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BSG 22.06.2010 - B 1 A 1/09 R
BSG 22.06.2010 - B 1 A 1/09 R - Krankenversicherung - Ausgestaltung von Wahltarifen - keine Staffelung der Prämien in Abhängigkeit vom Umfang der in Anspruch genommenen Leistungen - Krankenkassen keine Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts - Aufgabenerfüllung mit ausschließlich sozialem Charakter
Normen
§ 4 Abs 3 SGB 5, § 53 Abs 2 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 53 Abs 2 S 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 54 SGB 5 vom 14.11.2003, § 65 Abs 2 S 3 SGB 5 vom 20.12.1988, § 65 Abs 2 S 4 SGB 5 vom 20.12.1988, § 195 Abs 1 SGB 5, § 265 SGB 5, §§ 265ff SGB 5, Art 101 AEUV, Art 101ff AEUV
Vorinstanz
vorgehend SG Stuttgart, 6. August 2008, Az: S 6 A 7715/07, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 15. Juni 2009, Az: L 1 A 4797/08, Urteil
Leitsatz
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1. Krankenkassen dürfen keinen Wahltarif einführen, der eine vom Umfang der in Anspruch genommenen Leistungen abhängige Staffelung der Prämien für ihre Mitglieder vorsieht.
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2. Krankenkassen sind auch unter der 2010 geltenden Rechtslage keine Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts, sondern erfüllen Aufgaben mit ausschließlich sozialem Charakter.
Tatbestand
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Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, eine Satzungsänderung zu genehmigen.
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Die Klägerin, eine bundesweit tätige geschlossene Betriebskrankenkasse, regelt in § 8a ihrer genehmigten Satzung die "Wahltarif Prämienzahlung". Nach § 8a Abs 1 der Satzung erhalten Mitglieder, die im abgelaufenen Kalenderjahr länger als drei Monate bei der Klägerin versichert waren, eine Prämienzahlung, wenn sie und ihre nach § 10 SGB V versicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr keine Leistungen zu Lasten der Klägerin in Anspruch genommen haben. § 8a Abs 2 der Satzung sieht vor, in welchen Fällen die Inanspruchnahme von - im Einzelnen näher aufgeführten Leistungen - für die Prämienzahlung unschädlich ist. Der Verwaltungsrat der Klägerin beschloss am 31.5.2007 als 24. Nachtrag zur Satzung vom 26.4.2001 folgenden § 8a Abs 3:
"Die Inanspruchnahme folgender Leistungen wird wie folgt auf die Prämienzahlung angerechnet: Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln im Kalenderjahr mindert die Prämienzahlung nach Absatz IV um 40 Euro, zwei entsprechende Verordnungen im Kalenderjahr mindern die Prämie um 80 Euro. Jede weitere Verordnung schließt eine Prämienzahlung aus."
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Das Bundesversicherungsamt (BVA) der beklagten Bundesrepublik Deutschland lehnte es als zuständige Aufsichtsbehörde ab, den 24. Nachtrag zur Satzung mit der beabsichtigten Einfügung von § 8a Abs 3 in die Satzung der Klägerin zu genehmigen, da dies mit der gesetzlichen Regelung in § 53 Abs 2 und Abs 9 SGB V nicht im Einklang stehe (Bescheid vom 25.9.2007).
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Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides verpflichtet, über die Genehmigung des 24. Satzungsnachtrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 6.8.2008). Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die Satzungsänderung gegen § 53 SGB V verstoße (Urteil vom 15.6.2009).
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 53 SGB V. § 53 Abs 2 SGB V räume Krankenkassen (KKn) im Zusammenspiel mit § 53 Abs 1 SGB V unter Berücksichtigung des Regelungszwecks bei Wahltarifen große satzungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ein. KKn dürften satzungsrechtlich auf Fälle der Teilinanspruchnahme von Leistungen durch Versicherte flexibel reagieren und Prämienzahlungen entsprechend mindern, wie es auch die beschlossene Satzungsänderung des § 8a Abs 3 vorsehe. Die zuständige Landesaufsichtsbehörde habe der AOK Baden-Württemberg, die mit ihr (der Klägerin) in Wettbewerb um Versicherte stehe, einen entsprechenden Selbstbehalttarif genehmigt.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juni 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. August 2008 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der klagenden Betriebskrankenkasse ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Denn die Beklagte hat es rechtmäßig abgelehnt, die von der Klägerin beschlossene Satzungsänderung zu genehmigen.
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1. Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei der Klage um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) oder um eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) handelt. Auch mit der Aufsichtsklage kann die Vornahme einer begünstigenden Aufsichtsanordnung begehrt werden, nämlich die Erteilung einer beantragten Satzungsgenehmigung, wenn die Aufsichtsbehörde dies abgelehnt hat und der Versicherungsträger geltend macht, dass er auf die Vornahme dieses Akts einen Rechtsanspruch habe (vgl BSGE 69, 72, 73 = SozR 3-2500 § 241 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 11 mwN). So liegt es hier. Es ist insoweit unschädlich, dass die Klägerin sich mit ihrem Teilerfolg vor dem SG im Sinne eines Bescheidungsurteils begnügt hat, da sie das SG-Urteil nicht mit Rechtsmitteln angegriffen hat. Dies hat nur zur Folge, dass ein Erfolg ihrer Revision lediglich zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das SG-Urteil führen könnte.
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2. Nach § 195 Abs 1 SGB V bedarf die Satzung einer KK der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Dies gilt auch für Satzungsänderungen. Ist eine verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommene Satzungsänderung mit höherrangigem Recht vereinbar, besteht nach § 195 Abs 1 SGB V ein Anspruch auf die Genehmigung (vgl sinngemäß BSGE 70, 149, 150 = SozR 3-2500 § 240 Nr 8 S 24 f; BSGE 89, 227, 230 f = SozR 3-2500 § 194 Nr 1 S 4 f mwN; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 12 mwN). Eine solche Genehmigung ist im Verhältnis zum Versicherungsträger ein Verwaltungsakt (vgl zB BSG SozR 3-2200 § 700 Nr 1 S 2 f). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung, da die von ihr beschlossene Satzungsänderung mit § 53 Abs 2 SGB V unvereinbar ist.
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a) Maßgeblich für die Vereinbarkeit der unstreitig und im Einklang mit dem Akteninhalt ordnungsgemäß zustande gekommenen Satzungsänderung mit höherrangigem Recht ist - soweit hier von Interesse - § 53 SGB V idF durch Art 1 Nr 33 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378). Die späteren Gesetzesänderungen betreffen lediglich den vorliegend nicht einschlägigen § 53 Abs 6 SGB V (Änderung durch Art 15 Nr 4 Gesetz vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Es ist nämlich auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat abzustellen, denn dieser Zeitpunkt ist sowohl für den Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung bei einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als auch bei einer Aufsichtsklage maßgeblich, soweit sie - wie hier - auf eine Verpflichtung gerichtet ist (vgl BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 15 mwN).
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b) Die Genehmigung von § 8a Abs 3 der Satzung ist an § 53 Abs 2 SGB V zu messen, der Rechtsgrundlage für Satzungsbestimmungen, die eine Prämienzahlung bei Nichtinanspruchnahme von Leistungen vorsehen. Andere Rechtsgrundlagen kommen von vornherein nicht in Betracht. Rechtssystematisch gesehen sind in § 53 SGB V Grundlagen für Satzungsbestimmungen geregelt, die einerseits - wie hier - zu Prämienzahlungen an Versicherte ermächtigen (§ 53 Abs 1, 2, 3 und 7 SGB V), andererseits weitere Zahlungen der Versicherten über die Beitragszahlungen hinaus bei zusätzlichen Leistungen vorsehen (§ 53 Abs 4 und 6 SGB V; zum System vgl Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 8). Prämienzahlungen an Versicherte können die Satzungen der KKn anordnen, wenn Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der KK zu tragenden Kosten übernehmen (Selbstbehalt; § 53 Abs 1 SGB V), Versicherte an besondere Versorgungsformen teilnehmen (§ 53 Abs 3 SGB V) oder wenn die Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen beschränkt (§ 53 Abs 7 SGB V). Um all diese Fälle geht es vorliegend indes nicht.
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Vielmehr betrifft § 8a Abs 1 der Satzung der Klägerin Prämienzahlungen für Mitglieder, wenn sie und ihre nach § 10 SGB V mitversicherten Angehörigen in einem Kalenderjahr, in dem sie länger als drei Monate versichert waren, Leistungen zu Lasten der KK nicht in Anspruch genommen haben. Hierzu ermächtigt § 53 Abs 2 Satz 1 SGB V. § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V sieht insoweit vor, dass die im 3. und 4. Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs 2 SGB V und den §§ 24 bis 24b SGB V sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unberücksichtigt bleiben. Diese gesetzliche Regelung schließt es nach ihrem Wortlaut, Regelungssystem, ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Regelungszweck aus, den beschlossenen § 8a Abs 3 der Satzung der Klägerin zu genehmigen, da er - abweichend vom gesetzlichen Rahmen - Teilprämienzahlungen bei teilweiser Inanspruchnahme relevanter Leistungen zulässt.
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c) Entgegen der Ansicht der Klägerin bestimmt § 53 Abs 2 SGB V abschließend, dass nur die völlige ganzjährige Nichtinanspruchnahme einschlägiger Leistungen zu Prämienzahlungen berechtigt: Es gilt das "Alles oder Nichts-Prinzip". Die Norm regelt als Grundsatz, dass die Nichtinanspruchnahme von Leistungen zu Prämienzahlungen berechtigt (§ 53 Abs 2 Satz 1 SGB V). Sie legt zudem im Einzelnen die Ausnahmen fest, deren Inanspruchnahme hierbei "unberücksichtigt" zu bleiben haben (§ 53 Abs 2 Satz 3 SGB V). Dagegen lässt es § 53 Abs 2 SGB V nicht zu, für den Fall der teilweisen Inanspruchnahme von relevanten Leistungen Prämienzahlungen zu staffeln, wie es § 8a Abs 3 der von der Klägerin beschlossenen Satzung anordnet. Bei den nach § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V nicht zu berücksichtigenden Leistungen spielt es vielmehr keine Rolle, in welchem Umfang sie in Anspruch genommen werden. Selbst wenn die in § 8a Abs 3 der Satzung aufgeführten Leistungen dem Ausnahmekatalog des § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V unterfielen, was nicht der Fall ist (vgl sogleich), wäre die Satzungsregelung nicht gesetzeskonform.
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d) Die in der Satzungsbestimmung aufgeführten Leistungen - ärztliche oder zahnärztliche Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln - unterfallen überhaupt nicht dem Regelungsgegenstand des § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V. Zu den dort genannten Leistungen gehören solche zur Prävention und Selbsthilfe (§ 20 SGB V), zur Verhütung von Zahnerkrankungen (§§ 21, 22 SGB V), ambulante medizinische Vorsorgeleistungen am Wohnort und stationäre Vorsorgeleistungen (§ 23 Abs 1 und Abs 4 SGB V) sowie Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten (§§ 25, 26 SGB V). Es spricht viel dafür, insoweit auch die zahnärztlichen Untersuchungen nach § 55 Abs 1 Satz 4 Nr 2 SGB V und die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft nach §§ 195 bis 200b RVO einzubeziehen (vgl zutreffend zB Knispel in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band II, Stand Oktober 2009, § 53 SGB V RdNr 101, 102 mwN). Weder die Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher oder zahnärztlicher Behandlung noch die Kombination der Inanspruchnahme einer solchen Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln zählt demgegenüber zu den Leistungen, die nach § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V unberücksichtigt bleiben. Denn der Ausnahmebereich erfasst nur solche Leistungen, deren Inanspruchnahme der Gesetzgeber wegen ihrer präventiven, vorsorgenden Ausrichtung, dem Bezugspunkt der Schwanger- und Mutterschaft oder aus Gründen des Minderjährigenschutzes gesichert sehen will. Die Inanspruchnahme regulärer Leistungen außerhalb dieses Schutzbereichs vermag sich demgegenüber auf keinen inneren, rechtfertigenden Grund zu stützen, um dennoch Prämienzahlungen zu rechtfertigen.
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e) Dem entspricht die Entstehungsgeschichte der Regelung: Erstmalig führte § 65 SGB V idF durch das Gesundheitsreformgesetz (Art 1 GRG vom 20.12.1988, BGBl I 2477) im Rahmen von Erprobungsregelungen eine Ermächtigung zu Beitragsrückzahlungen durch Satzungsregelung ein, um für die Versicherten Anreize zu einem wirtschaftlichen Verhalten bei der Inanspruchnahme von Leistungen zu schaffen (Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und FDP eines GRG, BT-Drucks 11/2237 S 189, linke Spalte zu § 73 des Entwurfs - Beitragsrückzahlung). Die Regelung im GRG sah in § 65 Abs 2 Satz 3 SGB V auch eine Teilbeitragserstattung vor: Wenn die Kosten der in Anspruch genommenen Leistungen weniger als den gesetzlich festgelegten Erstattungsbetrag - ein Zwölftel des Jahresbeitrags des Mitglieds - betrugen, sollte der Unterschiedsbetrag zurückgezahlt werden. Eine solche Teilerstattungsregelung haben spätere Gesetzesfassungen bewusst nicht übernommen und fortgeführt.
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Schon damals umriss § 65 Abs 2 Satz 4 SGB V idF des GRG einen Katalog von Leistungen, die für die "Inanspruchnahme von Leistungen" unberücksichtigt bleiben sollten. Nach den Gesetzesmaterialien sollten nämlich die neuen Leistungen "Gesundheitsförderung und Prävention, Früherkennungsmaßnahmen nach dem 3. und 4. Abschnitt sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft und für Kinder" für einen Rückzahlungsanspruch unschädlich sein, da die Regelung anderenfalls präventions- bzw familienfeindlich wirken würde (BT-Drucks 11/2237 S 189 linke Spalte zu § 73 zu Abs 2, 2. Absatz).
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Diesen Ausnahmekatalog übernahm der Gesetzgeber auch bei den Änderungen in der Folgezeit und erweiterte ihn nicht etwa um ambulante ärztliche oder zahnärztliche Behandlungen. Im Gegenteil war ihm klar, dass die Inanspruchnahme von diesen ambulanten Behandlungen eigens eine Datenübermittlung erforderte, um sie erfassen zu können (vgl ebenda den Hinweis auf die Regelung in § 307 SGB V des Gesetzentwurfs). Das GRG regelte deshalb ursprünglich die hierfür erforderliche Datenübermittlung in § 299 SGB V. Wegen der Streichung der Regelung über die Erprobung der Beitragsrückzahlung wurde § 299 SGB V mit Wirkung vom 1.1.2000 aufgehoben (Art 1 Nr 77 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Nach Wiedereinführung der Beitragserstattung durch § 54 SGB V idF durch Art 1 Nr 35 GKV-Modernisierungsgesetz (GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190 = aF) wurde die erforderliche Datenerhebung in den allgemeinen Vorschriften geregelt (vgl zB für die KK § 284 Abs 1 Nr 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 159a GMG).
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Der heute geltende § 53 Abs 2 SGB V knüpft an § 54 SGB V aF an. Die aktuelle Norm wurde lediglich für Pflichtversicherte geöffnet und redaktionell wegen der Einführung des Gesundheitsfonds an das neue Finanzierungssystem durch das GKV-WSG angepasst (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 108 rechte Spalte zu Nr 33 zu Abs 2). Auch § 54 SGB V aF nahm - als erstattungsunschädliche Fälle - reguläre Leistungen für über 18-jährige Versicherte nicht aus (vgl hierzu Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines GMG, BT-Drucks 15/1525 S 91 rechte Spalte zu Nr 35 zu § 54). Rechtlich ist es insoweit ohne Belang, dass es bei der Abgeltung von ambulanten ärztlichen oder zahnärztlichen Leistungen durch ein Pauschalsystem schwierig zu ermitteln sein kann, welcher Versicherte im Einzelfall Leistungen in Anspruch genommen hat. § 53 Abs 2 SGB V lässt es insoweit nicht zu, Versicherte bei Inanspruchnahme regulärer Leistungen hinsichtlich der Nichtinanspruchnahmeprämien ungleich zu behandeln.
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f) Auch der Regelungszweck gibt nichts dafür her, § 53 Abs 2 SGB V als Rechtsgrundlage für Satzungsbestimmungen zu sehen, die bei eingeschränkter Inanspruchnahme von Leistungen der GKV begrenzte Prämienzahlungen zulassen. Wie schon die Vorgängerregelung § 54 SGB V aF zielt § 53 Abs 2 SGB V darauf ab, satzungsrechtliche Anreizmechanismen für die völlige Nichtinanspruchnahme relevanter Leistungen zuzulassen, um Versicherte auf diesem Weg zu kostenbewusstem, wirtschaftlichem Verhalten zu bewegen (vgl zB Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 20 mwN). Eine Prämierung bloßer Teilinanspruchnahme wie in § 65 Abs 2 Satz 3 SGB V idF durch das GRG sieht § 53 Abs 2 SGB V gerade nicht vor.
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3. Die Klägerin kann auch nichts daraus für sich herleiten, dass sie sich mit der AOK Baden-Württemberg in unmittelbarem Wettbewerb sieht und eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Genehmigungspraxis von Satzungen einfordert. Schon im Ansatz kann die Klägerin aus den europarechtlichen Wettbewerbsregeln für Unternehmen (Art 101 ff Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union, in der durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung vom 13.12.2007, ABl C 306 S 1, berichtigt ABl 2008 C 111 S 56 und ABl 2009 C 290 S 1, in Kraft getreten am 1.12.2009, siehe Gesetz vom 8.10.2008 BGBl II 1038) für sich nichts beanspruchen. Denn die KKn sind keine Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts.
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a) Zwar umfasst der Begriff des Unternehmens im Rahmen des europäischen Wettbewerbsrechts nach ständiger Rechtsprechung des EuGH jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl zB EuGH, Urteile vom 23.4.1991, Höfner und Elser, C-41/90, EuGHE I 1991, 1979 RdNr 21 = SozR 3-6030 Art 86 Nr 1 und vom 11.12.2007, ETI ua, C-280/06, EuGHE I 2007, 10893 RdNr 38). Die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist aber zu verneinen, wenn der Träger eine Aufgabe mit ausschließlich sozialem Charakter erfüllt. KKn als öffentlich-rechtliche Träger in Systemen der sozialen Sicherheit, die durch fehlendes Gewinnstreben, die Verfolgung eines sozialen Ziels und die Anwendung des Solidaritätsgedankens geprägt sind, unterscheiden sich durch diese Merkmale von privaten Versicherungsträgern. Sie sind dazu bestimmt, auf der Grundlage der Solidarität besondere Aufgaben wahrzunehmen, die nur von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen wahrgenommen werden können. KKn wirken so als öffentlich-rechtliche Körperschaften an der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit mit, das staatlicher Aufsicht unterliegt, und nehmen insoweit eine soziale Aufgabe wahr, die ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (vgl EuGH, Urteil vom 16.3.2004, AOK Bundesverband ua, C-264/01, C-306/01, C-354/01, C-355/01, EuGHE I 2004, 2493 = SozR 4-6035 Art 81 Nr 1 RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2400 § 80 Nr 1 RdNr 40 mwN; vgl entsprechend auch zu den deutschen Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung EuGH, Urteil vom 5.3.2009, C-350/07, Kattner Stahlbau GmbH, NJW 2009, 1325).
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Die Ergebnisse der Rechtsprechung des EuGH zu den deutschen KKn aus dem Jahr 2004 sind durch die seitdem ergangenen Gesetzesänderungen des SGB V im Ergebnis nicht geändert worden. KKn sind auch heute noch - unverändert gegenüber dem Rechtszustand 2004 - gesetzlich verpflichtet, ihren Mitgliedern im Wesentlichen gleiche Pflichtleistungen anzubieten, die unabhängig von der Beitragshöhe sind. Sie haben außerhalb der geringfügigen Bandbreite der Wahltarife keine Möglichkeit, auf diese Leistungen Einfluss zu nehmen. Sie sind weiterhin zu einer kassenübergreifenden Solidargemeinschaft zusammengeschlossen, die es ihnen ermöglicht, untereinander einen Kosten- und Risikoausgleich vorzunehmen. So erfolgt nach den §§ 265 ff SGB V ein Ausgleich zwischen den KKn mit den niedrigsten Gesundheitsausgaben und den KKn, die kostenträchtige Risiken versichern und deren Ausgaben im Zusammenhang mit diesen Risiken am höchsten sind. Die KKn konkurrieren weder miteinander noch mit den privaten Einrichtungen hinsichtlich der Erbringung der im Bereich der Behandlung oder der Arzneimittel gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen, die ihre Hauptaufgabe darstellt. Im Gegenteil arbeiten die KKn und ihre Verbände im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der GKV sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend aufgrund gesetzlicher Verpflichtung miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammen (§ 4 Abs 3 SGB V).
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Der Spielraum, über den die KKn verfügen, um ihre Wahltarife festzulegen und untereinander einen gewissen Wettbewerb um Mitglieder auszulösen, führt nicht zu einer anderen Bewertung. So ist die Einführung der Wahltarife nach § 53 SGB V im Zusammenhang mit der Abschaffung unterschiedlicher Beitragssätze in der GKV durch das GKV-WSG zu sehen, die ab 2009 zu einem bundeseinheitlichen Beitragssatz für alle KKn geführt hat und kassenindividuell nur noch die Erhebung eines Zusatzbeitrags in Höhe von maximal 1 vH der Bemessungsgrundlage zulässt (vgl § 242 SGB V in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung und hierzu Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 11 ff mwN). Dem damit einhergehenden Abbau von Gestaltungsräumen der KKn hat der Gesetzgeber zur Effizienzsteigerung neue Versorgungsformen und Wahltarife flankierend an die Seite gestellt, um auch weiterhin im Rahmen eines eingeschränkten Wettbewerbs das Funktionieren des Gesamtsystems so effizient und kostengünstig wie möglich zu gestalten. Vor diesem Hintergrund ändert die Möglichkeit, in einem engen gesetzlichen Rahmen Wahltarife vorzusehen, an der sozialen Natur der Tätigkeit der KKn nichts (vgl EuGHE I 2004, 2493 = SozR 4-6035 Art 81 Nr 1 RdNr 56; Knispel in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band II, Stand Oktober 2009, § 53 SGB V RdNr 32 f mwN).
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b) Eine Ungleichbehandlung einzelner KKn bei der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspraxis von Wahltarifen kann im Übrigen rechtlich nicht dazu führen, einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht zu begründen (vgl allgemein zB BVerfGE 50, 142, 166; BSG, Beschluss vom 18.7.2006 - B 1 KR 62/06 B - RdNr 6 mwN; BSGE 76, 40, 42 = SozR 3-2500 § 30 Nr 5 S 14; BSGE 69, 170, 178 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 10 mwN). Die Aufsichtsbehörden werden vielmehr regelmäßig im Anschluss an ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung ihre Genehmigungspraxis überprüfen. Gezielte Verstöße gegen das Gebot zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Krankenversicherungsträger können darüber hinaus Unterlassungsansprüche nach sich ziehen (vgl BSGE 82, 78, 80 = SozR 3-2500 § 4 Nr 1 S 4 mwN).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich unter Berücksichtigung der bundesweiten Bedeutung der Sache auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 iVm § 52 Abs 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.
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