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BSG 27.09.2010 - B 5 R 232/10 B
BSG 27.09.2010 - B 5 R 232/10 B - Ordnungsgemäße Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den Prozessbevollmächtigten
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Düsseldorf, 7. Januar 2009, Az: S 26 R 318/06, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 17. Mai 2010, Az: L 3 R 254/10 ZVW, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
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Mit Urteil vom 17.5.2010 hat das LSG Nordrhein-Westfalen einen Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe in Form einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme verneint.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung ist Beschwerde zum BSG eingelegt worden. In der Beschwerdebegründung werden Verfahrensmängel geltend gemacht.
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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
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Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
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das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
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Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
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Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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Soweit - wie vorliegend - Verstöße gegen die tatrichterliche Amtsermittlungs- und Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, auf Grund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 160a RdNr 55). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Der Kläger behauptet, er habe "in den Vorinstanzen zur Stützung seines Begehrens Beweisanträge gestellt, sein chronisches Leiden als bestehend anzuerkennen und hierfür Bescheinigungen des Hausarztes, Dr. M., vorgelegt" (Seite 2). Damit bezeichnet er keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag. Denn im Rahmen eines Rentenverfahrens muss sich ein Beweisantrag möglichst präzise mit dem Einfluss dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen befassen. Ein Antrag, der lediglich zum Ziel hat, ein chronisches Leiden als bestehend anzuerkennen, erfüllt diese Anforderungen nicht. Der Kläger gibt im Übrigen weder eine Fundstelle für seine behaupteten Beweisanträge an noch behauptet er wenigstens, diese Anträge am Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten zu haben. Mit dem Einwand, das Gericht habe den Gutachtenauftrag an Dr. B. zu Unrecht widerrufen (Seite 3), zeigt der Kläger nicht auf, überhaupt einen entsprechenden Beweisantrag gestellt zu haben.
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Soweit der Kläger mit dem Vortrag, er habe "mehrfach darauf hingewiesen, dass das Verfahren zügiger als geschehen zu betreiben sei, damit nicht noch vor einer erstinstanzlichen Entscheidung der Beginn des Rentenbezuges einsetze" (Seite 3), eine überlange Verfahrensdauer rügen und damit einen Verstoß gegen Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) geltend machen will, fehlt es an ausreichenden Darlegungen. Hierfür hätte der Kläger den Ablauf des gesamten Verfahrens schildern und aufzeigen müssen, woraus er folgert, dass das Gericht das Verfahren nicht in zügiger Weise gefördert hat. Zu diesem Zweck hätte er darlegen müssen, wann das Verfahren begonnen hat und dass weder rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten des Verfahrens noch sein Verhalten oder eine besondere Bedeutung der Rechtssache zu der Verzögerung geführt haben (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 11 RdNr 39). Im Übrigen hat es der Kläger auch versäumt aufzuzeigen, dass die angefochtene Entscheidung auf dem angeblichen Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 18; BSG Beschluss vom 19.2.2008 - B 13 R 391/07 B - Juris RdNr 13).
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Soweit die Beschwerdebegründung schließlich auf den Altersrentenbezug als Ausschlussgrund für Leistungen zur Teilhabe eingeht (§ 12 Abs 1 Nr 2 SGB VI) und den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt in Frage stellt, rügt sie nicht die verfahrensfehlerhafte Erarbeitung des maßgeblichen Prozessstoffs, sondern eine unrichtige Entscheidung in der Sache. Auf die vermeintliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung kann die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nach § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG nicht gestützt werden.
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Das Schreiben des Klägers vom 16.7.2010, das der Prozessbevollmächtigte "auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers" mit Schriftsatz vom 21.7.2010 nachgereicht hat, konnte bei der Beschwerdeentscheidung nicht berücksichtigt werden. Denn das gesetzliche Erfordernis, eine Nichtzulassungsbeschwerde durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten zu begründen (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG), soll bewirken, dass dieser die Rechtslage im Hinblick auf die drei Gründe, auf die die Zulassung einer Revision allein gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 SGG), genau durchdenkt, ggf von der Durchführung aussichtsloser Beschwerden absieht und andernfalls durch eine klare Darstellung, welcher Zulassungsgrund aus welchen Gründen als vorliegend angesehen wird, die Entscheidungsfindung des Gerichts erleichtert (BSG SozR 3-1500 § 166 Nr 4 S 9). Die nach § 160a Abs 2 SGG erforderliche Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss das Ergebnis der geistigen Arbeit des zugelassenen Prozessbevollmächtigten sein, für die er mit seiner Unterschrift die volle Verantwortung übernimmt, und dies aus sich heraus erkennen lassen. Die bloße Vorlage eines von dem prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt unterzeichneten, sonst aber unveränderten Schriftsatzes des Beteiligten selbst stellt dann keine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung dar, wenn der Rechtsanwalt die Durchsicht, Sichtung und Gliederung des Streitstoffes unterlassen hat (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Erfordernisses: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 12 S 23). So liegt der Fall hier.
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Der Kläger hat das fünfseitige Schreiben vom 16.7.2010, das er in der Ich-Form verfasst und an den Prozessbevollmächtigten gerichtet hat, selbst entworfen und geschrieben. Sein Prozessbevollmächtigter hat zwar die letzte Seite unterschrieben, im Begleitschreiben vom 21.7.2010 indessen distanzierend mitgeteilt, dass die Einreichung des Schreibens "auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers" erfolge. Dass der zugelassene Prozessbevollmächtigte den Inhalt des Schreibens im Hinblick auf die Nichtzulassungsbeschwerde geprüft hat, ergibt sich hieraus gerade nicht. Hinzu kommt, dass das unübersichtliche und in großen Teilen beschwerderechtlich offensichtlich unerhebliche Vorbringen des Klägers nicht erkennen lässt, dass es sich in rechtskundiger Weise mit den Revisionszulassungsgründen in Bezug auf das angefochtene Urteil auseinander setzt. Aus diesen Gründen und angesichts der distanzierenden Erklärung des Prozessbevollmächtigten muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass dieser die angefertigte Beschwerde ungeprüft unterschrieben hat, ohne hierfür die volle Verantwortung übernehmen zu wollen. Mit der Weiterleitung der vom Kläger entworfenen und geschriebenen Beschwerdebegründung in unveränderter Fassung hat der Prozessbevollmächtigte es dem Gericht überlassen, das zur ordnungsgemäßen Beschwerdebegründung Erforderliche herauszufiltern, was indessen gerade nicht Sache des Beschwerdegerichts, sondern der rechtskundigen Prozessbevollmächtigten ist (BSG SozR 3-1500 § 166 Nr 4 S 9; BVerwG Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 38).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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