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BVerfG 04.09.2017 - 1 BvR 2443/16
BVerfG 04.09.2017 - 1 BvR 2443/16 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit durch Versagung von PKH für Entschädigungsklage gem § 198 GVG unter Entscheidung einer ungeklärten, schwierigen Rechtsfrage (hier: Einordnung des sozialgerichtlichen PKH-Verfahrens als "eigenständiges Gerichtsverfahren" iSd § 198 Abs 6 Nr 1 GVG) - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 198 Abs 6 Nr 1 GVG, § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 114 Abs 1 S 1 ZPO
Vorinstanz
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 22. September 2016, Az: L 37 SF 60/16 EK SO, Beschluss
Tenor
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Der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. September 2016 verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Die Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
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Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Verfassungsbeschwerdeverfahren.
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein Entschädigungsklageverfahren nach § 198 GVG.
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I.
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Der Beschwerdeführer begehrt in einem Klageverfahren vor dem Landessozialgericht die Verurteilung des Landes Brandenburg zur Zahlung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer eines Prozesskostenhilfeverfahrens vor dem Sozialgericht.
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Für dieses Entschädigungsklageverfahren beantragte der Beschwerdeführer wiederum Prozesskostenhilfe. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 22. September 2016 lehnte das Landessozialgericht diesen Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Entschädigungsklageverfahren ab. Die Entschädigungsklage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es könne dahinstehen, ob das Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine unangemessene Dauer aufgewiesen habe, denn es handele sich bei einem Prozesskostenhilfeverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit nicht um ein eigenständiges Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG, sondern um ein Nebenverfahren zum Klageverfahren beim Sozialgericht. Dieser Bewertung stehe die ausdrückliche Nennung des Verfahrens zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe in § 198 Abs. 6 Nr. 1 Halbsatz 1 GVG nicht entgegen. Diese Hervorhebung solle verdeutlichen, dass das in kostenpflichtigen Verfahren typischerweise vor Erhebung der Klage eingeleitete Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe ein eigenes Gerichtsverfahren darstelle beziehungsweise zum sich anschließenden Klageverfahren zähle. Daraus folge aber nicht, dass für das hier parallel zum eigentlichen Verfahren laufende Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine gesonderte Prüfung bezüglich der Verfahrensdauer erfolgen könne. Denn jedenfalls in der Sozialgerichtsbarkeit, die vom Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit und vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägt sei, bestehe kein vom eigentlichen Klageverfahren losgelöstes, eigenständiges Interesse am zeitgerechten Abschluss eines solchen Verfahrens. Das Prozesskostenhilfeverfahren sei in diesen Fällen anders als in gerichtsgebührenpflichtigen Verfahren dem eigentlichen Verfahren nicht vorgeschaltet, weil der Fortgang nicht von der Einzahlung von Gerichtskostenvorschüssen abhänge. Vielmehr sei dieses Verfahren regelmäßig als Teil des eigentlichen Verfahrens anzusehen. Ein Nachteil des Rechtsschutzsuchenden, der durch eine überlange Dauer des Prozesskostenhilfeverfahrens bewirkt werde und der über den Nachteil hinausgehen könne, der durch die Dauer des Hauptsacheverfahrens entstehe, sei daher im Regelfall des gerichtskostenfreien sozialgerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen.
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II.
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1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Rechts auf Rechtsschutzgleichheit.
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Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Prüfung eines Prozesskostenhilfeantrags habe das Landessozialgericht offenkundig nicht beachtet. Das Gericht habe die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der Entschädigungsklage überspannt. Entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts könne kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe um ein Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG handele. Nach dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift sei ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe. Dafür könne es entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts keinen Unterschied machen, ob das Prozesskostenhilfeverfahren vor oder zeitgleich mit der Klage eingeleitet werde. Vielmehr handele es sich bei dem Prozesskostenhilfeverfahren um ein separates Verfahren zur Prüfung, ob die Rechtsverfolgung finanzieller Unterstützung bedürfe.
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Zudem habe der Senat die Anforderungen an die Erfolgsaussichten der Entschädigungsklage auch deshalb überspannt, weil die Frage, ob es sich bei dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe um ein Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG handele, - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht entschieden sei. Ein anderer Senat des Landessozialgerichts habe in zwei Urteilen die Auffassung vertreten, dass das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls in gerichtskostenpflichtigen Verfahren zu den Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 GVG zähle und diese Frage für gerichtskostenfreie Verfahren ausdrücklich offengelassen. Die Annahme fehlender Erfolgsaussicht erscheine schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil selbst die Präsidentin des Landessozialgerichts in ihrer Klageerwiderung für das beklagte Land ausgeführt habe, dass die Klage aus ihrer Sicht hinreichende Erfolgsaussicht habe. Hinreichende Erfolgsaussicht bestehe im Übrigen auch deshalb, weil die Frage, ob es sich bei dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe um ein Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG handele, grundsätzliche Bedeutung habe, so dass im Hauptsacheverfahren die Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen wäre.
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2. Das Land Brandenburg hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Kammer hat die einschlägigen Akten des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts beigezogen.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden; ausgehend davon ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet.
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1. Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von bemittelten und unbemittelten Personen bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Prozesskostenhilfe darf auch verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen jedoch nicht überspannt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfGE 81, 347 356 f.>).
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Die Auslegung und Anwendung des § 114 ZPO obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten, die dabei den - verfassungsgebotenen - Zweck der Prozesskostenhilfe zu beachten haben. Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Person im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich dann der Fall, wenn das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung überspannt und dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe, unbemittelten Personen den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlt wird (vgl. BVerfGE 81, 347 357 f.>).
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Prozesskostenhilfe darf daher insbesondere dann nicht versagt werden, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des 1. Senats vom 10. Dezember 2001 - 1 BvR 1803/97 -, juris, Rn. 9).
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Prozesskostenhilfe braucht allerdings nicht schon dann gewährt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint. Legt ein Fachgericht § 114 ZPO hingegen dahin aus, dass schwierige, noch nicht geklärte Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren "durchentschieden" werden können, verkennt es damit die Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit. Dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit läuft es daher zuwider, wenn ein Fachgericht § 114 ZPO dahin auslegt, dass es eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage als einfach oder geklärt ansieht, obwohl dies erheblichen Zweifeln begegnet, und sie bereits im Verfahren der Prozesskostenhilfe zum Nachteil unbemittelter Personen beantwortet (vgl. BVerfGE 81, 347 359 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. Mai 2015 - 1 BvR 2096/13 -, juris, Rn. 14).
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2. Nach diesen Grundsätzen verletzt die angegriffene Entscheidung des Landessozialgerichts den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Der angegriffene Beschluss überspannt die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung und verfehlt dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe. Dies folgt schon daraus, dass sich die zur Auslegung von § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG aufgeworfene Rechtsfrage als ungeklärt und schwierig darstellt.
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a) Das Bundessozialgericht hat über die Frage, ob es sich beim Prozesskostenhilfeverfahren um ein eigenständiges Gerichtsverfahren im Sinne von § 98 Abs. 6 Nr. 1 GVG handelt, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden. Es fehlt auch an einer einheitlichen Rechtsprechung der Landessozialgerichte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 37 SF 360/13 EK -, juris, Rn. 88; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. April 2016 - L 10 SF 1/14 -, juris, Rn. 30 f.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Mai 2016 - L 38 SF 364/15 EK AS -, juris, Rn. 17; LSG Sachsen, Urteil vom 12. Juli 2016 - L 11 SF 50/15 EK -, juris, Rn. 38) oder einer einhelligen Literaturauffassung (die Anwendbarkeit von § 198 GVG wohl bejahend: Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 GVG Rn. 42; Schlick, WM 2016, 485 489>).
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b) Diese Rechtsfrage stellt sich auch als "schwierig" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dar.
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aa) Gemäß § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG ist ein Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 GVG jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist eine Verzögerungsrüge und nachfolgend gegebenenfalls die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs auch im Prozesskostenhilfeverfahren möglich. Eine Beschränkung auf isolierte Prozesskostenhilfeverfahren oder Verfahren, in denen Gerichtskosten anfallen, lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich eine solche Einschränkung ebenfalls nicht. Vielmehr wird allein auf das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichstellung von Bemittelten und Unbemittelten verwiesen. Auch im Prozesskostenhilfeverfahren sei deshalb eine angemessen schnelle richterliche Entscheidung geboten (BTDrucks 17/3802, S. 23).
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bb) Die den Wortlaut des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG einschränkende Rechtsauf-fassung des Landessozialgerichts stützt sich demgegenüber im Wesentlichen auf die teleologische Erwägung, dass ein eigenständiges Interesse an einem zeitgerechten Abschluss des Prozesskostenhilfeverfahrens im vom Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit und dem Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren nicht bestehe. Es komme hinzu, dass sich eine Verzögerung des Prozesskostenhilfeverfahrens auch auf das Hauptsacheverfahren auswirke und dann gegebenenfalls eine überlange Dauer dieses Verfahrens bewirken werde, was wiederum vom Rechtsschutzsuchenden geltend gemacht werden könne.
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Insoweit ist zwar zutreffend, dass der "Fortgang des Verfahrens (Zustellungen an den Gegner, Ermittlungen des Gerichts)" nicht von der Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses abhängig ist. Dennoch kann der möglichst frühzeitigen Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht jede eigenständige Bedeutung abgesprochen werden. Die Beiordnung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts kann in komplexen sozialrechtlichen Fallgestaltungen wesentlich für einen geordneten Vortrag sein, der wiederum die Aufklärungspflichten des Gerichts maßgeblich prägt. Hinzu kommt, dass gerade im Rechtsmittelverfahren besondere Darlegungspflichten bestehen.
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cc) Es handelt sich danach vor dem Hintergrund von Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG nicht um eine einfache, durch Auslegung des Gesetzes ohne Weiteres zu beantwortende Fragestellung.
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3. Die Entscheidung des Landessozialgerichts beruht auch auf dem Verfassungsverstoß. Das Landessozialgericht hat bei seiner Entscheidung ausdrücklich offengelassen, ob das Verfahren zur Prozesskostenhilfe eine unangemessene Dauer aufwies. Das beklagte Land selbst ist von einer "nicht zügigen" Bearbeitung des Prozesskostenhilfeantrags durch das Sozialgericht ausgegangen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass das Landessozialgericht bei Beachtung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe der Rechtsschutzgleichheit anders entschieden hätte.
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4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Verfassungsbeschwerdeverfahren erledigt sich insoweit, als das Land Brandenburg zur Kostenerstattung verpflichtet wird (vgl. BVerfGE 105, 239 252>). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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