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BVerfG 07.05.2020 - 1 BvR 275/20
BVerfG 07.05.2020 - 1 BvR 275/20 - Nichtannahme einer unter erheblichen Begründungsmängeln leidenden Verfassungsbeschwerde - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr bei Erhebung einer offensichtlich unzulässigen Verfassungsbeschwerde beleidigenden und unsachlichen Inhalts durch einen Rechtsanwalt
Normen
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 34 Abs 2 Alt 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend KG Berlin, 26. November 2019, Az: (5) 161 Ss 165/19 (34/19), Beschluss
vorgehend LG Berlin, 15. August 2019, Az: (578) 232 Js 4687/14 Ns (26/19), Urteil
vorgehend AG Tiergarten, 21. März 2019, Az: (278 Ds) 232 Js 4687/14 (231/17), Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Dem Beschwerdeführer wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 Euro (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig und wirft keine Rechtsfragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf.
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1. Im Jahr 2014 nahm der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, einen früheren Mandanten erfolgreich gerichtlich auf Zahlung von Anwaltsvergütung in Anspruch. Nachfolgende Vollstreckungsversuche blieben erfolglos, obwohl der Mandant dem Beschwerdeführer zugesichert hatte, über erhebliches Barvermögen zu verfügen und dies zur Begleichung seiner Verbindlichkeiten einzusetzen. Der Beschwerdeführer verfasste daraufhin anonyme Schreiben an die Vermieterin und andere Hausbewohner des Mandanten, in denen er diesen als "Parasiten" bezeichnete und den Adressaten in Aussicht stellte, dass seitens des kürzlich aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Mandanten mit Gewalttaten gegen Frauen und Kinder zu rechnen sei. Im Nachgang kam es zu einer richterlich angeordneten Durchsuchung der gemeinsamen Wohn- und Geschäftsräume des Beschwerdeführers, um die Urheberschaft an den anonym verfassten Schreiben festzustellen. Bei der Durchsuchung wurden mehrere Datenträger beschlagnahmt, auf denen keine Tatnachweise gefunden wurden; im Verlauf des darauffolgenden Strafverfahrens räumte der Beschwerdeführer seine Urheberschaft jedoch ein.
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2. In der Folgezeit machte der Beschwerdeführer die behauptete Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsmaßnahme und der zeitweiligen Aufrechterhaltung der Beschlagnahme von Datenträgern im Rahmen eines Amtshaftungsverfahrens sowie einer Strafanzeige gegen die beteiligten Amtsträger geltend. In diesem Zusammenhang bezeichnete der Beschwerdeführer den früheren Mandanten als "Parasit", den man "schlachten" müsse, um die durch Organhandel und Tierfutterverkauf erzielten Erlöse an dessen Gläubiger auszukehren. Zudem bezeichnete der Beschwerdeführer einen namentlich genannten Staatsanwalt und einen namentlich genannten Richter - wie auch später im Rahmen von Einlassungen zu einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren - wiederholt als "geistesgestört" und als "kriminellen Dreck", die "ein Rechtsstaat […] für diesen Raub längst hingerichtet" hätte.
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3. Mit Urteil vom 21. März 2019 verurteilte das Amtsgericht den Beschwerdeführer im Hinblick auf die vorgenannten Äußerungen zu einer Gesamtgeldstrafe von 140 Tagessätzen wegen Beleidigung in fünf Fällen. Im Berufungsverfahren wurde der Strafausspruch unter Abänderung der Tagessatzhöhe bestätigt; eine Revision des Beschwerdeführers wurde mit Beschluss des Kammergerichts vom 26. November 2019 nach § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
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4. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, da das Kammergericht seinen Äußerungen über den früheren Mandanten zu Unrecht keinen Bezug zum "Kampf ums Recht" zugeschrieben habe. Der Beschwerdeführer habe damit seiner Auffassung Ausdruck verleihen wollen, dass parlamentarischer Rat, Bundestag und Bundesrat es pflichtwidrig versäumt hätten, für Personen, die ihre Menschenwürde als Verbrecher verwirkt hätten, die Todesstrafe vorzusehen. Die Bezeichnung als "krimineller Dreck" sei als Tatsachenbehauptung zu werten, die erweislich wahr und damit gerechtfertigt sei. In seiner Verfassungsbeschwerde bezeichnet der Beschwerdeführer die Geschädigten des Ausgangsverfahrens durchgehend als "Parasit", "kriminell und geistesgestört", "Bastarde des staatlichen Repressionsapparats" und als "kriminellen Dreck, der die Todesstrafe verdient hat".
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5. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig, da der Beschwerdeführer sich mit den ausführlichen Begründungen der angegriffenen Entscheidungen nicht auseinandersetzt, sondern dieser lediglich seine "Rechtsmeinung" entgegensetzt, die ersichtlich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Im Übrigen tragen die Ausführungen in den angegriffenen Entscheidungen der Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers angemessen Rechnung und sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wurde missbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 BVerfGG erhoben. Ein Missbrauch liegt vor, wenn das Bundesverfassungsgericht durch für jedermann erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert wird, wodurch anderen Rechtsuchenden der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Mai 2010 - 1 BvR 690/10 u.a. -, Rn. 5; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 2016 - 1 BvR 1979/14 -, Rn. 4; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. März 2017 - 1 BvR 373/17 -, Rn. 5; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Februar 2020 - 1 BvR 168/20 -, Rn. 3). Das gilt namentlich, wenn Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege das Verfahren betreiben (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. März 2015 - 2 BvR 501/15 -, juris, Rn. 7). Auch muss das Bundesverfassungsgericht es nicht hinnehmen, sich mit einer Verfassungsbeschwerde befassen zu müssen, deren wesentlicher Inhalt darin besteht, Gerichte und Richter zu beschimpfen und sogar zu kriminalisieren (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Juni 1998 - 2 BvR 1916/97 -, Rn. 3; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 2. Januar 2017 - 1 BvR 2324/16 -, Rn. 3; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Februar 2017 - 2 BvR 240/17 -, Rn. 5) oder sich in einer Vertiefung der Ehrabschneidungen erschöpft, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens waren, ohne sich ernsthaft um die Darlegung einer Verletzung verfassungsrechtlicher Grundsätze zu bemühen.
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Dem Beschwerdeführer ist daher eine Missbrauchsgebühr von 500 Euro aufzuerlegen.
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III.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Dies gilt auch hinsichtlich des Ausspruchs über die Missbrauchsgebühr (vgl. BVerfGE 133, 163 167>).
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