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BVerfG 20.11.2019 - 1 BvR 2400/17
BVerfG 20.11.2019 - 1 BvR 2400/17 - Nichtannahmebeschluss: Divergenzzulassung eines Rechtsmittels ist nicht bereits wegen eines abweichenden obergerichtlichen Hinweisbeschlusses geboten - Rüge einer Verletzung des Rechtsweganspruchs durch unterbliebene Revisionszulassung gem § 522 Abs 2 S 1 ZPO nicht hinreichend substantiiert (§§ 23 Abs 1 S 2, 92 BVerfGG)
Normen
Art 19 Abs 4 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 14 Abs 1 S 1 EUV 524/2013, § 3a UWG, § 139 Abs 2 ZPO, § 522 Abs 2 S 1 ZPO
Vorinstanz
vorgehend OLG Dresden, 15. September 2017, Az: 14 U 732/17, Beschluss
vorgehend OLG Dresden, 11. August 2017, Az: 14 U 732/17, Beschluss
vorgehend LG Dresden, 2. Mai 2017, Az: 42 HK O 9/17, Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts in einem lauterkeitsrechtlichen Verfahren, welches das Unterlassen einer Linksetzung auf eine Streitschlichtungsplattform in Angeboten auf einer Internetverkaufsplattform betraf.
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1. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens vertrieb auf der Internetverkaufsplattform "Amazon-Marketplace" Waren. Hinsichtlich eines bestimmten Produkts schloss er sich dem Angebot eines anderen Händlers an, indem er sich dort unter der Rubrik "andere Verkäufer auf ..." aufführen ließ. Dabei wies er weder auf die Online-Streitbeilegungsplattform der Europäischen Kommission (sogenannte OS-Plattform) nach Art. 14 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten - ODR-Verordnung) hin, noch stellte er dort zu dieser eine Verknüpfung (Link) zur Verfügung. Der Beschwerdeführer, ein Wettbewerbsverband, sah hierin eine Verletzung der Pflichten aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-Verordnung und damit einen Lauterkeitsverstoß im Sinne von § 3a UWG.
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Das Landgericht Dresden wies die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 2. Mai 2017 - 42 HK O 9/17 - als unbegründet ab. Die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wies das Oberlandes- gericht Dresden durch die angegriffene Entscheidung vom 11. August 2017 - 14 U 732/17 - mit einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurück, da die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Zur Zulassung der Revision bestehe kein Anlass; ebensowenig bedürfe es einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof. Die dagegen erhobene Anhörungsrüge wurde mit dem angegriffenen Beschluss vom 15. September 2017 - 14 U 732/17 - zurückgewiesen.
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2. Mit der Verfassungsbeschwerde beanstandet der Beschwerdeführer die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO - trotz abweichender Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte zu der entscheidungserheblichen Rechtsfrage - als offensichtlich unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten sein Recht auf ein willkürfreies Verfahren, seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und sein Recht auf den gesetzlichen Richter.
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Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden beruhten auf einer tiefgreifenden Fehlauslegung der ODR-Verordnung, einer schwerwiegenden Benachteiligung des Beschwerdeführers durch gewillkürte Rechtswegbeschränkung sowie einer Versagung hinreichenden rechtlichen Gehörs.
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Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen. Dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz und dem Beklagten des Ausgangsverfahrens ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde ist vielmehr unzulässig, weil ihre Begründung die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht entsprechend den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG substantiiert und schlüssig aufzeigt.
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1. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich eine Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen. Der Beschwerdeführer muss hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 171>). Der Beschwerdeführer muss darlegen, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 386 f.>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 87>; 101, 331 346>; 102, 147 164>). Bei einer - wie hier - gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde hat sich der Beschwerdeführer mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. BVerfGE 82, 43 49>; 86, 122 127>; 88, 40 45>; 105, 252 264>; 130, 1 21>). Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 78, 320 329>; 99, 84 87>; 115, 166 179 f.>; 130, 1 21>; stRspr). Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits vor, der die angegriffenen Gerichtsentscheidungen folgen, so ist der behauptete Grundrechtsverstoß in Auseinandersetzung mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. BVerfGE 77, 170 214 ff.>; 99, 84 87>; 123, 186 234>; 130, 1 21>).
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2. Ausgehend davon hat der Beschwerdeführer eine Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes nicht hinreichend aufgezeigt. Eine sachlich nicht zu rechtfertigende und damit objektiv willkürliche Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist nicht dargetan. Soweit sich der Beschwerdeführer ausweislich der Beschwerdebegründung maßgeblich darauf stützt, dass ein von ihm im Ausgangsverfahren vorgelegter, von der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Dresden abweichender Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. August 2017 - 4 U 50/17 - keine Berücksichtigung gefunden habe, trägt dies schon nicht die Annahme eines Falles divergierender Rechtsprechung.
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a) Divergenz ist gegeben, wenn die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. April 2014 - 1 BvR 2851/13 -, Rn. 34).
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b) Zunächst kommt einem bloßen Hinweisbeschluss schon kein Entscheidungscharakter zu und dieser vermag keine Rechtssätze aufzustellen, da lediglich eine vorläufige Bewertung der Sach- und Rechtslage zugrundeliegt. Ein Abweichen von einer Vorentscheidung setzt begriffsnotwendig voraus, dass bereits eine anderslautende Entscheidung existent ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02 -, NJW 2003, S. 2319 2320>). Dies ist bei einem Hinweisbeschluss im Rahmen eines laufenden Verfahrens aber gerade nicht der Fall, solange die Endentscheidung nicht auf den Hinweisbeschluss verweist.
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Auch ergibt sich aus dem Hinweisbeschluss nicht der vom Beschwerdeführer insinuierte Inhalt. Ihm lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm neben der Verlinkung auf die OS-Plattform durch den Plattformbetreiber zusätzlich eine Verlinkung bei den einzelnen Marketplaceangeboten erforderlich sei. Das Oberlandesgericht Hamm führt lediglich aus, dass die Verpflichtung zur Einstellung des Links zur OS-Plattform auch für Angebote auf der Internetplattform "ebay" bestehe. Das steht dem Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden nicht entgegen, wonach eine einzige gemeinsame Verlinkung auf der Internetseite des Plattformbetreibers genügt.
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c) Soweit der Beschwerdeführer auf eine vermeintlich divergierende Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz rekurriert, legt er diese nicht vor und stellt sie auch ihrem Inhalt nach nicht in einer Weise spezifiziert dar, die eine verfassungsrechtliche Überprüfung zuließe. Gleiches gilt für die weiteren vom Beschwerdeführer genannten Entscheidungen des Oberlandesgerichts München und des Oberlandesgerichts Karlsruhe, die ebenfalls nicht vorgelegt werden. Der nachträglich, außerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG mit Schriftsatz vom 10. August 2019 vorgelegte Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 14. November 2017 - 13 W 63/17 - ändert an dieser Einschätzung nichts. Denn dieser Beschluss erging jedenfalls erst nach Erlass der angegriffenen Entscheidungen und konnte daher dort keine Berücksichtigung finden.
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3. Die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gegenüber dem Europäischen Gerichtshof hat der Beschwerdeführer schon nicht im Ansatz dargetan.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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