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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BVerfG 19.08.2010 - 1 BvR 1179/09
BVerfG 19.08.2010 - 1 BvR 1179/09 - Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung der Rechtswahrnehmungsgleichheit (Art 3 Abs 1, 20 Abs 1, 20 Abs 3 GG) bei Versagung von Beratungshilfe unter Verweisung auf zumutbare Selbsthilfe - hier: Zumutbarkeit der Verweisung an die Ausgangsbehörde zwecks Erläuterung eines nicht im einzelnen begründeten Zahlungsansatzes
Normen
Art 20 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 1 Abs 1 Nr 2 BeratHiG, § 2 Abs 2 S 1 Nr 4 BeratHiG, § 90 BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend AG Moers, 8. April 2009, Az: 201 II 1027/08 BerH, Beschluss
vorgehend BVerfG, 25. Juni 2009, Az: 1 BvR 1179/09, Prozesskostenhilfebeschluss
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung von Beratungshilfe nach dem Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz - BerHG) im Zusammenhang mit der Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
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I.
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1. Der Beschwerdeführer war von der zuständigen Arbeitsgemeinschaft (ARGE) aufgefordert worden, sich eine kleinere Wohnung zu suchen. Bis zur endgültigen Entscheidung über seine Widersprüche bzw. Klagen wurden ihm vorläufig Leistungen für die folgenden fünf Monate (September bis Januar) bewilligt. Hinsichtlich der Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) werden in dem vorläufigen Leistungsbescheid - ohne nähere Erläuterung - für den Monat Januar nur 390,48 € berücksichtigt, für die Vormonate aber jeweils 448,48 €.
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Der Beschwerdeführer suchte daraufhin einen Rechtsanwalt auf, der Widerspruch erhob und Akteneinsicht erbat. Zur Begründung trug der Rechtsanwalt vor, dass die Höhe der ab Januar anerkannten monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung nicht der Rechtslage entsprächen und nahm ergänzend zu der Problematik der Wohnungsgröße Stellung.
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Der Beschwerdeführer beantragte Beratungshilfe beim Amtsgericht. Dort wurde ihm entsprechend seinem mündlichen Vortrag Beratungshilfe für die Angelegenheit "Umzugsaufforderung, zustehende Wohnungsgröße" bewilligt.
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Inzwischen teilte die ARGE dem Rechtsanwalt mit, dass für die Kosten im Januar lediglich berücksichtigt worden sei, dass die Stadtwerke - wie ein Jahr zuvor angekündigt - im Januar ausnahmsweise keinen Heizkostenabschlag vornehmen würden.
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Daraufhin erklärte der Rechtsanwalt gegenüber dem Amtsgericht, dass Gegenstand seiner Tätigkeit nicht die Umzugsaufforderung sei, sondern die Kürzung im Januar, die ohne Begründung der ARGE erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe aber ohne Kenntnis der Begründung den Bescheid nicht rechtskräftig werden lassen können. Vor diesem Hintergrund werde erneut um Prüfung gebeten. Der bereits erteilte Beratungshilfeschein wurde zurückgegeben.
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Den neuen Antrag lehnte die Rechtspflegerin wegen § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG mit der Begründung ab, der Mandant hätte die Beratung und Aufklärungspflicht der Behörde in Anspruch nehmen können, die verpflichtet sei, die Gründe der Ablehnung bekannt zu geben. Der Mandant hätte selbst zunächst fristwahrend Widerspruch einlegen können.
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Mit der Erinnerung wies der Beschwerdeführer sinngemäß darauf hin, dass von der erlassenden Behörde keine Aufklärung darüber zu erwarten sei, mit welcher Begründung er erfolgreich gegen ihre Entscheidung vorgehen könne. Im Falle eines Rechtsbehelfs sei die Behörde nicht mehr objektiv.
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Die Erinnerung wurde durch richterlichen Beschluss zurückgewiesen. Der Hilfebedürftige müsse zunächst Eigeninitiative entwickeln. Hier hätte die zu erwartende Aktivität darin gelegen, gegen den Bescheid zunächst selbst Widerspruch einzulegen und Aufklärung für die Leistungskürzung zu begehren. Es sei ihm bekannt gewesen, dass der zulässige Rechtsbehelf hier der Widerspruch sei. Bei Einlegung eines Widerspruchs gegen den angefochtenen Bescheid mit der Begründung, die Leistungskürzung sei nicht nachvollziehbar, obliege es der Behörde von Amts wegen, die Entscheidung zu begründen.
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2. Der Beschwerdeführer rügt mit seiner fristgerechten Verfassungsbeschwerde Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Ausgangsbehörde, die zunächst die Abhilfemöglichkeit prüfen müsse, sei bereits befasst gewesen und damit voreingenommen. Es sei nicht zumutbar, dass eine Partei selbst einen Widerspruch einlegen solle mit dem Ansinnen, die Behörde möge ihre Entscheidung inhaltlich erläutern. Aus den Ausführungen im Widerspruchsschreiben ergebe sich, dass ein möglicherweise komplizierter - auch rechtlicher - Sachverhalt zu Grunde läge. Kein Rechtsanwalt würde die Behörde zur Erläuterung der Kürzung auffordern. Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit sei die Prüfung der Rechtmäßigkeit.
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3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, dem die Verfassungsbeschwerde gemäß § 94 Abs. 2 BVerfGG zugestellt wurde, sah von einer Stellungnahme ab.
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4. Dem Beschwerdeführer wurde vor der Aktenanforderung durch das Bundesverfassungsgericht Prozesskostenhilfe gewährt.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.
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1. Die Rechtswahrnehmungsgleichheit fordert eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten im Bereich des gerichtlichen wie außergerichtlichen Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 122, 39 48 f.>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009 - 1 BvR 1517/08 -; NJW 2009, S. 3417). Dabei ist der Unbemittelte einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der bei seiner Entscheidung für die Inanspruchnahme von Rechtsrat auch die hierdurch entstehenden Kosten berücksichtigt und vernünftig abwägt. Ein kostenbewusster Rechtsuchender wird dabei insbesondere prüfen, inwieweit er fremde Hilfe zur effektiven Ausübung seiner Verfahrensrechte braucht oder selbst dazu in der Lage ist.
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Die Frage nach der Selbsthilfe mag einfachrechtlich im Rahmen des Beratungshilfegesetzes umstritten sein (generell ablehnend Schoreit, in: Schoreit/Groß, Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe, 9. Aufl., 2008, § 1 Rn. 52; für Berücksichtigung im Rahmen eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses: Kalthoener/ Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., 2005, Rn. 954, 960). Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist aber jedenfalls kein Verstoß gegen das Gebot der Rechtswahrnehmungsgleichheit erkennbar, wenn ein Bemittelter deshalb die Einschaltung eines Anwalts vernünftigerweise nicht in Betracht ziehen würde.
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Bei der Bewertung dieser Frage hat das Amtsgericht eine Abwägung im Einzelfall zu treffen. Pauschale Verweise auf die Beratungspflicht der Behörde sind insbesondere dann verfassungsrechtlich zu beanstanden, wenn die behördliche Beratung wegen Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde unzumutbar ist (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009 - 1 BvR 1517/08 -).
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2. Je nach den Umständen des Einzelfalls ist es jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn dem Antragsteller zugemutet wird, die Höhe eines im Bescheid nicht im Einzelnen begründeten Ansatzes zunächst von der Behörde erläutern zu lassen. Auch ein Bemittelter würde zunächst die wesentlichen Grundzüge des Sachverhalts in Erfahrung bringen, um entscheiden zu können, ob es um rechtliche Fragen geht, zu deren Klärung er selbst nicht in der Lage ist.
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Insoweit ist es zur Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend, dass der Beschwerdeführer ohne hinreichende Anhaltspunkte vermutete, es liege "möglicherweise" eine für ihn nicht durchschaubare rechtliche Fragestellung vor. Allein das Fehlen einer Begründung würde einen kostenbewussten Bemittelten noch nicht in jedem Fall dazu veranlassen, rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Insoweit wären hier nähere Darlegungen erforderlich, etwa auch dazu, inwieweit der Beschwerdeführer über eigene Unterlagen über die Höhe der Unterkunftskosten und Heizkostenabrechnungen verfügt.
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Es ist insofern nicht ersichtlich, dass das Amtsgericht die Grenzen der Rechtswahrnehmungsgleichheit in einer Weise überschritten hat, die eine Annahme der Verfassungsbeschwerde angezeigt sein lassen. Wie sich aus dem zuvor erteilten Berechtigungsschein für die Frage der zustehenden Wohnungsgröße ergibt, vertritt das Amtsgericht nicht die gleichheitswidrige Auffassung, dass es grundsätzlich keiner Widerspruchsbegründung bedürfe oder ein Rechtsuchender zu deren Erstellung keine rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen würde. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass das Amtsgericht die Forderung nach Eigeninitiative des Rechtsuchenden auch über die erstmalige Erläuterungsbitte hinaus auf weitere eigene Ausführungen erstrecken würde.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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