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BVerfG 23.09.2015 - 2 BvE 6/11
BVerfG 23.09.2015 - 2 BvE 6/11 - Zur Reichweite des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte in Eilfällen - nachträgliche parlamentarische Billigung eines Einsatzes bewaffneter Streitkräfte nicht geboten, wenn der Einsatz wegen Gefahr im Verzug durch die Bundesregierung angeordnet und bereits vor frühestmöglicher Parlamentsbefassung beendet wurde
Normen
Art 24 Abs 2 GG, Art 87a Abs 1 S 1 GG, Art 87a Abs 2 GG, Art 93 Abs 1 Nr 1 GG, § 64 Abs 1 BVerfGG, § 1 Abs 2 ParlBG, § 2 Abs 1 ParlBG, § 2 Abs 2 S 3 ParlBG, § 5 Abs 1 S 1 ParlBG, § 5 Abs 1 S 2 ParlBG, § 5 Abs 2 ParlBG, § 5 Abs 3 ParlBG
Leitsatz
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1. Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt ist nicht auf Einsätze bewaffneter Streitkräfte innerhalb von Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit beschränkt, sondern gilt allgemein für bewaffnete Einsätze deutscher Soldaten im Ausland und unabhängig davon, ob diese einen kriegerischen oder kriegsähnlichen Charakter haben.
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2. Bei Gefahr im Verzug ist die Bundesregierung ausnahmsweise berechtigt, den Einsatz bewaffneter Streitkräfte vorläufig allein zu beschließen. In diesem Fall muss sie das Parlament umgehend mit dem fortdauernden Einsatz befassen und die Streitkräfte auf Verlangen des Bundestages zurückrufen.
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3. Die Voraussetzungen dieser Eilentscheidungsbefugnis der Bundesregierung sind verfassungsgerichtlich voll überprüfbar.
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4. Ist ein von der Bundesregierung bei Gefahr im Verzug beschlossener Einsatz zum frühestmöglichen Zeitpunkt einer nachträglichen Parlamentsbefassung bereits beendet und eine rechtserhebliche parlamentarische Einflussnahme auf die konkrete Verwendung der Streitkräfte deshalb nicht mehr möglich, verpflichtet der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt die Bundesregierung nicht, eine Entscheidung des Deutschen Bundestages über den Einsatz herbeizuführen. Die Bundesregierung muss den Bundestag jedoch unverzüglich und qualifiziert über den Einsatz unterrichten.
Gründe
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A.
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Das Organstreitverfahren betrifft die Frage, ob die Antragsgegnerin aufgrund des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts verpflichtet war, für die Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Libyen durch Soldaten der Bundeswehr am 26. Februar 2011 nachträglich die Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen.
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I.
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1. a) Unter dem Einfluss der Unruhen in einigen Nachbarländern eskalierte ab Mitte Februar 2011 in Libyen der innenpolitische Konflikt zwischen der Regierung und ihren Gegnern zu einem bewaffneten Aufstand gegen das Regime von Muammar al-Gaddafi. Ein Zentrum der gewalttätigen Auseinandersetzungen waren zunächst die ostlibyschen Landesteile, insbesondere die im Nordosten gelegene Hafenstadt Bengasi. Der Krisenstab im Krisenreaktionszentrum des Auswärtigen Amtes befasste sich seit dem 20. Februar 2011 in fortan täglichen, ressortübergreifenden Sitzungen mit den Entwicklungen in Libyen. Im Bundesministerium der Verteidigung und im Einsatzführungskommando der Bundeswehr wurden frühzeitig Vorbereitungen für diplomatische und militärische Evakuierungen deutscher Staatsangehöriger auf dem Luft- oder Seeweg getroffen. Unbewaffnete Soldaten der Bundeswehr flogen am 22. Februar 2011 mit zwei Transall C-160 Transportmaschinen und am 23. Februar 2011 mit einem Airbus A310 deutsche Staatsbürger und Angehörige anderer Staaten aus Tripolis aus. Gleichzeitig verließen Deutsche und weitere Ausländer die im Nordwesten Libyens gelegene Hauptstadt mit einer Sondermaschine einer zivilen deutschen Luftfahrtgesellschaft. Der Leiter der Europaabteilung im libyschen Ministerium des Auswärtigen hatte der deutschen Botschaft am Abend des 22. Februar 2011 zur Nutzung des Internationalen Flughafens Tripolis durch deutsche Militärmaschinen mitgeteilt, die dafür zuständige Civil Aviation Authority habe für Evakuierungsflüge eine generelle Lande- und Starterlaubnis erteilt, die sogenannte Diplo-Clearance.
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b) Parallel zu den ungesicherten Luftabholungen durch die Bundeswehr wurden im Mittelmeerraum Kräfte aus Heer, Luftwaffe und Marine zu einem Einsatzverband für eine militärische Evakuierungsoperation zusammengeführt. Nach den vom Bundesministerium der Verteidigung am 23. Februar 2011 veranlassten Planungen des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sollten bis zu 1000 Soldatinnen und Soldaten im Rahmen der Operation "Pegasus" isolierte oder gewaltsam bedrohte deutsche Staatsbürger aus ganz Libyen evakuieren und retten oder gegebenenfalls befreien. Die vom Einsatzführungskommando erlassene "Verhaltensanweisung für die Soldatinnen und Soldaten des Einsatzverbandes militärische Evakuierungsoperation LIBYEN" (Stand: 02/2011) betreffend "Regeln für die Anwendung militärischer Gewalt" sah nicht nur ein Recht auf Selbstverteidigung und Nothilfe, sondern auch ein Recht auf Einsatz militärischer Gewalt gegen Personen und Sachen zur Durchsetzung militärischer Evakuierungen vor. Der maritime Teil des Einsatzverbandes, bestehend aus den Fregatten "Brandenburg" und "Rheinland-Pfalz", dem Einsatzgruppenversorger "Berlin" und dem Flottendienstboot "Oker", war vor der Ostküste Libyens am 27. Februar 2011 ab 3:00 Uhr, die nach Kreta verlegten Kräfte für schnelle Luftevakuierungen waren ab 15:00 Uhr einsatzbereit.
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2. a) Der Osten Libyens befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend in der Hand der Regimegegner. Der durch den Bürgerkrieg bedingte Zerfall der staatlichen Strukturen ging dort mit steigender Kriminalität einher, insbesondere auch Überfällen auf die Camps westlicher Unternehmen. Der Krisenstab im Auswärtigen Amt war noch am 23. Februar 2011 davon ausgegangen, dass die Mitarbeiter deutscher Firmen aus dem Camp in Nafurah, einem 400 Kilometer südlich von Bengasi in der Nähe eines Ölfeldes gelegenen ostlibyschen Wüstenort, ohne größere Schwierigkeiten über den Landweg würden ausreisen können. Diese Einschätzung konnte bereits am 24. Februar 2011 nicht mehr aufrechterhalten werden, nachdem mehrere Versuche, das Camp zu verlassen, aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden mussten. Die Verbindungsstraßen von Nafurah zum nächsten Hafen und in das Nachbarland Ägypten führten durch umkämpfte Gebiete; auch wären die zur Verfügung stehenden Kraftfahrzeuge von großem Wert für die bewaffneten rivalisierenden Stämme in der Region gewesen. In der Gegend um Nafurah gab es bewaffnete marodierende Banden. Im Camp selbst, das durch ebenfalls bewaffnete Ortskräfte geschützt wurde, hatten Auseinandersetzungen um Wasser und Nahrungsmittel begonnen. Da eine private Firmenmaschine die gut ausgebaute Landebahn in Nafurah zuletzt problemlos hatte nutzen können und es im Umkreis von 50 Kilometern keine militärischen Einrichtungen und im Umkreis von 100 Kilometern keine Flugabwehrsysteme gab, beschloss der Krisenstab, die "in akuter Gefahr Befindlichen" (Prot. der Krisenstabssitzung vom 24. Februar 2011) möglichst am folgenden Tag, dem 25. Februar 2011, bei Tagesanbruch von der Bundeswehr mit den auf Malta stationierten Transall C-160 ausfliegen zu lassen. Eine Begleitung durch bewaffnete Einsatzkräfte wurde nicht für erforderlich gehalten.
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b) Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr kam aufgrund einer Bedrohungsanalyse am 25. Februar 2011 insoweit allerdings zu einem anderen Ergebnis. Die öffentliche Ordnung in Libyen sei vollkommen zusammengebrochen. Der Osten des Landes befinde sich zum größten Teil in der Hand bewaffneter Bürgerkomitees sowie übergelaufener Streit- und Sicherheitskräfte, eine übergeordnete Kontrolle sei nicht erkennbar. Da sich die Versorgung der Bevölkerung stetig verschlechtere, steige zunehmend das Risiko krimineller Aktionen, auch gegen westliche Ausländer. Die libyschen Streitkräfte hätten über eine Vielzahl von Systemen zur Flugabwehr verfügt, deren Dislozierung im Raum nicht bekannt sei. Im Bereich Bengasi befänden sich jedoch einsatzbereite Flugabwehrsysteme mit einer Reichweite von 300 Kilometern, die wahrscheinlich von oppositionellen Kräften kontrolliert würden. Aufgrund der Unberechenbarkeit der regionalen Machtverhältnisse sei weiterhin von einer landesweiten Bedrohung durch diese Systeme auszugehen. Daher sei für die Evakuierung aus Nafurah der Einsatz von Transall C-160 ESS, die mit einer Zusatzausstattung zum passiven Selbstschutz gegen Radarerfassung und gegen Flugabwehrraketen ausgerüstet sind, unabdingbar. Da sich Teile der libyschen Zivilbevölkerung Waffen aus militärischen Beständen angeeignet hätten, sei am Boden zudem mit einer Gefährdung der Lufttransportmittel durch Handwaffen, Panzerabwehrhandwaffen oder auf Fahrzeugen montierte Maschinengewehre zu rechnen. Der Einsatz begleitender und bewaffneter Schutzkräfte sei daher zwingend erforderlich.
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c) Das Bundesministerium der Verteidigung war in einer eigenen Analyse zur Lage in Libyen ebenfalls zu der Einschätzung gelangt, für eine Operation von Streitkräften sei von einer mittleren bis erheblichen Bedrohung an Land und in der Luft auszugehen. Zwei Transall C-160 ESS mit ihrer jeweiligen Besatzung sowie zwölf Fallschirmjäger einer für militärische Evakuierungsoperationen und Operationen gegen irreguläre Kräfte besonders befähigten Luftlandebrigade und acht Feldjäger, sämtlich Teil der für die Operation "Pegasus" vorgesehenen Kräfte und Fähigkeiten, wurden daher noch am 25. Februar 2011 von Deutschland nach Chania/Kreta verlegt. Die daraus resultierende zeitliche Verschiebung der geplanten Evakuierung um einen Tag auf den 26. Februar 2011 wurde im Rahmen einer Gesamtabwägung in Kauf genommen.
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3. a) Am späten Abend des 25. Februar 2011 stimmte die Bundeskanzlerin der von den Bundesministern der Verteidigung und des Auswärtigen vorgeschlagenen Evakuierung aus Nafurah zu. Da Einsätze der Bundeswehr in Libyen zur Rettung und Evakuierung einem strikten Leitungsvorbehalt seines Hauses unterlagen, erteilte anschließend der Bundesminister der Verteidigung die Operationsfreigabe. Zuvor hatte der Bundesminister des Auswärtigen unter Berufung auf das Parlamentsbeteiligungsgesetz die Vorsitzenden der Fraktionen im Deutschen Bundestag telefonisch über den "unmittelbar bevorstehenden Einsatz deutscher Streitkräfte im Ausland" (Telefonvermerk des Auswärtigen Amtes vom 25. Februar 2011) unterrichtet und dringend um Vertraulichkeit gebeten. Die Obleute der Fraktionen im Verteidigungsausschuss waren durch den Generalinspekteur der Bundeswehr entsprechend informiert worden.
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b) Am 26. Februar 2011 blieb ein diplomatisches Ersuchen in Form einer Verbalnote der deutschen Botschaft in Tripolis um Genehmigung der Landung zweier Flugzeuge der Bundeswehr in Nafurah für eine humanitäre Hilfsaktion zur Evakuierung deutscher Bürger von libyscher Seite unbeantwortet. Libyschen Regierungsvertretern war das Vorhaben jedoch bekannt, da der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Dr. Born mit ihnen in ständigem Kontakt stand.
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c) Der Evakuierungseinsatz am Nachmittag des 26. Februar 2011 wurde direkt aus dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr geführt, weil sich das Führungselement des Einsatzverbandes "Pegasus" zu diesem Zeitpunkt noch in der Phase der Verlegung befand. Der Chef des Einsatzstabes für Militärische Evakuierungsoperationen im Einsatzführungskommando der Bundeswehr wies die eingesetzten Soldaten vor dem Abflug aus Chania darauf hin, dass bisher kein ausländisches Flugzeug im libyschen Luftraum bedroht worden sei. Eine kurzzeitige Radarabstrahlung der Stellung eines Boden-Luft-Raketensystems bei der ostlibyschen Hafenstadt Tobruk habe am Vormittag des Vortages aufgeklärt werden können. Nach den von dem Sicherheitsbeauftragten eines deutschen Unternehmens laufend übermittelten Informationen aus dem Camp sei die Lage in Nafurah selbst derzeit ruhig, bewaffnete Ortskräfte schützten die Firmenangehörigen. Im Fall einer Veränderung, bei unklarer oder gefährlicher Lage, würden zur Warnung ein oder mehrere Fahrzeuge auf die Landebahn gestellt. Die Landebahn sei zurzeit noch durch ausgebrachte Pipelinerohre blockiert. Ziel war es, eine Landung von Flugzeugen der Bürgerkriegsparteien zu verhindern.
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d) Aufgrund der hohen Zahl der aus Nafurah zu Evakuierenden hatten sich neben der Bundesregierung auch Großbritannien und die Niederlande für eine jeweils national verantwortete Beteiligung an der Luftevakuierung entschieden. Die um 13:30 Uhr zuerst in Nafurah einfliegende niederländische Militärmaschine brach den Anflug ab und kehrte auf ihren Stützpunkt nach Sizilien zurück, nachdem die libyschen Behörden trotz Anfrage keine Landegenehmigung erteilt hatten. Das britische Transportflugzeug landete kurze Zeit später sicher in Nafurah und flog eigene und Staatsangehörige anderer Länder nach Malta aus. Daraufhin starteten um 14:17 Uhr die beiden deutschen Transall C-160 ESS in Chania.
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e) Der erweiterte Selbstschutz der eingesetzten Transportmaschinen beinhaltete Maßnahmen zum passiven Schutz durch Scheinziele in Form von 720 "Flares" gegen Lenkwaffen mit Infrarotsuchkopf und 960 "Chaffs" zur Störung von Radargeräten. Die Besatzungen der Transall C-160 ESS bestanden aus insgesamt elf Soldaten zur Durchführung des Flugauftrages und einem Mediziner. Sie führten 15 Pistolen P8 mit 450 Patronen mit sich. An Bord jeder Maschine befanden sich zusätzlich sechs Fallschirmjäger und vier Feldjäger. Die Fallschirmjäger sollten sowohl die Lufttransportmittel nach der Landung oder einer eventuellen Notlandung wie auch die zu Evakuierenden beim Anbordgehen sichern (BTDrucks 17/6564, S. 3). Die "Verhaltensanweisung für die Soldatinnen und Soldaten des Einsatzverbandes militärische Evakuierungsoperation LIBYEN" betreffend "Regeln für die Anwendung militärischer Gewalt", die auch zur Durchsetzung von Evakuierungen legitimierte, war ihnen gegenüber nicht zurückgenommen worden. Die Fallschirmjäger waren mit ihren persönlichen Ausstattungsgegenständen (Uniformteile, Gefechtshelm und Rucksack) sowie Schutzwesten der Schutzklasse 4 ausgerüstet und führten insgesamt zwei Maschinengewehre MG3 mit 960 Patronen, zwei Gewehre G3 mit Zielfernrohren und 200 Patronen, zehn Gewehre G36 mit 1500 Patronen, vier Pistolen P8 mit 120 Patronen, eine Signalpistole 2A1 mit fünf Patronen und vier Funkgeräte mit sich. Die Feldjäger hatten den Auftrag, die Besatzung nach der Landung in Nafurah bei der Kontrolle der zu Evakuierenden und auf dem Rückflug nach Kreta durch die Wahrnehmung von Luftsicherheitsaufgaben an Bord zu unterstützen. Sie waren jeweils mit Gefechtsanzug, einer Schutzweste der Schutzklasse 4, einem Funkgerät SEM 52 S, Einmannverpflegungspaketen sowie einem Kampfrucksack oder einer Kampftragetasche ausgerüstet und mit ihren Handwaffen, insgesamt vier Gewehren G36 mit 600 Patronen und vier Pistolen P8 mit 180 Patronen, bewaffnet.
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f) Die deutschen Transall C-160 ESS flogen um 14:59 Uhr in den libyschen Luftraum ein und landeten um 16:30 Uhr in Nafurah. Nach der Landung sicherten die zwölf Fallschirmjäger mit G3- und G36-Gewehren die beiden nebeneinander stehenden Luftfahrzeuge in einem Abstand von 25 Metern, um deren Umfeld lückenlos beobachten zu können. Anschließend setzten sechs Fallschirmjäger die Überwachung fort, während die anderen sechs die acht Feldjäger bei der Identifizierung der zu Evakuierenden und deren Verbringung in die Transportmaschinen unterstützten. Die Maschinengewehre verblieben in den Luftfahrzeugen. 22 deutsche und 110 Bürger anderer Staaten wurden an Bord genommen. Die beiden Transall verließen um 17:10 Uhr und 17:16 Uhr Nafurah sowie gegen 18:25 Uhr den libyschen Luftraum. Um 19:29 Uhr landeten sie in Chania auf Kreta. Zu weiteren Evakuierungen aus Libyen durch deutsche Soldaten kam es in der Folgezeit nicht.
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g) Am 27. Februar 2011 wurden drei niederländische Marineinfanteristen, Besatzungsmitglieder einer vor der libyschen Küste ankernden niederländischen Fregatte, von regimetreuen Truppen angegriffen und gefangen genommen, als sie versuchten, Landsleute aus der nordlibyschen Hafenstadt Sirte per Hubschrauber zu evakuieren.
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4. a) Der Bundesminister des Auswärtigen hatte am Abend des 26. Februar 2011 umgehend die Vorsitzenden der Fraktionen im Deutschen Bundestag über Verlauf und Abschluss der Evakuierung aus Nafurah in Kenntnis gesetzt. Die Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden und die Obleute des Auswärtigen und des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages wurden unter dem Datum 26. Februar 2011 schriftlich durch das Einsatzführungskommando der Bundeswehr über die durchgeführte Evakuierung unterrichtet. Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Dr. Born informierte am 27. Februar 2011 die Obleute der Fraktionen im Auswärtigen Ausschuss, dessen Vorsitzenden und seinen Stellvertreter auch telefonisch.
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In der Regierungspressekonferenz am 28. Februar 2011 erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amtes zu der Evakuierung aus Nafurah (Mitschrift der Regierungspressekonferenz vom 28. Februar 2011, S. 4):
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"[…] In diesem Falle war es so, dass ein bewaffneter Einsatz bevorgestanden haben könnte. Nachträglich war es ein gesicherter Evakuierungseinsatz mit humanitärer Zielsetzung, also kein bewaffneter Einsatz. Demzufolge muss auch nachträglich keine Zustimmung des Bundestages eingeholt werden."
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b) Der damalige Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Antragstellerin forderte die Bundesregierung mit Schreiben vom 3. März 2011 an den Bundesminister des Auswärtigen auf, ein nachträgliches parlamentarisches Mandat für den Evakuierungseinsatz einzuholen. In seiner Antwort vom 11. März 2011 teilte der Bundesminister mit, dass er den Einsatz für einen humanitären halte, der der Zustimmung des Deutschen Bundestages nicht bedürfe.
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Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt hatte zuvor, mit Datum vom 4. März 2011, den Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden und Obleuten des Auswärtigen und des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages eine schriftliche Unterrichtung über die Evakuierung aus Nafurah zugeleitet.
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c) In der Sitzung des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages am 16. März 2011 erklärte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Dr. Born in Übereinstimmung mit dem Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung Wolf, die Evakuierung aus Nafurah sei kein Unternehmen gewesen, bei dem man Waffen habe einsetzen müssen. Vielmehr habe man von Anfang an erwartet, dass eine militärische Aktion nicht notwendig werden würde. Die Bundesregierung sei von einer zumindest konkludenten Genehmigung der Evakuierung durch die libyschen Behörden ausgegangen. Mit Blick auf die Lage in Nafurah habe es sich im Grunde genommen um eine Evakuierung ähnlich wie die zuvor aus Tripolis gehandelt, nicht jedoch um eine bewaffnete Unternehmung im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes (Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, Verteidigungsausschuss, Prot. Nr. 83, S. 22 ff.).
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d) Abgeordnete der Fraktion Die LINKE und die Fraktion selbst stellten in der Sitzung des Deutschen Bundestages am 24. März 2011 folgenden Antrag auf Beschlussfassung zur Abstimmung (BTDrucks 17/5175):
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"I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
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Am 26. Februar 2011 hat die Bundesregierung unter Berufung auf Gefahr im Verzug einen bewaffneten Einsatz der Bundeswehr zur Evakuierung deutscher und anderer europäischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus Libyen durchgeführt. Ein solcher Evakuierungseinsatz fällt unter die entsprechenden Bestimmungen von § 5 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes. Daran hat auch die Bundesregierung keinen Zweifel gelassen, in dem sie im Vorfeld und nach der Operation die Fraktionsvorsitzenden und Obleute des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages direkt gemäß § 5 Abs. 2 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes unterrichtet hat - im Unterschied zu anderen Einsätzen der Bundeswehr, bei denen nicht mit der Anwendung militärischer Gewalt zu rechnen war, wie z.B. bei der Verlegung von Fregatten vor die libysche Küste. Zudem wurde die Entsendung einer bewaffneten Sicherheitskomponente für die Evakuierungsoperation von mehr als 20 Soldatinnen und Soldaten mit der Entstehung einer neuen Gefährdungslage begründet. Unter diesen Voraussetzungen sieht das ,Gesetz über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz)' unter § 5 Abs. 3 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes vor, dass ein Antrag auf Zustimmung zum Einsatz unverzüglich nachzuholen ist. Diesen Vorgaben ist die Bundesregierung bislang nicht gefolgt.
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II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
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unverzüglich gemäß § 5 Abs. 3 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes dem Bundestag ein Mandat für den Evakuierungseinsatz vom 26. Februar 2011 in Libyen vorzulegen."
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Das Parlamentsbeteiligungsgesetz (BGBl 2005 I S. 775) regelt Form und Ausmaß der Beteiligung des Bundestages beim Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ParlBG).
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In § 5 ParlBG ist bestimmt:
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(1) Einsätze bei Gefahr im Verzug, die keinen Aufschub dulden, bedürfen keiner vorherigen Zustimmung des Bundestages. Gleiches gilt für Einsätze zur Rettung von Menschen aus besonderen Gefahrenlagen, solange durch die öffentliche Befassung des Bundestages das Leben der zu rettenden Menschen gefährdet würde.
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(2) Der Bundestag ist vor Beginn und während des Einsatzes in geeigneter Weise zu unterrichten.
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(3) Der Antrag auf Zustimmung zum Einsatz ist unverzüglich nachzuholen. Lehnt der Bundestag den Antrag ab, ist der Einsatz zu beenden.
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Der Deutsche Bundestag lehnte es am 24. März 2011 ab, auch gegen die Stimmen der Antragstellerin, den beantragten Beschluss zu fassen (Deutscher Bundestag, Plenprot. 17/99, Stenografischer Bericht, S. 11444).
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e) Der Bundesminister des Auswärtigen antwortete am 5. April 2011 auf ein Schreiben des damaligen Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers der Antragstellerin vom 17. März 2011, in welchem dieser erneut die Notwendigkeit einer nachträglichen Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem Evakuierungseinsatz vorgetragen hatte, wie folgt:
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"Das Parlamentsbeteiligungsgesetz findet nur bei einem Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland Anwendung. Ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte ist nicht anzunehmen, wenn deutsche Soldatinnen und Soldaten in eine bewaffnete Unternehmung nicht einbezogen sind und eine solche Einbeziehung nach den konkreten Umständen des Einsatzes nicht zu erwarten ist. Dies war bei der Evakuierungsaktion Nafura der Fall.
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Das Bundesverfassungsgericht hält in dem von Ihnen zitierten Urteil vom 7. Mai 2008 fest, dass, erst die qualifizierte Erwartung einer Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen zur parlamentarischen Zustimmungsbedürftigkeit eines Auslandseinsatzes deutscher Soldaten' führt. ,Die bloße Möglichkeit', so das Gericht, ,dass es bei einem Einsatz zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommt, reicht hierfür nicht aus […], weil die theoretische Möglichkeit einer solchen Auseinandersetzung sich, wo Streitkräfte operieren, kaum je von vornherein wird ausschließen lassen' [BVerfGE 121, 135 (163 ff.)]. Wenn also, wie Sie schreiben, aus der ,ex-ante-Sicht nicht ohne Weiteres erwartet werden [konnte], dass Soldatinnen und Soldaten nicht in bewaffnete Unternehmungen einbezogen werden' würden, so begründet dies noch keinen Einsatz im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes."
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f) Die Bundesregierung hatte in diesem Sinne bereits mit Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 31. März 2011 eine am 9. März 2011 gestellte Kleine Anfrage zum "Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte in Libyen" von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion selbst (BTDrucks 17/5002) beantwortet. Aufgrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Bedrohungslage habe die klare Erwartung bestanden, dass die eingesetzten Soldaten durch libysche Kräfte nicht bedroht seien, ihre Waffen nicht würden einsetzen müssen und mithin nicht in eine bewaffnete Unternehmung einbezogen werden würden. Die Unterrichtung des Bundestages habe - wie der Bundesminister des Auswärtigen in seinen Telefonaten vor und nach der Operation auch betont habe - stattgefunden, um gegenüber dem Deutschen Bundestag volle Transparenz zu gewährleisten (BTDrucks 17/5359 vom 4. April 2011, S. 6).
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g) Ähnlich äußerte sich das Bundesministerium der Verteidigung namens der Bundesregierung in der am 7. Juli 2011 übermittelten Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 10. Juni 2011 (BTDrucks 17/6196), gestellt von Abgeordneten der Antragstellerin und der Antragstellerin selbst zum "Evakuierungseinsatz ,Pegasus' der Bundeswehr in Libyen" (BTDrucks 17/6564 vom 11. Juli 2011, S. 2).
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II.
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Die Antragstellerin hat am 11. August 2011 ihren Antrag im Organstreitverfahren gestellt. Zu dessen Begründung trägt sie vor:
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1. Der Antrag sei zulässig. Als Fraktion des Deutschen Bundestages sei sie im Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG antragsberechtigt und die Bundesregierung zulässige Antragsgegnerin. Als zulässiger Antragsgegenstand sei in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die im Rahmen eines bewaffneten Einsatzes der Bundeswehr unterlassene Anrufung des Deutschen Bundestages ausdrücklich anerkannt (BVerfGE 121, 135 150>). Die Antragsgegnerin habe hier in einem an den Parlamentarischen Geschäftsführer der Antragstellerin gerichteten Schreiben des Bundesministers des Auswärtigen vom 5. April 2011 klargestellt, dass sie nicht mehr beabsichtige, den Bundestag um eine nachträgliche Zustimmung zu dem Evakuierungseinsatz in Libyen zu ersuchen. Die Antragsbefugnis folge aus der möglich erscheinenden Nichtbeachtung der Zustimmungspflicht des Deutschen Bundestages im Rahmen des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts angesichts des streitgegenständlichen Einsatzes, der im Ausland und mit bewaffneten Angehörigen der Bundeswehr durchgeführt worden sei. Rechte des Bundestages könne sie als Fraktion für diesen in Prozessstandschaft geltend machen. Das notwendige Rechtsschutzinteresse liege vor. Ihr bleibe zur Durchsetzung ihres Anliegens kein anderes politisches Mittel, insbesondere sei sie nicht gehalten, vor der Einleitung eines Organstreitverfahrens selbst die Zustimmung des Bundestages zu dem Einsatz zu beantragen. Der Bundestag habe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insoweit keine entsprechende Initiativbefugnis, vielmehr müsse in jedem Fall die Bundesregierung - auch bei einem bereits abgeschlossenen Einsatz - das Parlament befassen (BVerfGE 90, 286 388>). Dies folge auch aus der verfassungskonkretisierenden Regelung des § 3 Abs. 1 ParlBG, nach der es allein der Antragsgegnerin obliege, die Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen. Die Antragsfrist des § 64 Abs. 3 BVerfGG sei gewahrt. Das Unterlassen der Antragsgegnerin könne mit dem Schreiben des Bundesministers des Auswärtigen vom 5. April 2011, frühestens mit dessen Schreiben vom 11. März 2011, als abgeschlossen gelten. Die Antragsschrift sei weniger als sechs Monate nach dem streitgegenständlichen Einsatz beim Bundesverfassungsgericht eingereicht worden.
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2. Der Antrag sei auch begründet. Die Antragsgegnerin habe die Rechte des Deutschen Bundestages aus dem wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt verletzt.
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a) Die Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages im Falle einer Entsendung von Soldaten der Bundeswehr ins Ausland seien in verfassungskonkretisierender Weise im Parlamentsbeteiligungsgesetz geregelt. Dieses könne eine verfassungsrechtliche Auslegung der Voraussetzungen des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts, insbesondere des Begriffs "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" nicht ersetzen, aber im Einzelfall Hinweise für seine verfassungsunmittelbare Reichweite geben (BVerfGE 121, 135 156>).
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aa) Der Parlamentsvorbehalt sei aus einer ex-ante-Perspektive zu bestimmen. Aus § 2 Abs. 1, 2. Alt. ParlBG folge, dass ein tatsächlicher Waffengebrauch durch die Bundeswehr in einem konkreten Einsatz nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer bewaffneten Unternehmung und damit für die parlamentarische Zustimmungsbedürftigkeit sei, sondern die Erwartung dessen ausreiche. Dies ergebe sich bei systematischer Betrachtung zudem zwingend daraus, dass im gesetzlichen Regelfall die Zustimmung im Vorhinein erteilt werden müsse und damit zu einem Zeitpunkt, bevor bekannt sein könne, ob Waffen tatsächlich zum Einsatz kämen oder nicht. Ein gefährlicher Einsatz mit genuin militärischen Mitteln in einem Konfliktgebiet löse daher den Parlamentsvorbehalt aus. Der zu einem solchen bewaffneten Streitkräfteeinsatz im Gegensatz stehende und vom Gesetz verwendete Begriff des humanitären Hilfsdienstes umfasse nach dem Willen des Gesetzgebers Aktionen der Bundeswehr, die auch von zivilen Organisationen übernommen werden könnten, wie zum Beispiel Unterstützung bei Hungersnöten oder Naturkatastrophen. Führten die Soldaten bei derartigen Missionen Waffen allein zur Selbstverteidigung mit sich, sei der Zustimmungsvorbehalt grundsätzlich nicht berührt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 ParlBG seien aber auch humanitäre Einsätze nicht vom Parlamentsvorbehalt ausgeschlossen, sondern zustimmungspflichtig, wenn zu erwarten sei, dass die Bundeswehr in bewaffnete Unternehmungen einbezogen werden könnte. Dann sei es unerheblich, ob Waffen nur zur Selbstverteidigung getragen würden, weil andernfalls das parlamentarische Mandat zum Bundeswehreinsatz notwendig ein Mandat zum Angriff sei. Diesem Gesetzesverständnis entspreche es, dass nach § 4 Abs. 3, 1. Spiegelstrich ParlBG das vereinfachte Zustimmungsverfahren für Einsätze von geringer Intensität auch anzuwenden sei, wenn Waffen lediglich zur Selbstverteidigung getragen würden. Von besonderer Bedeutung sei schließlich die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 ParlBG, der bei Gefahr im Verzug eine nachträgliche Zustimmung des Bundestages auch für "Einsätze zur Rettung von Menschen aus besonderen Gefahrenlagen" ermögliche. Eine solche militärische Rettungsaktion werde vom Gesetz damit ausdrücklich als zustimmungspflichtig behandelt.
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bb) Das Bundesverfassungsgericht habe als auslösendes Tatbestandsmerkmal des von ihm entwickelten wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts den "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" bezeichnet und als Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen näher konkretisiert. Dabei komme es nicht darauf an, ob tatsächlich Waffengewalt zur Anwendung gelange, denn dann könne die Parlamentsbeteiligung nur noch ex post sinnvoll ausgestaltet werden, was der verfassungsrechtlichen Bedeutung eines gestaltenden parlamentarischen Einflusses nicht gerecht werde. Der Vorbehalt werde durch die "qualifizierte Erwartung" einer Teilnahme an bewaffneten Auseinandersetzungen ausgelöst. Dafür bedürfe es hinreichender greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte, dass ein Einsatz in die Anwendung von Waffengewalt münden könne, und einer besonderen Nähe zur Anwendung von Waffengewalt (BVerfGE 121, 135 165 ff.>). Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beziehe sich auf Fallkonstellationen im Rahmen eines auf Grundlage einer integrierten NATO-Planung erfolgten Einsatzes und sei von dem Bedürfnis getragen, den Einfluss des Bundestages auch dann wirksam zu erhalten, wenn die militärische Arbeitsteilung der Bündnisstaaten dazu führe, dass die Bundeswehr nicht unmittelbar militärische Gewalt anwende. Insbesondere aus dem Urteil des Zweiten Senats vom 7. Mai 2008 (BVerfGE 121, 135), welches die Beteiligungsrechte bei einer unmittelbaren, jedoch nicht physischen Einbeziehung in Kampfhandlungen definiere, ergebe sich im Umkehrschluss, dass die vorhersehbar wahrscheinliche unmittelbare körperliche Verwicklung der Bundeswehr in Kampfhandlungen zum tatbestandlichen Kernbereich des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts gehöre. Der Entscheidung könne entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht entnommen werden, dass eine parlamentarische Zustimmung erst erforderlich werde, wenn die Bundesrepublik durch einen Einsatz in eine andauernde größere militärische Auseinandersetzung einbezogen werde. Hierzu sei nochmals auf die maßgeblich von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägten, namentlich in der Definition eines im vereinfachten Verfahren zustimmungsbedürftigen Einsatzes nach § 4 Abs. 2 und in Abs. 3, 1. Spiegelstrich ParlBG zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen zu verweisen. Die Rechtsprechung und die ihr folgende Gesetzgebung seien von der historischen Erfahrung geprägt, dass auch kleine bewaffnete Auseinandersetzungen zu einem großen militärischen Konflikt führen könnten; deshalb solle der Bundestag frühzeitig die Verantwortung für eine Einsatzentscheidung übernehmen.
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cc) Aus der Staatspraxis sei auf die mit der Operation "Libelle" im Jahr 1997 erfolgte Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Albanien hinzuweisen. Seinerzeit hätten Bundesregierung und Bundestag die Zustimmung des Parlaments für erforderlich gehalten, obwohl - anders als hier - keine weitergehenden kriegerischen Handlungen im Krisengebiet stattgefunden hätten.
- 32
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b) Bei Anwendung dieser Maßstäbe sei von einer Verletzung der Rechte des Deutschen Bundestages auszugehen.
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aa) Die Bundeswehr habe am 26. Februar 2011 im Sinne von § 2 Abs. 1 ParlBG mit genuin militärischen Mitteln einen Auftrag ausgeführt, der allein durch die Streitkräfte zu bewältigen gewesen sei, denn sie sei in den Luftraum eines fremden Landes eingedrungen, um Menschen zu evakuieren. Der Einsatz sei innerhalb eines militärischen Krisengebietes und aufgrund der militärischen Krise erfolgt, die die zu Evakuierenden bedroht habe. Er sei mit einer vergleichsweise hohen Gefahr eines konkreten Waffeneinsatzes durch die eingesetzten Soldaten verbunden gewesen, weil völlig offen gewesen sei, wer den Luftraum über Libyen kontrolliert habe. Die Bitte der Antragsgegnerin, den Flug in den libyschen Luftraum zu gestatten, sei unbeantwortet geblieben, der Einsatz daher ohne Einwilligung Libyens durchgeführt worden. Auch die Bundeswehr, die vor diesem Hintergrund das völkerrechtliche Selbstverteidigungsrecht zur Rechtfertigung des Einsatzes bemüht habe, habe eine physische Auseinandersetzung ernsthaft für möglich gehalten. Dies zeige die Ausstattung der Transall-Maschinen mit Waffen und Täuschkörpern, die Verwendung einer Eliteeinheit, die Bewaffnung dieser Fallschirmjäger mit Kriegswaffen, konkret mit Maschinengewehren des 11,5 Kilogramm schweren Typs MG3 und mit weiteren Gewehren. Entsprechend habe die bundeswehrinterne Berichterstattung von einem "scharfen Einsatz" gesprochen. Gleiches ergebe sich aus der Anzahl weiterer militärischer Einsatzmittel, insbesondere der über 1000 Soldatinnen und Soldaten, die auf Kreta und im Mittelmeer, dort unter anderem auf zwei Fregatten, bereitgestellt worden seien, um die Evakuierungsaktion im Zweifelsfall zu unterstützen. Diese Einschätzung werde ferner durch den Umstand bestätigt, dass eine am Folgetag von niederländischen Soldaten durchgeführte ähnliche Aktion zu deren Gefangennahme durch libysche Soldaten geführt habe. Bei der Evakuierung aus Nafurah habe es sich nicht um einen humanitären Einsatz gehandelt, weil die Aufgabe nicht durch medizinische oder technische Zivilkräfte hätte übernommen werden können. Es sei gerade auf die Möglichkeit des Einsatzes militärischer Gewalt angekommen. Selbst wenn ein humanitärer Einsatz vorgelegen hätte, wäre er nach § 2 Abs. 2 Satz 3, 2. Alt. ParlBG nachträglich zustimmungspflichtig gewesen, weil die begründete Erwartung eines konkreten Waffeneinsatzes bestanden habe.
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bb) Der Einsatz löse aus den genannten Gründen auch den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt aus. Die deutschen Soldaten seien in ein aktuelles Bürgerkriegsgebiet verlegt worden, in dem auch nach Planung der Bundeswehr mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer unmittelbaren Verwicklung in bewaffnete Kampfhandlungen mit libyschen Truppen zu rechnen gewesen sei.
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III.
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Die Antragsgegnerin hält den Antrag für zulässig, aber unbegründet. Die Evakuierung aus Nafurah sei kein der parlamentarischen Zustimmung bedürftiger "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Parlamentsbeteiligungsgesetzes gewesen.
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1. a) Maßgeblich sei die Bestimmung der zustimmungsrelevanten Schwelle möglicher militärischer Konfrontation im Zusammenhang mit Evakuierungsoperationen, zu der sich das Bundesverfassungsgericht bisher nicht habe verhalten müssen. Der Begriff der "Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen" benötige scharfe und verlässliche Konturen und setze ein beachtliches Maß an militärischem Einsatzpotential und Konfliktträchtigkeit voraus, denn der Parlamentsvorbehalt sei "auf das historische Bild eines Kriegseintritts zugeschnitten" (BVerfGE 108, 34 42 f.>). Im modernen Völkerrecht sei an die Stelle des "Krieges" der "bewaffnete Konflikt" getreten, dessen Vorliegen eine direkte Gewaltanwendung zwischen staatlichen Streitkräften, eine anhaltende Gewalttätigkeit zwischen einem Staat und einer nichtstaatlichen Partei oder zwischen nichtstaatlichen Gruppierungen voraussetze. Ein nach Operationszweck und Konfiguration der Einsatzkräfte weitab von dieser Schwelle angesiedelter Einsatz stelle keine zustimmungspflichtige Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen dar.
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b) Der vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Parlamentsvorbehalt beruhe auf richterlicher Rechtsfortbildung und stelle rechtssystematisch eine Durchbrechung der alleinigen Verantwortlichkeit der Exekutive im auswärtigen Bereich dar. Eine extensive Handhabung verbiete sich daher. Entsprechend knüpfe das Bundesverfassungsgericht den Parlamentsvorbehalt an das Risiko einer "größere[n] und länger währende[n] Auseinandersetzung […] bis hinein in einen umfänglichen Krieg" (BVerfGE 121, 135 161>), unterhalb dessen die Einsatzentscheidung in die alleinige Kompetenz der Exekutive falle. Dabei sei von Relevanz, ob eine bewaffnete Konfrontation mit Streitkräften anderer Staaten oder allenfalls eine vereinzelte Auseinandersetzung mit Einzelpersonen oder einer Bande drohe und ob die Stellung und das Gewicht der Bundesrepublik Deutschland innerhalb der Staatengemeinschaft oder deren Ordnung berührt werden könnten.
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c) Unabhängig vom Leitbild des Kriegseintritts fehle es an dem für eine Zustimmungspflicht maßgeblichen "militärischen Gepräge" insbesondere dann, wenn die Operation der Bundeswehr nach der Ausrüstung der Soldaten, dem Einsatzzweck sowie der Befehlslage und begleitenden Maßnahmen darauf ausgerichtet sei, ohne den Einsatz spezifisch militärischer Machtmittel durchgeführt zu werden, und die Verwicklung in eine bewaffnete Auseinandersetzung möglichst vermieden werden solle. Dies sei dann der Fall, wenn sich die bei einem humanitären Einsatz aus einer Gefahrenlage zu befreienden Personen nicht in der Gewalt Dritter befänden und die Operation nicht darauf angelegt sei, vorausgesetzten oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten Widerstand mit militärischen Mitteln zu überwinden. Die Rechtsprechung verbinde in diesem Sinne das militärische Gepräge auch mit einer offensiven Anwendung von Waffengewalt. Bei humanitären Einsätzen unter Mitführung von Waffen zur Gefahrenvorsorge sei daher eine parlamentarische Zustimmung nicht erforderlich. Dies entspreche der Wertung in § 2 Abs. 2 Satz 3 ParlBG. Eine ausdrückliche, konkludente oder mutmaßliche Zustimmung des von einem Einsatz betroffenen Staates bedeute ebenfalls, dass kein militärisches Gepräge der Operation vorliege.
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d) Bei dem Evakuierungseinsatz in Albanien im Jahr 1997 seien mehrere Transportflugzeuge, Hubschrauber mit über hundert Soldaten und eine Fregatte mit über zweihundert Soldaten beteiligt gewesen. Die Bundesregierung habe die Sicherheitslage als anarchisch beschrieben, und es sei zu einem Schusswechsel mit nichtstaatlichen Akteuren gekommen. Dennoch gehe eine beachtliche Rechtsansicht davon aus, dass eine Zustimmung des Bundestages für diese Evakuierung nicht erforderlich gewesen sei. Es habe auch keine Kontroversen gegeben, als zur Bekämpfung der Flutkatastrophe in Mosambik im Jahr 2000 über hundert mit Handfeuerwaffen ausgerüstete Soldaten eingesetzt wurden und keine parlamentarische Zustimmung eingeholt worden sei.
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2. a) Der Parlamentsvorbehalt verlange die "qualifizierte Erwartung einer Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen" (BVerfGE 121, 135 165>) und setze voraus, dass der Waffeneinsatz Teil der operativen Logik sei, nicht bloß Element der Gefahrenvorsorge. Weiter müsse die Einbeziehung "unmittelbar zu erwarten sein" (BVerfGE 121, 135 166>), was nur der Fall sei, wenn die militärische Gewalt zeitlich nahe bevorstehe oder zumindest wahrscheinlich sei (BVerfGE 121, 135 166>). Nur so sei die Verknüpfung des Parlamentsvorbehalts mit dem historischen Bild des Kriegseintritts gegeben.
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b) Ein Höchstmaß an Gefahrenvorsorge auch für unwahrscheinliche Bedrohungslagen - etwa das Vorhalten von Reservekräften - könne die Zustimmungspflicht nicht auslösen. Anderenfalls entspräche der dadurch geschaffene Anreiz für die Exekutive zu gesteigerter Risikobereitschaft weder der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht der Regierung für die Streitkräfte noch der Schutzpflicht für die Soldaten und Schutzbefohlenen. Für die notwendige scharfe Konturierung der "qualifizierten Erwartung" müsse die Beurteilung zum Zeitpunkt des Einsatzbefehls entscheidend sein.
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c) Das Bundesverfassungsgericht habe die qualifizierte Erwartung einer bewaffneten Auseinandersetzung dann angenommen, wenn ein irreversibler, quasi automatisch zu einer militärischen Verstrickung führender Kausalverlauf in Gang gesetzt werde. Mit Blick auf das von der Rechtsprechung ebenfalls thematisierte Eskalationspotential lieferten Umfang und Dauer einer Operation insoweit wesentliche Beurteilungskriterien. Wenn eine Aktion selbst bei unerwartetem Verlauf mit Einsatz von Waffengewalt keine Folgeauseinandersetzungen und auch keine Rückwirkungen auf die außenpolitischen Beziehungen befürchten lasse, werde die Schwelle der Zustimmungsbedürftigkeit nicht überschritten. Dies gelte insbesondere, wenn geplant sei, einen Einsatz in wenigen Stunden mit sehr beschränkten Mitteln durchzuführen, und gewaltsamer Widerstand und die Berührung mit fremden Streitkräften nicht erwartet werde.
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d) Weiter seien für die maßgebliche ex-ante-Beurteilung vorausgegangene und völlig konfliktfrei verlaufene Operationen ähnlicher Art zu berücksichtigen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sei dagegen unerheblich, ob es nach Abschluss des Einsatzes bei Evakuierungsoperationen anderer Staaten an anderen Orten zu Verwicklungen gekommen sei.
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e) Ferner müsse der Exekutive trotz der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen des Parlamentsvorbehalts im Falle von Gefahr im Verzug eine Einschätzungsprärogative überlassen werden, denn die zu treffende Prognose werde auch voluntativ durch die Exekutive selbst bestimmt. Die militärische und außenpolitische Einschätzung der Bundesregierung sowie die alternative Einsatzplanung für bestimmte Operationsverläufe seien sowohl Teil der objektiven Lage als auch des Risikopotentials.
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f) Zwar sei der tatsächliche Waffeneinsatz insoweit nicht maßgeblich, ein tatsächlicher Einsatzverlauf ohne Waffengewalt begründe indes die Vermutung, dass die qualifizierte Erwartung einer bewaffneten Unternehmung nicht bestanden habe. Die Vermutung dürfte sogar unwiderleglich sein, wenn es auch sonst nicht zu risikorelevanten Abweichungen im Ablauf gekommen, der Nichteinsatz von militärischen Machtmitteln also nicht auf glückliche Umstände zurückzuführen sei.
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3. Die Evakuierung aus Nafurah stelle nach diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben keinen zustimmungsbedürftigen Einsatz bewaffneter Streitkräfte dar, sondern sei geradezu ein Gegenbeispiel zum entsprechenden Leitbild der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
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a) Der Einsatz habe nach Zweck und Ausgestaltung kein spezifisch "militärisches Gepräge" aufgewiesen. Sein Zweck habe den einige Tage zuvor mit Transportmaschinen der Bundeswehr und einem zivilen Flugzeug durchgeführten Evakuierungen aus Tripolis entsprochen. Die eingesetzten Lufttransportmittel der Bundeswehr seien nicht bewaffnet, sondern lediglich mit einem passiven Schutzsystem im Hinblick auf die latente landesweite Bedrohung durch Flugabwehrsysteme ausgestattet gewesen. Die Sicherungsgruppe habe nur über leichte Waffen zur Selbstverteidigung verfügt, die konkret zur Überwachung des Umfeldes eingesetzten Fallschirmjäger in Nafurah hätten ihre Handwaffen in deeskalierender Position getragen. Die mitgeführten Maschinengewehre seien stets in den beiden Transall verblieben. Alle Sicherheitsvorkehrungen ließen sich ausschließlich als Maßnahme der Gefahrenvorsorge qualifizieren.
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b) Der dem Einsatz zugrunde liegende Auftrag habe eine nicht-militärische Zielrichtung gehabt und sei im Kern auch mit nicht spezifisch militärischen Mitteln - mit unbewaffneten Flugzeugen - zu bewältigen gewesen. Die militärischen Komponenten hätten sich ausschließlich auf flankierende Maßnahmen mit Vorsorgecharakter beschränkt. Soweit die Antragstellerin den militärischen Charakter auf "das Eindringen in den Luftraum eines fremden Landes" zu stützen versuche, verkenne sie, dass die Bundesregierung bei allen Evakuierungsflügen von einer konkludenten Zustimmung Libyens habe ausgehen dürfen und die deutsche Botschaft in Tripolis am 22. Februar 2011 von einer generellen Start- und Landeerlaubnis für sämtliche Evakuierungsflüge unterrichtet worden sei. Ferner sei der Einsatz den libyschen Behörden durch Verbalnote mitgeteilt worden, und das Auswärtige Amt habe in ständigem Kontakt mit libyschen Regierungsvertretern gestanden. Infolge dieses Einvernehmens mit den zuständigen libyschen Stellen habe es auch keiner völkerrechtlichen Rechtfertigung des Einsatzes bedurft.
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c) Die Gefahrenanalyse im unmittelbaren Vorfeld der Evakuierung habe eine militärische Konfrontation keinesfalls erwarten lassen. Der lokale Sicherheitsbeauftragte eines deutschen Unternehmens habe verlässliche Informationen aus Nafurah geliefert. Das Lagebild, insbesondere die Nutzung der dortigen Landebahn durch eine private Maschine in den Tagen vor dem Einsatz, die unmittelbar vor dem Start der deutschen Militärmaschinen von den Briten problemlos durchgeführte Luftevakuierung aus dem Camp und die Unterstützung der zu Evakuierenden durch die Gegend kontrollierende Ortskräfte hätten eine konkrete Bedrohung oder bewaffnete Konfrontation als denkbar, aber zugleich als außerordentlich unwahrscheinlich erscheinen lassen. Die flankierenden Sicherheitsvorkehrungen einschließlich des Einsatzes von bewaffneten Soldaten seien den Unwägbarkeiten in der Gesamtsituation Libyens aus der Distanz der operativen Führung sowie der Fürsorgepflicht und grundrechtlichen Schutzverantwortung des deutschen Staates geschuldet gewesen.
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d) Die Annahme einer drohenden militärischen Konfrontation könne auch nicht mit der Verlegung größerer Truppenteile in den Mittelmeerraum gerechtfertigt werden. Der damit angesprochene Einsatzverband "Pegasus" sei erst am 27. Februar 2011 einsatzbereit gewesen und weder bei der Evakuierung aus Nafurah noch zu einem späteren Zeitpunkt zum Einsatz gekommen.
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e) Die "Verhaltensanweisung für die Soldatinnen und Soldaten des Einsatzverbandes militärische Evakuierungsoperation LIBYEN", die die Durchsetzung des Auftrags mit militärischer Gewalt erlaubt habe, weise ebenfalls nicht auf eine konkrete Erwartung ex ante hin, in Nafurah in eine bewaffnete Operation einbezogen zu werden. Bei dieser handele es sich um eine Weisung des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, die für alle denkbaren Maßnahmen im Rahmen der Operation "Pegasus" herausgegeben worden sei. Nachdem bei der kurzfristig vorab notwendig gewordenen Rückführung aus Nafurah ein bewaffneter Streitkräfteeinsatz nicht zu erwarten gewesen sei, sei eine etwaige Änderung oder Anpassung der bereits vorliegenden Weisung gegenüber den bei der Evakuierung eingesetzten Soldaten schon aus Zeitgründen nicht mehr kommunizierbar gewesen. Rechtlich sei dies auch nicht erforderlich gewesen, weil die in der Weisung beschriebenen abstrakten Befugnisse immer in Abhängigkeit von der konkreten Lage anzuwenden seien. Die Weisung enthalte keine spezifischen operativen Vorgaben, dass militärische Gewalt anzuwenden sei. Überdies seien für die Frage der parlamentarischen Zustimmung allein der Kenntnis- und Erwartungsstand der Bundesregierung und deren darauf beruhende Bewertung maßgeblich.
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IV.
- 52
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Der Bundespräsident, der Deutsche Bundestag und der Bundesrat wurden von dem Verfahren in Kenntnis gesetzt (§ 65 Abs. 2 BVerfGG).
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V.
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In der mündlichen Verhandlung am 28. Januar 2015 haben die Beteiligten ihr schriftsätzliches Vorbringen vertieft und ergänzt. Zur Vorbereitung der Operation "Pegasus" und den Einzelheiten der Evakuierung aus Nafurah wurden der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, und der seinerzeitige Krisenbeauftragte des Auswärtigen Amtes, Botschafter Michael Klor-Berchtold, gehört.
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VI.
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Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 3. März 2015 die dem Senat auf Anforderung bereits zuvor vorgelegten Weisungen, Befehle und sonstigen Dokumente zur Operation "Pegasus" und der Evakuierung aus Nafurah durch Vorlage weiterer Weisungen des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr ergänzt. Diese wurden nach Eingang beim Bundesverfassungsgericht dem Bevollmächtigten der Antragstellerin zur Kenntnisnahme gegeben.
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B.
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Der Antrag ist zulässig.
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I.
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Die Antragstellerin ist als Fraktion des Deutschen Bundestages im Organstreitverfahren gemäß § 13 Nr. 5, §§ 63 ff. BVerfGG parteifähig und berechtigt, im eigenen Namen Rechte geltend zu machen, die dem Deutschen Bundestag gegenüber der Bundesregierung zustehen (vgl. BVerfGE 1, 351 359>; 2, 143 165>; 104, 151 193>; 118, 244 254 f.>; 121, 135 150>; 131, 152 190>; stRspr). Die Bundesregierung ist nach § 63 BVerfGG mögliche Antragsgegnerin. Die gerügte Unterlassung der Antragsgegnerin, für die Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Libyen durch Soldaten der Bundeswehr die nachträgliche Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen, ist nach § 64 Abs. 1 BVerfGG tauglicher Gegenstand eines Organstreitverfahrens (vgl. BVerfGE 121, 135 150>).
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II.
- 57
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Die Antragstellerin ist antragsbefugt.
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1. Die Antragstellerin hat in substantiierter Weise die Möglichkeit vorgetragen, dass der Deutsche Bundestag in seinen Rechten verletzt wurde, weil die Antragsgegnerin es ablehnte, für die Evakuierung deutscher und anderer Staatsbürger aus Libyen durch Soldaten der Bundeswehr am 26. Februar 2011 nachträglich seine Zustimmung einzuholen (§ 64 Abs. 1 BVerfGG). In seinem Urteil vom 12. Juli 1994 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass "Einsätze bewaffneter Streitkräfte" im Ausland von Verfassungs wegen der grundsätzlich vorherigen konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestages unterliegen und der Bundestag umgehend nachträglich mit einem bewaffneten Außeneinsatz zu befassen ist, wenn ihn die Bundesregierung bei Gefahr im Verzug ausnahmsweise allein beschlossen hat (vgl. BVerfGE 90, 286 383 ff.>). Den verfassungsrechtlichen Begriff "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" und damit die Reichweite der parlamentarischen Zustimmungsbedürftigkeit hat der Senat in einem weiteren Urteil vom 7. Mai 2008 konkretisiert (vgl. BVerfGE 121, 135 163 ff.>). Beide Entscheidungen befassen sich mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr im Rahmen von Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit. Es ist bislang nicht ausdrücklich geklärt, ob und inwieweit die bisherige Rechtsprechung auf von der Exekutive angeordnete, vor einer möglichen Parlamentsbefassung bereits abgeschlossene unilaterale Evakuierungseinsätze der Bundeswehr anzuwenden ist. Deshalb ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass es aufgrund des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts einer nachträglichen Befassung des Deutschen Bundestages mit dem Einsatz deutscher Soldaten in Libyen bedurfte.
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2. Der Deutsche Bundestag hat mit der Ablehnung des von der Fraktion DIE LINKE initiierten Antrags zur nachträglichen Mandatierung des Evakuierungseinsatzes in Libyen am 24. März 2011 nicht auf die Ausübung seiner Rechte verzichtet. Es ist gerade Sinn und Zweck der in § 64 BVerfGG geregelten Prozessstandschaft, der Parlamentsminderheit die Befugnis zur Geltendmachung der Rechte des Bundestages auch dann zu erhalten, wenn die Mehrheit seiner Mitglieder sie, insbesondere im Verhältnis zu der von ihr getragenen Bundesregierung, nicht wahrnehmen will. Dies ist sowohl Ausdruck der Kontrollfunktion des Parlaments als auch Instrument des Minderheitenschutzes (vgl. BVerfGE 45, 1 29 f.>; 60, 319 325 f.>; 68, 1 77 f.>; 121, 135 151>).
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III.
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Für die Antragstellerin besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.
- 61
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1. Zwischen den Beteiligten sind Umfang und Grenzen des sich unmittelbar aus dem Grundgesetz ergebenden wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts (vgl. BVerfGE 90, 286 390>; 108, 34 42>; 121, 135 152>) umstritten. Es herrscht Unklarheit darüber, unter welchen Voraussetzungen das Recht auf Beteiligung und die Pflicht zur Beteiligung des Deutschen Bundestages ausgelöst werden.
- 62
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2. Für das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ist es ohne Bedeutung, ob die Antragsgegnerin dem von ihr verlangten Handeln über eine längere Zeit hinweg nicht nachgekommen ist (fortdauerndes Unterlassen) oder ob die behauptete Verpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen war. Denn das Rechtsschutzbedürfnis im Organstreit entfällt grundsätzlich nicht deshalb, weil eine beanstandete Rechtsverletzung abgeschlossen ist (BVerfGE 1, 372 379>; 41, 291 303>; 121, 135 152>; 131, 152 193>). Ob besondere Umstände im Sinne eines "Fortsetzungsfeststellungsinteresses" erforderlich sind, damit über eine in der Vergangenheit liegende und abgeschlossene Rechtsverletzung entschieden werden kann, bedarf keiner Entscheidung; solche Umstände sind hier in Form eines objektiven Interesses an der weiteren Klärung der Reichweite des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts und in Form einer Wiederholungsgefahr (vgl. BVerfGE 131, 152 193 f.>) gegeben. Die Antragsgegnerin hat ihre von der Antragstellerin gerügte Rechtsauffassung bereits vorprozessual vertreten und im Verfahren wiederholt, so dass ein gleichgerichtetes Vorgehen in zukünftigen vergleichbaren Situationen erwartet werden kann.
- 63
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3. Die Antragstellerin hat, indem sie im Deutschen Bundestag am 24. März 2011 den Antrag der Fraktion DIE LINKE unterstützte, der auf die nachträgliche Einholung der Zustimmung des Bundestages für den Evakuierungseinsatz in Libyen gerichtet war, über die sie im Organstreit treffenden Obliegenheiten hinaus (vgl. BVerfGE 90, 286 338 f.>; 104, 151 198>; 129, 356 374 f.>) Schritte unternommen, den Bundestag dazu zu veranlassen, seine Rechte geltend zu machen (vgl. BVerfGE 121, 135 153>).
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IV.
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Die Antragsfrist nach § 64 Abs. 3 BVerfGG ist gewahrt. Da der Evakuierungseinsatz in Nafurah am 26. Februar 2011 stattfand und die unterlassene Maßnahme in Form einer Beteiligung des Deutschen Bundestages gegebenenfalls nachträglich hätte erfolgen müssen, war die sechsmonatige Frist am 11. August 2011, als der Antrag beim Bundesverfassungsgericht einging, noch nicht abgelaufen.
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C.
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Der Antrag ist unbegründet. Die Antragsgegnerin hat das wehrverfassungsrechtliche Beteiligungsrecht des Deutschen Bundestages in Form des konstitutiven Parlamentsvorbehalts für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte nicht dadurch verletzt, dass sie es unterließ, für die Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Nafurah durch Soldaten der Bundeswehr am 26. Februar 2011 nachträglich die Zustimmung des Bundestages einzuholen.
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I.
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Der konstitutive wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt ist nicht auf Einsätze bewaffneter Streitkräfte innerhalb von Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit beschränkt, sondern gilt darüber hinaus allgemein für bewaffnete Einsätze deutscher Soldaten im Ausland (1.). Ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte liegt nicht erst dann vor, wenn eine Unternehmung im Ausland unter Einbeziehung deutscher Soldaten einen kriegerischen oder kriegsähnlichen Charakter aufweist (2.). Bei Gefahr im Verzug ist die Bundesregierung ausnahmsweise berechtigt, den Einsatz bewaffneter Streitkräfte vorläufig allein zu beschließen. Sie muss das Parlament in einem solchen Fall umgehend mit dem so beschlossenen Einsatz befassen und die Streitkräfte auf Verlangen des Bundestages zurückrufen (3.). Die Fragen, ob eine Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Unternehmungen vorlag und ob Gefahr im Verzug gegeben war, sind verfassungsgerichtlich voll überprüfbar (4.). Ist ein von der Bundesregierung wegen Gefahr im Verzug beschlossener Einsatz bewaffneter Streitkräfte zum frühestmöglichen Zeitpunkt nachträglicher Parlamentsbefassung bereits abgeschlossen und eine parlamentarische Einflussnahme auf die konkrete Verwendung der Streitkräfte deshalb nicht mehr möglich, muss die Bundesregierung den Deutschen Bundestag unverzüglich und qualifiziert über die Grundlagen ihrer Einsatzentscheidung und den Verlauf des Einsatzes unterrichten (5.).
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1. Das Bundesverfassungsgericht hat aus dem Gesamtzusammenhang wehrverfassungsrechtlicher Vorschriften und vor dem Hintergrund der deutschen Verfassungstradition seit 1918 dem Grundgesetz ein allgemeines Prinzip entnommen, nach dem jeder Einsatz bewaffneter Streitkräfte der konstitutiven, grundsätzlich vorherigen Zustimmung des Deutschen Bundestages bedarf (vgl. BVerfGE 90, 286 381 ff.>; 100, 266 269>; 104, 151 208>; 108, 34 43>; 121, 135 154>; 126, 55 69 f.>; stRspr). Die auf die Streitkräfte bezogenen Regelungen des Grundgesetzes sind darauf angelegt, die Bundeswehr nicht als Machtpotential allein der Exekutive zu überlassen, sondern sie als "Parlamentsheer" in die demokratisch rechtsstaatliche Verfassungsordnung einzufügen (vgl. BVerfGE 90, 286 381 f.>; 108, 34 44>; 121, 135 154>; 123, 267 422>; 126, 55 70>). Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt gilt allgemein für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte (a)) und ist parlamentsfreundlich auszulegen (vgl. BVerfGE 121, 135 162>; b)).
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a) Der unmittelbar kraft Verfassung geltende wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt (BVerfGE 90, 286 390>; 121, 135 156>) begründet ein wirksames Mitentscheidungsrecht des Deutschen Bundestages in Angelegenheiten der auswärtigen Gewalt. Die parlamentarische Zustimmung ist grundsätzlich vor Beginn eines Einsatzes einzuholen. Der Bundestag kann nicht ohne die Bundesregierung einen Streitkräfteeinsatz verfügen, weil der Parlamentsvorbehalt ein Zustimmungsvorbehalt ist, der keine Initiativbefugnis verleiht (vgl. BVerfGE 90, 286 388 f.>; 121, 135 154>).
- 69
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Das Erfordernis parlamentarischer Mitwirkung gilt sowohl für bewaffnete Außeneinsätze deutscher Soldaten innerhalb von Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne von Art. 24 Abs. 2 GG, wie sie Gegenstand bisheriger Entscheidungen des Senats waren (vgl. BVerfGE 90, 286 351 ff.>; 121, 135 156 f.>), als auch allgemein für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte (vgl. BVerfGE 90, 286 381>; 121, 135 153>), unabhängig von dessen materiell-rechtlicher Grundlage (vgl. § 2 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Satz 2 ParlBG). Auch jeder unilaterale Auslandseinsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bedarf somit der grundsätzlich vorherigen parlamentarischen Zustimmung. Die Bundeswehr wäre kein Parlamentsheer, wenn aus dem Anwendungsbereich des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts gerade die allein national verantworteten Streitkräfteeinsätze im Ausland ausgeklammert wären, denen kein Prozess konsensualer Willensbildung innerhalb eines Bündnissystems vorausgeht, in welches sich Deutschland bereits mit Zustimmung des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 90, 286 351>; 104, 151 194>; 118, 244 258>) eingeordnet hat. Das gilt unabhängig von der in diesem Organstreit nicht zu klärenden Frage nach der Ermächtigungsgrundlage solcher Einsätze.
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b) Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt ist angesichts seiner Funktion und Bedeutung parlamentsfreundlich auszulegen. Insbesondere kann das Eingreifen des Parlamentsvorbehalts nicht unter Berufung auf Gestaltungsspielräume der Exekutive maßgeblich von den politischen und militärischen Bewertungen und Prognosen der Bundesregierung abhängig gemacht werden (vgl. BVerfGE 121, 135 162 f.>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Streitkräfteeinsatz innerhalb eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit erfolgt oder national verantwortet wird. Denn der Entscheidungsverbund von Parlament und Regierung stellt hier wie dort keine Durchbrechung der alleinigen Verantwortlichkeit der Exekutive im auswärtigen Bereich dar; er ist vielmehr ein prägender Teil der grundgesetzlichen Gewaltenteilung. Soweit dem Grundgesetz eine Zuständigkeit des Deutschen Bundestages in Form eines wehrverfassungsrechtlichen Mitentscheidungsrechts entnommen werden kann, besteht kein eigenverantwortlicher Entscheidungsraum der Bundesregierung (vgl. BVerfGE 121, 135 163>).In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, ob das Parlament sein Mitentscheidungsrecht - wie grundsätzlich geboten - vor dem Einsatz wahrnimmt oder ausnahmsweise erst nach dessen Beginn, weil die Bundesregierung wegen Gefahr im Verzug die Einsatzentscheidung einstweilen allein getroffen hat (vgl. BVerfGE 90, 286 388>; 121, 135 154>). Die Eilkompetenz verschafft der Bundesregierung nur das Recht zur Anordnung eines Einsatzes bewaffneter Streitkräfte, nicht aber die von der Antragsgegnerin angenommenen Auslegungsspielräume hinsichtlich der Frage, ob ein solcher Einsatz gegeben ist und damit ein Mitwirkungsrecht des Bundestages besteht (vgl. BVerfGE 121, 135 168 f.>). Anderenfalls drohte aus der Ausnahmebefugnis (vgl. BVerfGE 121, 135 154>) der Exekutive zur vorläufigen Alleinentscheidung in Gefahrensituationen systemwidrig eine regelhafte Befugnis zur endgültigen Alleinentscheidung zu werden.
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2. Gegenstand der Parlamentsbeteiligung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" (BVerfGE 90, 286 387 f.>; 121, 135 154>). Es handelt sich dabei um einen verfassungsrechtlichen Begriff, dessen Konkretisierung von der völkerrechtlichen (vgl. BVerfGE 90, 286 387>) oder verfassungsrechtlichen Grundlage des konkreten Einsatzes nicht unmittelbar abhängt und der auch nicht von einem im Rang unter der Verfassung stehenden Gesetz (vgl. § 2 ParlBG) verbindlich konkretisiert werden kann, wenn auch die gesetzliche Ausgestaltung des Instituts im Einzelfall Hinweise für seine verfassungsunmittelbare Reichweite zu geben vermag (vgl. BVerfGE 121, 135 156>; a)). Mit dem Begriff "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" ist eine einheitliche rechtliche Schwelle parlamentarischer Zustimmungsbedürftigkeit definiert. Für eine zusätzliche militärische Erheblichkeitsschwelle im Einzelfall ist insoweit kein Raum (b)).
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a) Ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte in diesem Sinne liegt vor, wenn deutsche Soldaten in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind (vgl. BVerfGE 121, 135 163>). Dafür kommt es nicht darauf an, ob bewaffnete Auseinandersetzungen sich bereits im Sinne eines Kampfgeschehens verwirklicht haben, sondern ob die Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen qualifiziert zu erwarten ist (vgl. BVerfGE 121, 135 164 f.>; aa)). Das Führen von Waffen im Ausland und die Ermächtigung zu ihrem Gebrauch können Anhaltspunkte für eine drohende Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen sein (bb)).
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aa) Die qualifizierte Erwartung der Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen unterscheidet sich in zweifacher Hinsicht von der bloßen Möglichkeit, dass es zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommen könnte:
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(1) Zum einen bedarf es hinreichender greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass ein Einsatz nach seinem Zweck, den konkreten politischen und militärischen Umständen sowie den Einsatzbefugnissen in die Anwendung von Waffengewalt münden kann. Hierfür muss aus den Umständen des Falles und der politischen Gesamtlage heraus eine konkrete militärische Gefahrenlage bestehen, die eine hinreichende sachliche Nähe zur Anwendung von Waffengewalt und damit zur Verwicklung deutscher Streitkräfte in eine bewaffnete Auseinandersetzung aufweist (BVerfGE 121, 135 165>).
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(2) Zum anderen ist eine besondere Nähe der Anwendung von Waffengewalt erforderlich; die Einbeziehung von Bundeswehrsoldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen muss unmittelbar zu erwarten sein. Steht die Anwendung von Waffengewalt zeitlich nahe bevor, begründet dies bereits für sich genommen die qualifizierte Erwartung der Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen; sie wird jedoch regelmäßig mit der Verdichtung tatsächlicher Umstände einhergehen, die auf kommende militärische Auseinandersetzungen hindeuten. Aber auch eine Betrachtung der Einsatzplanung und der Einsatzbefugnisse kann ergeben, dass eine gleichsam automatisch ablaufende Beteiligung deutscher Soldaten an der Anwendung bewaffneter Gewalt von der Gesamtsituation her wahrscheinlich ist und praktisch nur noch von Zufälligkeiten im tatsächlichen Geschehensablauf abhängt (vgl. BVerfGE 121, 135 166>).
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bb) Anhaltspunkte für die drohende Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen bestehen, wenn sie im Ausland Waffen mit sich führen und ermächtigt sind, von ihnen Gebrauch zu machen. Denn es kann dadurch je nach dem Verlauf des tatsächlichen Geschehens dazu kommen, dass die Bewaffnung in die Anwendung von Waffengewalt mündet. Solange es sich allerdings rechtlich nur um eine Ermächtigung zur Selbstverteidigung handelt und der Einsatz selbst einen nicht-militärischen Charakter hat, ist die Schwelle zur Zustimmungsbedürftigkeit nicht schon durch diese Ermächtigung erreicht (vgl. BVerfGE 121, 135 167 f.>).
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b) Der Begriff "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" als Ausdruck qualifizierter Erwartung einer Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen legt für alle Einsätze der Bundeswehr im Ausland, seien sie konsensual in einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit oder national verantwortet, eine einheitliche Schwelle parlamentarischer Zustimmungsbedürftigkeit fest. Eine zusätzliche militärische Erheblichkeitsschwelle ist im konkreten Einzelfall nicht zu überwinden (aa)). Auch Einsätze, die erkennbar von geringer Intensität und Tragweite oder politisch von untergeordneter Bedeutung sind, können dem wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt unterfallen (vgl. BVerfGE 90, 286 389>; 121, 135 166>; bb)).
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aa) Grundsätzlich unterliegt jeder Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte der konstitutiven parlamentarischen Mitwirkung. Der konstitutive Parlamentsvorbehalt ist in der Begründung zwar auf das historische Bild eines Kriegseintritts zugeschnitten (vgl. BVerfGE 108, 34 42 f.> unter Verweis auf BVerfGE 90, 286 383>), in seiner Funktion aber nicht auf eine parlamentarische Mitentscheidung bei kriegerischen oder kriegsähnlich ausgerichteten Außeneinsätzen beschränkt. Ein rechtlich erheblicher Einfluss des Bundestages auf die Verwendung der Streitkräfte muss nach den verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen zur Organkompetenzverteilung im Bereich der auswärtigen Gewalt auch unterhalb dieser Schwelle gewährleistet sein, die sich überdies einer präzisen Bestimmung entzieht.
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Unter den heutigen politischen Bedingungen, in denen Kriege in der Regel nicht mehr förmlich erklärt werden, steht eine sukzessive Verstrickung in bewaffnete Auseinandersetzungen dem offiziellen Kriegseintritt gleich (vgl. BVerfGE 108, 34 43>). Jeder Einsatz bewaffneter Streitkräfte kann von der begrenzten Einzelaktion in eine größere und länger währende militärische Auseinandersetzung münden, bis hinein in einen umfänglichen Krieg (BVerfGE 121, 135 161>). Gerade in politisch und militärisch instabilen Regionen bedarf es zudem häufig nur eines geringen Anlasses, um eine eskalierende Konfliktdynamik in Gang zu setzen. All dies trifft gleichermaßen auf national verantwortete bewaffnete Außeneinsätze der Bundeswehr zu, wie auf Einsätze innerhalb von Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit, anhand derer das Bundesverfassungsgericht die Tatbestandsvoraussetzungen eines "Einsatzes bewaffneter Streitkräfte" definiert hat (vgl. BVerfGE 121, 135 161 ff.>).
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Die verfassungsrechtlich gebotene Wahrnehmung konstitutiver parlamentarischer Verantwortung für jedweden bewaffneten Auslandseinsatz der Bundeswehr beginnt daher entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung nicht erst dann, wenn ein von der Bundesregierung geplanter Einsatz von vornherein dem Leitbild eines Kriegseintritts entspricht. Ein Streitkräfteeinsatz muss - jenseits der qualifizierten Erwartung einer Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen - im Einzelfall daher keine bestimmte militärische Erheblichkeitsschwelle überschreiten oder einen auf offensive Gewaltanwendung angelegten Charakter aufweisen, um den Parlamentsvorbehalt auszulösen; humanitäre Zielsetzungen als solche suspendieren das Erfordernis parlamentarischer Zustimmung nicht.
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bb) Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 festgestellt, dass bei Einsätzen bewaffneter Streitkräfte im Rahmen von Resolutionen des Sicherheitsrates die vorherige Zustimmung des Bundestages unabhängig davon erforderlich ist, ob den Streitkräften Zwangsbefugnisse nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen (BGBl 1973 II S. 430) eingeräumt sind, weil die Grenzen zwischen den traditionellen Blauhelmeinsätzen und solchen mit der Befugnis zu bewaffneten Sicherungsmaßnahmen in der Realität fließend geworden sind und der Begriff der Selbstverteidigung, die schlichten Friedenstruppen erlaubt ist, bereits in einem aktiven Sinne dahin definiert wird, dass sie auch den Widerstand gegen gewaltsame Versuche einschließt, die Truppen an der Durchführung ihres Auftrags zu hindern (vgl. BVerfGE 90, 286 387 f.>). Auch die Verwendung von Personal der Bundeswehr für bloße Hilfsdienste und Hilfeleistungen im Ausland kann der parlamentarischen Zustimmung bedürfen, sofern die Soldaten dabei in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind (vgl. BVerfGE 90, 286 388>; 121, 135 155>). Generell können auch Einsätze, die erkennbar von geringer Intensität und Tragweite oder politisch von untergeordneter Bedeutung sind, dem wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt unterfallen (vgl. BVerfGE 90, 286 389>; 121, 135 166>).
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Bei dem konstitutiven Parlamentsvorbehalt geht es um die grundgesetzlich vorgegebene Kompetenzverteilung zwischen Parlament und Regierung bei der Entscheidung über die Verwendung der Streitkräfte als Machtpotential, die dem Deutschen Bundestag unabhängig von der Bedeutung des Einsatzes einen insoweit rechtserheblichen Einfluss sichern soll (vgl. BVerfGE 90, 286 381 f.>; 108, 34 42>; 121, 135 161, 164>). Dem einheitlich zu definierenden verfassungsrechtlichen Begriff eines zustimmungsbedürftigen "Einsatzes bewaffneter Streitkräfte" können deshalb qualitativ unterschiedliche Arten der Verwendung der Bundeswehr unterfallen. Es ist Sache des Gesetzgebers, Form und Ausmaß parlamentarischer Mitwirkung je nach Anlass und Rahmenbedingungen des Einsatzes näher auszugestalten (vgl. BVerfGE 90, 286 389>; vgl. auch § 4 ParlBG).
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3. Ohne vorherige parlamentarische Zustimmung ist ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte unter dem Grundgesetz grundsätzlich nicht zulässig. Die im Entscheidungsverbund mit der Bundesregierung dem Einsatz vorausgehende Beteiligung des Deutschen Bundestages schont die Kompetenzen beider Verfassungsorgane (a)). Bei Gefahr im Verzug ist die Bundesregierung ausnahmsweise berechtigt, vorläufig allein den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zu beschließen, etwa damit die Wehr- und Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik durch den Parlamentsvorbehalt nicht in Frage gestellt wird (b)). Sie muss jedoch in einem solchen Fall den Deutschen Bundestag umgehend mit dem so beschlossenen Einsatz befassen und die Streitkräfte auf Verlangen des Bundestages zurückrufen (c)).
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a) Besteht die aus den konkreten Umständen hinreichend belegbare Erwartung einer unmittelbaren Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen, ist die vorherige Beteiligung des Deutschen Bundestages schon deshalb erforderlich, weil nur so vermieden werden kann, dass das Parlament in eine Art Ratifikationslage gerät, die eine eigenverantwortliche Entscheidung erschwert. Die vorherige Beteiligung ist gegenüber einem späteren parlamentarischen Rückruf deutscher Soldaten (vgl. BVerfGE 90, 286 388>) auch zugleich die für die außenpolitische Handlungs- und Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland schonendere Alternative (vgl. BVerfGE 90, 286 363 f., 388>; 108, 34 44 f.>; 121, 135 167>).
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Bundesregierung und Bundestag trifft daher eine Verpflichtung, sicherzustellen, dass die Zustimmung des Parlaments in der Regel zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die materielle Entscheidung über eine Anwendung von Waffengewalt noch nicht getroffen ist und auch nicht vor dem Abschluss des Zustimmungsverfahrens getroffen wird (vgl. BVerfGE 121, 135 167>).
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b) Nur ausnahmsweise ist die Bundesregierung - bei Gefahr im Verzug - berechtigt, den Einsatz bewaffneter Streitkräfte vorläufig allein zu beschließen. Der Beschluss der Bundesregierung bedarf keiner Genehmigung durch den Deutschen Bundestag, sondern der Bundestag muss dem Einsatz umgehend zustimmen, damit dieser fortgesetzt werden darf (vgl. BVerfGE 90, 286 388>; 121, 135 154>).
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Im Fall von Gefahr im Verzug ist der Bundesregierung eine auf den Einzelfall bezogene Eilzuständigkeit zur Anordnung eines Einsatzes bewaffneter Streitkräfte eröffnet. Obwohl die Wahrnehmung der exekutiven Eilkompetenz stets eine Beeinträchtigung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts darstellt, bedarf diese Anordnung keiner rückwirkenden rechtsgestaltenden Legitimierung durch den Bundestag. Die gebotene unverzügliche parlamentarische Befassung nach Beginn des Einsatzes (vgl. BVerfGE 90, 286 388>; 121, 135 154>) hat nicht die Wirkung einer Genehmigung mit der Folge, dass im Falle einer Versagung der parlamentarischen Zustimmung der Einsatz von Anfang an rechtswidrig wäre (vgl. Baldus, Schriftliche Stellungnahme [S. 37 f.], Sten. Prot. der 25. Sitzung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages am 17. Juni 2004, S. 77 f.). Die Eilentscheidung der Bundesregierung entfaltet vielmehr die gleiche Rechtswirkung wie die unter regulären Umständen im Verbund mit dem Bundestag getroffene Einsatzentscheidung. Für eine konstitutive parlamentarische Zustimmung ist bei einem von der Exekutive im Eilfall beschlossenen und bereits begonnenen Einsatz daher nur ex nunc Raum. Durch die Verweigerung der Zustimmung wird die Bundesregierung verpflichtet, den Einsatz zu beenden und die Streitkräfte zurückzurufen. Die militärische Wehrfähigkeit und die Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland werden auf diese Weise gesichert, und zugleich wird dem Interesse der eingesetzten deutschen Soldaten Rechnung getragen, nur aufgrund einer rechtlich verlässlichen und nicht etwa schwebend unwirksamen Anordnung in einen bewaffneten Auslandseinsatz entsandt zu werden.
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c) Durch die als Ausnahmebefugnis im Notfall konzipierte Eilkompetenz der Bundesregierung für die Einsatzentscheidung (vgl. BVerfGE 90, 286 388>; 121, 135 154>) werden das wehrverfassungsrechtliche Recht und die Pflicht zur parlamentarischen Verantwortungsübernahme nicht aufgegeben. Wie sich in der Verpflichtung der Bundesregierung zur umgehenden nachträglichen Befassung des Bundestages mit dem Einsatz (vgl. BVerfGE 90, 286 388>; 121, 135 154>) zeigt, soll die exekutive Eilkompetenz lediglich in einer kurzfristigen Ausnahmesituation die militärpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland sichern. Das Recht der Exekutive zur vorläufigen Alleinentscheidung bei Gefahr im Verzug steht daher nicht gleichrangig neben dem wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt. Als Durchbrechung des originären parlamentarischen Mitentscheidungsrechts ist es vielmehr eine diesem gegenüber subsidiäre Kompetenz der stets handlungsfähigen Bundesregierung, deren Sinn es nicht etwa ist, der Exekutive insoweit eigene verteidigungspolitische Gestaltungsspielräume zu eröffnen. Der nachträglichen Parlamentsbefassung muss deshalb eine vor dem Streitkräfteeinsatz beginnende und diesen begleitende Unterrichtung des Bundestages durch die Bundesregierung vorausgehen (vgl. § 5 Abs. 2 ParlBG).
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4. Die Konzeption der Eilkompetenz hat zur Folge, dass die Bundesregierung selbst über die Voraussetzungen ihrer (vorläufigen) Alleinzuständigkeit zu entscheiden hat. Im Streitfall unterliegen jedoch nicht nur die Feststellung einer Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Unternehmungen der vollen verfassungsgerichtlichen Kontrolle (a)), sondern auch die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals "Gefahr im Verzug" (b)).
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a) Die - der Frage nach der Eilkompetenz vorausgehende - Frage, ob bei einem Auslandseinsatz eine Einbeziehung deutscher Soldatinnen und Soldaten in bewaffnete Unternehmungen besteht, ist gerichtlich voll überprüfbar. Ein vom Bundesverfassungsgericht nicht oder nur eingeschränkt nachprüfbarer Einschätzungs- oder Prognosespielraum ist der Bundesregierung nicht eröffnet (vgl. BVerfGE 121, 135 168 f.>).
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b) Bei der Auslegung und Anwendung des Tatbestandsmerkmals "Gefahr im Verzug" kommt der Bundesregierung ein solcher Einschätzungs- oder Prognosespielraum ebenfalls nicht zu. Allerdings verbleibt ihr ein Einschätzungsspielraum im Eilfall (vgl. BVerfGE 121, 135 163>) hinsichtlich der politischen und militärischen Zweckmäßigkeit des bewaffneten Streitkräfteeinsatzes.
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aa) Das Tatbestandsmerkmal "Gefahr im Verzug" legt die Voraussetzungen einer Eilzuständigkeit der Bundesregierung für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte fest. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum. Die prognostischen Elemente des Gefahrbegriffs geben insoweit für eine andere Sichtweise nichts her. Sie sind nichts weiter als Elemente der Unbestimmtheit von Rechtsbegriffen und rechtfertigen - wie auch in anderen der Gefahrenabwehr dienenden Befugnisnormen - nicht schon von sich aus eine Kontrollbeschränkung der Gerichte (vgl. in Bezug auf Art. 13 Abs. 2 GG BVerfGE 103, 142 157> m.w.N.).
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Der Gesetzgeber kann zwar innerhalb der von der Verfassung gezogenen Grenzen Durchbrechungen des Grundsatzes vollständiger gerichtlicher Nachprüfung von Entscheidungen der Exekutive vorsehen (vgl. BVerfGE 129, 1 21 ff.>). Der unmittelbar im Grundgesetz verankerte wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt räumt ihm jedoch einen derartigen Gestaltungsfreiraum bei der Regelung der Eilkompetenz der Bundesregierung nicht ein. Der Parlamentsvorbehalt garantiert dem Deutschen Bundestag grundsätzlich ein wirksames Mitentscheidungsrecht über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte, bevor das militärische Unternehmen beginnt und dann maßgeblich zu einer Frage militärischer Zweckmäßigkeit wird (vgl. BVerfGE 121, 135 161>). Jeder einer richterlichen Kontrolle entzogene exekutive Spielraum bei der Feststellung von Gefahr im Verzug würde demgegenüber die Möglichkeiten einer Inanspruchnahme der Eilkompetenz erweitern und damit den konstitutiven parlamentarischen Zustimmungsvorbehalt über das unerlässliche Maß hinaus schwächen (vgl. BVerfGE 103, 142 158>). Innerhalb eines wesentlichen Einsatzspektrums hätte allein und abschließend die Bundesregierung darüber zu befinden, ob der Deutsche Bundestag einem Streitkräfteeinsatz in rechtserheblicher Weise vor dessen Beginn zustimmen muss oder erst danach, wenn bereits geschaffene oder doch vorentschiedene Fakten den Entscheidungsraum zu einem Parlamentsnachvollzug verengen. Die durch den wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt vorgegebene Kompetenzverteilung im Bereich der auswärtigen Gewalt lässt eine derartige Ermächtigung der Exekutive zur materiellen Entwertung der parlamentarischen Mitentscheidungskompetenz nicht zu (vgl. BVerfGE 121, 135 167>). Die Rechte, die das Grundgesetz den einzelnen Verfassungsorganen verleiht, stehen weder zu ihrer eigenen Disposition noch zur Disposition des Gesetzgebers (vgl. E. Klein, in: Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, § 28 Rn. 990). Dieser ist hier vielmehr darauf beschränkt, die Voraussetzungen eines Gefahr im Verzug begründenden Notfalls und das dabei zu beobachtende Verfahren näher zu regeln (vgl. BVerfGE 90, 286 388 ff.>). Dem entsprechen Wortlaut und Begründung von § 5 ParlBG (BTDrucks 15/2742, S. 5 f.), der die Eilkompetenz der Bundesregierung und das Verfahren nachträglicher parlamentarischer Mitwirkung bei Gefahr im Verzug regelt.
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bb) Eine verfassungsgerichtliche Kontrolle des Merkmals "Gefahr im Verzug" stößt hier auch nicht an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung (vgl. BVerfGE 84, 34 50>; 129, 1 23>). Derartige Funktionsgrenzen sind namentlich für das politische Ermessen im Bereich der auswärtigen Gewalt (vgl. BVerfGE 40, 141 178>; 55, 349 364 f.>) sowie in verteidigungspolitischen Fragen (vgl. BVerfGE 68, 1 97>) anerkannt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 13. August 2013 - 2 BvR 2660/06, 2 BvR 487/07 -, EuGRZ 2013, S. 563 568>). Die tatsächliche und rechtliche Wertung der Bundesregierung bei der Annahme von Gefahr im Verzug ist jedoch keine politische Entscheidung, sondern eine anhand objektiver Kriterien überprüfbare Subsumtion eines Sachverhalts unter die tatbestandliche Voraussetzung einer Eilkompetenz (vgl. BVerfGE 45, 1 39>), die der Bundesregierung erst den Raum für eine einstweilen alleinige (politische) Entscheidung über den bewaffneten Außeneinsatz der Bundeswehr erschließt. Für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung kommt es dabei auf die Sachlage an, wie sie sich der Bundesregierung zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung darstellt.
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5. Ist ein von der Bundesregierung wegen Gefahr im Verzug beschlossener Einsatz bewaffneter Streitkräfte zum frühestmöglichen Zeitpunkt einer nachträglichen Parlamentsbefassung bereits abgeschlossen, kann der Deutsche Bundestag einen konstitutiven, rechtserheblichen Einfluss auf die konkrete Verwendung der Streitkräfte (vgl. BVerfGE 89, 38 46 f.>; 90, 286 382>; 108, 34 42>; 121, 135 161, 164>) nicht mehr ausüben (a)). In diesem Fall muss die Bundesregierung den Deutschen Bundestag unverzüglich und qualifiziert über den Einsatz unterrichten (b)).
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a) Der Senat hatte in seinen bisherigen Entscheidungen zum wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt die Frage, ob ein von der Bundesregierung zu Recht wegen Gefahr im Verzug angeordneter und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einer Parlamentsbefassung bereits abgeschlossener Einsatz einer nachträglichen Beteiligung des Deutschen Bundestages bedarf, nicht zu beantworten. Die Bundesregierung muss zwar in jedem Fall das Parlament umgehend mit einem von ihr wegen Gefahr im Verzug beschlossenen Einsatz befassen und die Streitkräfte zurückrufen, wenn es der Bundestag verlangt (vgl. BVerfGE 90, 286 388>; 121, 135 154>). Ob indes eine nachträgliche Parlamentsbefassung auch erforderlich ist, wenn die Möglichkeit zur parlamentarischen Rückholung der Streitkräfte nicht mehr besteht, war bisher nicht Gegenstand verfassungsgerichtlicher Verfahren.
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aa) Die Auffassung des Gesetzgebers zu dieser Frage lässt sich aus dem Parlamentsbeteiligungsgesetz nicht eindeutig entnehmen. In § 5 ParlBG ist bestimmt, dass nach exekutiver Anordnung eines Einsatzes bewaffneter Streitkräfte wegen Gefahr im Verzug der Antrag auf Zustimmung zum Einsatz unverzüglich nachzuholen und der Einsatz zu beenden ist, wenn der Bundestag den Antrag ablehnt (Abs. 3). Die Gesetzesbegründung spricht insoweit von einer "zwingende[n] Nachholung der Beteiligung des Parlaments" (vgl. BTDrucks 15/2742, S. 6), ohne darauf einzugehen, ob dies auch gelten soll, wenn der Einsatz zum Zeitpunkt unverzüglicher Parlamentsbefassung bereits beendet ist.
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bb) Das wehrverfassungsrechtliche Schrifttum misst zwar überwiegend einem nachträglichen Parlamentsbeschluss bei abgeschlossenen Streitkräfteeinsätzen keine rechtserhebliche Wirkung bei, hält aber eine Befassung des Deutschen Bundestages aufgrund des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts gleichwohl für geboten (vgl. Dau, NZWehrr 1998, S. 89 99>; Hans H. Klein, in: Festschrift für Walter Schmitt Glaeser, 2003, S. 245 263>; Lutze, DÖV 2003, S. 972 978>; Baldus, a.a.O., S. 78, Fn. 115; F. Schröder, Das parlamentarische Zustimmungsverfahren zum Auslandseinsatz der Bundeswehr in der Praxis, 2005, S. 280 f.; Sigloch, Auslandseinsätze der Bundeswehr, 2006, S. 308; Tobias M. Wagner, Parlamentsvorbehalt und Parlamentsbeteiligungsgesetz, 2010, S. 149 f.; Payandeh, DVBl 2011, S. 1325 1329 f.>).
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cc) Die kompetenzielle Funktion des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts, aufgrund derer dem Deutschen Bundestag eine grundlegende, konstitutive Mitentscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte vorbehalten und damit ein rechtserheblicher Einfluss auf die konkrete Verwendung der Streitkräfte garantiert ist (vgl. BVerfGE 89, 38 46 f.>; 90, 286 382>; 108, 34 42>; 121, 135 161, 164>), kann bei einem abgeschlossenen Einsatz jedoch nicht mehr zum Tragen kommen. Ist ein Einsatz beendet, ist für eine konstitutive Zustimmung des Bundestages, für eine Mitverantwortung und -entscheidung kein Raum mehr. Hat die Bundesregierung einen zeitlich eng begrenzten und vor einer möglichen Parlamentsbefassung abgeschlossenen Einsatz angeordnet, bedarf diese Entscheidung trotz der Subsidiarität der exekutiven Eilkompetenz zu ihrer Wirksamkeit oder Rechtmäßigkeit keiner nachträglichen Genehmigung durch den Bundestag (vgl. Rn. 87). Das Parlament kann bei einem abgeschlossenen Einsatz zudem weder die Fortdauer des Streitkräfteeinsatzes noch dessen Beendigung und die Rückholung der eingesetzten Soldaten beschließen. Der Bundestag ist auch nicht dazu berufen, über die Rechtmäßigkeit des exekutiven Handelns verbindlich zu urteilen; dies ist - auf Antrag - dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Es ist deshalb davon auszugehen, dass einem nachträglichen parlamentarischen Beschluss keine Rechtserheblichkeit mehr zukommen kann (a.A. Wiefelspütz, Der Auslandseinsatz der Bundeswehr und das Parlamentsbeteiligungsgesetz, 2. Aufl. 2012, S. 498).
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Demgemäß verpflichtet der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt die Bundesregierung in einem derartigen Fall nicht, eine Entscheidung des Bundestages über den beendeten Einsatz herbeizuführen (vgl. Kreß, in ZaöRV 57 [1997], S. 329 355>; Schaefer, Verfassungsrechtliche Grenzen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, 2005, S. 287 ff.; Scherrer, Das Parlament und sein Heer, 2010, S. 288 ff.). Die Entscheidungskompetenz der Bundesregierung modifiziert insoweit das der Wehrverfassung zugrunde liegende Prinzip der konstitutiven parlamentarischen Mitentscheidung. Der konstitutive parlamentarische Zustimmungsvorbehalt ist als prägender Teil der grundgesetzlichen Gewaltenteilung (vgl. BVerfGE 121, 135 163>) durch seine kompetenzbegründende Funktion determiniert und verändert sich nicht, wenn der Bundestag aus tatsächlichen Gründen seine Kompetenz nicht ausüben kann.
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b) Vielmehr ist es Aufgabe des Deutschen Bundestages selbst und seiner Untergliederungen, im Falle eines von der Exekutive wegen Gefahr im Verzug beschlossenen und vor einer möglichen Parlamentsbefassung beendeten Einsatzes bewaffneter Streitkräfte, seine parlamentarischen Kontrollbefugnisse wahrzunehmen. Das parlamentarische Regierungssystem stellt ihm auch für diesen Fall geeignete Instrumente zur politischen Kontrolle der Bundesregierung zur Verfügung. Er kann sein Frage-, Antrags-, Debatten- und Entschließungsrecht ausüben und dadurch auf zukünftige Entscheidungen der Regierung einwirken oder durch die Wahl eines neuen Bundeskanzlers die Regierung stürzen, Art. 67 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 131, 152 196>).
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Um dem Deutschen Bundestag eine uneingeschränkte Kontrolle des Einsatzes der Streitkräfte zu ermöglichen, ist die Bundesregierung allerdings, als Ausfluss des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts, verpflichtet, ihn unverzüglich und qualifiziert über den abgeschlossenen Streitkräfteeinsatz zu unterrichten.
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aa) Gegenstand der Pflicht zu förmlicher Unterrichtung der Bundesregierung sind die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Einsatzentscheidung sowie Verlauf und Ergebnis des Einsatzes bewaffneter Streitkräfte. Nur in Kenntnis der genannten, allein der Bundesregierung vorliegenden Informationen zu einem abgeschlossenen Auslandseinsatz der Bundeswehr ist der Bundestag in der Lage, diesen politisch zu bewerten und parlamentarische Kontrolle, auch mit Blick auf die im hier gegebenen Zusammenhang stets zu beantwortenden Kompetenzfragen, effektiv auszuüben.
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bb) Die Unterrichtung des Bundestages muss in sachlicher Hinsicht umfassend sein und sich in ihrer Intensität an der militärischen und politischen Bedeutung des Streitkräfteeinsatzes orientieren. In zeitlicher Hinsicht ist der parlamentarische Informationsanspruch unverzüglich zu erfüllen, denn eine Kontrolle ist umso wirkungsvoller, je geringer der zeitliche Abstand zu dem zu kontrollierenden Handeln ist. Die Bundesregierung muss das Parlament darüber hinaus in einer zweckgerechten Weise unterrichten. Adressat der Unterrichtung ist grundsätzlich der Bundestag als Ganzer, damit sämtliche Abgeordnete gleichermaßen und unterschiedslos auf die übermittelten Informationen zugreifen können. Die Unterrichtung hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Informationen über den Streitkräfteeinsatz den Abgeordneten in klarer, vollständiger und reproduzierbarer Form zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 131, 152 202 ff.>).
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II.
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Nach diesen Maßstäben war die am 26. Februar 2011 von Soldaten der Bundeswehr durchgeführte Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Nafurah in Libyen ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Sinne des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts. Die Antragsgegnerin war jedoch nicht verpflichtet, den Bundestag nachträglich um eine rechtlich unverbindliche politische Billigung des abgeschlossenen Einsatzes zu ersuchen. Die Frage einer Verletzung des parlamentarischen Anspruchs auf unverzügliche qualifizierte Unterrichtung über den abgeschlossenen Einsatz bewaffneter Streitkräfte ist nicht Gegenstand des hier zu entscheidenden Organstreits.
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1. Die in nationaler Alleinverantwortung von Soldaten der Bundeswehr durchgeführte Evakuierung aus Nafurah ist tauglicher Gegenstand des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts. Dies gilt unabhängig davon, ob Evakuierungs- und Rettungsaktionen der Streitkräfte, wie im Schrifttum diskutiert wird (vgl. Wiefelspütz, a.a.O., S. 448 f.; Röben, ZaöRV 63 [2003], S. 585 586, Fn. 4>), materiell-funktional als polizeiliche Unternehmen mit humanitärer Zielsetzung oder als im engeren Sinne "militärisch" zu charakterisieren sind. Derartige Differenzierungen hindern weder eine Subsumtion unter den verfassungsrechtlichen Begriff "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" noch die sich daraus notwendig ergebende Anwendung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts (vgl. Epping, in: BeckOK GG, Edition 25, Art. 87a Rn. 32.4; Baldus, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 87a Rn. 82).
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2. Ein grundsätzlich nur auf der Grundlage einer konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestages zulässiger Einsatz bewaffneter Streitkräfte lag vor, weil ungeachtet des tatsächlichen Ausbleibens von Kampfhandlungen die qualifizierte Erwartung bestand, dass deutsche Soldaten mit der Teilnahme an der Evakuierung aus Nafurah in bewaffnete Auseinandersetzungen einbezogen werden könnten.
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a) Zum Zeitpunkt der Einsatzentscheidung bestanden hinreichende greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine drohende Verstrickung der eingesetzten deutschen Soldaten in eine bewaffnete Auseinandersetzung.
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aa) Die Evakuierung aus Nafurah am 26. Februar 2011 war in zeitlich-örtlicher Hinsicht in einen kriegerischen Gesamtkontext eingebunden, der bei der Beantwortung der Frage, ob eine Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Unternehmungen zu erwarten war, nicht außer Betracht bleiben kann.
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In den Tagen vor der Evakuierung hatten sich die innenpolitischen bewaffneten Auseinandersetzungen in Libyen zu einem Bürgerkrieg ausgeweitet, der mit dem Zerfall der staatlichen Ordnung einherging. Die sich innerhalb kurzer Zeit rapide verschlechternde Sicherheitslage hatte auf deutscher Seite Anlass zu Vorbereitungen für die großangelegte militärische Operation "Pegasus" zur Evakuierung, Rettung und gegebenenfalls gewaltsamen Befreiung deutscher Staatsbürger aus ganz Libyen gegeben, welche am 26. Februar 2011 allerdings noch nicht abgeschlossen waren. Die von Kampfhandlungen besonders betroffenen ostlibyschen Landesteile waren an diesem Tag überwiegend bereits in der Hand der Regimegegner, darunter zahlreiche übergelaufene Streit- und Sicherungskräfte. Sie verfügten über schwere Waffen und Gefechtsfahrzeuge und kontrollierten mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die im Raum Bengasi stationierten einsatzbereiten Luftabwehrsysteme mit einer Reichweite von 300 Kilometern. Auf ihrem Weg von Chania/Kreta nach Nafurah und zurück mussten die beiden für die Evakuierung eingesetzten deutschen Transportmaschinen - als Teil einer fremden Staatsmacht - jeweils diesen Flugabwehrgürtel durchfliegen. Eine etwaige konkludente Einwilligung regimetreuer staatlicher libyscher Stellen in die Evakuierungsmaßnahme und damit in die Nutzung des libyschen Luftraums hätte dabei keinerlei Sicherheit gewährleistet, denn sie wäre von den oppositionellen Kräften nicht als verbindlich erachtet worden. Die Antragsgegnerin konnte überdies trotz ihrer Kontakte zu libyschen Regierungsvertretern nicht von einer solchen Einwilligung ausgehen. Das Bundesministerium der Verteidigung wie auch das Einsatzführungskommando der Bundeswehr waren im Vorfeld der Evakuierung in ihren jeweiligen Bedrohungsanalysen zu dem Ergebnis gekommen, dass die staatlichen Strukturen in Libyen vollkommen zusammengebrochen waren. Es gab somit keinen funktionsfähigen libyschen Staat mehr, dem etwaige Willenserklärungen staatlicher Verantwortungsträger hätten zugerechnet werden und der Garant für deren Einhaltung hätte gewesen sein können. Ein Angriff mittels Boden-Luft-Raketen auf die deutschen Militärmaschinen und damit eine zunächst passive Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen musste in einem Umfeld eskalierender Gewalttätigkeiten aufgrund dieser konkreten Umstände ernsthaft für möglich erachtet werden, auch wenn bis zum Beginn der Evakuierungsoperation kein ausländisches Flugzeug im libyschen Luftraum bedroht worden war. Das Bundesministerium der Verteidigung war daher von einer mittleren bis erheblichen Bedrohung an Land und in der Luft bei Operationen von deutschen Streitkräften in Libyen ausgegangen. Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr hatte - anders als bei den vorausgegangenen ungesicherten Luftabholungen aus Tripolis - wegen der Bedrohung durch Flugabwehrsysteme den Einsatz passiv geschützter Transall C-160 ESS für unabdingbar gehalten, was dazu führte, dass die als besonders eilbedürftig qualifizierte, ursprünglich bereits für den 25. Februar 2011 vorgesehene Evakuierung aus Nafurah auf den Folgetag verschoben wurde, um sie mit den geschützten Lufttransportmitteln durchführen zu können. Die darin zum Ausdruck kommende Gefahrenvorsorge spricht für eine nicht nur theoretische, sondern tatsächliche Gefahr eines militärischen Angriffs auf die beteiligten Luftfahrzeuge.
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bb) Der Einsatz einer insgesamt zwanzig Soldaten umfassenden, bewaffneten Sicherungsgruppe neben den Besatzungen der Transportmaschinen spiegelt die Gefahrenlage am Boden wider, aufgrund derer die Anwendung militärischer Gewalt hätte erforderlich werden können. Die Lage in Nafurah war am 26. Februar 2011 zwar ruhig, umliegende Camps waren aber bereits von militärisch bewaffneten Banden angegriffen und ausgeplündert worden. Auf der Grundlage von Vereinbarungen mit den in Nafurah ansässigen deutschen Unternehmen hatten bewaffnete Mitglieder örtlicher Stämme deshalb den Schutz des dortigen Camps und der Landebahn übernehmen müssen. Auf dem Flugfeld ausgebrachte Pipelinerohre sollten die Landung von Flugzeugen der Bürgerkriegsparteien verhindern, von deren wirtschaftlichem Interesse an den Ölfeldern in der Region auszugehen war und deren Aggression sich durchaus auch gegen militärische Evakuierungsmaßnahmen anderer Staaten zu richten drohte, wie die Gefangennahme niederländischer Soldaten durch regimetreue Truppen in Sirte nur einen Tag später, am 27. Februar 2011, bestätigte. Nach der Räumung der Pipelinerohre hätten die Besatzungen der zur Evakuierung in Nafurah eingesetzten Militärmaschinen durch auf der Landebahn abgestellte Kraftfahrzeuge gewarnt werden sollen, falls sich die Lage in Nafurah kurzfristig verschlechtert hätte.
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Nicht allein Gründe der allgemeinen Vorsicht und Vorsorge, sondern die Verhältnisse am Boden, die situativ jederzeit in Richtung eines Angriffs oder Überfalls auf das Camp hätten wechseln können, gaben daher konkreten Anlass, zum Zwecke der Evakuierung nicht nur - wie am 22. und 23. Februar in Tripolis - die Organisationsstruktur der Bundeswehr in Anspruch zu nehmen, sondern auch deren spezifisches Droh- und Gewaltpotential. Mit insgesamt 12 Fallschirmjägern stellten die Mitglieder einer auf Rettungs-, Evakuierungs- und Schutzoperationen sowie Einsätze gegen irreguläre Kräfte spezialisierten Kampftruppe der Bundeswehr den Hauptteil der zusätzlich zu den nur mit Pistolen ausgerüsteten Besatzungen der Transall C-160 ESS eingesetzten Sicherungsgruppe, die mit ihren Gewehren G3 und G36 sowie zwei Maschinengewehren MG3 über Kriegswaffen verfügte. Die Soldaten kamen vorzeitig zum Einsatz, denn die Evakuierung aus Nafurah erschien derart dringlich, dass eine nochmalige Verschiebung auf den Folgetag, bis zur Einsatzbereitschaft des Einsatzverbandes "Pegasus" am 27. Februar 2011, nicht in Betracht gezogen wurde.
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Die Einsatzbefugnisse der Fallschirmjäger waren korrespondierend damit bereits auf eine mögliche Verwicklung in eine bewaffnete Auseinandersetzung ausgerichtet. Es war deren Aufgabe, sowohl die Lufttransportmittel nach der Landung oder einer eventuellen Notlandung wie auch die zu Evakuierenden beim Anbordgehen zu sichern. Die Waffen wurden gerade auch dazu mitgeführt, den Operationszweck abzusichern. Nach Auftrag und Bewaffnung waren die Soldaten nicht auf eine Selbstverteidigung im engeren, nur die eigene Verteidigung betreffenden Sinn beschränkt. Sie hatten vielmehr die Befugnis und die Pflicht, Leib und Leben gefährdende Angriffe gegen die zu Evakuierenden sowie Angriffe gegen die Transportmaschinen mit militärischer Gewalt abzuwehren. Auch wenn der Evakuierungseinsatz mit dem Ziel angeordnet wurde, eine bewaffnete Auseinandersetzung zu vermeiden, war die Verpflichtung zu einer solch erweiterten Selbstverteidigung angesichts der nicht nur abstrakten militärischen Gefahrenlage vom Recht auf Überwindung gewaltsamen Widerstands gegen die Evakuierung mit militärischen Mitteln nicht schlüssig zu trennen. Beides war zudem durch die für die Soldaten geltende Verhaltensanweisung für die Anwendung militärischer Gewalt gedeckt, die Maßnahmen militärischer Gewalt bis hin zur Durchsetzung einer Evakuierung gestattete.
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Derartige aufgrund der Gesamtlage konkret drohende gewaltsame Maßnahmen der eingesetzten deutschen Soldaten gegen militärisch bewaffnete Angreifer während der von libyschen Stellen nicht sicher genehmigten Evakuierungsoperation hätten angesichts ihres ungewissen Ausgangs und der unüberschaubaren gruppenspezifischen Loyalitäten in dem durch Bürgerkrieg destabilisierten Land ein nicht unerhebliches militärisches Eskalations- oder doch Verstrickungspotential geborgen, auch im Hinblick auf den ab dem 27. Februar 2011 vor der Küste Libyens und auf Kreta einsatzbereiten Einsatzverband "Pegasus" mit seinem Kräfteaufgebot von rund 1000 Soldatinnen und Soldaten.
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b) Darüber hinaus war zum Zeitpunkt der Einsatzentscheidung der Exekutive von einer besonderen Nähe zur Anwendung von Waffengewalt auszugehen.
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Mit dieser Entscheidung waren die Weichen hinsichtlich der aufgrund greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte für möglich erachteten Anwendung bewaffneter Gewalt gegen und durch deutsche Soldaten bereits gestellt. Zwar bestand Unsicherheit darüber, ob tatsächlich mit einem Angriff auf die Transportmaschinen im libyschen Luftraum zu rechnen war und ob militärische Reaktionen der eingesetzten Soldaten am Boden erforderlich werden würden. Auch wäre ein Abbruch der Evakuierungsoperation vor Einflug in den libyschen Luftraum im Falle auffälliger Radaraktivitäten der dortigen, in ihrer konkreten Dislozierung im Raum nicht bekannten Flugabwehrstellungen möglich gewesen und hätten die Transall C-160 ESS vor der Landung in Nafurah abdrehen können, falls zur Warnung der Flugzeugbesatzung Kraftfahrzeuge auf der Landebahn abgestellt worden wären. Nach dem Eindringen in den libyschen Luftraum und auf libysches Territorium hing jedoch die Einbeziehung deutscher Soldaten in eine bewaffnete Auseinandersetzung im Wesentlichen nur noch davon ab, ob und wann militärisch bewaffnete libysche Akteure in dem bürgerkriegsbefangenen Land die zu Evakuierenden oder die deutschen Lufttransportmittel angreifen würden. Ein solcher Angriff hätte, entsprechend den Einsatzbefugnissen der Sicherungsgruppe, unmittelbare Abwehrmaßnahmen ausgelöst, ohne dass die Bundesregierung hierauf noch hätte Einfluss nehmen können.
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3. Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass die Antragsgegnerin aufgrund von Gefahr im Verzug berechtigt war, den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Nafurah am 26. Februar 2011 ohne vorherige Zustimmung des Deutschen Bundestages zu beschließen.
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4. Wenn ein rechtserheblicher parlamentarischer Einfluss auf den konkreten Einsatz der Streitkräfte aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich ist, ergibt sich aus dem wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt keine Pflicht der Bundesregierung, eine Beschlussfassung des Bundestages herbeizuführen. Zu einer nachträglichen Befassung des Deutschen Bundestages mit dem noch am 26. Februar 2011 abgeschlossenen Einsatz bewaffneter Streitkräfte war die Antragsgegnerin deshalb nicht verpflichtet.
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5. Eine Verletzung des aus dem wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt abzuleitenden parlamentarischen Anspruchs, von der Bundesregierung über von ihr wegen Gefahr im Verzug angeordnete und bereits abgeschlossene Einsätze bewaffneter Streitkräfte unverzüglich und qualifiziert unterrichtet zu werden, hat die Antragstellerin nicht zum Gegenstand des Organstreits gemacht.
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Zwar kann grundsätzlich ein Antrag auf Feststellung einer Kompetenzverletzung zugleich den weniger weitgehenden Antrag auf Feststellung der Verletzung eines damit in Zusammenhang stehenden Anspruchs auf Unterrichtung enthalten (vgl. BVerfGE 1, 14 39>; 7, 99 105 f.>; 68, 1 68>). Die Antragstellerin hat jedoch weder in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag noch in dessen Begründung einen Verstoß der Antragsgegnerin gegen die Unterrichtungspflicht ausdrücklich geltend gemacht. Auch der im Wege der Auslegung zu ermittelnde eigentliche Sinn des mit dem Antrag verfolgten prozessualen Begehrens (vgl. BVerfGE 68, 1 68>) gibt keinen Anlass, von einem entsprechenden subsidiären Rechtsschutzziel der Antragstellerin auszugehen.
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a) Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bundesminister des Auswärtigen die Vorsitzenden der im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen im Auftrag der Bundesregierung nach der Beendigung der Evakuierung aus Nafurah noch am Abend des 26. Februar 2011 über deren Verlauf und Abschluss telefonisch informiert hatte. Die Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden und Obleute des Auswärtigen und des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages waren - jeweils schriftlich - mit Datum vom 26. Februar 2011 vom Einsatzführungskommando der Bundeswehr und mit Datum vom 4. März 2011 vom Staatssekretär im Auswärtigen Amt über den Einsatz unterrichtet worden. Die Obleute der Fraktionen im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, dessen Vorsitzenden und seinen Stellvertreter hatte der Staatssekretär am 27. Februar 2011 auch telefonisch informiert. Er und der Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung hatten darüber hinaus in der Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestages am 16. März 2011 für die Bundesregierung Bericht zu dem Evakuierungseinsatz erstattet.
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Am 4. April 2011 war die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zum "Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte in Libyen" von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion selbst als Bundestagsdrucksache an die Mitglieder des Deutschen Bundestages verteilt worden (BTDrucks 17/5359). Darin äußerte sich die Bundesregierung insbesondere zu den tatsächlichen und rechtlichen Hintergründen und dem Verlauf der Evakuierung aus Nafurah.
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Die Antwort der Bundesregierung auf die am 10. Juni 2011 gestellte Kleine Anfrage von Abgeordneten der Antragstellerin und der Antragstellerin selbst zum "Evakuierungseinsatz ,Pegasus' der Bundeswehr in Libyen" erhielten die Mitglieder des Deutschen Bundestages am 11. Juli 2011 (BTDrucks 17/6564). Weitere Einzelheiten zur Wahl der militärischen Mittel, zur Bewaffnung der eingesetzten Soldaten sowie zu den militärischen Planungen und Abläufen bildeten den Schwerpunkt der von der Bundesregierung erteilten Auskünfte.
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b) Die Antragstellerin hat diese zwar umfängliche, aber sukzessive, zunächst auf Funktionsträger und Mitglieder bestimmter Ausschüsse beschränkte, zum Teil erst auf Befragung erfolgte Unterrichtung des Deutschen Bundestages über die Evakuierung aus Nafurah vorprozessual nicht gerügt. Eine - im Sinne der hier entwickelten Anforderungen - weitergehende Unterrichtungspflicht hat sie gegenüber der Antragsgegnerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht und dieser damit keine Veranlassung gegeben, derartige Rechte des Parlaments zu prüfen und ihnen gegebenenfalls zu entsprechen (vgl. BVerfGE 129, 356 374 f.>). Vielmehr hat die Antragstellerin, auch dies erst einige Monate nach dem Evakuierungseinsatz, mit der Kleinen Anfrage vom 10. Juni 2011 eine ihr zur Verfügung stehende politisch-parlamentarische Handlungsmöglichkeit ergriffen und konkrete zusätzliche Informationen von der Bundesregierung erbeten. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sie mit der Antwort der Bundesregierung vom 11. Juli 2011 und der vorhergehenden Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zum "Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte in Libyen" vom 4. April 2011 (BTDrucks 17/5359) den Anspruch des Bundestages auf Unterrichtung nicht als hinreichend erfüllt ansah. Der verfahrenseinleitende Antrag ist angesichts dessen keiner Auslegung dahingehend zugänglich, die Antragstellerin beanstande auch die Verletzung des parlamentarischen Rechts auf unverzügliche und qualifizierte Unterrichtung über einen abgeschlossenen Einsatz bewaffneter Streitkräfte.
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D.
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Besondere Billigkeitsgründe, die die Anordnung einer Auslagenerstattung nach § 34a Abs. 3 BVerfGG ausnahmsweise angezeigt erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 96, 66 67>), liegen nicht vor.
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