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BVerfG 13.09.2020 - 2 BvR 2082/18
BVerfG 13.09.2020 - 2 BvR 2082/18 - Stattgebender Kammerbeschluss: Unzureichende gerichtliche Sachaufklärung hinsichtlich einer Schutzgewährung durch einen Drittstaat im Asylverfahren (§ 29 Abs 1 Nr 2 AsylG <juris: AsylVfG 1992>) verletzt Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 S 1 GG) - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 1 Abs 1 Nr 2 AsylVfG 1992, § 29 Abs 1 Nr 2 AsylVfG 1992, § 35 AsylVfG 1992, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 86 Abs 1 VwGO
Vorinstanz
vorgehend VG Frankfurt, 10. August 2018, Az: 3 K 9660/17.F.A, Urteil
Tenor
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 10. August 2018 - 3 K 9660/17.F.A - verletzt die Rechte der Beschwerdeführer aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidung wird aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.
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Das Land Hessen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
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Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 (in Worten: zehntausend) Euro festgesetzt.
Gründe
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I.
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1. Die Beschwerdeführer sind nigerianische Staatsangehörige. Die 1989 geborene Beschwerdeführerin zu 1. ist die Mutter der minderjährigen Beschwerdeführer zu 2. bis 4.
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Die Beschwerdeführerin zu 1. verließ Nigeria im Dezember 2010 und hielt sich sodann etwa sechs Monate in Libyen, etwa drei Jahre in Malta und etwa ein Jahr in Italien auf. In Malta wurde der Beschwerdeführer zu 2. geboren, in Italien der Beschwerdeführer zu 3. Die Beschwerdeführer zu 1. bis 3. reisten im Oktober 2015 nach Deutschland weiter; einen Monat später kam der Beschwerdeführer zu 4. zur Welt. Der Ehemann der Beschwerdeführerin zu 1. und Vater der Beschwerdeführer zu 2. bis 4. reiste im März 2016 nach Deutschland ein.
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Die Familie stellte im November 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylanträge.
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In der persönlichen Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 26. April 2017 gab die Beschwerdeführerin zu 1. an, nicht nach Malta oder nach Italien überstellt werden zu wollen; in beiden Staaten sei sie nicht hinreichend unterstützt worden. In Malta verfüge sie über keinen Schutzstatus; dort sei ihr Asylantrag abgelehnt worden. In Italien habe sie subsidiären Schutz für ein Jahr erhalten.
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Mit Verfügung vom 14. Juli 2017 trennte das Bundesamt das Verfahren der Beschwerdeführer vom Verfahren des Ehemannes der Beschwerdeführerin zu 1. / Vaters der Beschwerdeführer zu 2. bis 4. unter Verweis darauf, dass die Beschwerdeführerin zu 1. in Italien bereits subsidiären Schutz erhalten habe, ab.
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In einem Vermerk vom 28. August 2017 hielt das Bundesamt fest, dass die Angabe der Beschwerdeführerin zu 1., dass sie in Italien subsidiären Schutz erhalten habe, für den Erlass eines Drittstaatenbescheides allein nicht ausreiche. Deswegen sei zur Aufklärung des Sachverhalts eine Anfrage zum Ausgang des Verfahrens in Italien an die Liaisonbeamtin zu richten. Auch solle nach Möglichkeit geklärt werden, ob die Kinder, das heißt die Beschwerdeführer zu 2. und 3., ebenfalls einen Schutzstatus erhalten hätten und ob dieser noch fortbestehe.
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In einem weiteren Vermerk vom 12. Oktober 2017 heißt es, die Liaisonbeamtin habe sich mittlerweile in Absprache mit Referat DU1 aufgrund der hohen Anzahl von Anfragen "für unzuständig erklärt". Auch hätten sich keine weiteren Erkenntnisquellen ergeben. Nach derzeitigem Sachstand sei somit von einem Erstverfahren auszugehen.
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2. Mit Bescheid vom 27. November 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Beschwerdeführer ab und drohte ihnen die Abschiebung nach Nigeria an. Sie hätten im Hinblick auf ihr Heimatland Nigeria weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch auf die Gewährung subsidiären Schutzes oder die Feststellung von Abschiebungsverboten.
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3. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer am 12. Dezember 2017 Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main.
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4. Im April 2018 wurde das vierte Kind der Beschwerdeführerin zu 1. - eine Tochter - geboren; der für sie gestellte Asylantrag blieb ebenfalls erfolglos. Die Beschwerdeführerin zu 1. und ihr Ehemann erhoben für ihre Tochter Klage.
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5. Am 10. August 2018 fand sowohl im Verfahren der Beschwerdeführer als auch im Verfahren der Tochter die mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerin zu 1. gab erneut an, in Italien subsidiären Schutz erhalten zu haben. Die entsprechenden italienischen Unterlagen habe sie in Gießen abgegeben; sie müssten sich bei der Behördenakte befinden. Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Behördenakte solche Unterlagen nicht enthalte, legte sie Dokumente in italienischer Sprache vor, unter anderem zwei "Titol[i] di Viaggio per Stranieri" für die Beschwerdeführer zu 2. und 3. Daraufhin wurde in der mündlichen Verhandlung die Frage erörtert, welche Bedeutung einer Gewährung subsidiären Schutzes in Italien zukomme.
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6. Mit Urteil vom 10. August 2018, bekanntgegeben am 17. August 2018, wies das Verwaltungsgericht die Klage als offensichtlich unbegründet ab. Der Bescheid des Bundesamts vom 27. November 2017 sei offensichtlich rechtmäßig und verletze die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten. Sie hätten offensichtlich weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) noch auf die Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Abschiebungsverbote lägen gleichfalls nicht vor.
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Die Abschiebungsandrohung beruhe auf § 34 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG. Das Bundesamt habe den Beschwerdeführern im angefochtenen Bescheid zutreffend die Abschiebung nach Nigeria angedroht. Dass die Beschwerdeführerin zu 1. in Italien bereits subsidiären Schutz erhalten habe mit der Folge, dass ihr die Abschiebung dorthin angedroht werden müsse, lasse sich nicht feststellen. Sie habe angegeben, in Italien subsidiären Schutz für ein Jahr erhalten zu haben. Dies belege zur Überzeugung des Gerichts, dass ihr dort kein subsidiärer Schutz gewährt worden sei; in diesem Falle wäre ihr nämlich eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer von fünf Jahren bewilligt worden (www.asylumin-europa.org - Italien; medienservicestelle.at - Stichwort: Asyl in der EU: Unterschiedliche Rechte für Flüchtlinge). Nichts anderes ergebe sich aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen; die Meldebescheinigung der Provinz Campobasso sei eine Erlaubnis zur Durchführung des Asylbegehrens entsprechend der deutschen Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 AsylG.
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7. Mit weiterem Urteil vom 10. August 2018 wies das Verwaltungsgericht auch die Klage der Tochter ab.
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8. Eine von den Beschwerdeführern am 30. August 2018 erhobene Anhörungsrüge, mit welcher sie geltend machten, das Verwaltungsgericht habe in dem ihnen gegenüber ergangenen Urteil übersehen, dass das Urteil der Tochter/ Schwester von demselben Tag noch berufungsfähig und damit eine Entscheidung gemäß § 26 AsylG nach wie vor möglich sei, wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. September 2018 zurück.
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II.
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1. Die Beschwerdeführer haben am 17. September 2018 gegen das Urteil vom 10. August 2018 Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügen eine Verletzung ihres Rechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
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a) Das Urteil verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, weil sich das Verwaltungsgericht nicht mit den im Verfahren vorliegenden Anhaltspunkten für eine Schutzgewährung in Italien auseinandergesetzt habe. Die Beschwerdeführerin zu 1. habe sowohl beim Bundesamt als auch im Klageverfahren angegeben, in Italien subsidiären Schutz erhalten zu haben. In der mündlichen Verhandlung habe sie insbesondere zwei "Titol[i] di Viaggio per Stranieri" (= Reisetitel für Ausländer) für die Beschwerdeführer zu 2. und 3. sowie italienische Krankenversicherungskarten für sich und die Kinder vorgelegt; das Urteil des Verwaltungsgerichts verhalte sich zu diesen Umständen nicht.
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Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 21. November 2017 (1 C 39.16; juris) festgestellt, dass, wenn in einem Asylverfahren zweifelhaft sei, ob dem Schutzsuchenden bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat internationaler Schutz gewährt worden sei, das Gericht diesen Sachverhalt aufklären müsse, soweit die Zulässigkeit eines erneuten Schutzantrags von dieser Frage abhänge; dies gelte auch dann, wenn ein an den anderen EU-Mitgliedstaat gerichtetes Aufnahmeersuchen nach den Dublin-Vorschriften unbeantwortet geblieben sei. Ein Tatsachengericht verletze seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung, wenn sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2015 - 1 B 2.15 -, juris, Rn. 2).
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Das Bundesamt sei von der Ansicht, dass der Beschwerdeführerin zu 1. in Italien bereits subsidiärer Schutz gewährt worden sei, nur abgerückt, weil die italienische Liaisonbeamtin keine Zeit gehabt habe, seine Anfrage zu beantworten. Das Verwaltungsgericht hätte eine eigenständige Anfrage an die Liaisonbeamtin stellen können; diese hätte ergeben können, dass der Beschwerdeführerin zu 1. in Italien bereits subsidiärer Schutz gewährt worden sei. Daran ändere es auch nichts, dass die Beschwerdeführerin zu 1. angegeben habe, dass ihr in Italien nur eine einjährige Aufenthaltserlaubnis ausgehändigt worden sei. Soweit das Gericht darauf abstelle, dass der subsidiäre Schutzstatus in Italien zu einem fünfjährigen Aufenthaltstitel führe, beruhe dies auf Erkenntnismitteln aus dem Jahr 2016. Die Beschwerdeführerin zu 1. habe sich jedoch bereits 2014 in Italien aufgehalten; zu diesem Zeitpunkt habe der subsidiäre Schutzstatus nur einen dreijährigen Aufenthaltstitel zur Folge gehabt. Das Verwaltungsgericht habe sich mithin nicht einmal bemüht, die Daten für das relevante Jahr herauszusuchen. Die Frage, ob der Beschwerdeführerin zu 1. in Italien bereits subsidiärer Schutz gewährt worden sei, sei für das Asylverfahren der Beschwerdeführer in Deutschland auch entscheidungserheblich gewesen.
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b) Das Urteil entspreche auch nicht den Anforderungen an eine Klageabweisung als offensichtlich unbegründet gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht übersehen, dass das Verfahren der Tochter der Beschwerdeführerin zu 1. / Schwester der Beschwerdeführer zu 2. bis 4. noch berufungsfähig und damit nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Damit habe für die Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Entscheidung noch die Möglichkeit bestanden, einen Schutzstatus nach § 26 AsylG zu erlangen.
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2. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesamt und das Hessische Ministerium der Justiz hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung des Rechts der Beschwerdeführer auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
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1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. August 2018 verstößt gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG; das Gericht hätte die Frage, ob den Beschwerdeführern zu 1. bis 3. in Italien bereits der subsidiäre Schutz zuerkannt worden ist, bei der gegebenen Sachlage weiter aufklären müssen.
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a) Die Verfahrensgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG beschränkt sich nicht auf die Einräumung der Möglichkeit, die Gerichte gegen Akte der öffentlichen Gewalt anzurufen; sie gibt dem Bürger darüber hinaus einen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes verlangt nicht nur, dass jeder potenziell rechtsverletzende Akt der Exekutive in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einer richterlichen Prüfung unterstellt werden kann; vielmehr müssen die Gerichte den betroffenen Rechten auch tatsächliche Wirksamkeit verschaffen (vgl. BVerfGE 35, 263 274>; 40, 272 275>; 67, 43 58>; 84, 34 49>; stRspr).
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Die Anwendung des einfachen Rechts und die dazu erforderliche Aufklärung des Sachverhalts sind zwar grundsätzlich Sache der Fachgerichte. Diese unterliegen dabei jedoch einer Kontrolle, ob das Willkürverbot verletzt ist oder Fehler erkennbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 92 f.>; stRspr). Der einfachrechtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) kann - bezogen auf Asylverfahren - besonders dann verfassungsrechtliches Gewicht zukommen, wenn hinreichend substantiierte Behauptungen von Schutzsuchenden oder andere ins Verfahren eingeflossene Erkenntnisse auf Umstände zielen, die, ihr Vorliegen unterstellt, für die Verwirklichung hochrangiger grundrechtlicher Gewährleistungen von ausschlaggebender Bedeutung sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 31. Juli 2018 - 2 BvR 714/18 -, Rn. 19 m.w.N., und vom 10. Oktober 2019 - 2 BvR 1380/19 -, Rn. 13 ff. m.w.N.). In einer solchen Situation kann die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen die rechtsstaatlich gebotene Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten materiellen Rechte nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. BVerfGE 101, 275 294 f.>; stRspr).
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b) Diesen Vorgaben wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. August 2018, auf dessen Grundlage die Beschwerdeführer nach Nigeria - und nicht nach Italien - abgeschoben werden sollen, nicht gerecht. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidung des Bundesamts, die Asylanträge der Beschwerdeführer als Erstanträge zu behandeln und eine materielle Asylentscheidung im Hinblick auf das Heimatland der Beschwerdeführer Nigeria zu treffen, als rechtmäßig bestätigt, ohne den entscheidungserheblichen Sachverhalt − die (Vor-) Frage, ob den Beschwerdeführern zu 1. bis 3. in Italien bereits der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) − hinreichend aufzuklären.
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aa) Die italienische Liaisonbeamtin hat sich auf die Anfrage des Bundesamts, ob der Beschwerdeführerin zu 1. in Italien bereits der subsidiäre Schutz gewährt worden sei, lediglich "aufgrund der hohen Anzahl von Anfragen" für unzuständig erklärt. Weitere Erkenntnisquellen lagen dem Bundesamt nicht vor. Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin zu 1. sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren durchgehend angegeben, in Italien bereits subsidiären Schutz erhalten zu haben; dies hat sie getan, obwohl sie nach eigenen Angaben gar nicht nach Italien zurückkehren wollte und sich mit dieser Angabe folglich sogar schaden konnte. Die Beschwerdeführerin zu 1. hat im gerichtlichen Verfahren auch konkrete Anhaltspunkte dafür geliefert, dass ihr beziehungsweise ihren Kindern, den Beschwerdeführern zu 2. und 3., in Italien bereits der subsidiäre Schutz zuerkannt worden ist. Sie hat dem Verwaltungsgericht - neben weiteren Dokumenten - mit den "Titoli di Viaggio per Stranieri", das heißt mit den Reiseausweisen für die Beschwerdeführer zu 2. und 3., Dokumente vorgelegt, die eine Schutzgewährung in Italien jedenfalls hinreichend naheliegend erscheinen lassen: Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) bestimmt, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist und die keinen nationalen Pass erhalten können, Dokumente für Reisen außerhalb ihres Hoheitsgebiets ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen; Italien hat diese Richtlinienbestimmung in Art. 24 des Gesetzesdekrets 251/2007 in nationales Recht umgesetzt. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Reiseausweise den Beschwerdeführern zu 2. und 3. nicht infolge einer Gewährung subsidiären Schutzes, sondern auf anderer aufenthaltsrechtlicher Grundlage erteilt worden sind; vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin zu 1. widerspruchsfrei vorgetragen hat, in Italien subsidiären Schutz erhalten zu haben, spricht jedoch einiges dafür, dass sowohl die Beschwerdeführerin zu 1. als auch die Beschwerdeführer zu 2. und 3. den subsidiären Schutzstatus erhalten haben und dieser die rechtliche Grundlage für die Ausstellung der Reiseausweise war. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin zu 1. nur von der Gewährung des subsidiären Schutzstatus für ein Jahr gesprochen hat, reicht demgegenüber für sich genommen nicht aus, um eine Schutzgewährung durch Italien mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen.
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Diese im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehende Erkenntnislage zu der Frage, ob den Beschwerdeführern zu 1. bis 3. in Italien bereits der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, ist auf der Grundlage des Beschwerdevortrags nachvollziehbar und für die Verwirklichung des Grundrechts der Beschwerdeführer aus Art. 2 Abs. 2 GG ausschlaggebend. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG bestimmt, dass ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. § 35 AsylG regelt, dass das Bundesamt dem Ausländer in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG die Abschiebung in den Staat androht, in dem er vor Verfolgung sicher war (hier: Italien). § 29 und § 35 AsylG gewähren dem Bundesamt kein Wahlrecht in Bezug auf die Unzulässigkeitsentscheidung: Liegen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vor, hat das Bundesamt den Asylantrag des Ausländers als unzulässig abzulehnen und diesem die Abschiebung in den Staat, der ihm internationalen Schutz gewährt hat, anzudrohen (so auch BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 -, juris, Rn. 30). Eine Abschiebung in den Herkunftsstaat ist im Falle einer bereits erfolgten Schutzgewährung durch einen anderen Mitgliedstaat untersagt (vgl. Marx, AsylG, 10. Aufl. 2019, § 29 Rn. 102; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 29 Rn. 6, April 2017).
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Sollte sich herausstellen, dass der in Deutschland gestellte Asylantrag der Beschwerdeführer zu 1. bis 3. wegen einer bereits in Italien erfolgten Schutzgewährung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig ist, kann dies weiter zur Folge haben, dass auch der Asylantrag des Beschwerdeführers zu 4. als unzulässig abgelehnt wird (so z.B. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. März 2018 - A 4 S 544/18 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 22. November 2019 - 2 A 322/19 -, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Februar 2019 - 10 LA 218/18 -, juris); dementsprechend verletzt das angegriffene Urteil auch den Beschwerdeführer zu 4. in seinem Recht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
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bb) Bei dieser Ausgangssituation hat das Verwaltungsgericht die aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) erwachsenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an die gerichtliche Sachverhaltsaufklärung verfehlt und seine richterliche Überzeugung auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage gebildet. Es hätte weitere Nachforschungen zur Frage der Schutzgewährung durch Italien anstellen müssen, sei es durch eine eigene Anfrage bei den italienischen Behörden - gegebenenfalls unter Einbindung des Auswärtigen Amtes -, sei es durch die Verpflichtung des Bundesamts zur Durchführung weiterer Ermittlungen. Dass ein solches Vorgehen zu keinem weiteren Erkenntnisgewinn geführt hätte, ist weder vom Verwaltungsgericht dargelegt noch sonst ersichtlich.
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Das angegriffene Urteil beruht auch auf der Grundrechtsverletzung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Verwaltungsgericht bei hinreichender Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu einer für die Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gekommen wäre.
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2. Ob die weiteren geltend gemachten Grundrechtsverstöße vorliegen, bedarf keiner Entscheidung.
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IV.
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Die Kammer hebt gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG das angegriffene Urteil auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main zurück.
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Das Land Hessen hat den Beschwerdeführern gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten. Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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