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BVerfG 18.09.2024 - 2 BvE 1/20, 2 BvE 10/21
BVerfG 18.09.2024 - 2 BvE 1/20, 2 BvE 10/21 - Erfolglose Organklage bzgl der Besetzung von Ausschussvorsitzen im Deutschen Bundestag (Wahl und Abwahl von Vorsitzenden)
Normen
Art 38 Abs 1 S 2 GG, Art 40 Abs 1 S 2 GG, § 12 S 1 BTGO 1980, § 58 BTGO 1980, § 59 Abs 1 BTGO 1980
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 4. Mai 2020, Az: 2 BvE 1/20, Beschluss
vorgehend BVerfG, 25. Mai 2022, Az: 2 BvE 10/21, Beschluss
Leitsatz
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1. Jenseits der spezifischen Statusrechte der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und daraus abgeleitet der Fraktionen gilt der Grundsatz der formalen Gleichheit. Daraus leitet sich ein Recht auf Gleichbehandlung ab.
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2. Dieser verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsanspruch findet seinen Ausdruck im Recht der Abgeordneten und der Fraktionen auf eine faire und loyale Auslegung und Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Der Gleichbehandlungsanspruch erstreckt sich daher - als Teilhabeanspruch - auch auf Beteiligungsrechte, die in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages eingeräumt werden und über die unmittelbar in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG wurzelnden spezifischen Statusrechte hinausgehen.
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3. Einschränkungen der spezifischen Statusrechte der Abgeordneten und der Fraktionen durch die Geschäftsordnung unterliegen besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen. Sie müssen dem Schutz anderer Rechtsgüter von Verfassungsrang dienen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren.
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4. Geht es demgegenüber allein um den formalen Status der Gleichheit der Abgeordneten in Form der Teilhabe an Rechtspositionen, die erst die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages einräumt, findet eine verfassungsgerichtliche Überprüfung lediglich dahingehend statt, ob die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung oder ihre Auslegung und Anwendung jedenfalls nicht evident sachwidrig und damit willkürlich sind.
Tenor
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1. Die Verfahren 2 BvE 1/20 und 2 BvE 10/21 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
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2. Die Anträge werden, soweit sie zulässig sind, zurückgewiesen. Im Übrigen werden die Anträge verworfen.
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3. Die Anträge der Antragstellerin auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen werden abgelehnt.
Gründe
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A.
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Die zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbundenen Organstreitverfahren betreffen die Besetzung von Ausschussvorsitzen im Deutschen Bundestag. Die Antragstellerin wendet sich zum einen gegen die Abwahl des ihrer Fraktion angehörenden Vorsitzenden des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (im Folgenden: Rechtsausschuss) in der 19. Wahlperiode (2 BvE 1/20). Zum anderen rügt sie die Durchführung von Wahlen unter den Ausschussmitgliedern zur Bestimmung der Vorsitzenden der Ausschüsse für Inneres und Heimat (im Folgenden: Innenausschuss), Gesundheit (im Folgenden: Gesundheitsausschuss) und für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (im Folgenden: Entwicklungsausschuss) des Deutschen Bundestages zu Beginn der 20. Wahlperiode, bei denen die von ihr vorgeschlagenen Kandidaten jeweils keine Mehrheit erreichten (2 BvE 10/21).
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I.
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1. Der Deutsche Bundestag bildet eine wechselnde Zahl ständiger Fachausschüsse. Diese nehmen in großem Umfang Aufgaben des Plenums zu dessen Entlastung wahr. Weite Teile der fachlichen Beratungen und der Vorbereitung der Entscheidungen des Deutschen Bundestages, die abschließend dem Plenum in seiner Gesamtheit obliegen, sowie der Informations-, Kontroll- und Untersuchungsaufgaben des Parlaments finden in den Ausschüssen statt (vgl. zur Bedeutung der Ausschussarbeit für die parlamentarische Tätigkeit BVerfGE 44, 308 317>; 80, 188 224>). Die Zusammensetzung der Ausschüsse wird im Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen vorgenommen (§ 12 Satz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages <im Folgenden: GO-BT>), wobei die Fraktionen die Ausschussmitglieder benennen (§ 57 Abs. 2 Satz 1 GO-BT). Die Regelung des Vorsitzes in den Ausschüssen folgt ebenfalls der Stärke der Fraktionen (§ 12 Satz 1 GO-BT); in den Ausschüssen bestimmen diese ihre Leitung (§ 58 GO-BT).
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a) Die Ausschussvorsitzenden erfüllen nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages eine sowohl geschäftsleitende als auch repräsentative Funktion (vgl. Grigoleit/Kersten, DÖV 2001, S. 363 365>; Kese, ZParl 1993, S. 613 613>; Vetter, Die Parlamentsausschüsse im Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 139; Hölscheidt, DVBl 2024, S. 741 f.).
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aa) Ihnen obliegt die Vorbereitung, Einberufung und Leitung der Ausschusssitzungen sowie die Durchführung der Ausschussbeschlüsse (§ 59 Abs. 1 GO-BT); sie erfüllen damit organisatorische Aufgaben zur sachgerechten Erledigung der dem Ausschuss vom Plenum übertragenen Angelegenheiten (vgl. Grigoleit/Kersten, DÖV 2001, S. 363 365>; Kese, ZParl 1993, S. 613 613>; Vetter, Die Parlamentsausschüsse im Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 139; Hölscheidt, DVBl 2024, S. 741 f.).
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Die Vorsitzenden berufen im Rahmen des vom Ältestenrat festgelegten Zeitplans die Ausschusssitzungen ein (§ 60 Abs. 1 GO-BT) und bereiten diese vor. Sie benennen vorbehaltlich der Entscheidung des Ausschusses für jeden Verhandlungsgegenstand einen oder mehrere Berichterstatter (§ 65 GO-BT), denen sie das zur entsprechenden Vorlage eingehende Material (z.B. Stellungnahmen von Verbänden, Äußerungen der Bundesregierung oder des Bundesrates, Bürgerpost) zukommen lassen (vgl. Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 42).
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Die Vorsitzenden eröffnen die Ausschussberatungen und wirken auf ihren förderlichen Verlauf hin (vgl. Vetter, Die Parlamentsausschüsse im Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 139 f.). Während der Ausschusssitzungen erteilen die Ausschussvorsitzenden den Anwesenden das Wort (§ 59 Abs. 2 GO-BT) und moderieren die Beratungen. Sie üben die Ordnungsgewalt über Anwesende aus, bei denen es sich nicht um Parlamentarier handelt (§ 59 Abs. 3 GO-BT). Bei Störungen können sie die Sitzung unterbrechen oder - im Einvernehmen mit den Fraktionen im Ausschuss - beenden (§ 59 Abs. 4 GO-BT). Die Vorsitzenden lassen über Anträge abstimmen, stellen die gefassten Beschlüsse des Ausschusses zusammen und lassen diese protokollieren (vgl. Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 44).
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Nach der Ausschusssitzung sind die Vorsitzenden zur Umsetzung der Beratungsergebnisse verpflichtet (vgl. § 59 Abs. 1 GO-BT). Sie haben kein Recht, die Durchführung von Ausschussbeschlüssen zu verweigern, selbst wenn sie diese für rechtlich oder politisch unvertretbar halten (vgl. Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die Parlamentarische Praxis, § 59 Nr. 1c <Dez. 2008>). Wurde eine Beratung zu einer Vorlage abgeschlossen, unterschreiben die Vorsitzenden die Beschlussempfehlung des Ausschusses zusammen mit den Berichterstattern (vgl. Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 45).
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Zur Erfüllung ihrer Aufgaben können die Ausschussvorsitzenden auf das ihnen weisungsgebundene Ausschusssekretariat zurückgreifen (vgl. Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 41; vgl. auch Frost, AöR 1970, S. 38 58>). Die Mittel der Ausschusssekretariate stehen nicht für die Mandatsarbeit der Ausschussvorsitzenden zur Verfügung, sondern dienen allein dem Zweck, die Erledigung ihrer Leitungs- und Repräsentationsaufgaben zu fördern (in diesem Sinne auch die Aussagen der sachkundigen Dritten, der Abgeordneten Dr. Mihalic, Heveling und Ludwig, in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024, vgl. zur mündlichen Verhandlung Rn. 65). Um den Konsens der Fraktionen im Ausschuss bei Verfahrensfragen zu fördern, die Erledigung der Ausschussgeschäfte vorzubereiten, bei einzelnen Konfliktfällen eine Verständigung unter den Ausschussmitgliedern herbeizuführen und um die Ausschussvorsitzenden zu beraten, finden unter Leitung der Ausschussvorsitzenden die sogenannten Obleutegespräche statt (vgl. Auslegungsentscheidung 14/1 zu §§ 59-62 GO-BT des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vom 18. März 1999 unter I. Nr. 4, II. Nr. 15; dazu auch Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 42, 45 ff.). In diesen kommen jene Abgeordneten zusammen, die in den Ausschüssen die Hauptansprechpartner ihrer Fraktionen sind; sie bestimmen den Kurs der Fraktionen in den Ausschüssen maßgeblich mit (vgl. zur Funktion der Obleute Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 24). In der Praxis wird im Obleutegespräch auch die vom Ausschusssekretariat vorgeschlagene Tagesordnung festgelegt, wobei das Votum der Obleute entscheidend ist (vgl. Ismayr, Der Deutsche Bundestag, 3. Aufl. 2012, S. 174 f.).
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Die Vorsitzenden eines Ausschusses sind jeweils Primus inter Pares unter den Mitgliedern der Ausschüsse; sie genießen keine Vorrangstellung vor den Ausschussmitgliedern (vgl. Auslegungsentscheidung 14/1 zu §§ 59-62 GO-BT des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vom 18. März 1999 unter II. Nr. 1). Soweit die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages den Vorsitzenden keine eigenständigen Rechte zuweist, sind sie bei der Leitung der Ausschussgeschäfte vom Willen der Ausschussmehrheit abhängig und haben zudem die Vereinbarungen mit den Obleuten der Fraktionen im Ausschuss zu beachten (vgl. Auslegungsentscheidung 14/1 zu §§ 59-62 GO-BT des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vom 18. März 1999 unter II. Nr. 2). Die Vorsitzenden können ihr Amt nicht gegen die Mehrheit oder gegen die Obleute der Fraktionen im Ausschuss führen (vgl. Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 47).
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bb) Die Vorsitzenden sind bei der Wahrnehmung ihrer amtlichen Aufgaben gehalten, parteipolitische Neutralität zu wahren. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024 (vgl. Rn. 65) von allen hierzu gehörten sachkundigen Dritten festgehalten. Den Ausschussvorsitzenden kommt eine zentrale Koordinations-, Ausgleichs- und Integrationsfunktion zu (vgl. Grigoleit/Kersten, DÖV 2001, S. 363 369>). Ihr persönlicher Stil kann das Diskussions- und Arbeitsklima im Ausschuss nicht unerheblich beeinflussen (vgl. Ismayr, Der Deutsche Bundestag, 3. Aufl. 2012, S. 176). Bei einem Wortbeitrag in der Sachdiskussion des Ausschusses entspricht es der parlamentarischen Übung, dass Vorsitzende sich im politischen Stil zurückhalten (vgl. Grigoleit/Kersten, DÖV 2001, S. 363 366>; Heynckes, ZParl 2019, S. 351 367>; Ismayr, Der Deutsche Bundestag, 3. Aufl. 2012, S. 176 f.). Auch ist es nicht unüblich, dass sie für die Dauer ihrer Wortmeldung die Sitzungsleitung an ihre Stellvertretung abgeben und den Platz des Vorsitzes verlassen. Dies gilt auch, wenn die oder der Vorsitzende Berichterstatterin oder Berichterstatter zu einem Vorgang ist (in diesem Sinne auch der sachkundige Dritte, der Abgeordnete Dr. Fechner in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024, vgl. Rn. 65). Die Hauptfunktionen des Amtes der Ausschussvorsitzenden zu stabilisieren und zu integrieren bedingen ihre Verpflichtung zur parteipolitisch neutralen Amtswahrnehmung, zur Gesamtrepräsentation des Ausschusses und zur Einbindung aller im Ausschuss vertretenen Abgeordneten und Fraktionen (vgl. Grigoleit/Kersten, DÖV 2001, S. 363 367>). Die Möglichkeiten für Ausschussvorsitzende, kraft ihrer Amtsbefugnisse auf den Inhalt der Beschlüsse des Ausschusses einzuwirken, sind hingegen begrenzt.
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cc) Neben diesen organisatorisch-funktionalen Aufgaben obliegt den Ausschussvorsitzenden die Repräsentation des Ausschusses und die Darstellung seiner Arbeit gegenüber der Fachöffentlichkeit. Die Vorsitzenden erläutern gegenüber anderen Institutionen und in der Öffentlichkeit die Ausschussarbeit und repräsentieren damit die Funktion des Parlaments als Ort der öffentlichen Debatte (vgl. Grigoleit/Kersten, DÖV 2001, S. 363 365 m.w.N.>). Sie halten den Kontakt zu den von der Ausschussarbeit betroffenen Fachverbänden und zur Fachöffentlichkeit. Dadurch wird sichergestellt, dass diese über die Arbeit der Ausschüsse informiert sind und sich an ihr beteiligen können. Die Vorsitzenden repräsentieren dabei den gesamten Ausschuss. Sie haben auf eine ausgewogene Darstellung der Tätigkeit des Gremiums und aller in ihm vertretenen politischen Strömungen und Positionen zu achten (vgl. Hölscheidt, DVBl 2024, S. 741 742>). Die Öffentlichkeitsarbeit stellt eine wichtige Aufgabe der Ausschussvorsitzenden dar (vgl. Grigoleit/Kersten, DÖV 2001, S. 363 366, 368>). Es entspricht der parlamentarischen Übung, hierbei von parteipolitischen Positionierungen abzusehen (so die Abgeordneten Dr. Mihalic, Dr. Rottmann, Thomae, Heveling und Ludwig in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024, vgl. Rn. 65). Auch jenseits der Ausschussarbeit und ihrer Repräsentationsaufgabe wird von den Ausschussvorsitzenden ein gewisses Maß an politischer Zurückhaltung erwartet und auch praktiziert, um negative Rückwirkungen auf die Ausschussarbeit zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne die sachkundigen Dritten, die Abgeordneten Ludwig und Heveling in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024, vgl. Rn. 65).
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b) Das Verfahren zur Besetzung der Ausschussvorsitze folgt seit dem Zusammentreten des 1. Deutschen Bundestages im Jahr 1949 einer Tradition, die an eine bis in die vorkonstitutionelle Zeit zurückreichende Übung anknüpft (vgl. Heynckes, ZParl 2019, S. 351 353>).
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aa) Nach § 12 Satz 1 GO-BT ist die Regelung des Vorsitzes in den Ausschüssen im Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen vorzunehmen. § 58 GO-BT statuiert, dass die Ausschüsse ihre Vorsitzenden und deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter nach den Vereinbarungen im Ältestenrat (§ 6 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GO-BT) "bestimmen".
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bb) Seit der ersten Wahlperiode ist es dabei üblich, dass sich die Fraktionen im Ältestenrat um eine Einigung bemühen, welche Fraktion welchen Ausschussvorsitz erhalten soll. Gelingt eine interfraktionelle Einigung nicht, werden die Ausschussvorsitze im sogenannten Zugriffsverfahren (auch als "Zugreifverfahren" oder "Optionsfolge" bezeichnet) verteilt. Anhand eines mathematischen Berechnungsverfahrens, das sich an den Stärkeverhältnissen der Fraktionen im Parlament orientiert, wird dabei eine Zugriffsreihenfolge der Fraktionen für die Ausschussvorsitze bestimmt. Die Fraktionen wählen in der festgesetzten Reihenfolge je einen noch freien Ausschussvorsitz, sodass nach und nach alle Ausschussvorsitze vergeben werden (vgl. Achterberg, Parlamentsrecht, 1984, S. 193 f.; Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 11). Das Zugriffsverfahren kam in der vierten (1961-1965) und 13. (1994-1998) (vgl. Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949-1999, Kap. 9.4, S. 2095; Zeh, in: Isensee/Kirchhof <Hrsg.>, Handbuch des Staatsrechts III, 2005, § 52 Rn. 47), der 14. (1998-2002), der 15. (2002-2005) (vgl. Ismayr, Der Deutsche Bundestag, 3. Aufl. 2012, S. 171), der 19. (2017-2021) (vgl. Heynckes, ZParl 2019, S. 351 356>) und der aktuellen, seit dem Jahr 2021 laufenden 20. Wahlperiode zur Anwendung.
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Die Ausschüsse bestimmen in ihren konstituierenden Sitzungen, die jeweils von einem Mitglied des Präsidiums des Deutschen Bundestages geleitet werden, ihre Vorsitzenden. Dabei erklärt die vorschlagsberechtigte Fraktion, wen sie für das Amt des Ausschussvorsitzes vorsieht. Bis einschließlich zur 18. Wahlperiode (2013-2017) wurde dann wie folgt vorgegangen: Erhob sich gegen den Vorschlag kein Widerspruch oder ließ das Verhalten der Ausschussmitglieder auf allgemeine Zustimmung schließen, war der Vorschlag durch Akklamation bestätigt. Nur wenn Widerspruch geäußert wurde, wurde gegebenenfalls eine Wahl durchgeführt. Beides war bis dahin allerdings nur vereinzelt der Fall. So wurde 1956/1957 der Vorsitzende des Atomausschusses des Deutschen Bundestages gewählt (vgl. Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 69 Rn. 3). Ebenfalls im Jahr 1957 wurde der von der SPD-Fraktion für den Vorsitz des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen vorgeschlagene Kandidat erst im zweiten Wahlgang gewählt (vgl. Loewenberg, Parlamentarismus im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 1969, S. 191; Edinger, Wahl und Besetzung parlamentarischer Gremien, 1992, S. 215 Fn. 289). Zu Beginn der 18. Wahlperiode wurde der Vorsitz des Haushaltsausschusses nach Widerspruch gegen die von der Fraktion DIE LINKE vorgeschlagene Kandidatin durch Wahl bestimmt (vgl. www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/L/loetzsch_gesine-857662).
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2. a) Nachdem zu Beginn der 19. Wahlperiode eine Einigung über die Verteilung der Ausschussvorsitze im Ältestenrat nicht zustande gekommen war, erhielt die Antragstellerin im Rahmen des Zugriffsverfahrens Vorschlagsrechte für den Haushaltsausschuss, den Rechtsausschuss und den Tourismusausschuss.
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b) In diesen Ausschüssen kam es nach Widersprüchen durch Ausschussmitglieder anderer Fraktionen zu Wahlen zum Ausschussvorsitz. Im Haushalts- und im Tourismusausschuss erreichten die von der Antragstellerin benannten Kandidaten die erforderlichen Mehrheiten (vgl. zum Haushaltsausschuss www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/ kw05-pa-konstituierung-haushalt-540464; zum Tourismusausschuss www.bundestag.de/webarchiv/presse/hib/2018_01/541394-541394). Auch der Rechtsausschuss wählte am 31. Januar 2018 den von der Antragstellerin vorgeschlagenen Kandidaten, den Abgeordneten Brandner, mit 19 Ja-Stimmen bei 12 Nein-Stimmen und 12 Enthaltungen zu seinem Vorsitzenden (vgl. Kurzprotokoll der 1. Sitzung des Rechtsausschusses am 31. Januar 2018, Protokoll-Nr. 19/1; vgl. auch www.bundestag.de/webarchiv/presse/hib/2018_01/541372-541372). Die Positionen der stellvertretenden Vorsitzenden des Innenausschusses, des Finanzausschusses sowie des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe wurden - nach Widerspruch durch einzelne Ausschussmitglieder und der Durchführung von Wahlen - mit Kandidaten der Antragstellerin besetzt (vgl. zum Innenausschuss www.bundestag.de/webarchiv/Ausschuesse/ausschuesse19/ a04_innenausschuss; zum Finanzausschuss www.bundestag.de/webarchiv/Ausschuesse/ausschuesse19/a07; zum Menschenrechtsausschuss www.bundestag.de/webarchiv/Ausschuesse/ausschuesse19/a17_menschenrechte).
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c) aa) In den Jahren 2018 und 2019 beanstandeten Mitglieder des Rechtsausschusses das Auftreten des Vorsitzenden bei Veranstaltungen des Deutschen Anwaltvereins am 28. Februar 2018 und 15. Januar 2019. Sie beklagten, der Vorsitzende habe nicht das erforderliche Maß an parteipolitischer Zurückhaltung walten lassen und dadurch seine Aufgabe, den Ausschuss als Ganzen zu repräsentieren, verfehlt (vgl. Kurzprotokoll der 5. Sitzung des Rechtsausschusses am 21. März 2018, Protokoll-Nr. 19/5, S. 31 ff.; Kurzprotokoll der 31. Sitzung des Rechtsausschusses am 16. Januar 2019, Protokoll-Nr. 19/31, S. 26). Der Vorsitzende hielt dem entgegen, dass er sich am 28. Februar 2018 lediglich gegen Vorhaltungen des Vorsitzenden des Deutschen Anwaltvereins verteidigt habe, was man ihm nicht verwehren könne. Über den zweiten Teil seiner Rede, in dem er sich parteipolitisch posi-tioniert habe, könne man diskutieren (vgl. Kurzprotokoll der 5. Sitzung des Rechtsausschusses am 21. März 2018, Protokoll-Nr. 19/5, S. 32 f.). Am 15. Januar 2019 habe er keine Gelegenheit erhalten, sich gegen neuerliche Vorwürfe des Vorsitzenden des Deutschen Anwaltvereins zu verteidigen, was er beanstandet habe. Er werde sich bei einer Rede vor dem Deutschen Anwaltverein, die ihm zugesagt worden sei, seiner Rolle als Vorsitzender würdig erweisen (vgl. Kurzprotokoll der 31. Sitzung des Rechtsausschusses am 16. Januar 2019, Protokoll-Nr. 19/31, S. 26).
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bb) In der zweiten Hälfte des Jahres 2019 rief der Abgeordnete Brandner durch einen weitergeleiteten fremden Beitrag sowie durch eigene Beiträge auf dem Kurznachrichtendienst "Twitter" - im Rahmen seines als "Privat!" gekennzeichneten Profils, das auch Hinweise auf seine parlamentarischen Funktionen enthielt - öffentliche Empörung hervor.
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(1) So verbreitete er den Beitrag eines anderen Nutzers des Kurznachrichtendienstes "Twitter" zu dem Anschlag auf eine Synagoge in Halle (Saale) am 9. Oktober 2019. Dieser Beitrag hatte folgenden Wortlaut:
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Kapiere ich sowieso nicht: Die Opfer des Amokläufers von #Halle waren:
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- Jana, eine Deutsche, die gerne Volksmusik hörte
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- Kevin S., ein Bio-Deutscher.
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Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?
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Am 10. Oktober 2019 veröffentlichte der Abgeordnete Brandner ein Bild des Publizisten (...), das diesen während einer Stellungnahme im ZDF zu dem Anschlag in Halle (Saale) zeigt, und erklärte unter der Überschrift "#Staatsfunk" und unter Verwendung von drei Symbolen applaudierender Hände: "Jede Sendeminute dieses deutschen (...) treibt uns neue Anhänger in Scharen zu - weiter so!"
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In Reaktion auf diese beiden Äußerungen forderten der Deutsche Anwaltverein und der Deutsche Juristinnenbund den Abgeordneten Brandner auf, das Amt des Vorsitzenden des Rechtsausschusses niederzulegen (vgl. die hierauf bezogene Meldung unter www.spiegel.de/politik/deutschland/halle-juristen-fordern-ruecktritt-von-afd-politiker-stephan-brandner-wegen-halle-tweets-a-1291698.html). Von dem weitergeleiteten Beitrag zu dem Anschlag in Halle (Saale) distanzierte sich der Ausschussvorsitzende in der Plenarsitzung am 17. Oktober 2019 und entschuldigte sich, nachdem er ein Gespräch mit dem Bundestagspräsidenten hierüber geführt hatte (vgl. BTPlenProt 19/118, S. 14454).
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(2) Am 31. Oktober 2019 kommentierte der Abgeordnete Brandner auf seinem "Twitter"-Profil einen Bericht der Online-Ausgabe der Zeitung "WELT am Sonntag" über eine öffentliche Äußerung des Sängers Udo Lindenberg zur vorangegangenen Landtagswahl in Thüringen am 27. September 2019, in der dieser die AfD scharf kritisiert hatte. In diesem Artikel wurde auch erwähnt, dass der Sänger kurz zuvor das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte. Der Abgeordnete Brandner schrieb hierzu:
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Klar, warum der gegen uns sabbert/sabbern muß:
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'Der Musiker, der vor wenigen Tagen das Bundesverdienstkreuz von Bundespräsident Frank-Walter-Steinmeier erhalten hat…'
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#Judaslohn
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Vorwürfe, der Begriff "Judaslohn" sei antisemitisch konnotiert, wies der Abgeordnete Brandner in einer Stellungnahme vom 4. November 2019 zurück (abrufbar unter www.afdbundestag.de/brandner-stellungnahme-zur-verwendung-des-begriffs-judaslohn/).
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cc) Vor diesem Hintergrund traf der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages am 7. November 2019 gemäß § 127 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz GO-BT folgende Auslegungsentscheidung zu § 58 GO-BT (BTDrucks 19/15076):
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1. Das Amt eines Ausschussvorsitzenden endet bei einer Abberufung als Ausschussmitglied durch die jeweilige Fraktion, bei einer in der laufenden Wahlperiode erfolgenden Veränderung der dem Bestimmungsverfahren des § 58 GO-BT zugrunde liegenden Vereinbarung im Ältestenrat oder im Falle einer Abberufung durch den Ausschuss.
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2. Die Bestimmung der Nachfolge erfolgt im Verfahren gemäß § 58 GO-BT.
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Im Rahmen der dieser Entscheidung vorangegangenen Beratungen führte der Vorsitzende des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung aus, § 58 GO-BT spreche lediglich von der Bestimmung des Ausschussvorsitzes, regele eine mögliche Beendigung des Amtes jedoch nicht ausdrücklich. Nach dem anerkannten Grundsatz des Actus contrarius sei eine solche Beendigung jedoch möglich, auch im Wege einer Abberufung. Verfassungsrechtlich sei das Amt des Ausschussvorsitzes nicht in einer Weise geschützt, die einer Abberufung entgegenstehe. Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schlossen sich diesen Ausführungen an. Zwar vereinbarten die Fraktionen im Ältestenrat die Verteilung der Ausschussvorsitze. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe sei der Ältestenrat jedoch kein Beschlussorgan (§ 6 Abs. 2 Satz 3 GO-BT). Die Entscheidung über die Bestimmung des Vorsitzes komme den Ausschüssen zu. Diese Entscheidung müsse auch wieder rückgängig gemacht werden können. Das Recht, nach einer Abberufung einen neuen Kandidaten für den Ausschussvorsitz vorzuschlagen, verbleibe bei der betroffenen Fraktion nach den Vereinbarungen im Ältestenrat. Die Fraktion der AfD lehnte diese Auslegung ab. Die Geschäftsordnung sehe keine Wahl zum Ausschussvorsitz vor, sodass eine Auslegung, die eine nunmehr im Raum stehende Abwahl bestätige, ausgeschlossen sei (vgl. BTDrucks 19/15076).
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dd) In der Sitzung des Rechtsausschusses am 13. November 2019 beantragten die Obleute der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abberufung des Ausschussvorsitzenden. Der Abgeordnete Dr. Fechner führte zur Begründung aus, mit der Übernahme des Amtes des Vorsitzenden des Rechtsausschusses gehe eine besondere Verantwortung einher. Die Arbeitsfähigkeit des Ausschusses hänge davon ab, dass der Vorsitzende als Repräsentant des gesamten Ausschusses wirke und wirken könne. Dafür sei es unerlässlich, dass er Bürgerinnen und Bürgern sowie Vertreterinnen und Vertretern des öffentlichen Lebens respektvoll begegne. Der Vorsitzende müsse innerhalb und außerhalb der Tätigkeit als Ausschussvorsitzender zumindest insoweit Mäßigung üben, als dies die unabdingbare Voraussetzung dafür sei, den Ausschuss unparteiisch leiten und nach außen vertreten zu können. Das Verhalten des Abgeordneten Brandner, insbesondere in den letzten Wochen, lasse nur den Schluss zu, dass ihm die Bereitschaft oder die persönliche Befähigung fehle, das wichtige Amt des Vorsitzenden des Rechtsausschusses mit der dafür erforderlichen Mäßigung auszufüllen. Gerade die parlamentarische Arbeit des Rechtsausschusses sei den Werten des Grundgesetzes wie Demokratie, Respekt, Toleranz und Vielfalt verpflichtet. Der Vorsitzende müsse diese Werte nicht nur in seiner Amtsführung verkörpern, sondern auch bei seinen sonstigen öffentlichen Betätigungen beachten. Die Vereinbarung im Ältestenrat, dass die Fraktion der AfD den Vorsitz des Rechtsausschusses stelle, habe weiterhin Bestand. Es liege nun an dieser, eine Person aus ihren Reihen zu nominieren, die dem Amt des Vorsitzenden gerecht werde und es mit Anstand, Respekt und Würde ausfülle (vgl. Protokoll der 71. Sitzung des Rechtsausschusses vom 13. November 2019, S. 21 f.).
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Der Abgeordnete Reusch (AfD) erwiderte darauf, der Antrag sei nach seiner Auffassung unzulässig, jedenfalls aber offenkundig unbegründet. Für die Abwahl eines Ausschussvorsitzenden bestehe keine rechtliche Grundlage in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Hiervon unabhängig folgten die Pflichten eines Ausschussvorsitzenden aus § 59 GO-BT. Zwischen den Mitgliedern des Ausschusses sei unstreitig, dass der Vorsitzende die Sitzungen stets professionell, parteipolitisch neutral und objektiv geleitet habe. Dementsprechend fänden sich insoweit keine Beanstandungen in der Begründung des Antrags auf Abberufung. Anders als vorgetragen, sei die Arbeitsfähigkeit des Ausschusses damit zu keiner Zeit durch den Vorsitzenden gefährdet worden. Es sei das gute Recht der den Abwahlantrag stellenden Fraktionen, außerhalb von Sitzungen getätigte Äußerungen des Vorsitzenden zu kritisieren. Es gebe jedoch keinen rechtlichen Anspruch auf verbale Mäßigung des Ausschussvorsitzenden außerhalb von Sitzungen, sodass eine Abberufung auch nicht mit entsprechenden Äußerungen begründet werden könne. Insbesondere sei keine Verletzung der in der Rechtsprechung für Hoheitsträger entwickelten Grundsätze zum Neutralitätsgebot gegeben. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages habe in einem Gutachten vom 19. März 2018 dargelegt, dass diese Rechtsgrundsätze relevant für Äußerungen seien, die ein Hoheitsträger in seiner hoheitlichen Funktion tätige. Spreche ein Hoheitsträger dagegen als Bürger, insbesondere als Parteipolitiker, bestünden keine besonderen Beschränkungen, da er insoweit nicht von einer Befugnis Gebrauch mache, sondern seine Freiheitsrechte, insbesondere seine Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG, wahrnehme. Die Äußerungen des Vorsitzenden in den sozialen Medien seien für jedermann leicht erkennbar nicht in seiner Funktion als Vorsitzender, sondern als Bürger und Parteipolitiker getätigt worden (vgl. Protokoll der 71. Sitzung des Rechtsausschusses vom 13. November 2019, S. 22 f.).
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ee) Der Rechtsausschuss beschloss im Anschluss mit 37 Ja-Stimmen gegen 6 Nein-Stimmen, den Abgeordneten Brandner vom Ausschussvorsitz abzuberufen (vgl. Protokoll der 71. Sitzung des Rechtsausschusses vom 13. November 2019, S. 24).
- 30
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ff) In seiner Sitzung am 19. Dezember 2019 bestätigte das Plenum des Deutschen Bundestages die Entscheidung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vom 7. November 2019 zur Auslegung des § 58 GO-BT (BTPlenProt 19/137, S. 17108; vgl. dazu Rn. 25 f.).
- 31
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gg) Bis zum Ende der 19. Wahlperiode übernahm der stellvertretende Ausschussvorsitzende, ein Abgeordneter der CDU/CSU-Fraktion, die Leitung des Rechtsausschusses. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschusssekretariats arbeiteten dem Abgeordneten Brandner seit der Abwahlentscheidung nicht mehr als Ausschussvorsitzendem zu.
- 32
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3. a) Auch zu Beginn der 20. Wahlperiode erzielten die Fraktionen im Ältestenrat keine Einigung über die Verteilung der Ausschussvorsitze. Erneut kam das Zugriffsverfahren zur Anwendung. Dabei fielen der Antragstellerin die Vorsitze des Innen-, des Gesundheits- und des Entwicklungsausschusses zu.
- 33
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b) In den konstituierenden Sitzungen dieser drei Ausschüsse am 15. Dezember 2021 unter der Leitung eines Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages benannte die Antragstellerin als Kandidaten für die Ausschussvorsitze den Abgeordneten Hess im Innenausschuss, den Abgeordneten Schneider im Gesundheitsausschuss sowie den Abgeordneten Friedhoff im Entwicklungsausschuss. Auf Antrag der Regierungsfraktionen wurden daraufhin in den drei Ausschüssen geheime Wahlen zur Bestimmung der Ausschussvorsitzenden durchgeführt; bei diesen Wahlen erhielt keiner der von der Antragstellerin vorgeschlagenen Kandidaten eine Mehrheit (vgl. die Kurzmeldungen "heute im bundestag" vom 15. Dezember 2021, abrufbar unter www.bundestag.de/inneres, www.bundestag.de/gesundheit und www.bundestag.de/entwicklung).
- 34
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In der Sitzung des Innenausschusses am 12. Januar 2022 erreichte der von der Antragstellerin benannte Kandidat, der Abgeordnete Hess, bei einer erneuten geheimen Wahl wiederum keine Mehrheit; im Anschluss wählte der Innenausschuss einen Abgeordneten der SPD-Fraktion zum stellvertretenden Vorsitzenden (vgl. die Kurzmeldung "heute im bundestag" vom 12. Januar 2022, abrufbar unter www.bundestag.de/inneres).
- 35
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Im Gesundheitsausschuss erzielte der von der Antragstellerin benannte Kandidat, der Abgeordnete Schneider, bei der erneut durchgeführten geheimen Wahl am 12. Januar 2022 ebenfalls keine Mehrheit; zur stellvertretenden Vorsitzenden wählte der Ausschuss eine Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (vgl. die Kurzmeldung "heute im bundestag" vom 12. Januar 2022, abrufbar unter www.bundestag.de/gesundheit).
- 36
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Auch bei der Wahl im Entwicklungsausschuss am 12. Januar 2022 erreichte der von der Antragstellerin benannte Kandidat, der Abgeordnete Friedhoff, abermals keine Mehrheit; zum stellvertretenden Vorsitzenden wählte der Ausschuss einen Abgeordneten der FDP-Fraktion (vgl. die Kurzmeldung "heute im bundestag" vom 12. Januar 2022, abrufbar unter www.bundestag.de/entwicklung).
- 37
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Der Ausschussvorsitz ist in den genannten Ausschüssen seitdem vakant. Die Ausschüsse werden von ihren jeweiligen stellvertretenden Vorsitzenden geleitet, die dabei als sogenannte amtierende Vorsitzende fungieren (in diesem Sinne die Aussage der sachkundigen Dritten Ministerialdirektorin beim Deutschen Bundestag Dr. Lang in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024, vgl. Rn. 65).
- 38
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In den konstituierenden Sitzungen der übrigen Fachausschüsse des Deutschen Bundestages am 15. Dezember 2021 wurden - soweit ersichtlich - mit Ausnahme des Bau-/Wohnausschusses, des Ernährungs- und Landwirtschaftsausschusses sowie des Ausschusses für Klimaschutz ebenfalls Wahlen zum Ausschussvorsitz durchgeführt. Auf diesem Wege sollte eine gleichförmige Praxis bei der Bestimmung der Ausschussvorsitze erreicht werden, nachdem das bislang praktizierte Akklamationsverfahren seine Grundlage verloren hatte (in diesem Sinne die als sachkundige Dritte angehörte Abgeordnete Dr. Mihalic in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024, vgl. Rn. 65). Die von der vorschlagsberechtigten Fraktion benannten Kandidaten erlangten bei diesen Wahlen stets eine Mehrheit (vgl. die jeweiligen Veröffentlichungen auf der Internetseite des Deutschen Bundestages <https://www.bundestag.de/ausschuesse>, insbesondere die entsprechenden Kurzmeldungen "heute im bundestag" vom 15. Dezember 2021, abrufbar unter www.bundestag.de/hib).
-
II.
- 39
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Mit Schriftsätzen vom 7. Februar 2020 und 31. Dezember 2021 hat die Antragstellerin Organklagen erhoben betreffend die Abwahl des vormaligen Vorsitzenden des Rechtsausschusses (2 BvE 1/20) beziehungsweise die Durchführung von Wahlen zur Bestimmung der Vorsitzenden in den Ausschüssen (Innen-, Gesundheits- und Entwicklungsausschuss), deren Vorsitze die Antragstellerin nach Maßgabe des zu Beginn der 20. Wahlperiode durchgeführten Zugriffsverfahrens für sich beansprucht (2 BvE 10/21).
- 40
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Die Antragstellerin macht jeweils geltend, von den Antragsgegnern in ihren Rechten auf Gleichbehandlung als Fraktion (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG), auf faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages und auf effektive Opposition verletzt worden zu sein.
- 41
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1. Die Anträge seien zulässig.
- 42
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a) Die angegriffenen Maßnahmen seien Akte der jeweiligen Ausschüsse und zugleich dem Gesamtorgan Deutscher Bundestag zuzurechnen. Die Anträge seien daher zutreffend sowohl gegen die betroffenen Ausschüsse als auch gegen den Bundestag in seiner Gesamtheit zu richten. Die Durchführung ungebundener Wahlen zu den Ausschussvorsitzen sei zudem der Präsidentin des Bundestages und dem Präsidium zuzuordnen, die daher ebenfalls Antragsgegner seien. Die Präsidentin und ihre Stellvertreter hätten bei der Konstituierung der Ausschüsse in Übereinstimmung und aufgrund einer im Präsidium getroffenen Vereinbarung agiert.
- 43
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b) Die Antragsbefugnis sei hinsichtlich aller geltend gemachten Rechte gegeben. Die Rechte auf Gleichbehandlung der Fraktionen, auf faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung und auf effektive Opposition seien betroffen.
- 44
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c) Es bestehe auch ein Rechtsschutzinteresse, da andere Maßnahmen, der Rechtsverletzung zu begegnen, nicht zur Verfügung stünden. Insbesondere sei es aufgrund der vor der Abwahl des Rechtsausschussvorsitzenden eingeholten Auslegungsentscheidung des Plenums, in der zum Ausdruck gebracht worden sei, dass sowohl Wahlen als auch Abwahlen zulässig seien, nicht mehr aussichtsreich gewesen, zu Beginn der 20. Wahlperiode auf eine Änderung dieser Rechtsauffassung hinzuwirken und die Durchführung ungebundener Mehrheitswahlen innerparlamentarisch zu unterbinden.
- 45
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2. Die Anträge seien begründet.
- 46
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a) Die Fraktionen leiteten ihre Rechtsstellung aus dem Status der Abgeordneten ab. Die Abgeordneten seien gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG einander grundsätzlich formal gleichgestellt, ihnen stehe ein Recht auf gleiche Mitwirkung am Prozess der parlamentarischen Willensbildung zu. Demgemäß seien auch die Fraktionen gleich zu behandeln. Die Durchbrechung dieses Prinzips sei nur bei Vorliegen besonderer Gründe verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Diese müssten durch die Verfassung legitimiert und von einem Gewicht sein, das der Gleichheit der Abgeordneten die Waage halte. Die Fraktionen hätten wegen ihrer Bedeutung für die parlamentarischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse ein Recht auf spiegelbildlichen Zugang zu den Beratungen in den Ausschüssen und in ähnlichen Gremien. Dem Grundsatz nach müsse jeder Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Plenums sein. Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz sei auch auf die Verteilung der Ausschussvorsitze zu übertragen. Das Wahlergebnis der Bundestagswahl, das sich in der proportionalen Stärke der Fraktionen widerspiegele, müsse die gesamte Arbeitsebene des Parlaments prägen. Auch die Leitungsämter müssten von Verfassungsrechts wegen nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen vergeben werden.
- 47
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Daneben stehe den Fraktionen ein Recht auf faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung zu. Das Bundesverfassungsgericht erkenne in ständiger Rechtsprechung an, dass die Geschäftsordnung fair und loyal gegenüber den Abgeordneten, Gruppen und Fraktionen anzuwenden sei. Eine Auslegung der Geschäftsordnung, die einen völligen Bruch der bisherigen parlamentarischen Tradition und Praxis darstelle, sei unzulässig.
- 48
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Zudem garantiere das Grundgesetz ein Recht auf effektive parlamentarische Opposition. Ihre Befugnisse seien der Opposition nicht nur im eigenen Interesse, sondern in erster Linie im Interesse des demokratischen, gewaltengegliederten Staates zur öffentlichen Kontrolle der von der Mehrheit gestützten Regierung gegeben. Bei der Wahrnehmung ihrer Kontrollbefugnisse dürfe sie nicht auf das Wohlwollen der Parlamentsmehrheit angewiesen sein. Es müsse ein offener Wettbewerb der verschiedenen politischen Strömungen und die effektive Chance der Minderheit, zur Mehrheit zu werden, bestehen.
- 49
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b) Aus diesen drei genannten Rechten entspringe ein Anspruch der Antragstellerin, entsprechend ihrer Stärke Ausschussvorsitzende zu stellen, ohne dass die Ausschussmehrheit den konkreten Vorschlägen entgegentreten könne. Schon der auf die zentralen Leitungsämter der Ausschussvorsitzenden anwendbare Spiegelbildlichkeitsgrundsatz verbürge ein solches Recht. Auch das Recht auf faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung stütze dies. Spreche die Geschäftsordnung den Fraktionen eine Rechtsposition zu, so könne diese nicht unter Bruch der parlamentarischen Traditionen entzogen werden. Zuletzt garantiere das Recht auf effektive parlamentarische Opposition einen solchen Anspruch. Die Minderheitsfraktionen müssten die Möglichkeit haben, ihr Führungspersonal für künftige Aufgaben in Stellung zu bringen. Personen, die potentiell geeignet seien, im Falle einer Regierungsbeteiligung Ministerämter zu übernehmen, könnten im Rahmen eines Ausschussvorsitzes vorbereitet werden. Das Amt gebe ihnen die Möglichkeit zu fachpolitischer Profilierung, die eine Oppositionsfraktion anders nicht habe. Der parlamentarischen Opposition Ausschussvorsitze zu verweigern, beschneide ihre Wirkungsmöglichkeiten in der Öffentlichkeit erheblich.
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aa) Die Durchführung ungebundener Mehrheitswahlen in den Ausschüssen, deren Vorsitze der Antragstellerin aufgrund der Ergebnisse des Zugriffsverfahrens zustünden, sei verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Die spiegelbildliche Vertretung aller Fraktionen auf der Leitungsebene des Deutschen Bundestages sei nicht gewahrt, da der Antragstellerin als einziger Fraktion Ausschussvorsitze vorenthalten würden. Der Hergang der Konstituierung der Fachausschüsse stelle zudem einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages dar. § 58 GO-BT statuiere, dass die Ausschüsse ihren Vorsitzenden bestimmten. Es werde ausdrücklich gerade nicht von Wahlen gesprochen. Die parlamentarische Praxis zeige, dass über Jahrzehnte hinweg keine Wahlen stattgefunden hätten. Die systematische Durchführung von Wahlen gerade in den Ausschüssen, deren Vorsitz die Antragstellerin zu besetzen habe, stelle eine gravierende Änderung der parlamentarischen Tradition dar, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Die Möglichkeiten, im Sinne effektiver Oppositionsarbeit ministrables Personal zu präsentieren, seien wesentlich eingeschränkt. Die Besetzung eines Ausschussvorsitzes bringe politische und materielle Vorteile mit sich, so die Funktionszulage, die Teilnahme an Gesprächsrunden der Präsidentin des Deutschen Bundestages mit den Ausschussvorsitzenden und bei Delegationsreisen des Ausschusses zusätzliche Plätze zur Teilnahme, da der Vorsitz jeweils nicht als Fraktionsmitglied gezählt werde. Zuletzt stelle auch die Unterstützung des Ausschussvorsitzenden bei der inhaltlichen Vorbereitung der Ausschusssitzungen durch das Ausschusssekretariat einen wesentlichen Vorteil dar, weil der Vorsitzende auf diesem Wege erheblich intensiver in alle Vorgänge eingearbeitet sei. Es könne nicht genügen, darauf zu verweisen, dass von der Antragstellerin andere als die von der Mehrheit abgelehnten Kandidaten vorgeschlagen werden könnten. Die Praxis zeige, dass keiner der von ihr vorgeschlagenen Abgeordneten die Chance auf eine Mehrheit gehabt habe.
- 51
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bb) Auch die streitgegenständliche Abwahl habe dazu geführt, dass die spiegelbildliche Vertretung der Antragstellerin in der Leitung des Parlaments faktisch nicht mehr gewährleistet sei. Die Abwahl stelle überdies keine faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung dar. Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages sehe keine Abwahlbefugnis vor. Diese könne auch nicht aus dem Actus-contrarius-Gedanken abgeleitet werden, da schon eine Wahl nicht zulässig sei. Zudem verhalte sich die Bundestagsmehrheit widersprüchlich, da sie die Abwahl von Mitgliedern des Präsidiums als unzulässig ablehne; erst jüngst sei ein dahingehender Antrag der Antragstellerin aus geschäftsordnungsrechtlichen Gründen abgelehnt worden.
- 52
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Nehme man dennoch an, dass eine Abwahl grundsätzlich zulässig sei, so seien jedenfalls deren Voraussetzungen nicht erfüllt. In der parlamentsrechtlichen Literatur werde weit überwiegend vertreten, dass eine Abwahl nur zulässig sei, wenn der Amtsinhaber seine Pflichten schwerwiegend verletzt habe. Davon könne vorliegend keine Rede sein. Anlass für die Abwahl seien Vorgänge und Äußerungen außerhalb des Deutschen Bundestages gewesen, die in keinem Zusammenhang zu Amtspflichten des Vorsitzenden gestanden hätten. In einigen Fällen habe der Vorsitzende zudem auf verbale Angriffe reagiert; es könne nicht sein, dass ihm das Recht, auf Anwürfe zu antworten, verweigert werde. Eine Pflicht zur Mäßigung könne außerhalb der Ausschusssitzungen nicht anerkannt werden. Überdies verhalte sich die Bundestagsmehrheit erneut widersprüchlich. Auch Präsidiumsmitglieder, wie die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagene Vizepräsidentin und andere Ausschussvorsitzende - insbesondere die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses - hätten sich außerhalb des parlamentarischen Raumes parteipolitisch einseitig, polarisierend und sogar beleidigend geäußert, ohne dass über die Möglichkeit einer Abwahl auch nur gesprochen worden sei. Es sei angesichts dessen offenkundig, dass das Argument fehlenden Vertrauens zur Rechtfertigung der streitgegenständlichen Abwahl vorgeschoben sei. Alleiniges Ziel sei es gewesen, einen Abgeordneten der parlamentarischen Opposition wegen seiner politischen Haltung abzustrafen.
-
III.
- 53
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Die Antragsgegner sind den Anträgen entgegengetreten. Sie machen geltend, die Anträge seien teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
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1. Die Anträge seien unzulässig, soweit sich die Antragstellerin im Zusammenhang mit einem Recht auf effektive Opposition auf das Rechtsstaatsprinzip berufe. Hierbei handele es sich allein um ein objektives verfassungsrechtliches Prinzip. Ein subjektives Recht, effektiv zu opponieren, folge hieraus nicht.
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2. Die Anträge seien im Übrigen unbegründet. Subjektive Rechte der Antragstellerin seien nicht verletzt worden.
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a) Ein Recht auf faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung sei nicht anzuerkennen. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne ein solches nicht entnommen werden. Die Antragstellerin versuche, auf diesem Wege in unzulässiger Weise die Anwendung jeder Norm der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages verfassungsgerichtlicher Überprüfung zugänglich zu machen.
- 57
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Aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG folgten zwar Rechte auf Gleichbehandlung als Fraktion sowie auf effektives oppositionelles Handeln. Hieraus ergebe sich jedoch kein Recht auf proportionale Berücksichtigung bei der Besetzung der Leitungsämter des Deutschen Bundestages. Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz könne nicht übertragen werden. Er gelte nur für die Besetzung der Ausschüsse, da diese Aufgaben des Plenums wahrnähmen. Die Ausschussvorsitzenden seien jedoch rein organisatorisch tätig und übten keine plenarersetzenden Aufgaben aus. Ein gedachtes Gremium aller Ausschussvorsitzenden, das proportional nach der Stärke der Fraktionen besetzt werden könne, sei eine rein hypothetische Größe.
- 58
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b) Würde man ein entsprechendes Teilhaberecht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG anerkennen, so sei davon auszugehen, dass weder die Durchführung von Wahlen (aa) noch die Abwahl eines Ausschussvorsitzenden (bb) hierzu im Widerspruch stehe.
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aa) Aufgrund seines rein organisatorischen Aufgabenprofils stehe das Amt des Ausschussvorsitzenden in keinem funktionalen Zusammenhang zur Ausübung effektiver parlamentarischer Funktionen. Aus der Amtsstellung folge kein substantieller Vorteil gerade für Oppositionsfraktionen. Eine Verletzung dieses Rechts scheide daher von vornherein aus.
- 60
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Auch im Übrigen sei Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt. Die Durchführung von Wahlen sei der verfassungsrechtliche Normalfall und der urdemokratische Akt der Bestimmung der Leitung eines Gremiums. Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages sehe Wahlen vor. Ein Entsendungsrecht der Fraktionen sei gerade nicht vorgesehen. § 58 GO-BT stelle klar, dass der Ausschuss die Entscheidung über seinen Vorsitz treffe. Dies komme im Wortlaut klar zum Ausdruck. Es werde dabei bewusst offengelassen, auf welche Weise der Ausschuss seine Entscheidung treffe. Das Wort "bestimmen" mache deutlich, dass nicht nur die Wahl als naheliegendste Vorgehensweise, sondern auch die Akklamation zulässig sei.
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bb) Die Abwahl begegne gleichfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Wiederum sei ein funktionaler Zusammenhang zur Oppositionsarbeit nicht erkennbar. Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages stehe einer Abwahl auch nicht entgegen. Zwar fehle eine ausdrückliche Regelung dieser Befugnis. Es sei jedoch kein Grund erkennbar, warum ein Ausschuss, der das Recht habe, seinen Vorsitz zu bestimmen, nicht auch das Recht haben solle, als Actus contrarius den Vorsitzenden durch Mehrheitsentscheidung abzuberufen. Die Abwahlmöglichkeit sei ein grundlegendes demokratisches Gebot. Demokratische Entscheidungen müssten reversibel sein. Abweichungen von diesem Grundsatz seien zulässig, wenn die Amtsausübung besondere Stabilität erfordere. Dies müsse jedoch gesondert geregelt werden, was im Falle der Ausschussvorsitzenden nicht angenommen werden könne.
- 62
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Eine Ungleichbehandlung der Antragstellerin gegenüber anderen Fraktionen liege nicht vor. Die Befugnis zur Abwahl sei zum ersten Mal realisiert worden; darin liege jedoch keine Ungleichbehandlung. Im Übrigen genüge ein willkürfreier Grund, um eine solche, läge sie denn vor, zu rechtfertigen. Da ein Amt betroffen sei, das keine Bedeutung für die parlamentarisch-politische Mitwirkung der Antragstellerin und damit ihr Mandatsrecht habe, könnten strengere Anforderungen nicht begründet werden. Ein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund liege vor. Der Abgeordnete Brandner habe sich in der Öffentlichkeit bewusst ausgrenzend verhalten und sei in einer Weise aufgetreten, die geeignet gewesen sei, die Darstellung der Arbeit des Rechtsausschusses in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Es sei keinesfalls willkürlich, dass die Ausschussmehrheit den Abgeordneten für ungeeignet gehalten habe, und es könne nicht gerechtfertigt werden, die Ausschussmehrheit zu zwingen, an einem aus ihrer Sicht nicht tragbaren Vorsitzenden länger festzuhalten. Die Antragstellerin verkenne, dass es eines Vertrauensverhältnisses zwischen dem Ausschuss und seinem Vorsitzenden bedürfe.
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IV.
- 63
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1. Der Senat hat gemäß § 65 Abs. 2 BVerfGG dem Bundespräsidenten, der Bundesregierung und dem Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Bundesrat hat mitgeteilt, von einer Äußerung abzusehen. Auch die Bundesregierung hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
- 64
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2. Mit Beschlüssen vom 4. Mai 2020 (BVerfGE 154, 1 - Abwahl des Vorsitzenden des Rechtsausschusses - eA) und vom 25. Mai 2022 (BVerfGE 162, 188 - Bestimmung von Ausschussvorsitzenden im Deutschen Bundestag - eA) hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die mit den Hauptsacheanträgen jeweils gestellten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der erste Antrag war darauf gerichtet, dem abgewählten Ausschussvorsitzenden zu ermöglichen, seine Aufgaben als Vorsitzender des Rechtsausschusses vorübergehend wieder effektiv wahrzunehmen, der zweite darauf, die von der Antragstellerin vorgeschlagenen Kandidaten für die Ausschussvorsitze vorläufig einzusetzen. Hierbei hat der Senat jeweils maßgeblich darauf abgestellt, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen seien, die demgemäß gebotene Folgenabwägung dem Erlass einer einstweiligen Anordnung jedoch entgegenstehe.
- 65
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3. Die Verfahren 2 BvE 1/20 und 2 BvE 10/21 sind aufgrund Verfügung der Vorsitzenden des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2024 zu gemeinsamer Verhandlung verbunden worden. In der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024 haben die Beteiligten ihr Vorbringen vertieft und ergänzt. Als sachkundige Dritte im Sinne von § 27a BVerfGG sind die Vorsitzende des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Ludwig, der Parlamentarische Geschäftsführer und Justiziar der SPD-Bundestagsfraktion Dr. Fechner, die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Mihalic, der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Thomae, der Justiziar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und frühere Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages Heveling, der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion Brandner, die Leiterin der Abteilung Parlament und Abgeordnete der Bundestagsverwaltung Ministerialdirektorin Dr. Lang, und der frühere Leiter des Fachbereichs Verfassung und Verwaltung in der Bundestagsverwaltung Prof. Dr. Hölscheidt, angehört worden. Zudem hat sich die Abgeordnete Dr. Rottmann geäußert.
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B.
- 66
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Die Anträge sind zulässig, soweit sie sich im Verfahren 2 BvE 1/20 gegen den Rechtsausschuss (Antragsgegner zu 2.) und im Verfahren 2 BvE 10/21 gegen den Innen-, den Gesundheits- und den Entwicklungsausschuss (Antragsgegner zu 2. bis 4.) richten und die Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Gleichbehandlung als Fraktion aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit dem Recht auf faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages durch die Abwahlentscheidung (2 BvE 1/20) beziehungsweise die Durchführung ungebundener Mehrheitswahlen (2 BvE 10/21) geltend machen (I.). Im Übrigen sind die Anträge unzulässig (II.).
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I.
- 67
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Die Anträge sind im genannten Umfang zulässig.
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1. Die jeweils unmittelbar betroffenen Ausschüsse sind die richtigen Antragsgegner, da sie die Abwahl vom Ausschussvorsitz beziehungsweise die Wahlen zum Ausschussvorsitz durchgeführt und damit die angegriffenen rechtserheblichen Maßnahmen vorgenommen haben.Da Ausschüsse des Deutschen Bundestages in dessen Geschäftsordnung mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet sind, können sie Antragsgegner im Organstreitverfahren sein (Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 63 BVerfGG).
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2. Die Antragsbefugnis ist gegeben (§ 64 Abs. 1 BVerfGG). In beiden Verfahren benennt die Antragstellerin mit dem Recht auf Gleichbehandlung der Fraktionen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und dem Prinzip der fairen und loyalen Anwendung der Geschäftsordnung rügefähige Rechtspositionen, deren Verletzung im Organstreitverfahren geltend gemacht werden kann (vgl. BVerfGE 154, 1 11 Rn. 28>; 162, 188 203 Rn. 43>). Die Antragstellerin ist als Fraktion des Deutschen Bundestages ein Zusammenschluss von Abgeordneten, dessen Rechtsstellung - ebenso wie diejenige der Abgeordneten - aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleiten ist. Hieraus ergibt sich ein Recht der Fraktionen auf gleiche Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung. Es gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Fraktionen (vgl. BVerfGE 93, 195 204>; 112, 118 133>; 135, 317 396 Rn. 153>; 154, 1 12 Rn. 29>). Dieses Recht erstreckt sich nicht nur auf die parlamentarische Willensbildung im engeren Sinne, sondern auch auf Entscheidungen über die innere Organisation (vgl. BVerfGE 160, 368 384 f. Rn. 49, 51> - Wahl eines Vizepräsidenten des Bundestages - Vorschlagsrecht; 160, 411 420 Rn. 28> - Wahl eines Vizepräsidenten des Bundestages; 162, 188 203 f. Rn. 42 f.>).
- 70
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Auch gewährt die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages den Fraktionen in § 12 GO-BT das Recht, entsprechend ihrer Stärke bei der Besetzung der Ausschussvorsitze berücksichtigt zu werden. Insofern erscheint es möglich, dass Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG der Antragstellerin - gegebenenfalls in Verbindung mit dem von ihr ebenfalls angeführten Grundsatz der fairen und loyalen Anwendung der Geschäftsordnung - ein verfassungsrechtliches Recht auf gleiche Teilhabe verleiht, das durch die Abwahl vom Ausschussvorsitz sowie durch die Vorenthaltung der Ausschussvorsitze als Folge der Durchführung von Mehrheitswahlen beeinträchtigt sein könnte.
- 71
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3. Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben.
- 72
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a) Dieses wird im Verfahren 2 BvE 1/20 nicht dadurch infrage gestellt, dass die streitgegenständliche Abwahlentscheidung in einer Wahlperiode getroffen wurde, die zwischenzeitlich abgelaufen ist.
- 73
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Das Rechtsschutzbedürfnis im Organstreitverfahren entfällt grundsätzlich nicht deshalb, weil eine beanstandete Rechtsverletzung in der Vergangenheit liegt und abgeschlossen ist und die angegriffene Maßnahme keine Rechtswirkungen mehr entfaltet (vgl. BVerfGE 1, 372 379>; 10, 4 11>; 41, 291 303 f.>; 49, 70 77>; 131, 152 193>). Ob besondere Umstände vorliegen müssen, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da solche hier jedenfalls gegeben sind. Die Antragstellerin gehört auch in der aktuellen Wahlperiode dem Deutschen Bundestag an und begehrt weiterhin, die ihr jeweils zustehenden Ausschussvorsitze zu besetzen. In der Folge lehnt sie auch eine Abwahlbefugnis durch den Ausschuss ab. Die Reichweite ihrer Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG steht damit weiterhin in Streit und bedarf der Klärung.
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b) Weitere Anforderungen im Sinne einer besonderen Konfrontationsobliegenheit bestanden im vorliegenden Verfahren für die Antragstellerin nicht. Das Organstreitverfahren dient der Klärung von Streitfragen über die Reichweite der Rechte und Kompetenzen von Verfassungsorganen (vgl. BVerfGE 147, 31 37 Rn. 18>; 152, 35 46 Rn. 28> - Ordnungsgeld gegen Abgeordnete). Daher obliegt es dem jeweiligen Antragsteller, die Gegenseite auf die gerügte Rechtsverletzung hinzuweisen (vgl. BVerfGE 147, 31 37 f. Rn. 19>). Bestehen verfahrensrechtliche Vorkehrungen, die dazu dienen, verfassungsrechtliche Streitfragen zu klären, sind diese vor Einleitung eines verfassungsgerichtlichen Verfahrens auszuschöpfen (vgl. BVerfGE 152, 35 47 f. Rn. 31>). Auf allgemeine politisch-parlamentarische Handlungsmöglichkeiten kann dabei allerdings nicht verwiesen werden (vgl. BVerfGE 152, 35 46 ff. Rn. 29 ff.>). Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung sowie das Plenum haben sich nach § 127 GO-BT in der letzten Wahlperiode mit der Abwahl des Vorsitzenden eines Ausschusses nach § 58 GO-BT befasst und die Möglichkeit einer Abwahl durch den Ausschuss als Actus contrarius zur Bestimmung desselben, jeweils gegen die Stimmen der Antragstellerin, bestätigt (vgl. Rn. 25 f., 32). Der Konflikt über die Verfassungsrechtslage, dessen Klärung die Antragstellerin mit den vorliegenden Organstreitverfahren begehrt, liegt damit offen zutage (vgl. BVerfGE 162, 188 203 Rn. 40>).
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II.
- 75
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Im Übrigen sind die Anträge unzulässig.
- 76
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1. Dies gilt zunächst, soweit sich die Antragstellerin in beiden Verfahren gegen den Deutschen Bundestag als Gesamtorgan (jeweils Antragsgegner zu 1.) sowie im Verfahren 2 BvE 10/21 darüber hinaus gegen die Präsidentin des Deutschen Bundestages und gegen das Präsidium wendet (Antragsgegner zu 5. und 6.). Es fehlt insoweit an der passiven Prozessführungsbefugnis.
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Passiv prozessführungsbefugt im Organstreitverfahren und damit richtiger Antragsgegner ist, wer die angegriffene Maßnahme zu verantworten hat (vgl. BVerfGE 62, 1 33>; 67, 100 126 f.>; 118, 277 322>).
- 78
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a) Die im Verfahren 2 BvE 1/20 mit dem Antrag zu a) angegriffene Abwahlentscheidung wurde von dem Rechtsausschuss (Antragsgegner zu 2.), nicht von dem Deutschen Bundestag als Gesamtorgan getroffen. Da der hier zur Entscheidung gestellte Antrag nur die Abwahlentscheidung zum Gegenstand hat, ist nicht zu erkennen, dass die Abwahl dem Deutschen Bundestag in seiner Gesamtheit rechtlich zugerechnet werden könnte.
- 79
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b) Die im Verfahren 2 BvE 10/21 angegriffenen Wahlakte sind von den jeweiligen Ausschüssen zu verantworten. Die Wahlen wurden auf Antrag von Ausschussmitgliedern durchgeführt, wobei nur die Ausschussmitglieder abstimmten. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, weshalb die lediglich organisatorische Rolle eines Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages bei der Durchführung der Wahlen in der konstituierenden Sitzung der Ausschüsse und der Feststellung des Abstimmungsergebnisses zu einer rechtlichen Verantwortlichkeit des Deutschen Bundestages (Antragsgegner zu 1.) oder der Präsidentin des Deutschen Bundestages (Antragsgegnerin zu 5.) für die Durchführung der Wahl führen sollte.
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Soweit die Antragstellerin vorträgt, der die konstituierende Sitzung der betroffenen Ausschüsse leitende Vizepräsident habe offenbar aufgrund einer im Präsidium (Antragsgegner zu 6.) getroffenen Vereinbarung gehandelt, das die Durchführung von Wahlen beschlossen habe, kommt es hierauf mangels dargelegter rechtlicher Einflussmöglichkeiten des Präsidiums auf die Durchführung der Wahlen im Ausschuss nicht an.
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2. Unzulässig ist weiterhin der im Verfahren 2 BvE 1/20 gestellte Antrag zu b), festzustellen, dass der Antragsgegner zu 1. dadurch gegen die Rechte der Antragstellerin verstoßen habe, dass er es dem Abgeordneten Brandner unmöglich gemacht habe, seine Rechte und Pflichten als Vorsitzender des Rechtsausschusses tatsächlich wahrzunehmen. Er genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG, weil er sich nicht zum Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses verhält, obwohl Anlass dafür besteht. Die Antragstellerin setzt sich nur am Rande mit der Weigerung der Bundestagsverwaltung, mit dem abgewählten Ausschussvorsitzenden zusammenzuarbeiten, auseinander und trägt lediglich vor, dass das hier streitgegenständliche Unterlassen Folge der Abwahl gewesen sei. Zwar dürfte eine Verletzung von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG durch eine Weigerung der Bundestagsverwaltung, einzelne Ausschussvorsitzende bei ihrer Arbeit zu unterstützen, nicht ausgeschlossen sein. Erfolgt diese Weigerung aber allein im Gefolge einer Abberufung des Ausschussvorsitzes durch den Ausschuss, "steht und fällt" deren Rechtmäßigkeit mit der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abwahl. Es ist nicht ersichtlich, dass die Bundestagsverwaltung ihre Weigerung im Falle der erfolgreichen Beanstandung der Abwahl aufrechterhalten hätte. Vor diesem Hintergrund hätte es vorliegend Ausführungen dazu bedurft, warum der Antrag zu b) im Verfahren 2 BvE 1/20 gleichwohl zur Abwehr einer Beschwer zusätzlich erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne bereits BVerfGE 154, 1 11 Rn. 26>).
- 82
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3. Soweit die Antragstellerin ein im Rechtsstaatsprinzip wurzelndes Recht auf effektive Opposition geltend macht, legt sie die Möglichkeit einer Rechtsverletzung nicht substantiiert dar.
- 83
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a) Dem Grundgesetz ist - als Teil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgehend von dem Demokratieprinzip und der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Gewaltenteilung - der allgemeine verfassungsrechtliche Grundsatz effektiver Opposition zu entnehmen (vgl. BVerfGE 2, 1 13>; 5, 85 199>; 44, 308 321>; 70, 324 363>; 123, 267 341 f.>; 142, 25 55 f. Rn. 86 f.>). Es geht von einem offenen Wettbewerb unterschiedlicher politischer Kräfte aus (vgl. BVerfGE 123, 267 341 f.>; 142, 25 55 Rn. 86>). Die Minderheit muss in diesem Wettbewerb die effektive Chance haben, zur Mehrheit zu werden (vgl. BVerfGE 123, 267 343>; 142, 25 55 Rn. 86>). Da die Bildung einer stabilen Mehrheit für die Wahl einer Regierung und die Garantie ihrer Handlungsfähigkeit fortdauernd erforderlich ist (vgl. BVerfGE 135, 259 294 Rn. 70>), wird die Aufgabe der Regierungskontrolle in der Regel vor allem von der parlamentarischen Minderheit wahrgenommen (vgl. BVerfGE 49, 70 85 f.>; 142, 25 56 Rn. 87>). Zu ihrem Schutz und zur Effektivierung dieser Kontrolle stehen von Quoren abhängige Minderheitenrechte zur Verfügung (vgl. BVerfGE 142, 25 58 Rn. 92>).
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Dabei handelt es sich zunächst um einen objektiv-rechtlichen Verfassungsgrundsatz. Dieser besteht in erster Linie im Interesse des demokratischen Staates, der nur bei effektiver Kontrolle der Regierung und der parlamentarischen Mehrheit als solcher bestehen kann (vgl. BVerfGE 142, 25 57 Rn. 90>). Die Opposition wurde im Grundgesetz aber nicht als eigenständige Institution ausgestaltet (vgl. BVerfGE 142, 25 58 Rn. 92>; Kuhn, Der Verfassungsgrundsatz effektiver parlamentarischer Opposition, 2019, S. 35; Cancik, NVwZ 2014, S. 18 ff. 19 f.>; Ingold, ZRP 2016, S. 143 ff. 144>). Aus dem Grundgesetz lassen sich weder spezifische Oppositionsfraktionsrechte noch ein Gebot zur Schaffung solcher Rechte ableiten (vgl. BVerfGE 142, 25 58 f. Rn. 91 ff.>). Eine der Mehrheit entgegengesetzte, oppositionelle politische Haltung geht vielmehr von den einzelnen Abgeordneten und ihren Zusammenschlüssen aus. Ein subjektives Recht zu opponieren, folgt daher aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG als Recht der Abgeordneten (vgl. BVerfGE 142, 25 57 Rn. 89>; 165, 270 290 Rn. 60 f.>).
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b) Dass die angegriffene Abwahlentscheidung oder die Durchführung von Wahlen zum Ausschussvorsitz diese Rechtsposition verletzt haben könnten, ist nicht hinreichend dargetan.Der Ausschussvorsitzende hat im Wesentlichen die Funktion, die Arbeit des Ausschusses zu leiten (vgl. Rn. 3 ff.). Seine Aufgaben sind organisatorischer Natur. Das Amt des Ausschussvorsitzes steht daher in keinem funktionalen Zusammenhang mit der Wahrung oder Ausübung einer effektiven parlamentarischen Opposition. Mit dem Amt sind keine besonderen Informationsrechte oder Kontrollbefugnisse verbunden. Eine Oppositionsfraktion, die einen Ausschussvorsitz besetzt, kann damit keine Erweiterung ihres Handlungsspielraums gerade als Oppositionsfraktion bewirken.
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Eine andere Einschätzung ist auch nicht deshalb geboten, weil das Amt des Ausschussvorsitzes für die Amtsinhaber und gegebenenfalls auch für deren Fraktion ein gewisses Maß an Prestige und Bekanntheit mit sich bringt und zu einer Profilierung in personeller und politischer Hinsicht beitragen kann. Hierbei handelt es sich lediglich um eine mögliche tatsächliche Folge der Amtsinhaberschaft, die insbesondere von der Person der Amtsinhaber abhängt, nicht aber dem Amt und seinen Aufgaben als solchen zu eigen ist.
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C.
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Die Anträge sind, soweit zulässig, unbegründet. Nach den zugrunde zu legenden verfassungsrechtlichen Maßstäben (I.) liegt eine Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Gleichbehandlung als Fraktion aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der fairen und loyalen Auslegung und Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages nicht vor. Die Durchführung von Mehrheitswahlen zu den der Antragstellerin im Rahmen des Zugriffsverfahrens zugefallenen Ausschussvorsitzen wie auch die Abwahl vom Vorsitz des Rechtsausschusses stellen sich als verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Wahrnehmung der Geschäftsordnungsautonomie des Deutschen Bundestages (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG) dar (II.).
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I.
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1. Prüfungsmaßstab im Organstreit ist allein das Grundgesetz, nicht hingegen sind dies die in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages getroffenen Regelungen. Einklagbar vor dem Bundesverfassungsgericht sind nur jene Rechte, die sich auf ein Verfassungsgebot stützen lassen. Allein in der Geschäftsordnung gewährleistete Rechte können für sich genommen im Organstreit nicht geltend gemacht werden (vgl. BVerfGE 142, 25 53 Rn. 79>; 160, 368 380 f. Rn. 40>).
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2. Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG garantiert den Abgeordneten des Deutschen Bundestages die zur Ausübung ihres Mandats erforderlichen Befugnisse zur gleichberechtigten Mitwirkung an der Willensbildung und Entscheidungsfindung des Deutschen Bundestages. Aus dem Status der Abgeordneten leiten sich die Rechte der Fraktionen als Zusammenschlüsse der Abgeordneten ab (a). Allerdings gilt auch jenseits der spezifischen Statusrechte der Grundsatz der formalen Gleichheit der Abgeordneten beziehungsweise ihrer Zusammenschlüsse. Daraus leitet sich ein Recht auf Gleichbehandlung ab (b).
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a) Den Mitgliedern des Deutschen Bundestages und - von diesen abgeleitet - ihren Zusammenschlüssen steht kraft ihres Mandats das Recht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG zu, gleichberechtigt an der Arbeit des Deutschen Bundestages und der Erfüllung seiner Aufgaben mitzuwirken.
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aa) Aus dem freien und gleichen Mandat der Abgeordneten in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG resultieren umfangreiche Statusrechte. Hierzu zählen vor allen Dingen das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen des Deutschen Bundestages (vgl. BVerfGE 80, 188 218>; 160, 368 382 Rn. 46>), das Recht, in informierter Weise (vgl. BVerfGE 165, 206 <239 Rn. 93) zu beraten (vgl. BVerfGE 140, 115 150 Rn. 92>), ein grundsätzliches Recht auf Ausschussmitgliedschaft (vgl. BVerfGE 80, 188 222>), das Initiativrecht (vgl. BVerfGE 80, 188 218>; 130, 318 342>; 140, 115 151 Rn. 92>; 160, 368 382 Rn. 46>), das Recht, Personalvorschläge im Rahmen von Wahlen zu unterbreiten (vgl. BVerfGE 160, 368 391 ff. Rn. 66 ff.>), das Rederecht (vgl. BVerfGE 10, 4 12>; 60, 374 379>; 160, 368 382 Rn. 46> m.w.N.), das Stimmrecht (vgl. BVerfGE 10, 4 12>; 70, 324 355>; 160, 411 421 Rn. 32> m.w.N.), das Frage- und Informationsrecht (vgl. BVerfGE 13, 123 125>; 57, 1 5>; 67, 100 129>; 160, 368 382 Rn. 46> m.w.N.) und das Recht, sich mit anderen Abgeordneten zu Fraktionen oder Gruppen zusammenzuschließen (vgl. BVerfGE 43, 142 149>; 70, 324 354>; 80, 188 218>; 96, 264 278>; 130, 318 342>; 160, 368 382 f. Rn. 46>).
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Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet den Abgeordneten das Recht auf gleichberechtigte Mitwirkung am gesamten Prozess der parlamentarischen Willensbildung (vgl. BVerfGE 160, 368 384 f. Rn. 48>; 160, 411 420 Rn. 28>). Ihre Befugnisse erschöpfen sich nicht in der Mitwirkung am Gang der Beratungen über parlamentarisch-politische Gegenstände, das heißt in der Teilhabe insbesondere an der Gesetzgebungs- und Kontrollfunktion des Parlaments. Sie sind auch auf all jene Entscheidungen bezogen, die der Deutsche Bundestag in Ausübung seiner Geschäftsordnungsautonomie zur Gestaltung seiner inneren Organisation und des Geschäftsgangs trifft. In diesem Sinne hat der Senat bereits festgestellt, dass den Abgeordneten des Deutschen Bundestages ein Recht zusteht, an den Organisationsentscheidungen des Parlaments mitzuwirken (vgl. BVerfGE 160, 368 384. Rn. 49 ff.>; 160, 411 420 Rn. 28>), insbesondere durch Beteiligung an Wahlakten innerhalb des Deutschen Bundestages (vgl. BVerfGE 160, 368 384 Rn. 50>).
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bb) Die Rechtsstellung der Fraktionen leitet sich ebenso wie die Rechtsstellung der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ab (1). Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gilt nicht für Gremien und Funktionen lediglich organisatorischer Art (2).
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(1) Fraktionen werden als Zusammenschlüsse von Abgeordneten gegründet und im Deutschen Bundestag tätig (vgl. BVerfGE 70, 324 363>; 93, 195 203 f.>; 135, 317 396 Rn. 153>; 160, 411 420 Rn. 28>). Ihr Wirken ist eine bedeutende Voraussetzung für die Effektivierung der Tätigkeit der in ihr zusammengeschlossenen Mitglieder des Deutschen Bundestages (vgl. BVerfGE 112, 118 135>). Fraktionen sind daher anerkannte Einrichtungen des Verfassungslebens und als ständige Gliederungen des Deutschen Bundestages Teil der organisierten Staatlichkeit (vgl. BVerfGE 20, 56 104>; 70, 324 362>; 112, 118 135>).
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Gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG haben die Fraktionen dementsprechend ein Recht auf formal gleiche Mitwirkung an sämtlichen Gegenständen der parlamentarischen Willensbildung (vgl. BVerfGE 96, 264 278>; 112, 118 133>; 135, 317 396 Rn. 153>; 140, 115 151 Rn. 92>; 154, 1 12 Rn. 29>; 160, 411 420 Rn. 28>). Aus der durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Freiheit der Abgeordneten, sich zu Fraktionen zusammenzuschließen, ergibt sich, dass die Fraktionen als politische Kräfte ebenso gleich und entsprechend ihrer Stärke zu behandeln sind wie die Abgeordneten untereinander (vgl. BVerfGE 140, 115 151 Rn. 92>). Die Mitwirkungsbefugnis der Abgeordneten erstreckt sich auch auf die Ausschüsse des Deutschen Bundestages. Grundsätzlich muss jeder Ausschuss, soweit er Aufgaben des Plenums übernimmt beziehungsweise dessen Entscheidungen vorbereitet, ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und in seiner Zusammensetzung dessen Zusammensetzung widerspiegeln, um dem Repräsentationsprinzip Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 80, 188 221 f.>; 84, 304 323 f.>; 112, 118 133>; 135, 317 396 Rn. 153>; 140, 115 151 Rn. 93>; 154, 1 12 Rn. 29>). Dies erfordert eine möglichst getreue Abbildung der Stärke der im Plenum vertretenen Fraktionen (Grundsatz der Spiegelbildlichkeit; vgl. BVerfGE 130, 318 354>; 131, 230 235>; 140, 115 151 Rn. 93>; 154, 1 12 Rn. 29>).
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(2) Nach der Rechtsprechung des Senats gilt der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit hingegen nicht für Gremien und Funktionen, die lediglich organisatorischer Art sind und daher nicht dem Einfluss des Prinzips gleichberechtigter Teilnahme an den dem Deutschen Bundestag nach dem Grundgesetz übertragenen Aufgaben unterliegen (vgl. BVerfGE 96, 264 280>; 140, 115 151 f. Rn. 94>; 154, 1 12 Rn. 29>). Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG begründet folglich für sich genommen keinen Anspruch auf Zugang zu Leitungsämtern, bei denen es nicht zur inhaltlichen Vorformung der parlamentarischen politischen Willensbildung kommt. Daraus hat der Senat den weiteren Schluss gezogen, dass sich gerade die Beschränkung der Vergabe von Vorsitzen in Ausschüssen durch die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages im Rahmen der dem Bundestag zustehenden Geschäftsordnungsautonomie hält (vgl. BVerfGE 84, 304 328>; 140, 115 151 f. Rn. 94>; 154, 1 12 Rn. 29>). Bei dem Amt des Ausschussvorsitzes handelt es sich nicht um ein spezifisch mitgliedschaftliches Recht, wenn auch das Amt an das Mandat im Deutschen Bundestag gebunden ist (vgl. BVerfGE 84, 304 328>).
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Nichts anderes folgt aus dem Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2022 (BVerfGE 160, 411). In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Besetzung des Präsidiums des Deutschen Bundestages festgestellt, dass sich das Recht der Abgeordneten und daraus abgeleitet der Fraktionen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG auf gleiche Mitwirkung an den Entscheidungen über die innere Organisation und die Arbeitsabläufe des Deutschen Bundestages einschließlich der Festlegung und Besetzung von Untergliederungen und Leitungsämtern dem Grundsatz nach auch auf den Zugang zum Präsidium erstreckt (vgl. BVerfGE 160, 411 420 Rn. 28>). Dieses Recht sei jedoch von vornherein durch die in Art. 40 Abs. 1 Satz 1 GG vorgesehene Wahl der Präsidenten und ihrer Stellvertreter begrenzt und könne daher nicht im Sinne eines Benennungsrechts verstanden werden; das in § 2 Abs. 1 Satz 2 GO-BT vorgesehene Recht einer Fraktion, im Präsidium mit mindestens einem Vizepräsidenten vertreten zu sein, sei deswegen nicht als unbedingter Anspruch jeder Fraktion auf Stellung eines Vizepräsidenten ausgestaltet, sondern als Recht jeder Fraktion, einen Abgeordneten zur Wahl zu stellen (vgl. BVerfGE 160, 411 420 Rn. 29, 423 f. Rn. 39 f.>). Die Entscheidung betrifft damit das spezifische Zusammenwirken von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit § 2 GO-BT mit der in Art. 40 Abs. 1 Satz 1 GG vorgesehenen Wahl der Vizepräsidenten des Parlaments. Ein sich unmittelbar aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ergebendes Zugangsrecht zu den Leitungsämtern des Deutschen Bundestages im Sinne einer (proportionalen) Vertretung jeder Fraktion kann ihr nicht entnommen werden.
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b) Allerdings bleibt der Deutsche Bundestag auch jenseits der Mitwirkung der Abgeordneten und ihrer Zusammenschlüsse an der parlamentarischen Willensbildung im engeren Sinne und an den Organisationsentscheidungen des Deutschen Bundestages dem Grundsatz der Gleichheit aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet. Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG begründet einen Status formaler Gleichheit der Abgeordneten und ihrer Zusammenschlüsse (vgl. BVerfGE 160, 368 383 Rn. 47 f.>; 160, 411 420 Rn. 28> m.w.N.). Der Gehalt des Gleichheitsgrundsatzes erschöpft sich nicht in einem rein objektiven Rechtssatz. Er prägt den Status der Abgeordneten beziehungsweise ihrer Zusammenschlüsse und vermittelt ihnen daher ein Recht, diesem Grundsatz entsprechend behandelt zu werden (vgl. BVerfGE 160, 368 383 Rn. 47>; 160, 411 420 Rn. 28>). Seinen Ausdruck findet dieser verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsanspruch unter anderem im Recht der Abgeordneten und ihrer Zusammenschlüsse auf eine faire und loyale Auslegung und Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (vgl. zu diesem Grundsatz BVerfGE 1, 144 149>; 154, 1 12 f. Rn. 29>; 160, 368 389 f. Rn. 61>). Indem sich der Deutsche Bundestag eine Geschäftsordnung gibt, bindet er sich selbst und ist gehalten, von ihm eingeräumte Rechte gleichmäßig und sachgemäß zur Geltung zu bringen. Der Gleichbehandlungsanspruch erstreckt sich daher - als Teilhabeanspruch - auch auf jene Beteiligungsrechte, die über die unmittelbar in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG wurzelnden spezifischen Statusrechte der Abgeordneten beziehungsweise ihrer Zusammenschlüsse hinausgehen. Ansonsten bestünde die Möglichkeit der jeweiligen Parlamentsmehrheit und der von ihr getragenen Organe des Deutschen Bundestages, die Beteiligungsrechte der jeweiligen Parlamentsminderheit trotz entgegenstehender geschäftsordnungsrechtlicher Vorgaben, denen sich der Deutsche Bundestag in Wahrnehmung seiner Geschäftsordnungsautonomie in Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG unterworfen hat, leerlaufen zu lassen. Mit dem in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Status der Gleichheit der Abgeordneten und daraus abgeleitet ihrer Zusammenschlüsse wäre dies nicht vereinbar.
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3. Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG kommt es dem Deutschen Bundestag zu, kraft seiner Geschäftsordnungsautonomie über seine innere Organisation und sein Verfahren zu entscheiden (a). Gestaltung, Auslegung und Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages unterliegen einer lediglich eingeschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle (b).
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a) Zur Wahrnehmung der dem Deutschen Bundestag durch das Grundgesetz übertragenen Aufgaben bedarf es eines Ordnungsrahmens, der die Gleichheit aller Abgeordneten und daraus abgeleitet ihrer Zusammenschlüsse sichert und zugleich der Erhaltung der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Deutschen Bundestages dient (vgl. BVerfGE 160, 368 386 Rn. 54>). Die Konkretisierung des hierzu Erforderlichen obliegt dem Parlament kraft seiner Geschäftsordnungsautonomie zunächst selbst. Bei der Gestaltung seiner inneren Organisation und des Geschäftsgangs kommt ihm ein weiter Spielraum zu (vgl. BVerfGE 10, 4 19 f.>; 80, 188 220>; 84, 304 322>; 112, 118 150>; 140, 115 155 Rn. 102>; 160, 368 388 Rn. 58>). Hierbei sind nicht nur der Erlass, sondern auch die Auslegung und Anwendung der Geschäftsordnung grundsätzlich dem Deutschen Bundestag selbst überantwortet (vgl. BVerfGE 160, 368 389 Rn. 60>).
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b) Das Bundesverfassungsgericht überprüft, ob die Wahrnehmung der Geschäftsordnungsautonomie durch den Deutschen Bundestag die aufgezeigten Grenzen wahrt. Dabei beachtet es die Autonomie des Parlaments bei der Ausgestaltung seiner inneren Ordnung (vgl. BVerfGE 160, 368 389 Rn. 60>).
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aa) Einschränkungen der dem Mandat entspringenden spezifischen Mitwirkungsbefugnisse der Abgeordneten beziehungsweise ihrer Zusammenschlüsse durch die Geschäftsordnung unterliegen besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen. Sie müssen dem Schutz anderer Rechtsgüter von Verfassungsrang dienen. Diese müssen gegenüber dem freien Mandat zumindest gleichwertig sein (vgl. BVerfGE 160, 368 385 Rn. 53>). Die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments stellt ein solch gleichwertiges Rechtsgut von Verfassungsrang dar (vgl. BVerfGE 80, 188 219>; 118, 277 324>; 130, 318 348 ff.>), das grundsätzlich geeignet ist, Einschränkungen der Beteiligungsmöglichkeiten der Abgeordneten zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 160, 368 386 Rn. 54>). Ausgangspunkt der verfassungsgerichtlichen Kontrolle ist dabei die Auslegung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages durch diesen selbst, es sei denn, dass diese nach Maßgabe anerkannter Auslegungsmethoden evident gegen den im Rahmen des Status der Gleichheit der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG zu beachtenden Grundsatz der fairen und loyalen Anwendung der Geschäftsordnung verstößt. Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob ein damit verbundener Eingriff in das Recht der Abgeordneten beziehungsweise ihrer Zusammenschlüsse auf gleichberechtigte Mitwirkung an der parlamentarischen Willensbildung aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ausreichend verfassungsrechtlich legitimiert, das heißt verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 160, 368 385 Rn. 52>).
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bb) Ist demgegenüber nicht ein unmittelbar in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verankertes spezifisches mitgliedschaftliches Recht betroffen, sondern geht es allein um den formalen Status der Gleichheit der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG in Form der Teilhabe an Rechtspositionen, die erst die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages einräumt, findet eine verfassungsgerichtliche Überprüfung lediglich dahingehend statt, ob die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung oder ihre Auslegung und Anwendung jedenfalls nicht evident sachwidrig und damit willkürlich sind. Liegt ein sachlicher Grund vor, orientiert sich etwa ein nach Maßgabe der anerkannten Auslegungskriterien willkürfreies Verständnis der Geschäftsordnung an dem hinter der Geschäftsordnungsautonomie des Deutschen Bundestages stehenden Anliegen, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments zu sichern, ist der Gleichbehandlungsanspruch der Abgeordneten beziehungsweise ihrer Zusammenschlüsse gewahrt. Erst dann, wenn sich für die Entscheidung des Deutschen Bundestages ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund nicht finden lässt, ist der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsanspruch und damit ein organschaftliches Recht verletzt. Prüfungsmaßstab ist somit das Willkürverbot (vgl. zum allgemeinen Willkürmaßstab BVerfGE 1, 14 52>; 4, 144 155>; 55, 72 90>; 89, 132 141>; 105, 73 110>; 107, 27 45 f.>; 110, 412 431 f.>; 113, 167 214>; 145, 106 143 Rn. 101>).
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II.
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An diesen Maßstäben gemessen scheidet eine Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Gleichbehandlung als Fraktion aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der fairen und loyalen Auslegung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages aus. Die Antragstellerin kann sich zwar auf das Recht auf Gleichbehandlung bei der Besetzung der Ausschussvorsitze stützen (1.). Die Durchführung von Wahlen zur Besetzung der verfahrensgegenständlichen Ausschussvorsitze (2.) bewegt sich aber ebenso wie die angegriffene Entscheidung der Abwahl vom Vorsitz des Rechtsausschusses (3.) im Rahmen der dem Deutschen Bundestag zustehenden Geschäftsordnungsautonomie.
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1. Der Abgeordnetenstatus und daraus abgeleitet die Rechtsstellung der Fraktionen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisten kein Recht auf Besetzung von Ausschussvorsitzen. Insbesondere ist entgegen dem Vortrag der Antragstellerin der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz nicht übertragbar (a). Die Antragstellerin kann sich vorliegend indes auf das Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der loyalen und fairen Auslegung der für die Besetzung der Ausschussvorsitze einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages berufen (b).
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a) Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit ist nicht auf die Leitungsämter des Deutschen Bundestages anzuwenden. Bei solchen Funktionen, die rein organisatorischer Art sind, kommt er nicht zum Tragen (vgl. BVerfGE 96, 264 280>; 140, 115 151 f. Rn. 94>; 154, 1 12 Rn. 29>). Das Amt des Ausschussvorsitzenden dient nicht der Ausübung von mitgliedschaftlichen Befugnissen einer Fraktion. Auch wenn zum Ausschussvorsitz nur Abgeordnete des Deutschen Bundestages bestimmt werden können, unterliegt ihre Funktion für sich genommen nicht dem Grundsatz der gleichberechtigten Teilhabe an den dem Deutschen Bundestag nach dem Grundgesetz übertragenen Aufgaben. Ausschussvorsitzende haben im Wesentlichen organisatorische Aufgaben, die sie unter Wahrung des Grundsatzes der parteipolitischen Neutralität wahrnehmen (vgl. zu den Aufgaben des Ausschussvorsitzes Rn. 3 ff.). Sie berufen die Sitzungen des Ausschusses ein, leiten diese und setzen die Beschlüsse des Ausschusses um. Nach außen werden die Ausschussvorsitzenden repräsentativ tätig; hierbei haben sie die Arbeit des Ausschusses in seiner Gesamtheit zu berücksichtigen. Dies haben die in der mündlichen Verhandlung angehörten sachkundigen Dritten, die Abgeordneten Ludwig, Dr. Mihalic, Thomae, Heveling und die Abgeordnete Dr. Rottmann im Einzelnen dargelegt.
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b) Die Antragstellerin kann indes aus dem Recht auf Gleichbehandlung der Abgeordneten und daraus abgeleitet ihrer Zusammenschlüsse in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG beanspruchen, bei der Bestimmung der Ausschussvorsitze in einer Weise behandelt zu werden, die einer fairen und loyalen Auslegung und Anwendung der Vorschriften der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages betreffend die Besetzung der Ausschussvorsitze entspricht. Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages bestimmt in § 12 Satz 1, dass die Positionen der Ausschussvorsitzenden nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen zuzuweisen sind. Der Vorschrift ist die grundlegende Entscheidung des Deutschen Bundestages zugunsten eines parlamentarischen Leitungsmodells zu entnehmen, demzufolge alle Fraktionen (proportional) bei der Besetzung von Leitungsämtern zu berücksichtigen sind. Zugleich legt § 58 GO-BT fest, dass die Ausschüsse ihre Vorsitzenden "bestimmen".
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2. Die Durchführung von Wahlen zum Ausschussvorsitz in dem Innen-, dem Gesundheits- und dem Entwicklungsausschuss (2 BvE 10/21), deren Vorsitze der Antragstellerin nach § 12 GO-BT grundsätzlich zustehen, verletzen das Recht der Antragstellerin auf Gleichbehandlung nicht. Die Auslegung und Anwendung der Regelungen der §§ 12, 58 GO-BT in dem Sinne, dass Ausschussvorsitzende im Wege einer Mehrheitswahl durch die jeweiligen Ausschüsse bestimmt werden, wahren den Grundsatz einer fairen und loyalen Auslegung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages; sie sind nicht evident sachwidrig.
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a) Die Regelung des Besetzungsverfahrens der Ausschussvorsitze unterfällt der Geschäftsordnungsautonomie des Deutschen Bundestages (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG). Das Grundgesetz enthält keine spezifischen Vorgaben zu dieser Frage. Die Ausgestaltung des Besetzungsverfahrens stellt sich daher als eine innere Angelegenheit des Parlaments dar, die dieses im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung autonom regeln kann. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das gewählte Leitungsmodell und seine geschäftsordnungsrechtliche Ausgestaltung (§§ 12, 58 GO-BT) diesen Rahmen überschritten haben.
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b) Die Auslegung der §§ 12, 58 GO-BT durch die betroffenen Ausschüsse, die Antragsgegner zu 2. bis 4., ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegner gehen davon aus, § 58 GO-BT sei so zu verstehen, dass die Ausschüsse dazu berufen seien, die Entscheidung über die Besetzung des Vorsitzes selbst zu treffen, und dass sie sich hierzu des Mittels der Wahl eines Ausschussmitglieds ohne weitere Einschränkungen bedienen könnten. Ein Benennungsrecht der Fraktionen besteht nach Ansicht der Antragsgegner nicht. Diese Auslegung ist nicht evident sachwidrig.
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aa) Der Wortlaut des § 58 GO-BT ist weit gefasst. Der Begriff des Bestimmens lässt verschiedene Vorgehensweisen zu. Es bleibt offen, wie das Verfahren abläuft; beschrieben wird lediglich das Ergebnis des Prozesses. Sowohl die geheime Mehrheitswahl als auch die Akklamation sind sprachlich von dem Begriff des Bestimmens erfasst.
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bb) Auch der systematische Vergleich legt nahe, dass die Geschäftsordnung den Fraktionen kein Benennungsrecht einräumen will. Dort, wo ein solches vorgesehen ist, wird dies ausdrücklich statuiert. So spricht § 57 Abs. 2 Satz 1 GO-BT davon, dass die Ausschussmitglieder von den Fraktionen benannt werden. Die in § 58 GO-BT verwendete Formulierung überantwortet hingegen den Ausschüssen die Entscheidungsbefugnis über den Vorsitz. Wäre der Ausschuss bei dieser Entscheidung strikt an den Vorschlag der nach den Vereinbarungen im Ältestenrat oder dem Zugriffsverfahren vorschlagsberechtigten Fraktion gebunden, so bedürfte es der Formulierung in § 58 GO-BT nicht. Die Zulässigkeit einer Wahl zum Ausschussvorsitz stellt auch die Grundentscheidung des § 12 GO-BT, wonach die Fraktionen proportional bei der Verteilung der Ausschussvorsitze zu berücksichtigen sind, nicht in Frage. § 12 GO-BT weist das Vorschlagsrecht den Fraktionen zu und schließt damit ein eigenes Vorschlagsrecht innerhalb des Ausschusses aus. Gelingt die Wahl nicht, bleibt der Vorsitz vakant. Die vorschlagsberechtigte Fraktion kann weiterhin von ihrem fortbestehenden Vorschlagsrecht Gebrauch machen. Bis zu einer erfolgreichen Wahl wird die Ausschussleitung von den stellvertretenden Vorsitzenden wahrgenommen, die als sogenannte amtierende Vorsitzende fungieren (vgl. dazu Rn. 37).
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cc) Schließlich stützen Sinn und Zweck des § 58 GO-BT die Annahme, Wahlen zur Bestimmung des Ausschussvorsitzes seien zulässig. Eine Wahl der Ausschussvorsitzenden sichert die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Ausschüsse. Sie verhindert, dass dem Ausschuss ein Vorsitz aufgedrängt wird, der nicht das Vertrauen der Ausschussmehrheit besitzt. In der Wahl drückt sich das Vertrauen der Ausschussmitglieder in den Vorsitz aus. Auf das Erfordernis einer Vertrauensgrundlage zur Sicherung einer effizienten Ausschussarbeit haben die sachkundigen Dritten Prof. Dr. Hölscheidt sowie die Abgeordneten Dr. Mihalic und Thomae in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen. Insbesondere über Verfahrensfragen müsse Konsens hergestellt werden, um langwierige Geschäftsordnungsdebatten zu vermeiden, die die Ausschussarbeit behinderten. Erforderlich sei auch das Vertrauen des Ausschusses in die korrekte Umsetzung von Absprachen und Beschlüssen durch den Vorsitz und in ein dem Vorsitzendenamt angemessenes Verhalten nach außen. Wie aufgezeigt (vgl. Rn. 11), kommt den Vorsitzenden im Rahmen ihrer repräsentativen Aufgaben die Funktion zu, zu der von der Ausschussarbeit betroffenen Fachöffentlichkeit Kontakt herzustellen und zu halten. So werden insbesondere Verbände, die für die Ausschussarbeit Bedeutung haben, über diese informiert und dazu angeregt, sich an ihr zu beteiligen. Für die fachliche Qualität der Ausschussarbeit ist das von hoher Bedeutung.
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dd) Gegenläufige Gesichtspunkte, die die Auffassung der Antragsgegner zu 2. bis 4. als evident sachwidrig erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich.
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Insbesondere kann die bisherige parlamentarische Praxis nicht gegen die Vorgehensweise der Antragsgegner angeführt werden. Es trifft zu, dass seit der ersten Wahlperiode Ausschussvorsitzende im Deutschen Bundestag in aller Regel durch Akklamation bestimmt wurden. Anders als die Antragstellerin dies darstellt, handelte es sich hierbei allerdings nicht um eine ausnahmslose Praxis. Auch in der Vergangenheit kam es, wenn auch nur vereinzelt, in Fällen, in denen Einigkeit über den Vorsitz nicht erzielt werden konnte, zu Wahlen im Ausschuss (vgl. Rn. 15). Die parlamentarische Übung ging mithin nicht davon aus, dass eine Benennung des Ausschussvorsitzes durch die berechtigte Fraktion unabhängig von einem entsprechenden Konsens im Ausschuss möglich sein sollte. Dem entspricht auch das Vorgehen seit der 19. Wahlperiode. Eine Bestellung der Ausschussvorsitzenden durch Akklamation nach Verteilung der Posten im Ältestenrat setzt einen Konsens über den Personalvorschlag voraus. Die in der mündlichen Verhandlung angehörten sachkundigen Dritten Dr. Mihalic und Thomae haben dargelegt, dass ein solcher Konsens seit Beginn der 19. Wahlperiode wiederholt nur noch unter Schwierigkeiten zu erreichen gewesen sei und dass im Zusammenhang mit der Bestimmung der Ausschussvorsitze nach Maßgabe der im Ältestenrat beschlossenen Verteilung vermehrt Widersprüche von Ausschussmitgliedern eingelegt worden seien, woraufhin Wahlen stattgefunden hätten. Mit Beginn der 20. Wahlperiode sei die bisherige Praxis daher angepasst und für einheitliche Anforderungen an alle Kandidaten für die Ausschussvorsitze Sorge getragen worden. Dies führte dazu, dass in den Ausschüssen nunmehr - mit wenigen Ausnahmen - in den konstituierenden Sitzungen Wahlen zum Ausschussvorsitz durchgeführt wurden (vgl. Rn. 32 ff.). Von Verfassungs wegen ist dies nicht zu beanstanden. Es steht dem Deutschen Bundestag grundsätzlich frei, innerhalb des durch die Geschäftsordnung gegebenen Rahmens seine Praxis in Hinblick auf die Besetzung von Leitungsämtern zu ändern.
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ee) Eine nach Maßgabe der Geschäftsordnung zulässige Wahl zur Besetzung eines parlamentarischen Leitungsamtes kann nur eine freie Wahl sein (vgl. BVerfGE 160, 411 421 ff. Rn. 31 ff.>). Wahlen zeichnen sich gerade durch die Wahlfreiheit aus, wenngleich die Wählbarkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängen kann (vgl. BVerfGE 143, 22 33 Rn. 28>). Der mit einer Wahl einhergehende legitimatorische Mehrwert könnte nicht erreicht werden, wenn es eine Pflicht zur Wahl eines bestimmten Kandidaten oder einer bestimmten Kandidatin gäbe (vgl. BVerfGE 143, 22 33 Rn. 28>; 160, 411 421 Rn. 31>). Der Wahlakt unterliegt grundsätzlich keiner über Verfahrensfehler hinausgehenden gerichtlichen Kontrolle, weswegen sein Ergebnis auch keiner Begründung oder Rechtfertigung bedarf (vgl. BVerfGE 143, 22 35 Rn. 34>; 160, 411 421 Rn. 31>).
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Die freie Wahl entspricht dem freien Mandat der Abgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und dem Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 1 und 2 GG. Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG üben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ihr Mandat in Unabhängigkeit aus, sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (vgl. BVerfGE 76, 256 341>; 118, 277 324>; 134, 141 172 Rn. 93>; 160, 411 421 Rn. 32>). Zu den Statusrechten der Abgeordneten gehört auch das Stimmrecht (vgl. BVerfGE 10, 4 12>; 70, 324 355>; 130, 318 342>; 140, 115 150 f. Rn. 92>; 160, 411 421 Rn. 32>) und insbesondere das Recht, an Wahlen mitzuwirken (vgl. BVerfGE 80, 188 218>; 130, 318 342>; 140, 115 150 f. Rn. 92>). Das freie Mandat der Abgeordneten manifestiert sich daher auch durch ihre freie Beteiligung an Wahlen (vgl. BVerfGE 160, 411 421 Rn. 32>).
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Mit einer freien Wahl wäre es unvereinbar, wenn eine Fraktion das Recht auf ein bestimmtes Wahlergebnis hätte. Könnte eine Fraktion - mittels des von der Antragstellerin begehrten Besetzungsrechts - einen Ausschussvorsitzenden oder eine Ausschussvorsitzende durchsetzen, wäre die Wahl ihres Sinns entleert. Das bei einer Wahl besonders geschützte freie Mandat der Abgeordneten steht deshalb einem Recht der Fraktion auf ein bestimmtes Wahlergebnis entgegen (vgl. BVerfGE 160, 411 421 ff. Rn. 32 ff.>).
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Die Mitwirkung einer Fraktion bei der Besetzung der Ausschussvorsitze im Deutschen Bundestag kann daher nach Maßgabe der Geschäftsordnung unter den Vorbehalt einer freien Wahl im Ausschuss gestellt werden. Sie ist dann darauf beschränkt, dass eine Fraktion einen Kandidaten für die Wahl vorschlagen kann und dass die freie Wahl ordnungsgemäß durchgeführt wird. Gelingt die Wahl nicht, bleibt auf der Grundlage der gegenwärtigen Fassung der Geschäftsordnung die Position unbesetzt, solange nicht ein von der vorschlagsberechtigten Fraktion einzubringender neuer Personalvorschlag die erforderliche Mehrheit erreicht.
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c) Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine dem Grundsatz der fairen und loyalen Anwendung der Geschäftsordnung widersprechende Anwendung der §§ 12, 58 GO-BT in den hier streitigen Fällen. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Ablauf der Wahlen vorliegend nicht ordnungsgemäß gewesen sein könnte. Auch die Vermutung der Antragstellerin, die anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag hätten sich darauf verständigt, ihre Kandidaten nicht zu wählen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Abreden zwischen Fraktionen darüber, ob und wie über eine Vorlage abgestimmt oder wie gewählt werden soll, und entsprechende Empfehlungen einer Fraktion gegenüber ihren Mitgliedern sind bei der parlamentarischen Willensbildung nicht unüblich und als solche von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Die Abstimmungs- oder Wahlentscheidung der Abgeordneten bleibt dennoch frei und wird allein von ihnen persönlich verantwortet (vgl. BVerfGE 160, 411 421 Rn. 32> m.w.N.).
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3. Auch die Abwahl des Vorsitzenden des Rechtsausschusses am 13. November 2019 (2 BvE 1/20) verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung. Die dem Abwahlvorgang zugrundeliegende Auffassung des Antragsgegners zu 2., die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages gestatte die Abwahl eines Ausschussvorsitzenden, entspricht einer fairen und loyalen Auslegung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Sie ist nicht evident sachwidrig (a). Ebenso wenig ist gegen die Handhabung der Geschäftsordnung bei der streitgegenständlichen Abwahl verfassungsrechtlich etwas zu erinnern (b).
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a) Der Rechtsausschuss durfte davon ausgehen, zur Abwahl seines Vorsitzenden grundsätzlich befugt zu sein. Er befand sich insoweit in Übereinstimmung mit der Auffassung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Dieser hatte in seiner Auslegungsentscheidung vom 7. November 2019, der sich das Plenum mit Beschluss vom 19. Dezember 2019 anschloss (vgl. BTPlenProt 19/137, S. 17108), die Ansicht vertreten, die Abwahl sei als Actus contrarius zu der Entscheidung, mit der ein Ausschuss seinen Vorsitz bestimme, auch ohne ausdrückliche Regelung in der Geschäftsordnung nach Maßgabe der §§ 58, 12 GO-BT zulässig. Verfassungsrechtlich sei das Amt des Ausschussvorsitzenden nicht in einer Weise geschützt, die einer Abberufung entgegenstehe. Das Recht, nach einer Abberufung einen neuen Kandidaten oder eine neue Kandidatin für den fraglichen Ausschussvorsitz vorzuschlagen, verbleibe bei der betroffenen Fraktion (BTDrucks 19/15076, S. 2; vgl. auch Rn. 25 f.). Dieses Verständnis der Geschäftsordnung ist nicht evident sachwidrig.
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aa) Im parlamentsrechtlichen Schrifttum wird in Hinblick auf die Befugnis zur Abwahl ebenfalls auf den Actus-contrarius-Gedanken hingewiesen (vgl. Hölscheidt, DVBl 2024, S. 741 744>; Glauben, DVBl 2020, S. 1174 1176>). Danach stehe das Fehlen einer ausdrücklichen geschäftsordnungsrechtlichen Regelung einer Abwahlmöglichkeit nicht entgegen. Sie sei vielmehr als implizite Befugnis der Geschäftsordnung zu entnehmen. Da jeder Ausschuss über die Besetzung seines Vorsitzes entscheide, solle er auch über die Abberufung entscheiden können (vgl. Glauben, DVBl 2020, S. 1174 1176>). In systematischer Hinsicht werden hierfür zusätzlich das Mehrheitsprinzip (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG) und das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) angeführt. Demokratische Entscheidungen seien danach grundsätzlich reversibel (vgl. Schliesky, in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 42 Rn. 55 m.w.N.). Ausdruck dieser Reversibilität sei die Befugnis, einen einmal gewählten Amtsinhaber abzuwählen. Ausnahmen, die etwa aus besonderen Stabilitätserfordernissen geboten sein mögen, bedürften der konkreten Normierung.
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bb) Auch Sinn und Zweck des § 58 GO-BT stützen diese Auffassung. Ziel der Regelungen der Geschäftsordnung ist die Sicherung der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Deutschen Bundestages. Vorsitzende, die nicht mehr über das Vertrauen der Ausschussmehrheit verfügen, können ihr Amt nicht effektiv ausüben (vgl. oben Rn. 9). Für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben, insbesondere die Sitzungsvorbereitung, die Abstimmung von Terminen und der Tagesordnung, sind Ausschussvorsitzende auf einen Konsens mit den Fraktionsvertreterinnen und -vertretern im Ausschuss, insbesondere den Obleuten, angewiesen. Gegen die Mehrheit des Ausschusses und die Obleute können Ausschussvorsitzende das Amt nicht führen (vgl. Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 47). Zwar kann die Ausschussmehrheit den Ablauf der Sitzungen durch Mehrheitsentscheidung in ihrem Sinne lenken und damit den Einfluss des oder der Vorsitzenden begrenzen (vgl. Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 40 Rn. 47). Würde dies jedoch zur Regel, könnte das zu erheblichen Effizienzverlusten und damit zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Ausschussarbeit führen.
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cc) Der Vertretbarkeit der Auslegung der §§ 58, 12 GO-BT durch den Antragsgegner zu 2. steht nicht entgegen, dass der Deutsche Bundestag die Abwahl der von der Fraktion DIE LINKE vorgeschlagenen Vizepräsidentin in Folge der Auflösung der Fraktion DIE LINKE für unzulässig hielt. Zur Begründung wurde dort darauf verwiesen, dass die Präsidentin oder der Präsident des Deutschen Bundestages und ihre oder seine Stellvertreterinnen und Stellvertreter nach § 2 Abs. 1 GO-BT für die gesamte Dauer der Wahlperiode gewählt würden und eine Abwahl somit zum Schutz der neutralen Amtsführung unzulässig sei, weshalb ein Abwahlantrag jeder Grundlage entbehre (vgl. zu diesem Vorgang BTPlenProt 20/143, S. 18177 ff.; zur diesbezüglichen Praxis des Deutschen Bundestages vgl. Amthor, NVwZ 2024, S. 125 126 f.>). Die Antragstellerin sieht hierin einen Widerspruch zum Vorgehen im hier streitgegenständlichen Fall. Im Falle der Ausschussvorsitze werde davon ausgegangen, dass die Abwahl als Actus contrarius zu einem Vorgang, der eigentlich ein Entsendungsvorgang sei, zulässig sei. Gehe es um Präsidiumsmitglieder, solle dieser Gedanke, obwohl tatsächlich eine Wahl stattgefunden habe, hingegen nicht gelten.
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Eine unterschiedliche Handhabung der Abwahlmöglichkeit von Präsidiumsmitgliedern und Ausschussvorsitzenden ist indes jedenfalls nicht evident sachwidrig.
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Es kann dahinstehen, ob die vom Deutschen Bundestag vorgenommene Auslegung der Geschäftsordnung zur Abwahl von Präsidiumsmitgliedern die einzig vertretbare Interpretation des § 2 GO-BT darstellt. Entscheidend ist insoweit allein, dass sich die Ämter der Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Bundestages derart vom Amt des Ausschussvorsitzes unterscheiden, dass eine unterschiedliche Handhabung der Geschäftsordnung (§ 2 einerseits und §§ 58, 12 andererseits) in Hinblick auf die Möglichkeit einer Abwahl jedenfalls vertretbar ist. Dies kann zunächst auf den unterschiedlichen Wortlaut des § 2 GO-BT einerseits und des § 58 GO-BT andererseits gestützt werden. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GO-BT wählt der Deutsche Bundestag sein Präsidium "für die Dauer der Wahlperiode". Eine derart explizite Aussage fehlt in § 58 GO-BT. Es ist jedenfalls nachvollziehbar, anzunehmen § 2 GO-BT bringe hierdurch zum Ausdruck, dass die Mitglieder des Präsidiums in besonderer Weise vor einer Abwahl geschützt seien. Ein derartiger, im Vergleich zu den Ausschussvorsitzenden gesteigerter Schutz erscheint auch aus teleologischen Gründen nachvollziehbar. Die Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Bundestages nehmen in sehr viel stärkerem Umfang repräsentative Aufgaben wahr als Ausschussvorsitzende; sie vertreten den gesamten Deutschen Bundestag nach außen und werden als Repräsentanten des Parlaments auch in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Ihre Abwahl kann daher zu größeren politischen Verwerfungen innerhalb wie außerhalb des Parlaments führen. Es obliegt in erster Linie dem Deutschen Bundestag, im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie zu bewerten, welche Schutzbedürfnisse bei welchen Leitungsämtern bestehen und wie diese mit dem Anliegen, Personalentscheidungen zu korrigieren, in Ausgleich zu bringen sind. Anders als die Antragstellerin meint, erscheint es angesichts der vorhandenen Unterschiede im Zuschnitt der Ämter der Ausschussvorsitzenden einerseits und der Präsidiumsmitglieder andererseits nicht unvertretbar, nur für die Abwahl Letzterer eine explizite Entscheidung des Deutschen Bundestages zu verlangen, die in der Geschäftsordnung ihren Niederschlag findet.
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b) Die Handhabung der von der Geschäftsordnung zugelassenen Abwahlbefugnis durch den Antragsgegner zu 2. im streitgegenständlichen Fall begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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aa) Die Annahme, der Ausschuss selbst sei für eine etwaige Abwahlentscheidung zuständig, ist vertretbar und fügt sich in das vom Deutschen Bundestag vertretene Verständnis des § 58 GO-BT ein. Da sich danach die Abwahl als Actus contrarius zu dem Rechtsakt des "Bestimmens" des Ausschussvorsitzes darstellt, ist die Annahme, der Ausschuss habe auch über die Abberufung zu entscheiden, folgerichtig.
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bb) Das Verfahren im Rechtsausschuss vor der Entscheidung über den Abwahlantrag ist ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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(1) Mitglieder der Antragstellerin im Ausschuss hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Abwahlantrag und die ihn tragenden Gründe waren ihnen rechtzeitig bekannt gemacht worden und über den Antrag wurde im Ausschuss ausführlich debattiert. Dabei kamen sie zu Wort und konnten ihre Haltung darlegen (vgl. Rn. 28). Das Recht auf ein faires Verfahren, das zu den wesentlichen rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätzen auch außerhalb gerichtlicher Verfahren (vgl. BVerfGE 101, 397 405>) zählt und damit auch bei einer fairen und loyalen Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages Geltung beansprucht, wurde damit gewahrt.
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(2) Der Ausschuss sprach sich mit einer Mehrheit von 37 Ja-Stimmen gegen 6 Nein-Stimmen für die Abwahl aus. Mangels anderweitiger verfassungs- oder geschäftsordnungsrechtlicher Vorgaben genügt für eine Abwahl die einfache Mehrheit (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG), die vorliegend bei Weitem überschritten wurde.
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cc) Im Übrigen ist die Abwahl nicht willkürlich. Dass ihr Erwägungen zugrunde gelegen hätten, die keinen sachlichen Zusammenhang zum Amt des Vorsitzes beziehungsweise zu der Befähigung des Vorsitzenden erkennen lassen, sein Amt in angemessener Weise auszuüben, ist nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund einer Reihe von Vorfällen (vgl. Rn. 18 ff.), die zu erheblichen Irritationen in der allgemeinen Öffentlichkeit, aber auch der Fachöffentlichkeit geführt haben, kam die Ausschussmehrheit zu dem Schluss, der Vorsitzende des Rechtsausschusses werde sein Amt nicht in einer den Anforderungen des Amtes entsprechenden Weise ausüben und durch seine Person die Ausschussarbeit belasten. Die Ausschussmehrheit hatte erkennbar das Vertrauen in den Ausschussvorsitzenden und seine Fähigkeit zur amtsangemessenen Amtsführung verloren. Eine gedeihliche und effektive Zusammenarbeit im Ausschuss war damit aus ihrer Sicht nicht mehr möglich.
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D.
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Die Anträge auf Anordnung der Auslagenerstattung sind abzulehnen.
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Die Auslagenerstattung richtet sich im Organstreitverfahren nach § 34a Abs. 3 BVerfGG und kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn besondere Billigkeitsgründe vorliegen (vgl. BVerfGE 7, 75 77>; 20, 119 133 f.>; 85, 109 114 ff.>; 87, 394 397 f.>; 89, 91 97>; 133, 37 38 f. Rn. 2>; 150, 194 203 Rn. 29>; 154, 320 353 Rn. 97> - Seehofer-Interview auf der Homepage des BMI; stRspr). Solche Gründe sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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E.
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Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.
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