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BVerfG 11.04.2024 - 1 BvR 2290/23
BVerfG 11.04.2024 - 1 BvR 2290/23 - Stattgebender Kammerbeschluss: Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde eines Journalisten gegen die gerichtliche Untersagung einer kritischen Äußerung über die Bundesregierung - ua zum Erfordernis der Berücksichtigung des Kontextes einer Äußerung - sowie zum Gebot einer Abwägung zwischen der Gefährdung der Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen durch eine Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung andererseits
Normen
Art 5 Abs 1 S 1 GG, Art 5 Abs 2 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 185 StGB, § 194 Abs 3 S 2 StGB
Vorinstanz
vorgehend KG Berlin, 14. November 2023, Az: 10 W 184/23, Beschluss
Tenor
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1. Der Beschluss des Kammergerichts vom 14. November 2023 - 10 W 184/23 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes.
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2. Die Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen.
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3. Das Land Berlin hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 Euro (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen eine einstweilige Verfügung, durch die ihm eine kritische Äußerung gegenüber der Bundesregierung untersagt wurde.
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1. Der Beschwerdeführer ist Journalist und Produzent des YouTube-Kanals "(…)". Er unterhält auf der Kommunikationsplattform "X" das Nutzerkonto "(…)", auf dem er am 25. August 2023 die den Gegenstand des Verfahrens bildende Kurznachricht absetzte.
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a) Zuvor hatte an demselben Tag das Online-Nachrichtenmagazin "(…)" einen Artikel mit der Überschrift "Deutschland zahlt wieder Entwicklungshilfe für Afghanistan" veröffentlicht. Der weiterhin abrufbare Beitrag enthält nach der Überschrift eine Fotoaufnahme, die die Bundesministerin des Auswärtigen (…) im Gespräch mit der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (…) zeigt, und lautet im Text:
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"Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan vor zwei Jahren hat die Bundesregierung 371 Millionen Euro für Entwicklungshilfe im Land bereitgestellt. Das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) hatte seinen Einsatz im Land nach dem Regimewechsel 2021 eigentlich auf Eis gelegt - inzwischen aber wieder hochgefahren. Darüber berichtet der Spiegel.
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'Sämtliche Mittel dienen der Aufrechterhaltung der Grundversorgung sowie der Stärkung der Widerstandskraft der Bevölkerung und werden regierungsfern umgesetzt', heißt es von einer Sprecherin des BMZ.
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Befürchtungen, die Taliban könnten womöglich dennoch von den Millionen profitieren, weist das Ministerium zurück: 'Es fließen keine Mittel über die Ministerien und Behörden der de-facto-Autoritäten. Die Maßnahmen werden vorrangig über internationale Organisationen (Vereinte Nationen, Weltbank) und Nichtregierungsorganisationen umgesetzt.'
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Überdies würden 'nur Maßnahmen umgesetzt, in denen Frauen mitarbeiten und mit denen Frauen und Mädchen erreicht werden können'. Die Mittel sind geringer als vor der Machtübernahme der Taliban. Allein 2019 etwa flossen 365,5 Millionen Euro nach Afghanistan."
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Etwa eine Stunde nach der Veröffentlichung setzte der Beschwerdeführer eine zu diesem Artikel verlinkende Kurznachricht ab, die mit einem Miniatur-Porträtbild seiner Person und mit seinem Namen versehen war. Ihr Text lautete:
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"Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 MILLIONEN EURO (!!!) Entwicklungshilfe an die TALIBAN (!!!!!!). Wir leben im Irrenhaus, in einem absoluten, kompletten, totalen, historisch einzigartigen Irrenhaus. Was ist das nur für eine Regierung?!"
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Am Ende seiner Kurznachricht fügte der Beschwerdeführer den Internet-Link zu dem auf "(…)" veröffentlichten Artikel ein, dessen Überschrift "Deutschland zahlt wieder Entwicklungshilfe für Afghanistan" nebst dem beide Ministerinnen zeigenden Titelbild in der Kurznachricht unterhalb des Links angezeigt wurde.
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b) Wenige Tage später, durch anwaltlichen Schriftsatz vom 31. August 2023, ließ die spätere Verfügungsklägerin - die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dieses vertreten durch die Bundesministerin (…) (im Folgenden: Verfügungsklägerin) - den Beschwerdeführer wegen seiner Äußerung "Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 MILLIONEN EURO (!!!) Entwicklungshilfe an die TALIBAN (!!!!!!)" abmahnen, da es sich hierbei um eine falsche Tatsachenbehauptung handele. Es sei kein Euro an die Taliban geflossen, sondern an Nichtregierungsorganisationen und die Vereinten Nationen.
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2. Der nach fruchtlosem Fristablauf gleichlautend im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes anhängig gemachte Unterlassungsantrag der Verfügungsklägerin wurde durch Beschluss des Landgerichts Berlin vom 4. Oktober 2023 - 27 O 410/23 - zurückgewiesen.
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a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts seien keine Grundrechtsträger, sie hätten auch keine persönliche Ehre. Sie genössen zwar, wie § 194 Abs. 3 StGB zeige, im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben strafrechtlichen Ehrenschutz, der über §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 185 ff. StGB zivilrechtliche Unterlassungs- und Richtigstellungsansprüche begründen könne. Ein solcher Ehrenschutz stehe der Verfügungsklägerin jedenfalls dann zu, wenn die konkrete Äußerung geeignet sei, die Behörde schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchtigen. Allerdings dürfe dieser Ehrenschutz der Behörde nicht dazu dienen, sachliche Kritik an ihrer Amtstätigkeit abzublocken oder sich gegen öffentliche Kritik abzuschirmen. Dem sei bei der erforderlichen Güter- und Interessenabwägung Rechnung zu tragen, indem Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eine gesteigerte Bedeutung eingeräumt werde, wenn es um das Ansehen einer Behörde und nicht um den Schutz der persönlichen Ehre gehe.
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b) Für die Ermittlung des Aussagegehalts sei darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden werde, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig sei, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen seien. Vor diesem Hintergrund handele es sich bei der angegriffenen Äußerung um eine zulässige Meinungsäußerung. Für die Beurteilung des Durchschnittslesers sei der Kontext zu berücksichtigen, nämlich die unterhalb der Äußerung abgebildete Überschrift des verlinkten Beitrags auf der Plattform "(…)". Hier werde dem Leser mitgeteilt, dass Deutschland wieder "Entwicklungshilfe für Afghanistan" zahle. Die demgegenüber gewählte Aussage des Beschwerdeführers, Deutschland zahle "Entwicklungshilfe an die Taliban", sei insoweit als eine nicht dem Beweis zugängliche und überspitzte Kritik zu verstehen, die Verfügungsklägerin unterstütze die Taliban, indem sie über dritte Stellen Projekte in dem Land fördere und damit Leistungen, etwa solche der Daseinsvorsorge, erbringen lasse, die ohne ausländische Unterstützung von den Taliban erbracht werden müssten. Gleichermaßen könne die Äußerung als Befürchtung verstanden werden, die Gelder könnten über Umwege trotz möglicher Vorkehrungen in den Einflussbereich der Taliban gelangen. Die für die Meinung erforderliche Anknüpfungstatsache sei in der - unstreitig wahren - Tatsache zu sehen, dass die Verfügungsklägerin Mittel in dem angegebenen Umfang bereitstelle, die durch Dritte in Afghanistan verwendet würden.
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3. Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin wurde die Entscheidung des Landgerichts durch den angegriffenen Beschluss des Kammergerichts vom 14. November 2023 - 10 W 184/23 - abgeändert und dem Beschwerdeführer die beanstandete Äußerung untersagt.
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a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts könnten zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt werde. Ein solcher Ehrenschutz könne jedenfalls dann geltend gemacht werden, wenn die konkrete Äußerung geeignet sei, die juristische Person schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchtigen. Daraus folge aber nicht, dass eine schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigung tatsächlich eingetreten sein müsse. Ein solches Verständnis hätte zur Konsequenz, dass sich juristische Personen des öffentlichen Rechts niemals mit rechtlichen Mitteln gegen ehrverletzende Äußerungen von Dritten wenden könnten. Denn es sei faktisch ausgeschlossen, dass durch eine ehrverletzende Äußerung eines Dritten tatsächlich eine Funktionsbeeinträchtigung bei einer Behörde eintrete. Vielmehr gehe es allein darum, ob die jeweilige Äußerung geeignet sei, das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der betroffenen Behörde und deren Funktionsfähigkeit zu gefährden.
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b) So liege es hier. Durch die Äußerung des Beschwerdeführers bestünde die Gefahr, dass bei der Bevölkerung der Eindruck entstehe, die Verfügungsklägerin zahle Entwicklungshilfe an ein Terrorregime, das die Rechte der Bevölkerung mit Füßen trete. Dies könne Zweifel in das Vertrauen der Arbeit der Verfügungsklägerin und ihre Funktionsfähigkeit wecken. Die Äußerung des Beschwerdeführers sei eine unwahre Tatsachenbehauptung, die geeignet sei, das Vertrauen der Bevölkerung in die Tätigkeit der Verfügungsklägerin zu gefährden.
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aa) Der Beschwerdeführer äußere, die Verfügungsklägerin habe in den letzten zwei Jahren 370 Millionen Euro Entwicklungshilfe an die "Taliban" gezahlt. Dies verstehe der Durchschnittsleser dahin, dass Entwicklungshilfezahlungen in dieser Höhe in den letzten zwei Jahren - seit der Machtübernahme durch die Taliban am 15. August 2021 - an die derzeitigen Machthaber in Afghanistan geleistet worden seien. Gestützt werde diese Sinndeutung durch die weiteren Äußerungen des Beschwerdeführers im Anschluss. Der Zusammenhang zwischen den vorgenommenen Zahlungen und die daran anknüpfende Einordnung des Beschwerdeführers, dieses Verhalten zeige, dass "wir" in einem "Irrenhaus" lebten, ergebe aus Sicht des Durchschnittslesers nur dann einen nachvollziehbaren Sinn, wenn die Zahlungen an die afghanischen Machthaber erfolgt seien. Denn eine Zahlung zur Unterstützung der afghanischen Bevölkerung durch regierungsferne Institutionen wie die Weltbank oder UNICEF lasse einen Schluss auf ein schlechthin unverständliches, geisteskrankes Verhalten der Regierung gerade nicht zu.
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bb) Die Überschrift des verlinkten Artikels ("Deutschland zahlt wieder Entwicklungshilfe für Afghanistan") stehe dieser Sinndeutung nicht entgegen. Für den Leser der Kurznachricht seien ohne weitere Recherche nur die Überschrift und ein Foto der Außenministerin und der Bundesentwicklungsministerin im Gespräch erkennbar. Danach sei der Inhalt des Artikels nur bei weitergehendem Interesse des Lesers wahrzunehmen, nicht aber für denjenigen, der entsprechend dem gewählten Medium lediglich die Beiträge selbst lese und gegebenenfalls kommentiere beziehungsweise an Dritte weiterleite. Auf die weitere Darlegung der Verfügungsklägerin, der Beschwerdeführer habe seine Äußerung vom 25. August 2023 noch durch eine weitere Kurznachricht verstärkt ("um es noch mal deutlich zu machen: (…) und Co. zahlen 370 Millionen Euro Steuergeld an die Taliban"), komme es danach nicht an. Hingegen sei diesem nicht zu folgen, soweit er meine, es handele sich um eine Bewertung der "Zahlung von Entwicklungshilfe als Zahlung an das dortige Regime" und damit um eine zulässige Meinungsäußerung. Denn aus der Sicht des Durchschnittslesers ergebe sich gerade nicht, dass der Beschwerdeführer die Gefahr des mittelbaren Zugutekommens von Zahlungen für Entwicklungshilfe an die Machthaber in Afghanistan thematisiert habe.
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c) Wiederholungsgefahr sei aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung zu vermuten und nicht ausgeräumt. Auch bestehe ein Verfügungsanspruch, da die Eilbedürftigkeit im Äußerungsrecht regelmäßig bereits daraus folge, dass mit einer jederzeitigen Wiederholung der beanstandeten Äußerung zu rechnen sei. Die Vermutung der Dringlichkeit sei auch nicht durch längeres Zuwarten seitens der Verfügungsklägerin selbst widerlegt worden.
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4. Der Beschwerdeführer hat im Ausgangsverfahren nicht Widerspruch eingelegt, gegen den Beschluss vom 14. November 2023 jedoch am 12. Dezember 2023 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er eine Verletzung in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG rügt.
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a) Zu Unrecht habe das Kammergericht die streitgegenständliche Äußerung als (unwahre) Tatsachenbehauptung gewürdigt. Der Beschwerdeführer weise mittels eines Links und eines Vorschaubildes auf die Veröffentlichung des Artikels "Deutschland zahlt wieder Entwicklungshilfe für Afghanistan" hin, dessen Nachricht er zugleich kommentiere. Er bewerte die Zahlung von Entwicklungshilfe an Afghanistan als Zahlung an das dortige Regime, was angesichts der Verhältnisse vor Ort und der totalitären Machthaber zulässig sei. Dass Entwicklungshilfe, auch wenn sie über nichtstaatliche Organisationen abgewickelt werde, systemstabilisierend wirke, liege auf der Hand, jedenfalls handele es sich nicht um eine völlig fernliegende, sachlich nicht begründbare Konstruktion. Die Angabe des Ministeriums, Zahlungen erfolgten "nicht direkt" an die afghanischen Machthaber, lasse den Schluss zu, die Bundesregierung befürchte oder stelle sogar in Rechnung, dass derartige Mittel indirekt durchaus auch den dortigen Machthabern zufließen könnten.
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b) Entgegen der Einschätzung des Kammergerichts mache auch nicht die nicht beanstandete Äußerung "Wir leben in einem Irrenhaus, in einem absoluten, kompletten, totalen, historisch einzigartigen Irrenhaus. Was ist das nur für eine Regierung?!" die angegriffene Äußerung zu einer Tatsachenbehauptung. Soweit das Kammergericht annehme, dass die Bewertung "Wir leben in einem Irrenhaus […]" nur Sinn ergebe, wenn die Zahlungen an die afghanischen Machthaber erfolgt seien, habe es die Äußerung des Beschwerdeführers als Tatsachenbehauptung bewertet, weil dessen Bewertung nicht gerechtfertigt sei. Damit verkenne das Kammergericht bereits, dass Meinungsäußerungen grundsätzlich nicht begründet werden müssten. Hinzu komme, dass die Kritik des Beschwerdeführers auch nicht sinnwidrig oder unvertretbar sei. Die Hoffnung des Ministeriums, die Einschaltung internationaler Organisationen werde gewährleisten, dass die Mittelverwendung ohne Einflussnahme eines menschenverachtenden, totalitären Regimes durchführbar sei, sei auf entsetzliche Weise naiv.
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c) Darüber hinaus werde der Sinngehalt einer Äußerung nicht allein vom Wortlaut bestimmt, sondern auch von deren für die Rezipienten erkennbaren Kontext. Die streitgegenständliche Äußerung sei aber Bestandteil einer Kurzmitteilung, mit der der Beschwerdeführer zugleich auf den per Link eingeblendeten Artikel hingewiesen habe. Gerade die Einbeziehung der Position der Bundesregierung und des Bundesministeriums sowie des zugrundeliegenden Sachverhalts machten deutlich, dass der Beschwerdeführer mit der streitigen Äußerung nicht behauptet habe, die Bundesregierung zahle unmittelbar Geld an die Taliban, sondern dass er den dargestellten Sachverhalt und die Rechtfertigung der Bundesregierung bewerte und kritisiere. Soweit das Kammergericht meine, es entspreche dem gewählten Medium, dass die Nutzer lediglich die Beiträge selbst läsen, gegebenenfalls kommentierten und an Dritte weiterleiteten, verkenne es die Funktion des Kurznachrichtendienstes, Leser auf längere Beiträge in anderen Medien gerade aufmerksam zu machen und möglichst hohe Klickzahlen zu generieren.
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d) Zu Unrecht habe das Kammergericht aber auch einen Unterlassungsanspruch des Staates bejaht. Staatlicher Ehrenschutz könne das Ziel verfolgen, dass die betroffenen staatlichen Einrichtungen ihre Funktion erfüllen könnten. Trete dieser Schutzzweck in einen Konflikt mit der Meinungsfreiheit, sei deren Gewicht jedoch unter dem Aspekt der Machtkritik besonders hoch zu veranschlagen. Diese Voraussetzungen habe das Kammergericht verkannt, soweit es eine Minderung des der kritisierten Behörde entgegengebrachten Vertrauens mit einer Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit gleichgesetzt habe. Allein das Erfordernis einer schwerwiegenden Funktionsbeeinträchtigung erscheine grundsätzlich geeignet, dem hohen Gewicht der Meinungsfreiheit gerecht zu werden und zu gewährleisten, dass der Ehrschutz von Hoheitsträgern auf die Gewährleistung eines zur Funktionserfüllung erforderlichen Mindestmaßes öffentlicher Anerkennung beschränkt sei. Dieses Mindestmaß sei im vorliegenden Fall nicht erreicht. Im demokratischen Staat müsse sich die Regierung auch heftige und polemische Kritik gefallen lassen.
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5. Der Verfügungsklägerin sowie der Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt, wovon die Verfügungsklägerin Gebrauch gemacht hat. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen Fragen im Bereich des Äußerungsrechts bereits entschieden (vgl. BVerfGE 85, 1; 99, 185; 114, 339). Dies gilt namentlich für die notwendige, unter interpretationsleitender Berücksichtigung der Grundrechte stattfindende Erfassung des Sinngehalts einer Äußerung (vgl. BVerfGE 82, 43 52>; 85, 1 13 f.>; 93, 266 295 f.>; 114, 339 348>; 152, 152 185 f. Rn. 78>), für die Abgrenzung von Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen (vgl. BVerfGE 85, 1 14 ff.>; 90, 241 247>; 93, 266 295>) sowie für das Gebot einer Abwägung zwischen der Gefährdung der Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen durch die Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung andererseits (vgl. BVerfGE 93, 266 291>; 124, 300 332 ff.>). Danach ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet. Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG.
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1. Die fristgerecht erhobene Verfassungsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
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a) Insbesondere steht ihr nicht der Grundsatz der materiellen Subsidiarität entgegen. Zwar gebietet dieser regelmäßig die Erschöpfung des Rechtswegs auch in der Hauptsache, wenn im einstweiligen Rechtsschutz Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich - wie hier - ebenso auf die Hauptsache beziehen (vgl. BVerfGE 77, 381 401>; 79, 275 278 f.>; 86, 15 22>; 104, 65 70 f.>; stRspr). Auf den fachgerichtlichen Rechtsweg in der Hauptsache dürfen Beschwerdeführer aber dann nicht verwiesen werden, wenn die Durchführung des Hauptsacheverfahrens unzumutbar ist. Das ist hier der Fall. Denn das dem Beschwerdeführer in der Hauptsache verbleibende Aufhebungsverfahren (durch Antrag auf Fristsetzung zur Klageerhebung nach § 926 Abs. 1 ZPO beziehungsweise, bei obsiegender negativer Feststellungsklage, nach § 927 ZPO, jeweils in Verbindung mit § 936 ZPO) erscheint angesichts der nicht nur summarischen Prüfung des Kammergerichts aussichtslos. Für die Entscheidung bedarf es zudem auch keiner weiteren Tatsachenfeststellungen, womit die tatsächliche beziehungsweise fachrechtliche Lage zur verfassungsrechtlichen Beurteilung ausreichend geklärt ist und auch im Übrigen die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 401 f.>; 79, 275 278 f.>).
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b) Ob der Beschwerdeführer, wie die Verfügungsklägerin annimmt, gehalten war, zur Erschöpfung des Rechtswegs nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG beziehungsweise zur Wahrung des in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden Subsidiaritätsgrundsatzes gemäß § 936 ZPO in Verbindung mit § 924 ZPO Widerspruch einzulegen, obwohl die einstweilige Verfügung erstmals in der Beschwerdeinstanz erlassen wurde, kann offenbleiben. Denn selbst wenn dies für die mündliche Verhandlung über den Widerspruch nach § 936 ZPO in Verbindung mit § 924 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wie die Verfügungsklägerin vorbringt, zur erneuten Zuständigkeit des Landgerichts führte, wäre für den Fall einer abändernden Entscheidung des Landgerichts nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer in einer für die Verfügungsklägerin dann gemäß § 936 ZPO in Verbindung mit § 925 Abs. 1, § 511 Abs. 1 ZPO eröffneten Berufungsinstanz mit einem für ihn günstigeren Ausgang vor dem Kammergericht hätte rechnen können. Von einem vornherein aussichtslosen Rechtsbehelf muss aber nicht Gebrauch gemacht werden (vgl. BVerfGE 70, 180 186 f.>; 79, 275 278 f.>).
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch im Sinne von § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet.
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a) Nicht zu beanstanden ist allerdings der Ausgangspunkt des Kammergerichts, wonach juristischen Personen des öffentlichen Rechts zivilrechtlicher Rechtsschutz gegen herabsetzende Äußerungen lediglich in eingeschränktem Umfang eröffnet ist, und wonach die rechtliche Beurteilung von Äußerungen maßgeblich von ihrem Sinngehalt und ihrer Einordnung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung abhängt.
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aa) Dem Staat kommt kein grundrechtlich fundierter Ehrenschutz zu. Während in Fällen, in denen sich die Meinungsfreiheit des Äußernden und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des von der Äußerung Betroffenen gegenüberstehen, die Feststellung einer rechtswidrigen Verletzung regelmäßig eine ordnungsgemäße Abwägung zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung andererseits voraussetzt (vgl. BVerfGE 61, 1 8 ff.>; 85, 1 14 ff.>; 93, 266 293 ff.>; 99, 185 196 ff.>; 114, 339 348>; 152, 152 186 f. Rn. 80 f.>), hat der Staat grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten. Die Zulässigkeit von Kritik am System ist Teil des Grundrechtestaats (vgl. BVerfGE 93, 266 292 f.>; Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. September 2008 - 1 BvR 1565/05 -, Rn. 13; vom 28. November 2009 - 1 BvR 917/09 -, Rn. 24).
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Zwar dürfen grundsätzlich - wie sich ausweislich § 194 Abs. 3 Satz 2 StGB etwa in der Schutznorm des § 185 StGB niederschlägt - auch staatliche Einrichtungen vor verbalen Angriffen geschützt werden, da sie ohne ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Akzeptanz ihre Funktion nicht zu erfüllen vermögen (vgl. BVerfGE 93, 266 291>; 124, 300 332 ff.>). Ihr Schutz darf indessen nicht dazu führen, staatliche Einrichtungen gegen öffentliche Kritik - unter Umständen auch in scharfer Form - abzuschirmen, die von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit in besonderer Weise gewährleistet werden soll, und der zudem das Recht des Staates gegenübersteht, fehlerhafte Sachdarstellungen oder diskriminierende Werturteile klar und unmissverständlich zurückzuweisen (vgl. BVerfGE 148, 11 30 Rn. 59>; 154, 320 338 Rn. 52>; 162, 207 232 Rn. 79>). Tritt der Zweck, die öffentliche Anerkennung zu gewährleisten, die erforderlich ist, damit staatliche Einrichtungen ihre Funktion erfüllen können, in einen Konflikt mit der Meinungsfreiheit, erlangt der Einfluss von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG daher gesteigerte Bedeutung (vgl. BVerfGE 28, 191 202>; 93, 266 291>). Das Gewicht des für die freiheitlich-demokratische Ordnung schlechthin konstituierenden Grundrechts der Meinungsfreiheit (vgl. BVerfGE 7, 198 208>) ist dann besonders hoch zu veranschlagen, da es gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist und darin unverändert seine Bedeutung findet (vgl. BVerfGE 93, 266 292 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. November 2011 - 1 BvR 917/09 -, Rn. 24; vom 4. April 2024 - 1 BvR 820/24 -, Rn. 12).
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bb) Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung von Äußerungen ist, dass ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist (vgl. BVerfGE 93, 266 295>; 114, 339 348>; 124, 300 345>; stRspr). Fachgerichtliche Entscheidungen, die den Sinn der angegriffenen Äußerung erkennbar verfehlen und darauf ihre rechtliche Würdigung stützen, verstoßen gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit (vgl. BVerfGE 93, 266 295 f.>; 124, 300 345>). Da unter diesen Umständen schon auf der Deutungsebene Vorentscheidungen über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Äußerungen fallen, ergeben sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur Anforderungen an die Auslegung und Anwendung grundrechtsbeschränkender Gesetze, sondern auch an die Deutung umstrittener Äußerungen (vgl. BVerfGE 93, 266 295>; 114, 339 348>; 124, 300 345>).
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(1) Maßgeblich für die Deutung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat (vgl. BVerfGE 82, 43 52>; 93, 266 295>; 114, 339 348>; 124, 300 345>). Fernliegende Deutungen sind auszuscheiden (vgl. BVerfGE 93, 266 296>; 114, 339 348>). Auszugehen ist stets vom Wortlaut der Äußerung. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und den Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt, soweit diese für die Rezipienten erkennbar waren (vgl. BVerfGE 67, 213 229 f.>; 93, 266 295 f.>; 124, 300 345>). Die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils wird den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (vgl. BVerfGE 82, 43 52>; 93, 266 295>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. November 2022 - 1 BvR 523/21 -, Rn. 15; vom 24. November 2023 - 1 BvR 1962/23 -, Rn. 4).
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(2) Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit sind verkannt, wenn die Gerichte eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik im verfassungsrechtlichen Sinne einstufen mit der Folge, dass sie dann nicht im selben Maß am Schutz des Grundrechts teilnimmt wie Äußerungen, die als Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden Charakter anzusehen sind (vgl. BVerfGE 85, 1 13 f.>; 82, 272 281>; 54, 208 215>; 43, 130 136 f.>). Während Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit geprägt werden und der Überprüfung mit Mitteln des Beweises zugänglich sind (vgl. BVerfGE 90, 241 247>; 94, 1 8>), handelt es sich bei einer Meinung um eine Äußerung, die durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt ist (vgl. BVerfGE 7, 198 210>; 61, 1 8>; 90, 241 247>; 124, 300 320>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. November 2022 - 1 BvR 523/21 -, Rn. 16). Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. BVerfGE 97, 391 403>). Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an (vgl. BVerfGE 93, 266 295>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 4. August 2016 - 1 BvR 2619/13 -, juris, Rn.13; vom 16. März 2017 - 1 BvR 3085/15 -, Rn. 13). Eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile einer Äußerung ist nur zulässig, wenn dadurch ihr Sinn nicht verfälscht wird. Wo dies nicht möglich ist, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden, weil andernfalls eine wesentliche Verkürzung des Grundrechtsschutzes drohte (vgl. BVerfGE 61, 1 9>; 90, 241 248>).
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cc) Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts, zu dem auch die im Streitfall herangezogenen Vorschriften der § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB, §§ 185 ff. StGB zählen, sind allerdings Aufgabe der Fachgerichte und können vom Bundesverfassungsgericht - abgesehen von Verstößen gegen das Willkürverbot - nur darauf überprüft werden, ob sie Auslegungsfehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des betroffenen Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen. Das ist der Fall, wenn die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung der Norm die Tragweite des Grundrechts nicht hinreichend berücksichtigt oder im Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit führt (vgl. BVerfGE 18, 85 92 f., 96>; 33, 125 168>; 85, 1 13>; 85, 248 257 f.>; 86, 122 129>; 102, 347 362>; 107, 275 280 f.>; 119, 1 22>; 148, 267 281>; stRspr). Da die fallübergreifende Wirkung der Verfassungsrechtsprechung gerade im Bereich der Kommunikationsgrundrechte wegen der Öffentlichkeitsbezogenheit der geschützten Handlungen erhebliche Bedeutung hat und schon einzelne Fehler bei der Auslegung des einfachen Rechts und der Deutung der Äußerung zu einer Fehlgewichtung des Grundrechts führen können, muss allerdings eine gegenüber anderen subjektiven Verfassungsrechten gesteigerte Prüfungsintensität Platz greifen, soll die Freiheit dieser Lebensäußerungen nicht in ihrer Substanz getroffen werden (vgl. BVerfGE 81, 278 289 f.>). Auch dann ist es jedoch regelmäßig nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfGE 129, 78 102>; 152, 152 185 f. Rn. 78>).
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b) Hieran gemessen, verstößt die Entscheidung des Kammergerichts gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, da sie den Sinn der angegriffenen Äußerung und deren Charakter einer Meinungsäußerung erkennbar verfehlt.
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aa) Nach den Feststellungen des Kammergerichts beinhaltete die Kurznachricht des Beschwerdeführers über den von diesem formulierten Mitteilungstext hinaus die Überschrift des verlinkten Artikels sowie ein Foto, das die Bundesministerin des Auswärtigen und die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Gespräch zeigt. Diesen für die Rezipienten erkennbaren Kontext zieht das Kammergericht für seine Sinndeutung nicht heran, sondern meint, dass die Überschrift des Artikels - auf das Foto geht es nicht ein - seiner Sinndeutung "nicht entgegen" stehe. Eine Begründung hierfür gibt es nicht, sondern führt im Folgenden lediglich aus, dass der Inhalt des Artikels zur Sinndeutung nicht heranzuziehen sei, da er für den Leser ohne weitere "Recherche" nicht erkennbar sei. Ob diese - für den Inhalt des Artikels - gezogene Kontextgrenze (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 40) angesichts der bloßen Notwendigkeit, ein in der Kurznachricht enthaltenen Internet-Link anzuklicken, wie auch in Hinblick auf die implizite, nicht nachvollziehbar begründete Annahme des Kammergerichts, in Kurznachrichten verlinkte - hier sogar als Vorschau dargestellte - Inhalte klicke der Nutzer "entsprechend dem gewählten Medium" nicht an, tragfähig ist, kann mangels Auseinandersetzung bereits mit der Titelzeile des Artikels offenbleiben. Aus der Sicht eines Durchschnittslesers war es bereits angesichts der wiedergegebenen Vorschau des verlinkten Artikels ein hervorstechendes Anliegen des Beschwerdeführers, zwischen seiner Kurznachricht und einem hiermit verlinkten Nachrichtenartikel auf "(…)" einen inhaltlichen Bezug herzustellen. Wird für die Kontextbestimmung einer Äußerung eine hierin für den Rezipienten erkennbar in Bezug genommene, inhaltlich sogar unmittelbar wahrnehmbare Schlagzeile eines Nachrichtenartikels ausgeblendet, verfehlt bereits dies die sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenen Anforderungen an die Deutung umstrittener Äußerungen.
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bb) Auf der Grundlage dieser mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht in Einklang zu bringenden Kontextbestimmung verkürzt das Kammergericht das Grundrecht der Meinungsfreiheit ferner, wenn es die Äußerung des Beschwerdeführers als unwahre Tatsachenbehauptung einstuft.
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(1) Indem das Kammergericht für seine Beurteilung die in der Kurznachricht wiedergegebene Schlagzeile "Deutschland zahlt wieder Entwicklungshilfe für Afghanistan" ausblendet, verharrt seine Sinndeutung auf einer isolierten Betrachtung des durch den Beschwerdeführer formulierten Kurznachrichtentextes. Auf dessen Grundlage gelangt es zu der Einschätzung, der an der Bundesregierung geübten Kritik eines "Irrenhauses" könne ein nachvollziehbarer Sinn "nur dann" entnommen werden, wenn eine Zahlung von Entwicklungshilfe an die derzeitigen Machthaber in Afghanistan behauptet werde, da der Durchschnittsleser eine Unterstützung regierungsferner Institutionen nicht als "irres Vorgehen" ansehe. Die schon bei bloßer Betrachtung des Kurznachrichtentextes naheliegende Möglichkeit, der Beschwerdeführer habe die Gefahr eines mittelbaren Zugutekommens von Zahlungen an die Machthaber in Afghanistan thematisiert, schließt es mit dem zirkulär entgegengesetzten Standpunkt aus, für den Durchschnittsleser ergebe sich die Behauptung, die Regierung habe "Zahlungen an die Taliban geleistet". Auch zieht es nicht in Erwägung, ob diese Annahme einer Tatsachenbehauptung angesichts der wiedergegebenen Schlagzeile "Deutschland zahlt wieder Entwicklungshilfe für Afghanistan" als fernliegend auszuscheiden und aus der Sicht eines Durchschnittslesers allein die zugespitzte Meinungsäußerung anzunehmen sei, mit einer Zahlung von "Entwicklungshilfe für Afghanistan" zahle Deutschland faktisch "Entwicklungshilfe an die Taliban". Auf den im Instanzenzug zuvor auf dieser Linie liegenden, maßgeblich an die in der Kurznachricht wiedergegebene Schlagzeile anknüpfenden Standpunkt des Landgerichts geht das Kammergericht nicht ein.
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(2) Zugleich verliert es aus dem Blick, dass die durch den Beschwerdeführer geübte Kritik an der Bundesregierung als Äußerung, die durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens geprägt ist, auch dann als Meinungsäußerung geschützt wird, wenn sich in ihr Tatsachen und Meinungen vermengten (vgl. BVerfGE 61, 1 9>; 90, 241 248>; 93, 266 295>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. November 2022 - 1 BvR 523/21 -, Rn. 16), und dass im Hinblick auf die durch das Kammergericht nicht in Erwägung gezogene Kritik des Beschwerdeführers an einer mittelbaren Finanzierung der "Taliban" weder die Verfügungsklägerin Zahlungen von Entwicklungshilfe "für Afghanistan" in Abrede stellt, noch die angegriffene Entscheidung in Zweifel zieht, dass die Gefahr ihres mittelbaren Zugutekommens an die Machthaber in Afghanistan besteht.
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cc) Ob die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers demgegenüber - und ohne weitergehende Feststellungen zur Reichweite und Aktualität der angegriffenen Äußerung - unter der Prämisse eines in seiner Meinungsäußerung enthaltenen unwahren Tatsachenkerns hinter dem Ziel zurückzutreten hätte, dass staatliche Einrichtungen ihre Funktion erfüllen können, kann bei dieser Sachlage offenbleiben. Von vornherein zu verneinen wäre dies allerdings bei einer mit wahren Tatsachen verbundenen Meinungsäußerung des Beschwerdeführers. Es hätte dann dabei zu verbleiben, dass der Staat grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten hat (vgl. BVerfGE 93, 266 292 f.>; Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. September 2008 - 1 BvR 1565/05 -, Rn. 13; vom 28. November 2011 - 1 BvR 917/09 -, Rn. 24).
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3. Die angegriffene Entscheidung beruht auf diesen Fehlern. Es ist nicht auszuschließen, dass das Kammergericht bei erneuter Befassung zu einer anderen Entscheidung kommt.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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