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BFH 24.02.2021 - XI R 4/19
BFH 24.02.2021 - XI R 4/19 - Zur kurzzeitigen Überlassung von möblierten Wohnungen zum Zwecke der Ausübung der Prostitution in einem sog. Rotationsverfahren
Normen
§ 4 Nr 12 S 1 Buchst a UStG 2005, § 4 Nr 12 S 2 UStG 2005, § 12 Abs 1 UStG 2005, § 12 Abs 2 Nr 11 UStG 2005, § 62 Abs 4 S 4 FGO, § 120 Abs 1 S 1 FGO, § 120 Abs 2 FGO, § 120 Abs 3 Nr 1 FGO, § 120 Abs 3 Nr 2 FGO, § 126 Abs 3 S 1 Nr 2 FGO, § 143 Abs 2 FGO, Art 135 Abs 1 Buchst l EGRL 112/2006, Art 13 Teil B Buchst b EWGRL 388/77, UStG VZ 2007, UStG VZ 2008, UStG VZ 2009, UStG VZ 2010, UStG VZ 2011, UStG VZ 2012, UStG VZ 2013
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 7. März 2019, Az: 11 K 266/16, Urteil
Leitsatz
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NV: Die kurzzeitige Überlassung von möblierten Wohnungen auch zum Zwecke der Ausübung der Prostitution in einem sog. Rotationsverfahren ist keine steuerfreie Vermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse durch andere wesentliche Leistungen des Leistenden überlagert wird, so dass keine passive Vermietungstätigkeit mehr vorliegt.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 07.03.2019 - 11 K 266/16 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Niedersächsische Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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A.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb in den Jahren 2007 bis 2013 (Streitjahre) einen Gebrauchtwagenhandel und Abschleppdienst. Außerdem vermietete er in A und B in Mehrfamilienhäusern jeweils zwei möblierte Wohnungen mit Küche und Bad an Prostituierte zum Zwecke der Ausübung ihrer Tätigkeit. Die Vermietung erfolgte üblicherweise für die Dauer einer Woche an jeweils eine Prostituierte, wobei nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) die Wohnungen in einer Art von "Rotationsverfahren" wiederkehrend überlassen worden sein sollen, ohne dass dazu Details festgestellt sind. Den fälligen "Mietzins" vereinnahmte der Kläger in bar. Er stellte entsprechende Quittungen aus und erklärte umsatzsteuerfreie Mieteinnahmen.
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Der Kläger schaltete außerdem nach den tatsächlichen Feststellungen des FG für die Prostituierten Werbung in den regionalen Tageszeitungen und Anzeigenblättern mit dem jeweiligen (Vor-)Namen der Prostituierten und Tätigkeitsort sowie einer Mobilruf- und gelegentlich auch einer Festnetznummer, wobei unklar ist, ob die Mieterinnen und die zu der Werbung genannten Personen identisch sind. Er hatte mit den Zeitungen ein festes Erscheinungsschema vereinbart. Die Schaltung der Anzeigen erfolgte wöchentlich per Anruf oder Mail des Klägers, allerdings nur auf ausdrücklichen Wunsch der Prostituierten. Daneben fand sich in den Anzeigen gelegentlich noch ein Hinweis auf einschlägige Internetseiten, die die Prostituierten selbst gestaltet hatten. Die Kosten für die Werbung berechnete der Kläger ohne Aufschlag weiter.
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Im Rahmen einer Außenprüfung, die zunächst die Jahre 2007 bis 2012 umfasste und auf das Jahr 2013 erweitert wurde, erhöhte der Prüfer die Umsätze des Klägers aus der Vermietung der Objekte in A und B. Außerdem unterwarf er die Erlöse der Umsatzsteuer in Höhe des Regelsteuersatzes von 19 % (§ 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) und ermittelte aus den Werbungskosten, die im Zusammenhang mit den Objekten in A und B standen, abzugsfähige Vorsteuern.
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Das vormals für die Besteuerung des Klägers zuständige Finanzamt folgte der Rechtsauffassung des Außenprüfers und erließ dementsprechend unter dem 20.09.2016 Umsatzsteueränderungsbescheide für die Streitjahre.
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Die Einsprüche des Klägers, der vortrug, er habe nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Vermietungsleistungen erbracht, hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 02.11.2016).
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Das Niedersächsische FG gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1033 veröffentlichten Urteil vom 07.03.2019 - 11 K 266/16 statt.
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Mit seiner Revision rügt der durch Organisationsakt zum 01.04.2019 zuständig gewordene nunmehrige Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Verletzung materiellen Rechts. Er bringt im Wesentlichen vor, das FG habe die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG zu Unrecht angenommen. Die Prostituierten und im Ergebnis auch der Kläger hätten wirtschaftlich von der Überlassung der Wohnungen in einer Art von "Rotationsverfahren" profitiert. Daneben habe der Kläger mit der von ihm veranlassten Werbung wesentlich zum Geschäftsmodell der Prostituierten beigetragen. Bei der Überlassung von Räumen zur Ausübung der Prostitution liege eine einheitliche steuerpflichtige Leistung vor, wenn nicht die Grundstücksnutzung, sondern die Möglichkeit der Ausübung der Prostitution im Vordergrund stehe.
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Soweit dagegen von einer schlichten Überlassung eines Grundstücks zur Nutzung auszugehen sei, seien die streitgegenständlichen Umsätze jedenfalls nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig. Da die jeweils für eine Woche überlassenen Wohnungen auch Wohn- und Schlafzwecken der Prostituierten dienten, habe anders als in der vom Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 24.09.2015 - V R 30/14 (BFHE 251, 456, BStBl II 2017, 132) zu einem "Stundenhotel" ergangenen Entscheidung eine kurzfristige Beherbergung stattgefunden. In diesem Fall seien die Umsätze in den Streitjahren 2007 bis 2009 gemäß § 12 Abs. 1 UStG dem Regelsteuersatz in Höhe von 19 % und in den Streitjahren 2010 bis 2013 gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 7 % zu unterwerfen.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision zu verwerfen.
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Er ist der Ansicht, dass die Revision unzulässig sei. Das FA habe die Vertretungsbefugnis des den Revisionsschriftsatz unterzeichnenden Behördenvertreters nicht nachgewiesen. Soweit sich das FA implizit auf einen Verfahrensmangel berufe, fehle es an einer den Maßgaben des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechenden Darlegung.
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Das Revisionsvorbringen des FA, dass die überlassenen Wohnungen als Orte zur Ausübung der Prostitution im jeweiligen Landkreis bekannt gewesen seien und die Prostituierten sowie im Ergebnis auch der Kläger von dem "rotierenden System" wirtschaftlich profitiert hätten, betreffe neue Tatsachen, die im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden dürften.
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Die Überlassung der Wohnungen im "Rotationsverfahren" stehe der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG nicht entgegen, da den Mieterinnen jeweils auf bestimmte Zeit gegen Vergütung das Recht eingeräumt worden sei, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre man dessen Eigentümer. Auch das Schalten der Werbeanzeigen für die Prostituierten habe der Überlassung der Wohnungen kein anderes Gepräge gegeben.
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Ebenso wenig handele es sich um Beherbergungsleistungen i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG. Hotelartige Leistungen, die die Vermietung überlagert hätten, seien nicht erbracht worden.
Entscheidungsgründe
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B.
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I. Nach Zusammenlegung des vormaligen Beklagten mit dem Finanzamt X am 01.04.2019 ist ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel eingetreten (vgl. allgemein BFH-Beschluss vom 02.04.2014 - I B 21/13, BFH/NV 2014, 1216). Beklagter und Revisionskläger ist das FA Y.
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II. Die Revision des FA ist zulässig.
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1. Die Revision wurde --wie bei ihrer Einlegung angezeigt-- durch eine gemäß § 62 Abs. 4 Satz 4 FGO vor dem BFH vertretungsberechtigte Person innerhalb der gesetzlichen Fristen des § 120 Abs. 1 Satz 1, § 120 Abs. 2 FGO eingelegt und begründet. Der unterzeichnende Regierungsdirektor verfügte --wie das FA im Verlauf des Revisionsverfahrens vorgebracht hat-- über die Befähigung zum Richteramt und war als ständiger Vertreter des Vorstehers auch vertretungsbefugt.
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2. Das FA, das --anders als der Kläger meint-- keinen Verfahrensfehler rügt, hat seine allein auf die Verletzung materiellen Rechts bezogene Revision auch den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a FGO entsprechend dargetan.
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III. Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen seine Würdigung, dass der Kläger umsatzsteuerfreie Vermietungsleistungen i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG erbracht habe, nicht.
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1. Von der Steuer befreit ist nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG u.a. die Vermietung von Grundstücken. Die Steuerfreiheit erstreckt sich dabei auch auf die Vermietung einzelner Räume (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 08.10.1991 - V R 95/89, BFHE 166, 191, BStBl II 1992, 209, unter II.1.a; vom 21.04.1993 - XI R 55/90, BFHE 172, 141, BStBl II 1994, 266, unter II.2.b; vom 24.04.2014 - V R 27/13, BFHE 245, 404, BStBl II 2014, 732, Rz 18; vom 17.12.2014 - XI R 16/11, BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 19).
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Die Vorschrift beruht seit dem 01.01.2007 --mithin in den Streitjahren-- auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (vormals Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern --Richtlinie 77/388/EWG--), wonach die Vermietung von Grundstücken grundsätzlich steuerfrei ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19.02.2014 - XI R 1/12, BFH/NV 2014, 1398, Rz 22; in BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 20; in BFHE 251, 456, BStBl II 2017, 132, Rz 13; vom 29.03.2017 - XI R 20/15, BFH/NV 2017, 1195, Rz 23).
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a) Ob eine Vermietungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich aufgrund richtlinienkonformer Auslegung nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern nach dem Unionsrecht (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- Maierhofer vom 16.01.2003 - C-315/00, EU:C:2003:23, Rz 26; BFH-Urteile vom 07.07.2011 - V R 41/09, BFHE 234, 513, BStBl II 2014, 73, Rz 19; vom 21.02.2013 - V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635, Rz 26; vom 13.02.2014 - V R 5/13, BFHE 245, 92, BStBl II 2017, 846, Rz 19; in BFH/NV 2014, 1398, Rz 26; in BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 22). Steuerbefreiungen wie die in Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL stellen eigenständige Begriffe des Unionsrechts dar und erfordern daher eine einheitliche Definition auf Unionsebene (vgl. z.B. EuGH-Urteile Winterhoff vom 16.10.2019 - C-4/18 und C-5/18, EU:C:2019:860, Rz 43; Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö vom 02.07.2020 - C-215/19, EU:C:2020:518, Rz 37).
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aa) Das grundlegende Merkmal einer steuerfreien Grundstücksvermietung i.S. des Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL besteht nach ständiger Rechtsprechung des EuGH darin, dass --Gleiches galt bereits für Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG-- dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. z.B. EuGH-Urteile Goed Wonen vom 04.10.2001 - C-326/99, EU:C:2001:506, Rz 55; Cantor Fitzgerald International vom 09.10.2001 - C-108/99, EU:C:2001:526, Rz 21; Sinclair Collis vom 12.06.2003 - C-275/01, EU:C:2003:341, Rz 25; Temco Europe vom 18.11.2004 - C-284/03, EU:C:2004:730, Rz 19; Walderdorff vom 06.12.2007 - C-451/06, EU:C:2007:761, Rz 17; MacDonald Resorts vom 16.12.2010 - C-270/09, EU:C:2010:780, Rz 46; Régie communale autonome du stade Luc Varenne vom 22.01.2015 - C-55/14, EU:C:2015:29, Rz 21; Sequeira Mesquita vom 28.02.2019 - C-278/18, EU:C:2019:160, Rz 18; Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö, EU:C:2020:518, Rz 40). Dem hat sich der BFH angeschlossen (vgl. BFH-Urteile vom 27.09.2007 - V R 73/05, BFH/NV 2008, 252, unter II.1.; in BFHE 245, 92, BStBl II 2017, 846, Rz 19; in BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 23; in BFHE 251, 456, BStBl II 2017, 132, Rz 14; BFH-Beschlüsse vom 07.02.2017 - V B 48/16, BFH/NV 2017, 629, Rz 7; vom 30.01.2020 - V B 77/19, BFH/NV 2020, 568, Rz 3).
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bb) Entgegen der Auffassung des FA gilt dies unabhängig von der Mietdauer; denn die Mietdauer ist nicht das alleinentscheidende Kriterium, mit dem ein Vertrag als Vermietung eines Grundstücks eingestuft werden kann, selbst wenn die Unterkunft für eine so kurze Dauer gewährt wird, dass dies ein geeignetes Kriterium darstellen kann, um die Gewährung von Unterkunft in einem Hotel von der Vermietung von Wohnräumen zu unterscheiden (vgl. EuGH-Urteile Temco Europe, EU:C:2004:730, Rz 21; Sequeira Mesquita, EU:C:2019:160, Rz 25; BFH-Urteil in BFHE 251, 456, BStBl II 2017, 132, Rz 14, zur halbstündigen Vermietung von Zimmern; s.a. BFH-Urteil in BFHE 245, 92, BStBl II 2017, 846, zur Vermietung von Kirmes- oder Marktständen).
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cc) Der passive Charakter der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks, der die Mehrwertsteuerbefreiung solcher Umsätze rechtfertigt, liegt außerdem in der Natur des Umsatzes selbst und nicht in der Art und Weise, wie der Mieter das betreffende Gut nutzt; der Umstand, dass der Mieter eines Grundstücks es gemäß den Bestimmungen des Mietvertrags zu gewerblichen Zwecken nutzt, ist für sich allein nicht dazu angetan, dem Eigentümer dieses Grundstücks die Steuerbefreiung vorzuenthalten (vgl. EuGH-Urteil Sequeira Mesquita, EU:C:2019:160, Rz 20 und 22, m.w.N.).
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dd) Jedoch ist die Vermietungstätigkeit nach der Rechtsprechung des EuGH, auch wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ist, normalerweise eine verhältnismäßig passive Tätigkeit, die nicht zu einer signifikanten Wertschöpfung führt, und daher von anderen Tätigkeiten zu unterscheiden ist, die entweder gewerblichen Zwecken dienen oder einen Gegenstand haben, der eher durch die Erbringung einer Dienstleistung als durch die bloße Bereitstellung einer Sache charakterisiert wird (vgl. in diesem Sinne EuGH-Urteile Sequeira Mesquita, EU:C:2019:160, Rz 19; Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö, EU:C:2020:518, Rz 41). Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG, Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL gilt nicht für eine Tätigkeit, die nicht nur eine passive Zurverfügungstellung eines Grundstücks, sondern außerdem seitens des Eigentümers eine ganze Reihe geschäftlicher Tätigkeiten (wie z.B. Aufsicht, Verwaltung und ständige Unterhaltung sowie Zurverfügungstellung anderer Anlagen) mit sich bringt, so dass, sofern nicht ganz besondere Umstände vorliegen, die Vermietung des Grundstücks nicht die ausschlaggebende Dienstleistung darstellen kann (vgl. EuGH-Urteile Sequeira Mesquita, EU:C:2019:160, Rz 21; Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö, EU:C:2020:518, Rz 43).
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ee) Maßgebend ist der objektive Inhalt des Vorgangs unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben (vgl. z.B. EuGH-Urteile MacDonald Resorts, EU:C:2010:780, Rz 46; Régie communale autonome du stade Luc Varenne, EU:C:2015:29, Rz 21; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 23; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2017, 629, Rz 7; in BFH/NV 2020, 568, Rz 3).
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b) Der Begriff "Vermietung von Grundstücken" i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG und Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL ist eng auszulegen; für Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG galt nichts anderes. Diese Bestimmung sieht eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz vor, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (vgl. z.B. EuGH-Urteile Goed Wonen, EU:C:2001:506, Rz 46; Temco Europe, EU:C:2004:730, Rz 17; Mailat vom 19.12.2018 - C-17/18, EU:C:2018:1038, Rz 37; Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö, EU:C:2020:518, Rz 38; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 24).
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c) Mehrere Leistungen können auch derart untrennbar miteinander verbunden sein, dass sie eine einheitliche (komplexe) Leistung bilden, die nicht als Vermietung von Grundstücken umsatzsteuerfrei, sondern umsatzsteuerpflichtig ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 31.05.2001 - V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658, unter II.2.a; vom 24.01.2008 - V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter II.2.a; vom 04.05.2011 - XI R 35/10, BFHE 233, 379, BStBl II 2011, 836, Rz 25 ff.; in BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 25; EuGH-Urteil Field Fisher Waterhouse vom 27.09.2012 - C-392/11, EU:C:2012:597, Rz 15 ff.).
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d) Steuerfreie Vermietungsleistungen liegen nicht vor, wenn nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse die Überlassung des Grundstücks oder Grundstücksteiles zum Gebrauch von anderen wesentlicheren Leistungen überdeckt wird (vgl. BFH-Urteile vom 10.08.1961 - V 95/60 U, BFHE 73, 714, BStBl III 1961, 525; vom 10.08.1961 - V 31/61 U, BFHE 73, 717, BStBl III 1961, 526; vom 10.08.1961 - V 111/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1962, 145; in BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 26; BFH-Beschluss vom 26.04.2002 - V B 168/01, BFH/NV 2002, 1345, unter II.2.c).
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2. Die tatsächlichen Feststellungen des FG, das im Wesentlichen von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, tragen nicht seine Würdigung, dass der Kläger im Streitfall steuerfreie Vermietungsleistungen i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG erbracht hat.
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a) Das FG hat festgestellt, dass der Kläger den Prostituierten an den möblierten Wohnungen mit Küche und Bad jeweils eine Besitzposition dergestalt eingeräumt hatte, dass sie während der Berechtigungszeit mit den Räumlichkeiten "wie ein Eigentümer" verfahren konnten. Es hat ferner die Feststellung getroffen, dass die Überlassung üblicherweise für die Dauer von einer Woche erfolgte und die Wohnungen in einer Art von "Rotationsverfahren" wiederkehrend an dieselben Prostituierten überlassen wurden. Ebenso hat das FG festgestellt, dass der Kläger in regionalen Printmedien im Einvernehmen mit den Prostituierten und für deren Rechnung für diese wöchentlich Werbung geschaltet hat.
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Es ist der Ansicht, dass die kurzzeitige Überlassung der möblierten Wohnungen im "Rotationsverfahren" unerheblich sei und die Werbung in regionalen Printmedien der Grundstücksüberlassung kein anderes Gepräge gegeben habe. Die Vorentscheidung geht mit der Vermietung der möblierten Wohnungen einerseits und dem Schalten der Werbung andererseits mithin von unterschiedlichen Leistungen des Klägers aus.
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b) Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
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aa) Ob im Fall eines Leistungsbündels umsatzsteuerrechtlich eine einheitliche Leistung vorliegt oder ob mehrere, getrennt zu beurteilende Leistungen gegeben sind, ist Ergebnis einer Tatsachenbeurteilung (vgl. EuGH-Urteil Mailat, EU:C:2018:1038, Rz 35; BFH-Urteile vom 13.06.2018 - XI R 2/16, BFHE 262, 187, BStBl II 2018, 678, Rz 5; vom 18.12.2019 - XI R 21/18, BFHE 267, 560, BStBl II 2020, 723, Rz 36), die nach nationalem Verfahrensrecht dem FG obliegt und den BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich bindet (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14.11.2018 - XI R 16/17, BFHE 263, 71, Rz 23 f.; vom 14.02.2019 - V R 22/17, BFHE 264, 83, BStBl II 2019, 350, Rz 27; in BFHE 267, 560, BStBl II 2020, 723, Rz 36). Die Bindungswirkung nach § 118 Abs. 2 FGO entfällt jedoch insbesondere dann, wenn die Sachverhaltswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, weil beispielsweise die für die Interessenlage der Beteiligten bedeutsamen Begleitumstände nicht erforscht und/oder nicht zutreffend gewürdigt worden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 05.09.2000 - IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II.2.a [3]; vom 11.01.2005 - IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477, unter II.2.b aa; vom 10.02.2010 - XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, Rz 33; vom 01.02.2012 - I R 57/10, BFHE 236, 374, BStBl II 2012, 407, Rz 22; vom 28.08.2013 - XI R 4/11, BFHE 243, 41, BStBl II 2014, 282; vom 10.04.2019 - XI R 4/17, BFHE 264, 382, BStBl II 2019, 635, Rz 25).
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bb) Im Streitfall hat das FG die für die Interessenlage der Vertragsparteien bedeutsamen Begleitumstände nicht hinreichend erforscht bzw. zutreffend gewürdigt. Es bleibt bereits unklar, ob sich die "Rotation" und die vom Kläger geschaltete Werbung auf seine Mieterinnen oder Untermieterinnen bezieht. Dies hat Einfluss darauf, ob die Tätigkeit des Klägers noch als passive Vermietungstätigkeit eingestuft werden kann oder nicht mehr.
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Das FG hat nicht in Erwägung gezogen und aufgeklärt, ob der Kläger in dieses Geschäftsmodell der Prostitutionsausübung in einer Art von "Rotationsverfahren" konzeptionell und/oder organisatorisch --wie z.B. durch Anwerben der Prostituierten, Planung der Belegung, Durchsetzung der "Rotation"-- eingebunden war. Insoweit wären zu der streitgegenständlichen Überlassung der möblierten Wohnungen auch zur Ausübung der Prostitution weitere Leistungen des Klägers hinzugetreten, die der Förderung der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten dienten und bei der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen wären, so dass keine passive Vermietungstätigkeit mehr vorliege.
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(1) Auch die vom Kläger in den lokalen Printmedien im Einvernehmen und für Rechnung der Prostituierten regelmäßig geschaltete Werbung, für die er mit den betreffenden Zeitungen ein festes Erscheinungsschema vereinbart hatte, stellt sich als Leistungselement dar, das zur passiven Überlassung der möblierten Wohnungen im "Rotationsverfahren" hinzutrat und der Förderung der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten diente. Es mag zwar sein, dass --wie das FG meint-- allein diese Werbung der streitigen Grundstücksüberlassung nicht das Gepräge einer Leistung "sui generis" gegeben habe, die eine umsatzsteuerfreie Vermietung ausschließe. Das FG hat es aber versäumt zu prüfen, ob es sich aufgrund dieser Tätigkeit des Klägers um eine Tätigkeit handelt, die als weitere geschäftliche Tätigkeit im Rahmen eines Gesamtkonzepts zur Versagung der Steuerbefreiung führen kann.
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(2) Das FG hat ferner nicht erforscht und berücksichtigt, ob der Kläger am wirtschaftlichen Erfolg der Prostituierten teilhatte. Es hat nicht aufgeklärt, wie sich das vom Kläger aus der Überlassung der möblierten Wohnungen erzielte und jeweils zweimal wöchentlich bar vereinnahmte Entgelt bemessen hat. Soweit das jeweilige Entgelt als variabler Teil des Umsatzes der jeweiligen Prostituierten (ggf. als Untermieterinnen) vereinbart war, könnte dies jedenfalls dafür sprechen, dass --was zu würdigen wäre-- die Leistungen des Klägers bei zutreffender Gesamtschau insgesamt der Förderung der Prostitution dienten und sich nicht in der schlichten Überlassung des Wohnraums erschöpften.
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat vermag auf Grundlage der Feststellungen des FG nicht zu entscheiden, ob bei zutreffender Würdigung nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse die Vermietung der möblierten Wohnungen vorliegend durch andere wesentliche Leistungen des Klägers zur Förderung der in einer Art von "Rotationsverfahren" ausgeübten Prostitution überlagert wurde.
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a) Das FG wird die noch fehlenden Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen und erneut zu beurteilen haben, ob unter Berücksichtigung der für die Interessenlage der Beteiligten bedeutsamen Begleitumstände der Wohnraumüberlassung eine einheitliche Leistung des Klägers "sui generis" vorliegt, die keine von der Umsatzsteuer befreite Vermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ist und dem Regelsteuersatz i.S. des § 12 Abs. 1 UStG in Höhe von 19 % unterliegt.
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b) Soweit danach die fraglichen Leistungen auch im zweiten Rechtsgang als von der Umsatzsteuer befreite Vermietungsleistungen i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG zu beurteilen wären, fehlt es an dem Merkmal der Beherbergung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 2 i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG, wenn die äußeren Umstände ergeben, dass der Schwerpunkt der Leistung nicht in der Überlassung zu Wohn- oder Schlafzwecken liegt, sondern in der Einräumung der Möglichkeit, in den Räumen sexuelle Dienstleistungen zu erbringen oder zu konsumieren (vgl. BFH-Urteil in BFHE 251, 456, BStBl II 2017, 132, Rz 19).
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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