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BVerfG 08.07.2020 - 1 BvR 1094/20
BVerfG 08.07.2020 - 1 BvR 1094/20 - Stattgebender Kammerbeschluss: Parallelentscheidung
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 15. Mai 2020, Az: L 7 AS 251/20 RG, Beschluss
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 20. April 2020, Az: L 7 AS 114/20 B ER, Beschluss
vorgehend SG Frankfurt, 11. Februar 2020, Az: S 16 AS 118/20 ER, Beschluss
Tenor
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1. Der Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. April 2020 - L 7 AS 114/20 B ER - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidung wird aufgehoben. Der Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2020 - L 7 251/20 RG - wird damit gegenstandslos. Die Sache wird an das Hessische Landessozialgericht zurückverwiesen.
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2. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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3. Das Land Hessen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
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4. Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts.
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5. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 25.000 Euro (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein sozialgerichtliches Eilverfahren, in dem die Beschwerdeführerin die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für EU-Bürger begehrt.
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I.
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1. Die 1997 geborene Beschwerdeführerin ist rumänische Staatsangehörige. Sie reiste im Jahr 2017 gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und ihren zwei in den Jahren 2012 und 2016 geborenen, gemeinsamen Kindern in das Bundesgebiet ein. Der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin und die gemeinsamen Kinder sind ebenfalls rumänische Staatsangehörige. Der Lebensgefährte arbeitet seit seiner Einreise mit kürzeren Unterbrechungen in Teilzeit, derzeit als Kraftfahrer 80 Stunden im Monat bei einer Bruttovergütung von monatlich 850,00 Euro. Das 2012 geborene Kind besucht seit dem 1. August 2018 die Schule. Die Beschwerdeführerin ist nicht erwerbstätig und versorgt die gemeinsamen Kinder. Ein Verlust des Freizügigkeitsrechts wurde nicht festgestellt.
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2. Die Familie beantragte im Oktober 2019 die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Dem Lebensgefährten der Beschwerdeführerin und den gemeinsamen Kindern wurden diese Leistungen vorläufig bewilligt. Der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens ging dabei davon aus, dass diese aufgrund der Erwerbstätigkeit des Lebensgefährten freizügigkeits- und damit nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch anspruchsberechtigt waren. Der Antrag der Beschwerdeführerin wurde abgelehnt, da sie nur "ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche" und "ein Aufenthaltsrecht als Mutter eines leistungsberechtigten Kindes" habe und somit nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b) und c) SGB II von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buchausgeschlossen sei. Über den gegen den Ablehnungsbescheid erhobenen Widerspruch ist bislang nicht entschieden. Die Beschwerdeführerin macht geltend, durch ihre Familie mitversorgt zu werden, weshalb die Familie insgesamt unterhalb des Existenzminimums lebe.
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3. Den zuletzt gestellten Antrag der Beschwerdeführerin auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Sozialgericht ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landessozialgericht zurück. Die Beschwerdeführerin habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Soweit für die Beschwerdeführerin ausschließlich ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zur Arbeitsuche in Betracht komme, sei sie nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b) SGB II von Leistungen ausgeschlossen. Soweit sie überhaupt nicht über ein Aufenthaltsrecht verfüge, sei sie nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) SGB II von Leistungen ausgeschlossen. Beides verstoße weder gegen europäisches Recht noch gegen nationales Verfassungsrecht. Soweit die Beschwerdeführerin ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO (EU) 492/2011 habe, sei sie nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c) SGB II von diesen Leistungen ausgeschlossen. Die Anwendung dieser Regelung auf die Beschwerdeführerin scheide weder wegen Ver-stoßes gegen europarechtliche Vorschriften aus, noch verstoße dies gegen nationales Verfassungsrecht (unter Verweis auf den Beschluss desselben Senats des Landessozialgerichts vom 21. August 2019 - L 7 AS 285/19 B ER -, juris). Es bestehe auch kein Aufenthaltsrecht nach § 11 FreizügG/EU in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthaltsG (analog) unter Berücksichtigung von Art. 18 AEUV. Eine unmittelbare Anwendung scheitere daran, dass die Kinder der Beschwerdeführerin nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen. Eine analoge Anwendung komme ebenfalls nicht in Betracht. Auch hierfür verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 21. August 2019, der ebenfalls zwischen den hiesigen Beteiligten ergangen ist und einen vorherigen Bewilligungszeitraum betraf. Dort (Rn. 45) verweist der Senat zur Begründung auf seinen nicht veröffentlichten Beschluss vom 28. Juni 2017 (L 7 AS 140/17 B ER) sowie auf den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburgvom 22. Mai 2017 (L 31 AS 1000/17 B, juris) und ergänzt, dass er auch bei Verneinung eines Aufenthaltsrechts der Mutter nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthaltsG (analog) keine zwingende Notwendigkeit sehe, dass die Kinder die Bundesrepublik Deutschland verlassen müssten. Denn der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin übe derzeit eine Beschäftigung in Teilzeit aus, die ihm eine Betreuung der Kinder ermögliche, wenn sie sich nicht in Kindergarten und Schule befänden. In dem angegriffenen Beschluss führt das Landessozialgericht weiter aus, dass er nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin teile, die zugrundeliegende Rechtsfrage stelle sich als schwierig und ungeklärt dar, weshalb im vorliegenden Verfahren eine Folgenabwägung erfolgen müsse. Eine Folgenabwägung müsse der Senat nicht vornehmen, weil er die zugrundeliegenden, umstrittenen Rechtsfragen ausführlich, auch unter Verweis auf andere Entscheidungen des Senats, nicht nur summarisch, sondern abschließend geklärt habe.
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4. Die nachfolgende Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin wies das Landessozialgericht zurück.
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5. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin unter anderem eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4, Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 6 GG. Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, weil die angegriffene Entscheidung des Landessozialgerichts bei (vermeintlich) abschließender rechtlicher Prüfung des geltend gemachten Anspruchs die erforderliche Auseinandersetzung mit dem Meinungsstand zu umstrittenen Rechtsfragen nicht erkennen lasse und damit nicht die erforderliche Prüfungstiefe für eine abschließende Prüfung aufweise. Das Landessozialgericht habe bei dieser Prüfung auch das Gewicht der drohenden Grundrechtsverletzung verkannt. Die Frage nach der (analogen) Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthaltsG sei ungeklärt und schwierig. Die Frage, ob der Leistungsausschluss bei einem Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO (EU) 492/2011 mit Unionsrecht vereinbar sei, sei in der Rechtsprechung umstritten und höchstrichterlich ebenfalls noch nicht geklärt. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen habe diese Frage mit Beschluss vom 14. Februar 2019 (L 19 AS 1104/18, juris) dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerdeführerin werde mit den angegriffenen Entscheidungen vor die Wahl gestellt, entweder ihre minderjährigen Kinder und ihren Lebensgefährten zu verlassen und allein die Reise ins Heimatland anzutreten oder weiterhin mit ihrer Familie im Bundesgebiet zu verbleiben, wenn auch auf deren Kosten und ohne Sicherung ihrer physischen und soziokulturellen Existenz.
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6. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Die Hessische Landesregierung und der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens haben von einer Stellungnahme abgesehen.
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II.
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1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der angegriffene Beschluss des Landessozialgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsmäßigen Recht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen bereits geklärt (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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a) Der Beschluss des Landessozialgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
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aa) Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verlangt grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ansonsten dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (BVerfGE 126, 1 27>; vgl. auch BVerfGE 93, 1 13>). Dies gilt gleichermaßen für Anfechtungs- wie für Vornahmesachen (vgl. BVerfGE 126, 1 27 f.>). Hieraus ergeben sich Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen Gesetzesbestimmungen über den Eilrechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220 226>; 77, 275 284>). Hinsichtlich des fachgerichtlich begründeten Erfordernisses der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs bedeutet dies, dass die Anforderungen an dessen Vorliegen, gemessen an der drohenden Rechtsverletzung, nicht überspannt werden dürfen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. März 2019 - 1 BvR 169/19 -, Rn. 14 m.w.N.; stRspr).
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bb) Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern (vgl. BVerfGE 126, 1 27 f.>). Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. März 2019 - 1 BvR 169/19 -, Rn. 15 m.w.N.; stRspr). Indessen dürfen sich die Gerichte, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, nur dann an den Erfolgs-aussichten der Hauptsache orientieren, wenn sie die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen können. Eine solche abschließende Prüfung kommt allerdings nur in Betracht, wenn eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren möglich ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juli 2016 - 1 BvR 1241/16 -, Rn. 11; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. November 2018 - 2 BvR 80/18 -, Rn. 8). Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist eine Folgenabwägung durchzuführen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juli 2016 - 1 BvR 1241/16 -, Rn. 11; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. November 2018 - 2 BvR 80/18 -, Rn. 8; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. März 2019 - 1 BvR 169/19 -, Rn. 15 m.w.N.; stRspr).
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Auch wenn irreparable Grundrechtsverletzungen von erheblichem Gewicht drohen, ist das Gericht indessen nicht von vornherein daran gehindert, auch zu solchen Rechtsfragen eine "abschließende" rechtliche Prüfung vorzunehmen, die schwierig und ungeklärt sind oder die im entscheidungserheblichen Zeitpunkt als hoch streitig eingestuft werden müssen. Das Gericht hat in solchen Fällen allerdings in den Blick zu nehmen, dass sich eine solche Prüfung im Eilverfahren auf die Möglichkeiten des Rechtsschutzsuchenden auswirkt, die Entscheidungsfindung im Hauptsacheverfahren und im Rahmen prozessrechtlich vorgesehener Rechtsmittelverfahren zu beeinflussen (vgl.BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. November 2018 - 2 BvR 80/18 -, Rn. 8; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. August 2019 - 2 BvR 1556/17 -, Rn. 11). Daraus ergeben sich Anforderungen an die Begründungstiefe. Insbesondere kann eine "abschließende" Prüfung eine - zumindest knappe - Auseinandersetzung mit dem Meinungsstand erfordern (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. November 2018 - 2 BvR 80/18 -, Rn. 11; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. August 2019 - 2 BvR 1556/17 -, Rn. 14).
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b) Nach diesen Maßstäben verletzt der angegriffene Beschluss Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Vorliegend ist der Anspruch auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG betroffen, dessen Beeinträchtigung auch nachträglich bei einem erfolgreichen Abschluss des ‒ möglicherweise noch längere Zeit in Anspruch nehmenden ‒ Hauptsacheverfahrens nicht mehr ausgeglichen werden kann, weil der elementare Lebensbedarf eines Menschen grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden kann, in dem er besteht (vgl. BVerfGE 125, 175 225>). Angesichts des Gewichts einer solchen Grundrechtsbeeinträchtigung hätte das Landessozialgericht nur dann auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abstellen dürfen, wenn es die Sach- und Rechtslage abschließend geprüft hätte. Das ist nicht der Fall. Das Landessozialgericht hat auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abgestellt, ohne die dem Gewährleistungsgehalt des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG hier entsprechende "abschließende" Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache vorzunehmen.
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Das Landessozialgericht hat entscheidungstragend verneint, dass dem Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) SGB II ein Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführerin aus § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthaltsG (analog) entgegenstehe. Zur Begründung hat es allein auf seinen eigenen Beschluss vom 21. August 2019 (L 7 AS 285/19 B ER, juris, Rn. 45) verwiesen, in dem wiederum auf den nicht veröffentlichten Beschluss des Senats vom 28. Juni 2017 - L 7 AS 140/17 B ER - sowie auf den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Mai 2017 (L 31 AS 1000/17 B ER, juris) verwiesen wird. Mit diesen Verweisen konnte die für eine abschließende Entscheidung hier erforderliche Begründungstiefe nicht erreicht werden.
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Ob § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthaltsG (analog) und Art. 18 Abs. 1 AEUV dem sorgeberechtigten Elternteil eines wegen der Begleitung des anderen Elternteils nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigten minderjährigen Unionsbürgers ein Aufenthaltsrecht vermitteln kann, ist in der Rechtsprechung und der Literatur sehr umstritten (siehe dazu nur die Nachweise in BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. Oktober 2019 - 1 BvR 1710/18 -, Rn. 12). Das Landessozialgericht hätte für eine abschließende Prüfung dieser ungeklärten Rechtsfrage jedenfalls auf Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts eingehen müssen, die in den tragend in Bezug genommenen früheren Beschlüssen der Landessozialgerichte noch nicht hatten berücksichtigt werden können, weil sie vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergangen sind. Das Bundesverfassungsgericht hat am 4. Oktober 2019 einen Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des auch hier betroffenen Senats des Landessozialgerichts vom 3. Juli 2018 (L 7 AS 274/18 B, juris) aufgehoben. Hintergrund war bereits in diesem Verfahren, dass die auch dort relevante Frage nach der Anwendbarkeit von § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthaltsG und Art. 18 Abs. 1 AEUV eine ungeklärte und schwierige Rechtsfrage ist, in welcher auch die Wertungen der Art. 6 GG und Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. Oktober 2019 - 1 BvR 1710/18 -, Rn.13). Die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts konnte das Hessische Landessozialgericht in seinem - ebenfalls die hiesige Beschwerdeführerin betreffenden - Beschluss vom 21. August 2019noch nicht kennen. Im jetzigen Verfahren hätte das Landessozialgericht die Wertungen der Art. 6 GG und Art. 8 EMRK aber berücksichtigen müssen, um zu einer "abschließenden" Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache gelangen zu können. Der bloße Verweis auf seinen insoweit unergiebigen Beschluss vom 21. August 2019, der wiederum auf ältere Entscheidungen verweist, genügt hierfür nicht. Das Gericht hätte die Konsequenzen der von ihm angedachten Lösung einer Rückkehr der Beschwerdeführerin in ihr Heimatland und damit die Trennung von ihrer Familie nunmehr - wenigstens knapp - im Lichte von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK würdigen müssen. Der bloße Verweis auf die Betreuung der gemeinsamen Kinder durch den Lebensgefährten reicht hierfür nicht aus.
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c) Die Entscheidung des Landessozialgerichts beruht auf der unzureichenden Beachtung der sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Landessozialgericht bei einer verfassungsrechtlich gebotenen Befassung mit dem Begehren der Beschwerdeführerin zu einem für diese günstigeren Ergebnis gelangt wäre.
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2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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3. Mit der Entscheidung der Hauptsache erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. BVerfGE 7, 99 109>; 100, 266 270>).
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4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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5. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten für das Verfassungsbeschwerdeverfahren erledigt sich insoweit, als das Land Hessen zur Kostenerstattung verpflichtet wird (vgl. BVerfGE 105, 239 252>).
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6. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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