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BVerfG 10.09.2021 - 1 BvR 1029/20
BVerfG 10.09.2021 - 1 BvR 1029/20 - Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Fehlende Stellungnahmemöglichkeit zu Schriftsatz der Gegenseite begründet Gehörsverletzung - Entscheidung über Anhörungsrüge ohne nachvollziehbaren sachlichen Grund verstößt gegen Willkürverbot
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 93a Abs 2 Buchst b BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend SG Köln, 19. März 2020, Az: S 28 AS 751/20 ER, Beschluss
vorgehend SG Köln, 9. März 2020, Az: S 28 AS 751/20 ER, Beschluss
Tenor
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1. Der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19. März 2020 - S 28 AS 751/20 ER - verletzt den Beschwerdeführer zu 1) in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht Köln zurückverwiesen. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, soweit sie durch die Beschwerdeführerin zu 2) erhoben wurde.
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2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer zu 1) seine notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Entscheidung über eine Anhörungsrüge.
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I.
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1. a) Die miteinander verheirateten Beschwerdeführer zu 1) und zu 2) erhalten für sich und ihr minderjähriges Kind als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Mit Bescheiden vom 25. November 2019 teilte das Jobcenter den Beschwerdeführenden und ihrem Kind jeweils mit, dass es hinsichtlich der Bedarfsgemeinschaft zu einer Überzahlung von 257,67 Euro gekommen sei. Zugleich hob es die frühere Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum Januar 2019 bis November 2019 anteilig für jeden der drei Leistungsbezieher, mithin für jeden in Höhe von 85,89 Euro, auf. Zur Einziehung dieser Beträge erklärte es jeweils die Aufrechnung mit den monatlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2020 in Höhe von 10 % des maßgeblichen Regelbedarfs. Die Beschwerdeführenden legten hiergegen mit zwei separat am 21. Dezember 2019 per Fax übersandten Schreiben vom gleichen Tag jeweils für sich und ihr Kind Widerspruch ein.
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Mit an den Beschwerdeführer zu 1) gerichtetem Bescheid vom 8. Januar 2020 bewilligte das Jobcenter der Bedarfsgemeinschaft für das Jahr 2020 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von monatlich 1.506 Euro, bestimmte jedoch weiter, dass in den ersten drei Monaten ihm, dem Jobcenter, Teilbeträge dieser Leistungen ausgezahlt werden sollten (für die Monate Januar und Februar jeweils 38,20 Euro, für März 2020 jeweils 9,49 Euro). Der Beschwerdeführer zu 1) wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 13. Januar 2020 an das Jobcenter und widersprach den "Kürzungen".
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b) Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2020 beantragte der Beschwerdeführer zu 1) beim Sozialgericht, das Jobcenter im Eilverfahren anzuweisen, zu wenig gezahlte Leistungen für die Monate Januar und Februar unverzüglich auszuzahlen und für den Monat März den vollständigen Regelbedarf anzuweisen. In dem der Kürzung zugrundeliegenden Bescheid seien keine Gründe für die Einbehaltung der Beträge genannt und ihm seien auch keine solchen bekannt. Es liege nunmehr eine unrechtmäßige Bedarfsunterdeckung vor.
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c) Das Jobcenter beantragte hieraufhin mit Schriftsatz vom 2. März 2020 die Ablehnung des Antrags und verwies insoweit auf seine Bescheide vom 25. November 2019. Dagegen habe lediglich der Beschwerdeführer zu 1) für sich und sein Kind Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden sei. Die Beschwerdeführerin zu 2) habe nicht Widerspruch erhoben, so dass der Betrag in Höhe von 85,89 Euro, der ihr gegenüber aufgehoben worden sei, im Bescheid vom 8. Januar 2020 aufgerechnet werde. Da der Abzug mithin rechtmäßig sei, bestehe kein Anordnungsanspruch. Von diesem Schriftsatz des Jobcenters vom 2. März 2020 haben die Beschwerdeführenden vor dem gerichtlichen Beschluss keine Kenntnis erlangt.
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d) Mit Beschluss vom 9. März 2020 lehnte das Sozialgericht den Antrag des Beschwerdeführers zu 1) ab. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer zu 1) gemeinsam mit einer Durchschrift des Schriftsatzes des Jobcenters vom 2. März 2020 am 14. März 2020 zugestellt.
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Der Beschwerdeführer zu 1) habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Zur Erläuterung führt das Gericht aus:
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"Hintergrund war, dass der Antragsteller [richtig: Antragsgegner] mit bestandskräftigem Bescheid vom 25.11.2019 gegenüber der Ehefrau des Antragstellers deren Leistungen für die Zeit vom 01.11.2019 bis 30.11.2019 in Höhe von 85,89 EUR aufgehoben und die Aufrechnung mit den laufenden Leistungen beginnend mit dem 01.01.2020 angeordnet hatte. Die Einbehaltung des Betrages in der Gesamthöhe von 85,89 EUR erfolgte zu Recht.
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Dem Antragsteller (und seiner Bedarfsgemeinschaft) stehen keine höheren Leistungen zu. Das Einbehalten der Beträge in Höhe von zweimal 38,20 EUR in Januar und März [richtig: Februar] 2020 sowie 9,49 EUR im März 2020 erfolgte auf der Grundlage des Bescheides vom 25.11.2019.
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Unabhängig davon, dass der Bescheid [wohl vom 8. Januar 2020] die Umsetzung aus dem Bescheid vom 25.11.2019 lediglich dokumentiert, ergäbe sich auch nichts anderes, selbst wenn der Bescheid vom 08.01.2020 eine entsprechende eigenständige Regelung enthielte. Denn der Bescheid vom 25.11.2019 ist gegenüber der Ehefrau des Antragstellers bestandskräftig geworden. Ein Rechtsbehelf wurde nicht erhoben, sodass insoweit keine weitere Prüfung angezeigt war und auch für diesen Fall die Einbehaltung rechtmäßig wäre."
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2. a) Mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 16. März 2020 erhob der Beschwerdeführer zu 1) die Anhörungsrüge und beantragte, das Verfahren fortzuführen. Durch den Beschluss sei der Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Das Sozialgericht verkenne, dass der in Abrede gestellte Anordnungsanspruch bestehe. Dieser ergebe sich aus der aufschiebenden Wirkung, welche der Widerspruch der Beschwerdeführerin zu 2) gegen den Bescheid vom 25. November 2019 entfalte. Der Widerspruch sei der Antragsgegnerin am 21. Dezember 2019 zugegangen. Ungeachtet dessen stelle die Antragsgegnerin den Zugang in Frage und behaupte die Bestandskraft des Bescheids. Dieser Fehler hätte im gerichtlichen Verfahren unschwer aufgeklärt werden können, wenn dem Beschwerdeführer zu 1) auf die Stellungnahme der Gegenseite rechtliches Gehör gewährt worden wäre. Stattdessen fuße der Beschluss des Gerichts vom 9. März 2020 auf den fehlerhaften Angaben der Antragsgegnerin, der Bescheid vom 25. November 2019 sei in Rechtskraft erwachsen, was bedingt durch den Widerspruch vom 21. Dezember 2019 gerade nicht der Fall sei.
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b) Mit angegriffenem Beschluss vom 19. März 2020 wies das Sozialgericht die Anhörungsrüge zurück. Hierzu führt das Gericht aus:
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"Alleine der Umstand, dass das Gericht zu einer anderen als der vom Antragsteller vertretenen Auffassung gelangt ist, stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar […]. Ob die Ehefrau des Antragstellers wirksam Widerspruch erhoben hat, kann dahinstehen, da die Entscheidung darauf nicht alleine gestützt wurde. Auch falls Widerspruch erhoben worden wäre, wäre der Antrag immer noch abzulehnen gewesen."
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3. Die Beschwerdeführenden rügen mit ihrer fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde vom 13. April 2020 die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG (Recht auf rechtliches Gehör) ausdrücklich nur hinsichtlich der Zurückweisung der Anhörungsrüge durch den Beschluss des Sozialgerichts vom 19. März 2020. Die Zurückweisung durch das Gericht beruhe entscheidungserheblich darauf, dass ihnen keine Möglichkeit eingeräumt worden sei, auf die Stellungnahme des Jobcenters zu erwidern. Wäre ihnen die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt worden, hätten sie den Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid vorgelegt und auf dessen aufschiebende Wirkung verwiesen. Die Auffassung des Sozialgerichts im Rahmen seiner Zurückweisung der Anhörungsrüge, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz auch abzulehnen gewesen wäre, wenn Widerspruch erhoben worden wäre, hielten sie grundsätzlich für falsch, denn dies negiere und ignoriere § 86a Sozialgerichtsgesetz (SGG) und seine Wirkung völlig.
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Das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen und der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens sind beigezogen worden.
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II.
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1. Die Kammer gibt der Verfassungsbeschwerde statt, soweit diese durch den Beschwerdeführer zu 1) erhoben ist, weil dies zur Durchsetzung seiner Grundrechte angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG) (a). Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen (b). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen bereits geklärt (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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a) Der angegriffene Beschluss des Sozialgerichts vom 19. März 2020 verletzt den Beschwerdeführer zu 1) in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der dem angegriffenen Beschluss vorausgegangene, mit der Verfassungsbeschwerde nicht eigens angegriffene Beschluss des Sozialgerichts vom 9. März 2020 verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (aa). Der angegriffene Beschluss vom 19. März 2020, durch den die Anhörungsrüge zurückgewiesen wurde, verletzt den Beschwerdeführer zu 1) in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung als Willkürverbot (bb). Die angegriffene Entscheidung beruht auf diesem Verstoß (cc).
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aa) Dem angegriffenen Beschluss über die Anhörungsrüge ging ein Gehörsverstoß im Eilverfahren voraus.
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Art. 103 Abs. 1 GG gewährt jedem Verfahrensbeteiligten die grundsätzliche Möglichkeit, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass einer Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (vgl. BVerfGE 1, 418 429>; 84, 188 190>; stRspr). Insoweit ist der Anspruch auf rechtliches Gehör eng verknüpft mit dem Recht auf Information. Eine Art. 103 Abs. 1 GG genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die Verfahrensbeteiligten zu erkennen vermögen, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Der Anspruch umfasst damit auch die Gelegenheit, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern, also grundsätzlich auch zu jeder dem Gericht zur Entscheidung unterbreiteten Stellungnahme der Gegenseite (vgl. BVerfGE 19, 32 36>; 49, 325 328>; 55, 95 98>). Eine Verletzung scheidet daher nicht schon deshalb aus, weil sich eine Partei in einem früheren Stadium des Verfahrens hat äußern können oder geäußert hat. Vielmehr darf ein Gericht seiner Entscheidung keine Tatsachen oder Beweisergebnisse zugrunde legen, ohne den Parteien vorher Gelegenheit zu geben, sich zu ihnen zu äußern (vgl. BVerfGE 1, 418 429>; 10, 177 182 f.>; 64, 135 144>; 84, 188 190>).
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Gemessen an diesem Maßstab hat das Sozialgericht mit seinem Beschluss vom 9. März 2020 den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Es hat dem Beschwerdeführer zu 1) keine Möglichkeit zur Stellungnahme zum Schriftsatz des Jobcenters vom 2. März 2020 eingeräumt, obwohl es den hierin erstmals geäußerten Vortrag, die Beschwerdeführerin zu 2) habe gegen den Bescheid vom 25. November 2019 keinen Rechtsbehelf erhoben, der Entscheidung zugrunde gelegt hat. Die vom Beschwerdeführer zu 1) im anschließenden Anhörungsrügeverfahren bestrittenen Annahmen, die Beschwerdeführerin zu 2) habe keinen Widerspruch eingelegt und der ihr gegenüber ergangene Bescheid vom 25. November 2019 sei bestandskräftig, bilden die tragende Begründung des Gerichtsbeschlusses vom 9. März 2020. Die vom Gericht angedeuteten Alternativerwägungen (oben I 1 d) sind schlechterdings nicht nachvollziehbar und führen das Gericht ohnehin allein zu der hier Art. 103 Abs. 1 GG verletzenden Annahme zurück, der Bescheid vom 25. November 2019 sei gegenüber der Beschwerdeführerin zu 2) bestandskräftig geworden.
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Dieser Gehörsverstoß wurde im Rahmen des Anhörungsrügeverfahrens nicht geheilt. Wenn das Gericht einem Gehörsverstoß durch bloße Rechtsausführungen im Anhörungsrügebeschluss zum Vorbringen des Betroffenen in der Anhörungsrüge abhelfen könnte, wäre es zwar reine Förmelei, von Verfassungs wegen die Fortführung des Verfahrens zu verlangen, obwohl sich das Gericht schon unter Berücksichtigung des übergangenen Vortrags eine abschließende Meinung gebildet hat und klar ist, dass eine für den Beteiligten günstigere Lösung ausgeschlossen ist, also die Entscheidung nicht auf der Gehörsverletzung beruht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. April 2020 - 1 BvR 2326/19 -, Rn. 14 m.w.N.). Der angegriffene Beschluss vom 19. März 2020 enthält jedoch keine derartigen Ausführungen, die zu einer Heilung hätten führen können.
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bb) Der angegriffene Beschluss vom 19. März 2020 verletzt den Beschwerdeführer zu 1) in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in dessen Ausprägung als objektives Willkürverbot, weil die Anhörungsrüge aus schlechterdings nicht nachvollziehbaren Gründen zurückgewiesen wurde.
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(1) Der Feststellung, dass die angegriffene Entscheidung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer zu 1) geltend macht, die angegriffene Entscheidung verstoße gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
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Ein Beschluss über eine Anhörungsrüge verstößt allerdings nicht schon deshalb selbst gegen Art. 103 Abs. 1 GG, weil er zu Unrecht - sei es auch willkürlich - einem vorausgehenden Gehörsverstoß nicht abhilft (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 31. Januar 2020 - 2 BvR 2992/14 -, Rn. 35 m.w.N.; stRspr).
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Der im Verfassungsbeschwerdeverfahren anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführer zu 1) hat jedoch in der Sache auch dargelegt, dass die angegriffene Entscheidung willkürlich sei. Er führt aus, die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz immer noch abzulehnen gewesen wäre, wenn Widerspruch erhoben worden wäre, halte er grundsätzlich für falsch, weil dies § 86a SGG und seine Wirkung völlig negiere und ignoriere. Unabhängig davon ist das Bundesverfassungsgericht ohnehin nicht gehindert, weitere als die vom Beschwerdeführer ausdrücklich benannten Grundrechte in die Prüfung einzubeziehen, soweit sich die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung in Blick auf dieselbe Beschwer auch oder vorrangig im Blick auf andere Grundrechte ergeben kann. Innerhalb des durch die geltend gemachte Beschwer bestimmten Streitgegenstandes prüft das Bundesverfassungsgericht alle insoweit in Betracht zu ziehenden Grundrechte (vgl. BVerfGE 148, 267 278 Rn. 27>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, Rn. 127).
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(2) Ein Richterspruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung etwa dann, wenn der Inhalt einer Norm in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird. Von willkürlicher Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 - 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35; stRspr).
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Danach verstößt die angegriffene Entscheidung gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Entscheidung des Gerichts, der Beschluss vom 9. März 2020 verletzte nicht den Anspruch des Beschwerdeführers zu 1) auf rechtliches Gehör, entbehrt jedes nachvollziehbaren sachlichen Grundes. Aus den knappen Ausführungen des Anhörungsrügebeschlusses wird nicht verständlich, warum der Antrag des Beschwerdeführers zu 1) auch dann abzulehnen gewesen wäre, wenn er hätte vortragen können, dass die Beschwerdeführerin zu 2) entgegen der Annahme des Gerichts doch Widerspruch erhoben hatte und warum dahinstehen kann, ob die Beschwerdeführerin zu 2) wirksam Widerspruch erhoben habe. Die hier formelhaft getroffene Feststellung des Gerichts, alleine der Umstand, dass das Gericht zu einer anderen als der vom Antragsteller vertretenen Auffassung gelangt sei, stelle keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, führt nicht weiter, weil nicht zu erkennen ist, worauf sich dies hier sinnvoll beziehen könnte.
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cc) Dass der Beschwerdeführer zu 1) seinen Antrag im Ausgangsverfahren in einer Weise formuliert hat, die so nicht ohne Weiteres zum Erfolg führen könnte, steht der Aufhebung der angegriffenen Entscheidung nicht entgegen.
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Zwar ist - was vom Sozialgericht allerdings in keinem seiner beiden Beschlüsse angesprochen wurde - denkbar, dass der Antrag des Beschwerdeführers zu 1) in seiner ursprünglichen Formulierung erfolglos geblieben wäre, weil er einen hierfür notwendigen Anordnungsgrund nicht hätte glaubhaft machen können. Ein Anordnungsgrund für die Verpflichtung einer Behörde zur Gewährung existenzsichernder Leistungen setzt die Glaubhaftmachung voraus, dass dies zur Abwehr einer die Existenz bedrohenden Notlage erforderlich ist. Eine solche Eilbedürftigkeit liegt in der Regel nicht vor, wenn die Beteiligten - wie hier - nur um geringe Abzüge innerhalb eines überschaubaren Zeitraums streiten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. März 2019 - L 7 AS 634/19 ER-B -, juris, Rn. 10 m.w.N. zur entsprechenden obergerichtlichen Rechtsprechung; ferner mit vergleichbarer Wertung § 43 SGB II sowie BVerfGE 152, 68 126 ff.>). Hier betrug die Minderung des maßgebenden Regelbedarfs der Beschwerdeführerin zu 2) infolge der Aufrechnung für die Monate Januar und Februar 2020 lediglich jeweils 10 % und für den Monat März 2020 2,5 %, was den Gesamtbetrag der Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft von 1.506 Euro um etwa 2,5 % beziehungsweise um etwa 0,6 % verringerte.
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Bei Fortführung des Verfahrens hätte der Beschwerdeführer zu 1) seinen Eilantrag aber - wie er in der Verfassungsbeschwerde vorträgt - dahin abändern können, das Sozialgericht möge die von der Behörde missachtete aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Beschwerdeführerin zu 2) auf der Grundlage des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG analog deklaratorisch feststellen (vgl. Klerks/Ottersbach, in: Berlit/Conradis/Pattar, Existenzsicherungsrecht, 3. Aufl. 2019, Kap. 61 Rn. 12 m.w.N.). Seiner Verpflichtung folgend, auf sachdienliche Anträge hinzuwirken, hätte das Sozialgericht eine solche Antragsumstellung ohnehin selbst angeregt oder sie im Wege der Umdeutung vorgenommen (vgl. BSG, Beschluss vom 1. März 2018 - B 8 SO 52/17 B -, juris, Rn. 6 m.w.N.).
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b) In Bezug auf die Beschwerdeführerin zu 2) wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da es ihr insoweit an der Beschwerdebefugnis mangelt. Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG voraus, dass die Beschwerdeführenden behaupten, durch die öffentliche Gewalt in einem ihrer Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt zu sein, und dass dies zumindest möglich erscheint (vgl. BVerfGE 79, 1 13 ff.>; 83, 216 227>; 83, 341 351 f.>; 129, 49 67 f.>). Eine von der Beschwerdeführerin zu 2) behauptete Verletzung ihres Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG durch die angegriffene Entscheidung kommt jedoch nicht in Betracht, weil jene weder als Antragstellerin noch sonstig an den sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt gewesen ist.
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2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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