehend, dass es sittenwidrig sei, wenn die Klägerin dem Begehren der Mutter oder der Eltern nachgebe, da sie sich damit selbst hilfebedürftig und von steuerfinanzierten Transferleistungen abhängig mache. Die Klägerin greift diese Würdigung zwar mit den Worten an, dass die Ausführungen nicht überzeugend seien, macht jedoch keinen Fehler in der Beweiswürdigung des LSG geltend, der ein verfahrensfehlerhaftes Verhalten des LSG iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG belegen und damit eine andere Wertung der Vorfrage nach der zivilrechtlichen Berechtigung oder Verpflichtung der Vermögensrückübertragung nahelegen könnte.
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Auch die von der Klägerin gerügte Divergenz ist nicht hinreichend dargelegt.
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Zur formgerechten Rüge des Zulassungsgrundes einer Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist in der Beschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, zumindest so zu bezeichnen, dass sie ohne Schwierigkeiten auffindbar ist. Ferner ist deutlich zu machen, worin die Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muss darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muss einen abstrakten Rechtssatz aus dem vorinstanzlichen Urteil und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Es reicht hingegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Entscheidung mit der Behauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, dass die berufungsgerichtliche Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruhe (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54, 67). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
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Die Klägerin behauptet zwar, das LSG weiche in seinem Urteil von der Rechtsprechung des BSG vom 27.1.2009 (B 14 AS 42/07 R, SozR 4-4200 § 12 Nr 12) zur Frage der Verwertbarkeit von Vermögen ab. Sie zitiert auch einen abstrakten Rechtssatz aus der benannten Entscheidung des BSG. Es fehlt jedoch an der Wiedergabe eines dem entgegenstehenden abstrakten Rechtssatzes aus der Entscheidung des LSG. Die bloße Behauptung der Abweichung genügt den Darlegungserfordernissen nicht.
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Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
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