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BSG 23.02.2011 - B 4 AS 170/10 B
BSG 23.02.2011 - B 4 AS 170/10 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage - grundsätzliche Bedeutung - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsleistung - Weiterbildungsmaßnahme
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 16 Abs 1 S 2 SGB 2, § 77 Abs 1 S 1 SGB 3
Vorinstanz
vorgehend SG Konstanz, 11. Dezember 2008, Az: S 5 AS 887/07, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 29. Oktober 2010, Az: L 12 AS 1110/09, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2010 wird als unzulässig verworfen.
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Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das genannte Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt A. beizuordnen, wird abgelehnt.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Die 1951 geborene Klägerin erlernte den Beruf einer Goldschmiedin, übte diesen aber wegen Betreuung ihrer Söhne nicht aus. Seit März 2005 bezieht sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte lehnte ihren Antrag auf Förderung einer Ausbildung zur Arbeitserzieherin ab (Bescheid vom 12.10.2006; Widerspruchsbescheid vom 28.2.2007). Zur Begründung seiner Entscheidung führte er aus, vor dem Hintergrund des beruflichen Werdegangs der Klägerin und der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes sei es nicht angemessen, die Ausbildung zur Arbeitserzieherin zu fördern. Die Integration in den Arbeitsmarkt sei vorrangig. Die Klägerin hat die Weiterbildung, für die ihr mit Bescheid vom Landratsamt Konstanz ein Darlehen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) in Höhe von 178 Euro monatlich, zunächst ab 16.4.2007 bis zur Beendigung durch den Maßnahmeträger im Juli 2008 gewährt worden war, in Heidelberg begonnen.
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Klage und Berufung gegen die ablehnenden Bescheide des Beklagten hatten keinen Erfolg (Urteil des SG Konstanz vom 11.12.2008; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 29.10.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, bei der begehrten Ausbildung an der Schule für Arbeitserziehung liege schon keine Weiterbildung iS des § 77 Abs 1 Satz 1 SGB III vor. Es handele sich vielmehr um eine Ausbildungsmaßnahme. Zwar setze diese eine abgeschlossene mindestens zweijährige Berufsausbildung voraus; sie knüpfe aber nicht an konkret vorhandene berufliche Kenntnisse oder Erfahrungen an. Auch die Ausbildungsinhalte machten deutlich, dass es sich um eine umfangreiche Bildungsmaßnahme für Teilnehmer ohne Vorkenntnisse handele. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die Ausbildung zur Arbeitserzieherin nach Maßgabe des § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II im Rahmen der freien Förderung finanziere, weil die freien Eingliederungsleistungen nicht die Regelungen des § 16 Abs 1 SGB II konterkarieren dürften. Über diese Vorschrift komme daher die Förderung einer beruflichen Ausbildung iS der §§ 59 ff SGB III nicht in Betracht. Angesichts des Nachrangs der Leistungen nach dem SGB II (vgl § 5 Abs 1 SGB II) stehe schon die hier zumindest für den ersten Ausbildungsabschnitt konkret bewilligte Förderung nach dem AFGB einer gleichzeitigen Förderung nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II entgegen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Förderung der Ausbildung nach dem AFBG eine gleichzeitige Förderung nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II nicht ausschließe, wäre schon fraglich, ob die Ausbildung zur Arbeitserzieherin tatsächlich zur Eingliederung in das Erwerbsleben erforderlich wäre. Dies setze eine konkrete Prognoseentscheidung voraus. Unabhängig hiervon seien die von dem Beklagten herangezogenen Ermessensgesichtspunkte für eine Ablehnung der Förderung nicht zu beanstanden.
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Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Die Entscheidung des LSG beruhe auf der Rechtsfrage, ob sie einen Anspruch auf Fortbildung zur Arbeitserzieherin nach § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II iVm § 77 Abs 1 SGB III habe, insbesondere, ob durch das Verhalten des Beklagten eine Bindungswirkung dahingehend eingetreten sei, dass das eingeräumte Ermessen auf Null reduziert sei. Sofern eine Ermessensreduzierung auf Null verneint werde, sei zu klären, ob bei Anwendung von Ermessen, konkret bei der Einbeziehung ihres Alters in die Ermessensentscheidung bei gleichzeitiger Nichtberücksichtigung fehlender beruflicher Perspektiven das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden sei, weil der Beklagte einerseits sachfremde Erwägungen in die Entscheidung einbezogen habe, andererseits jedoch entscheidungserhebliche Faktoren gar nicht berücksichtigt habe. Es werde die grundrechtliche Frage aufgeworfen, ob dem Beklagten ein Verstoß gegen Art 3 GG vorzuwerfen sei, weil er in einer Ermessensentscheidung Fördermaßnahmen mit dem Verweis auf ihr hohes Alter verweigert habe. Die aufgeworfene Rechtsfrage sei klärungsbedürftig, weil sie für den Einzelfall weder vom BSG noch den Tatsachengerichten der Sozialgerichtsbarkeit entschieden worden sei. Sie habe auch über den konkreten Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung, weil sie einen größeren Personenkreis betreffe.
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II. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 29.10.2010 ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 SGG entscheiden.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind und weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; SozR 1500 § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
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Dem Vorbringen der Klägerin sind hinausgehend über eine lediglich inhaltliche Kritik an der Entscheidung des Berufungsgerichts, welche im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unbeachtlich ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7), konkrete Rechtsfragen nur bezogen auf die vom LSG vorgenommene Prüfung der Ermessensentscheidung des Beklagten zu entnehmen. Allerdings ist eine Klärungsfähigkeit im Sinne einer Entscheidungserheblichkeit zu verneinen, wenn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im konkreten Rechtsstreit nicht notwendigerweise beantwortet werden muss, weil die Entscheidung der Vorinstanz (auch) vor dem Hintergrund einer anderen rechtlichen Begründung bestätigt werden kann. Es sind daher bei der Darlegung der Klärungsfähigkeit auch Ausführungen dazu zu verlangen, dass die vorinstanzliche Entscheidung auch nicht aus anderen rechtlichen Gründen aufrecht erhalten werden kann (BSG Beschluss vom 30.8.2004 - B 2 U 401/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 5; Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl 2008, § 160a RdNr 14k). Die Beschwerdebegründung hätte sich daher damit auseinandersetzen müssen, dass das LSG im Rahmen des von der Klägerin genannten § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II iVm § 77 Abs 1 SGB III nicht nur eine Ermessensentscheidung des Beklagten überprüft hat, sondern einen Anspruch der Klägerin vorrangig schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Weiterbildung abgelehnt hat (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 97/09 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung von Rechtsanwalt A. ist damit abzulehnen. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO), woran es hier fehlt. Mit der Ablehnung der begehrten PKH entfällt zugleich auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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