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BVerfG 13.05.2020 - 1 BvR 1300/16
BVerfG 13.05.2020 - 1 BvR 1300/16 - Nichtannahmebeschluss: Zur Frage der Vorlagepflicht gem Art 267 Abs 3 AEUV bzgl der urheberrechtlichen Beurteilung der öffentlichen Wiedergabe geschützter Werke durch Fernsehgeräte mit Zimmerantenne in Hotelzimmern - Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses infolge Entscheidung des EuGH vom 02.04.2020 (C-753/18) - Verfassungsbeschwerde unzulässig
Normen
Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 90 BVerfGG, Art 267 Abs 3 AEUV, Art 8 Abs 2 EGRL 115/2006, Art 3 Abs 1 EGRL 29/2001
Vorinstanz
vorgehend BGH, 17. Dezember 2015, Az: I ZR 21/14, Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Pflicht des Bundesgerichtshofs zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof in einer urheberrechtlichen Streitigkeit über die öffentliche Wiedergabe geschützter Werke und Leistungen durch Fernsehgeräte mit Zimmerantenne in Hotelzimmern.
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I.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG.
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Der Bundesgerichtshof habe entgegen der gesicherten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs angenommen, dessen Rechtsprechung zur öffentlichen Wiedergabe gelte nicht für vom Hotelier in den Gästezimmern des Hotels aufgestellte Fernsehgeräte, wenn diese Geräte das Fernsehprogramm über eine Zimmerantenne empfingen. Eine solche Einschränkung sei der europäischen Rechtsprechung aber gerade nicht zu entnehmen. Der Bundesgerichtshof habe die Sache daher dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV vorlegen müssen. Die Auslegung der europäischen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof sei nicht haltbar.
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Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsätzen vom 28. Februar und vom 14. November 2019 auf das Vorabentscheidungsersuchen C-753/18 des Högsta domstolen (Schweden) an den Europäischen Gerichtshof hingewiesen, das die Frage betrifft, ob das Bereitstellen von Radioempfangsgeräten in Mietwagen eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG beziehungsweise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/EG darstellt.
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Dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, dem Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, der Gegnerin des Ausgangsverfahrens und der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR) ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. In ihrer Stellungnahme vom 22. Oktober 2019 hat die GRUR ausgeführt, dass über die einschlägigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs in der Urheberrechtswissenschaft und in ihrem Fachausschuss keine Einigkeit bestehe.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die hierfür nach § 93a Abs. 2 BVerfGG erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin erforderlich, weil sie aufgrund entfallenen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden ist.
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Aufgrund der Beantwortung der Vorlagefrage des Högsta domstolen (Schweden) im Vorabentscheidungsverfahren C-753/18 (EuGH, Urteil der Fünften Kammer vom 2. April 2020, C-753/18, ECLI:EU:C:2020:268) durch den Europäischen Gerichtshof ist eine Vorlage durch den Bundesgerichtshof jedenfalls nicht mehr geboten. Der Europäische Gerichtshof hat eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG respektive Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/EG bei standardmäßig mit einem Radioempfangsgerät ausgestatteten Mietfahrzeugen verneint. Der Begriff "öffentliche Wiedergabe" vereine zwei kumulative Tatbestandsmerkmale, nämlich eine "Handlung der Wiedergabe" eines Werks und dessen "öffentliche" Wiedergabe. Die Bereitstellung eines Radioempfangsgeräts, das in ein Mietfahrzeug eingebaut sei und das ohne weiteres Tätigwerden seitens der Autovermietung die terrestrische Rundfunksendung empfangen könne, die in dem Gebiet, in dem sich das Fahrzeug befinde, zugänglich sei, stelle keine Wiedergabe im Sinne der Richtlinien 2001/29/EG und 2006/115/EG dar. Das Radioempfangsgerät unterscheide sich von den Handlungen der Wiedergabe, mit denen Dienstleister geschützte Werke absichtlich dadurch an ihre Kunden übertrügen, indem sie willentlich ein Signal über installierte Fernseh- oder Radioempfänger verbreiteten (EuGH, Urteil der Fünften Kammer vom 2. April 2020, C-753/18, ECLI:EU:C:2020:268, Rn. 35).
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Mit der Auslegung des Merkmals der "öffentlichen Wiedergabe" durch den Europäischen Gerichtshof im Hinblick auf Radioempfangsgeräte in Mietwagen kann eine Klärung der urheberrechtlichen Rechtslage jedenfalls insoweit angenommen werden, dass ein Absehen von einer Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV im Hinblick auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Fallkonstellation - Fernsehgeräte mit Zimmerantenne in Hotelzimmern - innerhalb des Wertungsspielraums des Fachgerichts liegt (zu diesem vgl. BVerfGE 149, 222 285 f. Rn. 141> m.w.N., stRspr). Es kann insoweit offenbleiben, ob die Auslegung der bis dahin vorliegenden unionsrechtlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof im Zeitpunkt des der angegriffenen Entscheidung haltbar war oder ob die Sache gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV dem Europäischen Gerichtshof hätte vorgelegt werden müssen.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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