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BFH 30.09.2020 - VIII E 1/20
BFH 30.09.2020 - VIII E 1/20 - Keine Erinnerung gegen Kostenlastentscheidung
Normen
§ 31 Abs 1 GKG 2004 vom 27.02.2014, § 66 Abs 1 GKG 2004 vom 27.02.2014, § 143 FGO, § 21 Abs 1 S 1 GKG 2004 vom 27.02.2014
Leitsatz
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NV: Einwendungen gegen die Kostenlastentscheidung können nicht mit einer Erinnerung geltend gemacht werden, da der Kostenbeamte und das Gericht an diese gebunden sind.
Tenor
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Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs --Kostenstelle-- vom 28.06.2017 - KostL 604/16 (VIII B 27/15) wird zurückgewiesen.
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Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Tatbestand
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I.
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Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) war ausweislich des Urteilsrubrums neben Herrn S Klägerin und damit Beteiligte des vor dem Thüringer Finanzgericht (FG) unter dem Aktenzeichen 1 K 1041/12 wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 und wegen der Einkommensteuervorauszahlungen ab dem dritten Quartal 2008 geführten Klageverfahrens. Das FG wies die Klage mit Urteil vom 08.12.2014 ab.
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Am 05.01.2015 erteilte die Erinnerungsführerin gemeinsam mit Herrn S den Rechtsanwälten A und B (Kanzleisitz: …) eine Vollmacht in Sachen "unwirksame Urteile des Thüringer Finanzgerichts Gotha vom 08. Dezember 2014, Az. 1 K 1041/12, Az. 1 K 1045/12, Az. 1 K 1046/12 und Az. 1 K 1047/12 wegen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zum Bundesfinanzhof". Diese Vollmacht ermächtigte nach der Nr. 1 des Vollmachtsformulars "Zur Prozessführung (u.a. nach §§ 81 ff. ZPO) einschließlich der Befugnis zur Erhebung und Zurücknahme von Widerklagen". Die Vollmacht sollte u.a. für alle Instanzen gelten. Unterschrieben ist die Vollmacht von der Erinnerungsführerin mit einem blauen Stift. Die Vollmacht ist im Original in der Akte des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Verfahren VIII B 27/15 (Bl. 44) abgelegt.
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Die Erinnerungsführerin wurde von den Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 13.01.2015 neben Herrn S als Beschwerdeführerin genannt.
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Mit Beschluss vom 15.04.2016 wies der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde im Verfahren VIII B 27/15 als unbegründet zurück. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben nach diesem Beschluss die Erinnerungsführerin und Herr S zu tragen.
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Am 25.04.2017 erging zunächst die Kostenrechnung des BFH (KostL 604/16) zum Verfahren VIII B 27/15. Diese wurde nach Schriftverkehr mit den Beteiligten in einer Rechnung vom 28.06.2017 - KostL 604/16 (VIII B 27/15) durch Ansatz eines niedrigeren Streitwerts berichtigt. Die Erinnerungsführerin und Herr S werden in dieser Kostenrechnung als gesamtschuldnerische Kostenschuldner in Anspruch genommen.
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Mit ihrer am 10.11.2019 eingegangenen Erinnerung gegen diese Kostenrechnung macht die Erinnerungsführerin geltend, ihr sei nicht erinnerlich, das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren VIII B 27/15 geführt zu haben. Es stehe zu befürchten, dass die Vollmachtserteilung zur Beschwerdeeinlegung ihrerseits auf einer lediglich eingescannten und missbräuchlich verwendeten Unterschrift beruhe. Zwischenzeitlich habe eine Aufteilung der dem Verfahren VIII B 27/15 zugrundeliegenden Steuerforderungen dazu geführt, dass sie für diese nicht in Anspruch genommen werde. Zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung im Verfahren VIII B 27/15 habe sie über kein eigenes Einkommen verfügt.
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Die Erinnerungsführerin beantragt,
die Kostenrechnung vom 28.06.2017 - KostL 604/16 (VIII B 27/15) betreffend die Gerichtskosten aufzuheben.
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Die Vertreterin der Staatskasse beantragt,
die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Ist die Kostenrechnung dem Kostenschuldner bereits zugegangen und wird --wie im Streitfall-- anschließend die Nichterhebung der Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung (§ 21 des Gerichtskostengesetzes --GKG--) beantragt, entscheidet das Gericht über den Antrag im Verfahren der Erinnerung (BFH-Beschlüsse vom 25.03.2008 - VIII E 1/08, BFH/NV 2008, 1185; vom 07.10.2010 - II E 6/10, BFH/NV 2011, 59, und vom 31.01.2014 - X E 8/13, BFH/NV 2014, 867). Es besteht kein Vertretungszwang (BFH-Beschluss vom 05.08.2002 - VII B 56/00, BFH/NV 2002, 1492). Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 5 GKG durch den Einzelrichter.
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2. Soweit sich die Erinnerungsführerin gegen ihre Inanspruchnahme als Kostenschuldnerin und Gesamtschuldnerin über den vollen Rechnungsbetrag wendet, hat das Vorbringen keinen Erfolg.
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a) Mit der Erinnerung können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst, d.h. gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert richten. In dieser Hinsicht weist die angegriffene Kostenrechnung keinen die Erinnerungsführerin belastenden Rechtsfehler auf; die Kostenstelle hat zu Recht für das Beschwerdeverfahren VIII B 27/15 die Gebühr gemäß Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses zum GKG (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) angesetzt. Die Erinnerungsführerin macht insoweit auch keinen Fehler geltend. Vielmehr wendet sie sich --angesichts der nach ihrem Vortrag fehlenden Prozessvollmacht des Prozessbevollmächtigten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (s. dazu auch unter II.3.)-- gegen ihre Kostenschuldnerstellung. Sie lässt hierbei jedoch außer Acht, dass über die Stellung als Kostenschuldnerin in der Kostengrundentscheidung des Beschwerdebeschlusses vom 15.04.2016 - VIII B 27/15 entschieden worden ist und dies in einem Erinnerungsverfahren nicht mehr angegriffen werden kann (BFH-Beschluss vom 23.09.2015 - I E 8/15, BFH/NV 2016, 414, Rz 6).
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b) Mit der Erinnerung kann zwar auch geltend gemacht werden, eine Gesamtschuldnerschaft hinsichtlich der Gerichtskosten bestehe nicht (BFH-Beschluss vom 05.12.2013 - X E 10/13, BFH/NV 2014, 377, Rz 4). Die Erinnerungsführerin ist jedoch zu Recht als Gesamtschuldnerin (§ 31 Abs. 1 GKG) in Anspruch genommen worden.
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Mehrere Kostenschuldner haften gemäß § 31 Abs. 1 GKG als Gesamtschuldner auf den vollen Betrag. Die Erinnerungsführerin ist Kostenschuldnerin, weil auch für sie die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden ist. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Schriftsatz vom 13.01.2015, in dem die Prozessbevollmächtigten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht nur als Bevollmächtigte für Herrn S, sondern ausdrücklich auch für die Erinnerungsführerin Beschwerde eingelegt haben. Entsprechend hat der BFH das Rubrum der Entscheidung in dem der Kostenfestsetzung zugrundeliegenden Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde gefasst. Damit ist die Erinnerungsführerin neben Herrn S als Gesamtschuldnerin Kostenschuldnerin der angesetzten Gerichtskosten geworden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 377, Rz 6). Mit der Erinnerung kann auch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, die Gerichtskosten seien entsprechend der ergangenen Aufteilungsbescheide zu verteilen. Im Beschluss vom 15.04.2016 - VIII B 27/15 wurden der Erinnerungsführerin und Herrn S die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt und keine anderweitige Kostenverteilung vorgesehen. Eine Anfechtung dieser Entscheidung mit der Erinnerung ist nicht zulässig, da diese Einwendungen ihre Grundlage nicht im Kostenrecht haben. Sowohl der Kostenbeamte als auch das Gericht, das über die Erinnerung zu entscheiden hat, sind an die gerichtliche Kostenlastentscheidung gebunden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 377, Rz 8).
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3. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Kosten nicht erhoben werden, liegen ebenfalls nicht vor.
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a) Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt die unrichtige Sachbehandlung ein erkennbares Versehen oder schwere, offensichtliche Verstöße des Gerichts gegen eindeutige Vorschriften bei der Entscheidung voraus (s. z.B. BFH-Beschluss vom 20.08.2012 - I E 2/12, BFH/NV 2013, 46, Rz 8).
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b) An einer solchen unrichtigen Sachbehandlung bei der Aufnahme der Beteiligten im Verfahren VIII B 27/15 und der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Verfahren fehlt es. Der von der Erinnerungsführerin erhobene Einwand, sie sei nicht als Beteiligte des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens anzusehen, weil sie dem Prozessbevollmächtigten keine Vollmacht erteilt habe, trifft nicht zu. Die Erinnerungsführerin hat die dem BFH vorliegende Originalvollmacht an die Rechtsanwälte A und B vom 05.01.2015 zur Erhebung der Beschwerde unterschrieben. Da die Erinnerungsführerin von den Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz zur Einlegung der Beschwerde vom 13.01.2015 als Beschwerdeführerin genannt ist, ist sie Beteiligte des Verfahrens geworden.
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4. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
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