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BVerfG 31.03.2013 - 1 BvR 1314/11
BVerfG 31.03.2013 - 1 BvR 1314/11 - Stattgebender Kammerbeschluss: Anforderungen an Abwägung der Interessen des Mieters und des Wohnungseigentümer bzgl der Installation einer Parabolantenne - hier: unzureichende fachgerichtliche Gewichtung des spezifischen Informationsinteresses türkischer Staatsangehöriger turkmenischer Abstammung - Gegenstandswertfestsetzung auf 25.000 Euro
Normen
Art 5 Abs 1 S 1 Halbs 2 GG, Art 5 Abs 2 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 535 BGB, § 541 BGB, § 549 BGB, § 1004 BGB, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG
Vorinstanz
vorgehend LG München I, 11. April 2011, Az: 31 S 5154/10, Beschluss
vorgehend LG München I, 14. März 2011, Az: 31 S 5154/10, Verfügung
vorgehend AG München, 12. Februar 2010, Az: 461 C 12443/09, Urteil
Tenor
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Der Beschluss des Landgerichts München I vom 11. April 2011 - 31 S 5154/10 - und das Endurteil des Amtsgerichts München vom 12. Februar 2010 - 461 C 12443/09 - verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht München zurückverwiesen.
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Damit wird die Verfügung des Landgerichts München I vom 14. März 2011 - 31 S 5154/10 - gegenstandslos.
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anbringung einer Parabolantenne durch die Mieter einer Wohnung.
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I.
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1. Die Beschwerdeführer sind türkische Staatsangehörige turkmenischer Abstammung. Sie fühlen sich einer in der Türkei lebenden turkmenischen Minderheit zugehörig, die eigenen Traditionen und der turkmenischen Sprache verbunden geblieben ist.
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Nachdem die Beschwerdeführer an der Gebäudefassade ihrer Mietwohnung im Erdgeschoss ohne die nach dem Mietvertrag erforderliche Zustimmung des Vermieters eine Parabolantenne angebracht hatten, um ein nur über Satellit empfangbares Programm, das ganztägig in türkischer und turkmenischer Sprache ausgestrahlt wird und Aktuelles und Informatives über die turkmenische Region und die dort lebenden Menschen zeigt, empfangen zu können, wurden sie von ihrer Vermieterin zunächst auf Beseitigung der Antenne, nach einer im Zuge von Renovierungsarbeiten erfolgten Entfernung auf Unterlassung der Anbringung einer Antenne verklagt.
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Im Verfahren vor dem Amtsgericht trugen die Beschwerdeführer schriftlich vor, die Turkmenen seien ein Turkvolk mit einer eigenen Sprache. Nachdem das Amtsgericht allerdings - wohl wegen Verständigungsschwierigkeiten - die mündliche Aussage des Beschwerdeführers zu 1) protokolliert hatte, es gebe keine turkmenische Sprache an sich, die in der Türkei lebenden Turkmenen redeten türkisch mit Dialekt, beantragten die Beschwerdeführer die Berichtigung des Protokolls. Diesen Antrag wies das Amtsgericht mit der Begründung zurück, die Richterin, die die Aussage des Beschwerdeführers zu 1) protokolliert habe, befinde sich in Mutterschutz. Eine Protokollberichtigung sei nur durch die Urkundsperson, nicht durch den Amtsnachfolger möglich. Das Landgericht wies diesbezüglich die sofortige Beschwerde zurück, führte aber zugleich aus, dass die turkmenische Sprache eine eigene Sprache sei.
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2. Mit dem angegriffenen Urteil des Amtsgerichts wurden die Beschwerdeführer gesamtschuldnerisch verurteilt, zu unterlassen, ihre private Parabolantenne erneut an der Gebäudefassade anzubringen. Ob der Mieter nach Treu und Glauben eine Berechtigung zur Installation einer Parabolantenne habe, hänge von einer Abwägung zwischen dem Eigentumsgrundrecht des Vermieters, dem Recht des Mieters auf freie Information und anderen schützenswerten Interessen der Parteien ab. Auf Seiten der Vermieterin lägen eine optische Beeinträchtigung und eine Substanzverletzung ihres Eigentums vor. Auf Seiten der Beschwerdeführer sei deren Recht zu berücksichtigen, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu informieren. Diesem Informationsbedürfnis werde hinreichend Rechnung getragen, wenn der Vermieter dem ausländischen Mieter ausreichend Zugang zu Programmen in seiner Sprache und aus seinem Heimatland bereitstelle. Die Beschwerdeführer könnten mittels einer Set-Top-Box über die zentrale Satellitenempfangsanlage zahlreiche Sender in türkischer Sprache empfangen. Gegen ein monatliches Entgelt von 7,49 € könnten sie so ein türkisches Programmpaket mit fünf Sendern, für monatlich 25,65 € zehn türkische Fernsehsender empfangen. Einem ausländischen Mieter könne regelmäßig zugemutet werden, eine zentrale Satellitenanlage statt einer eigenen Parabolantenne zu nutzen, wenn auf diese Weise Zugang zu Programmen in seiner Sprache bestehe. Dies gelte auch, wenn die Inanspruchnahme den Erwerb einer Set-Top-Box und monatliche Mehrkosten in der genannten Höhe bedinge, da diese typischerweise nicht vom Empfang von Programmen in der Heimatsprache abhielten.
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Der Verweis der Beschwerdeführer auf ihre turkmenische Abstammung ändere nichts hieran. Der turkmenische Dialekt sei keine eigenständige Sprache. Dem Informationsbedürfnis der Beschwerdeführer sei mit den frei empfangbaren türkischsprachigen Sendern Genüge getan, zumal das Interesse an turkmenischen Programmen dadurch relativiert werde, dass die Beschwerdeführer niemals in Gebieten gewohnt hätten, in denen der turkmenische Dialekt beheimatet sei.
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3. Mit Verfügung vom 14. März 2011 wies das Landgericht München I die Beschwerdeführer darauf hin, dass es beabsichtige, ihre Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
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Das Amtsgericht habe bei seiner Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht der Vermieterin und dem Informationsrecht der Mieter rechtsfehlerfrei ein Überwiegen des Interesses der Vermieterin, eine dauerhafte Anbringung der Parabolantenne zu unterbinden, angenommen. Zutreffend sei es davon ausgegangen, dass dem Informationsbedürfnis der Beschwerdeführer aufgrund des möglichen Zugangs zu türkischsprachigen Programmen Genüge getan sei. Unter Berücksichtigung dessen, dass es keine eigenständige turkmenische Sprache gebe und dass die Familie der Beschwerdeführer bereits vor über 100 Jahren aus dem Irak in die Türkei gezogen sei, müsse das Interesse der Beschwerdeführer am Empfang von turkmenischen Programmen zurückstehen.
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4. Auf den Hinweisbeschluss hin trugen die Beschwerdeführer vor, dass ihre Familie zwar vor 100 Jahren aus dem Irak in die Türkei gezogen seien, dass dies aber nichts an ihrer ethnischen Zugehörigkeit zum turkmenischen Volk ändere. Es sei ausweislich des landgerichtlichen Beschlusses im Verfahren um die Protokollberichtigung gerichtsbekannt, dass turkmenisch eine eigene Sprache sei.
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5. Mit Beschluss vom 11. April 2011 wies das Landgericht München I die Berufung zurück. Zur Begründung nahm es auf seinen Hinweis vom 14. März 2011 Bezug und führte ergänzend aus, auch wenn man davon ausgehe, dass es sich bei der turkmenischen Sprache um eine eigene Sprache handele, sei die vorgenommene Interessenabwägung nicht zu beanstanden.
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6. Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung ihrer Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz GG, auf die sie sich auch als türkische Staatsangehörige turkmenischer Abstammung berufen könnten. Die Abwägung mit dem Eigentumsinteresse der Vermieterin müsse zugunsten des Informationsinteresses der Beschwerdeführer ausgehen. Sie hätten als ausländische Staatsbürger über das zur Verfügung stehende Programm keine ihrer Herkunft entsprechenden Sendeinhalte in ihrer Sprache empfangen können und deshalb einen Anspruch auf Installation einer eigenen Satellitenschüssel. Da sie in ihrem Heimatstaat einer sprachlich wie kulturell eigenständigen Minderheit angehörten, könnten sie nicht auf die Mehrheits- oder Amtssprache des Herkunftsstaates verwiesen werden. Die ohne Parabolantenne empfangbaren türkischsprachigen Sender könnten ihr spezielles Informationsbedürfnis an kulturellen, politischen sowie historischen Inhalten im Zusammenhang mit ihrer turkmenischen Herkunft nicht decken. Zwar seien sie der türkischen Sprache mächtig. Ihre kulturellen Wurzeln und ihre ethnische Herkunft lägen jedoch im turkmenischen Volk, das in der Türkei, aber auch in Syrien und im Irak als Minderheit ansässig sei. Ihre Vorfahren seien ebenso wie viele andere Turkmenen vor 100-200 Jahren aus dem Gebiet des Irak in die heutige Türkei übergesiedelt. Die Beschwerdeführer zählten zu der ungefähr 150.000 Angehörige umfassenden turkmenischen Minderheit in der Türkei. Sie hätten daher in einem Gebiet gelebt, in welchem die turkmenische Sprache, die eine eigenständige Sprache sei, gesprochen werde. Der begehrte, nur über eine Parabolantenne zu empfangende Sender sei der einzige, der kulturelle, politische und historische Informationen über die Turkmenen in den jeweiligen Siedlungsregionen der Türkei, des Iraks sowie Syriens und Afghanistans verbreite. Bei der Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Mieters und dem Eigentumsinteresse der Vermieterin sei zu berücksichtigen, dass sie aufgrund ihrer ethnischen Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volks- und Sprachgruppe ein schützenswertes Interesse hätten, sich aus frei zugänglichen Medien über ihre persönlichen und kulturellen Wurzeln zu informieren.
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7. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat in seiner Stellungnahme auf Entscheidungen des VIII. Zivilsenates hingewiesen. Das bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Vermieterin hat sich nicht geäußert.
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II.
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1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil es zur Durchsetzung des Grundrechts auf Informationsfreiheit angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
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Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu den Anforderungen, die bei zivilgerichtlichen Entscheidungen über die Anbringung von Parabolantennen durch den Mieter zu beachten sind, bereits entschieden (vgl. BVerfGE 90, 27 31 ff.>).
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2. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrer Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG.
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a) Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG hat jeder das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren. Zu den allgemein zugänglichen Quellen, auf die sich die Informationsfreiheit erstreckt, gehören insbesondere Hörfunk- und Fernsehprogramme. Da das Grundgesetz keinen Unterschied zwischen in- und ausländischen Informationsquellen macht, gehören zu den allgemein zugänglichen Informationsquellen auch alle ausländischen Rundfunkprogramme, deren Empfang in der Bundesrepublik Deutschland möglich ist (vgl. BVerfGE 90, 27 32>). Soweit der Empfang von Rundfunkprogrammen von technischen Anlagen abhängt, erstreckt sich der Schutz der Informationsfreiheit auch auf die Anschaffung und Nutzung solcher Anlagen. Die Installation einer Parabolantenne, die den Empfang von Rundfunkprogrammen ermöglicht, die über Satellit ausgestrahlt werden, ist daher ebenfalls von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG geschützt (vgl. BVerfGE 90, 27 32 f.>).
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Folglich ist auch die Installation einer Parabolantenne zum Zweck des Empfangs eines Rundfunkprogrammes, das in turkmenischer Sprache kulturelle, politische und historische Informationen über die Turkmenen in der Türkei ausstrahlt, vom Schutzbereich des Grundrechts auf Informationsfreiheit der Beschwerdeführer umfasst.
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b) Dieses Grundrecht muss auch in einer zivilgerichtlichen Streitigkeit über die Anbringung einer Parabolantenne an einer Mietwohnung, um die es hier geht, beachtet werden. Allerdings findet die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die miet- und eigentumsrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehören, die die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern festlegen. Die Verfassung verlangt aber, dass bei deren Auslegung die betroffenen Grundrechte berücksichtigt werden, damit ihr wertsetzender Gehalt für die Rechtsordnung auch auf der Rechtsanwendungsebene zur Geltung kommt (vgl. BVerfGE 90, 27 33>). Bei der Auslegung und Anwendung der §§ 541, 1004 und 242 BGB, auf deren Grundlage das Amtsgericht die Beschwerdeführer zur Unterlassung der Anbringung der Parabolantenne verurteilt hat, ist daher einerseits dem Grundrecht der Informationsfreiheit Rechnung zu tragen und andererseits das Grundrecht des Eigentümers aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu berücksichtigen. Dies erfordert in der Regel eine fallbezogene Abwägung der Gerichte, bei der die Eigentümerinteressen des Vermieters an der auch optisch ungeschmälerten Erhaltung des Wohnhauses und die Informationsinteressen des Mieters an der Nutzung zugänglicher Informationsquellen zu berücksichtigen sind. Da beide Interessen durch Grundrechte geschützt sind, von denen keines dem anderen generell vorgeht, hängt die Entscheidung davon ab, welche Beeinträchtigung im Rahmen des vom Gesetzgeber abstrakt vorgenommenen Interessenausgleichs im konkreten Fall schwerer wiegt (vgl. BVerfGE 90, 27 33 f.>).
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In der Regel entspricht es diesen Anforderungen, wenn die Zivilgerichte den Vermieter dann nicht für verpflichtet halten, eine Parabolantenne des Mieters zu dulden, wenn er dem Mieter einen Kabelanschluss bereitstellt (vgl. BVerfGE 90, 27 35 f.>). Allerdings gilt dies nur für den Durchschnittsfall. Dem besonderen Informationsinteresse dauerhaft in Deutschland lebender ausländischer Staatsangehöriger etwa trägt es nicht in allen Fällen ausreichend Rechnung. Denn sie sind daran interessiert, die Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung zu ihrem Heimatland aufrechterhalten zu können. Ist eine angemessene Zahl von Programmen aus dem jeweiligen Heimatland nicht über den vom Vermieter bereitgestellten Kabelanschluss, sondern nur über eine Parabolantenne zu empfangen, so ist das Interesse der ausländischen Mieter am Empfang von Rundfunkprogrammen ihres Heimatlandes bei der Abwägung mit den Eigentümerinteressen des Vermieters zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 90, 27 36>). Insbesondere darf dies nicht mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Nutzung anderer Informationsquellen wie Zeitungen unterbleiben. Zulässig ist es aber zu berücksichtigen, in welchem Umfang der Mieter Programme seines Heimatlandes bereits ohne eigene Parabolantenne empfangen kann (vgl. BVerfGE 90, 27 38>). Dabei kann auch berücksichtigt werden, wenn der Mieter über die bereitgestellte Empfangsanlage gegen Entgelt ein zusätzliches Programmangebot mit ausländischen Programmen nutzen kann. Sofern die Zusatzkosten dafür nicht so hoch sind, dass sie Nutzungswillige typischerweise davon abhalten, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn in solchen Fällen die Abwägung zu Lasten des Mieters ausfällt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 2005 - 1 BvR 1953/00 -, NJW-RR 2005, S. 661 662>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. März 2005 - 1 BvR 42/03 -, juris, Rn. 14).
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c) Nach diesen Maßstäben verletzen das Urteil des Amtsgerichts und der Beschluss des Landgerichts die Beschwerdeführer in ihrer Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG.
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aa) Beide Gerichte haben zwar erkannt, dass es zur Informationsfreiheit der Beschwerdeführer gehört, Zugang zu Rundfunkprogrammen in ihrer Sprache zu haben, und dass dies bei der vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen ist. Sie haben aber das spezifische Informationsinteresse der Beschwerdeführer nicht ausreichend berücksichtigt und damit die Bedeutung des Grundrechts der Informationsfreiheit verkannt. Ihre Entscheidung ist vielmehr darauf gestützt, dass dem Informationsinteresse eines ausländischen Mieters schon dann Genüge getan sei, wenn er wie hier über die zur Verfügung gestellte zentrale Satellitenempfangsanlage gegen ein geringes Zusatzentgelt eine ausreichende Zahl von Programmen seines Heimatlandes empfangen könne. Dies trifft zwar typischerweise zu. Es entbindet die Gerichte aber nicht davon, ein darüber hinausgehendes besonderes Informationsinteresse in die gebotene einzelfallbezogene Abwägung einzubeziehen und dabei zu berücksichtigen, wie schwer das Informationsinteresse des Mieters konkret wiegt (vgl. BVerfGE 90, 27 33 f.>). Dem werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht.
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bb) Das Amtsgericht hat das Informationsinteresse der Beschwerdeführer schon deshalb nicht ausreichend berücksichtigt, weil es - trotz ausdrücklichen anderweitigen schriftsätzlichen Vortrags des Beschwerdeführers - seiner Abwägung anders als dann das Landgericht in seiner Beschwerdeentscheidung im Verfahren um die Protokollberichtigung und ohne sachhaltige Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer die Annahme zugrunde gelegt hat, turkmenisch sei lediglich ein türkischer Dialekt, nicht aber eine eigene Sprache. Das Landgericht hat in seinem Beschluss vom 11. April 2011 zwar zumindest auch hilfsweise die Annahme zugrunde gelegt, turkmenisch sei eine eigene Sprache. Es hat dann aber mit einem schlichten feststellenden Satz das Ergebnis der amtsgerichtlichen Interessenabwägung bestätigt, ohne dies irgendwie weiter zu begründen. Damit ist nicht nachvollziehbar, ob und wie das Landgericht das spezifische Interesse der Beschwerdeführer, in turkmenischer Sprache Informationen über die turkmenische Minderheit in der Türkei zu erhalten, gewürdigt und gewichtet hat. Der Beschluss des Landgerichts verstößt damit gegen die Verpflichtung, eine konkret fallbezogene Abwägung unter hinreichender Berücksichtigung des Informationsinteresses der Beschwerdeführer vorzunehmen.
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3. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären, wenn sie das Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG konkret gewichtet hätten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit die Beschwerdeführer glaubhaft machen, dass ihr Lebensalltag tatsächlich vom Gebrauch der turkmenischen Sprache und turkmenischen Traditionen geprägt ist, obwohl sie nie in den turkmenischsprachigen Herkunftsgebieten ihrer Vorfahren gewohnt haben, und ob das von ihnen geltend gemachte besondere Informationsinteresse auch mittels der über die vorhandene zentrale Satellitenempfangsanlage zu empfangenden türkischen Programme gedeckt werden kann. Da die vorzunehmende Abwägung unter Berücksichtigung all dieser Fragen nicht von vorneherein zuungunsten der Beschwerdeführer vorgezeichnet ist, liegt kein Anhaltspunkt für einen Fall vor, in dem der Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung entgegenstünde, dass die Beschwerdeführer auch bei einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis sicher keinen Erfolg haben würden.
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4. Der Verfassungsbeschwerde ist danach stattzugeben und die Grundrechtsverletzung festzustellen (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die angegriffenen Entscheidungen sind aufzuheben (§ 95 Abs. 2 BVerfGG) und die Sache an das Amtsgericht München als zuständiges Gericht zurückzuverweisen. Die ebenfalls angegriffene Verfügung des Landgerichts München I vom 14. März 2011 wird gegenstandslos.
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5. Der Freistaat Bayern hat die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.
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6. Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit für die Verfassungsbeschwerdeverfahren beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.
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