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BFH 01.07.2020 - II B 89/19
BFH 01.07.2020 - II B 89/19 - Grundsteuerbefreiung für Schulgebäude
Normen
§ 3 GrStG, § 4 Nr 5 S 2 Halbs 2 GrStG, Art 3 Abs 1 GG, Art 7 Abs 4 GG, § 4 Nr 5 S 2 Halbs 1 GrStG
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 16. Oktober 2019, Az: 8 K 1863/18, Urteil
nachgehend Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, 9. Juli 2021, Az: Vf. 187-IV-20, Beschluss
Leitsatz
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NV: Die in § 4 Nr. 5 GrStG grundsätzlich geforderte Rechtsträgeridentität zwischen Eigentümer und Nutzer ist verfassungskonform.
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 16.10.2019 - 8 K 1863/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist seit 2014 Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Darauf betreibt die … gGmbH mehrere staatlich anerkannte bzw. genehmigte Ersatzschulen. Der Kläger ist Geschäftsführer der gGmbH und unmittelbar sowie mittelbar daran zu insgesamt 77,46 % beteiligt.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ auf den 01.01.2015 gegenüber dem Kläger einen Einheitswertbescheid im Wege der Zurechnungsfortschreibung sowie einen Grundsteuermessbescheid. Mit dem Einspruch beantragte der Kläger eine Grundsteuerbefreiung, die das FA mit Schreiben vom 10.02.2016 ablehnte. Das FA erklärte mit Bescheiden vom 03.12.2018 Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid für vorläufig hinsichtlich einer Grundsteuerbefreiung nach § 3 des Grundsteuergesetzes (GrStG) oder § 4 GrStG und wies den Einspruch gegen die Ablehnung der Grundsteuerbefreiung zurück. Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Anwendbarkeit der Grundsteuerbefreiungsvorschriften, insbesondere § 4 Nr. 5 GrStG, einfachrechtlich verneint, deren Verfassungskonformität unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.02.2003 - II R 64/00 (BFHE 201, 315, BStBl II 2003, 485) bejaht.
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Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im Hinblick auf Verfassungsfragen geltend. Es sei zu klären, ob die Beschränkung der für den Unterrichtsbetrieb gewährten Steuerbefreiung auf ausgewählte Eigentümer (den Schulbetreiber, juristische Personen des öffentlichen Rechts, gemeinnützige Körperschaften oder Religionsgesellschaften) mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vereinbar sei. Es sei weiter zu klären, ob die Steuerbefreiung rechtsformneutral sei, wenn die dem Grundstückseigentümer allein mögliche Rechtsform als Einzelunternehmer aus außersteuerlichen Gründen (keine staatliche Finanzhilfe) nicht zugänglich sei. Schließlich sei zu klären, ob die Steuerbefreiung für den Unterrichtsbetrieb sich danach richten dürfe, ob der Vermieter ein Privater oder dem Gemeinwohl Verpflichteter sei, wenn nach bürgerlichem Recht und gelebter Rechtspraxis die Grundsteuer regelmäßig auf den Mieter umgelegt werde, und ob eine unterstellte unterschiedliche Zweckverfolgung des Privaten und des dem Gemeinwohl Verpflichteten auch im Lichte des Art. 7 Abs. 4 GG die Ungleichbehandlung innerhalb einer auf die Objektnutzung abgestellten Steuerbefreiung rechtfertige.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist, soweit Zulassungsgründe nach Maßgabe von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt sind, unbegründet.
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1. Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie klärungsbedürftig ist. Klärungsbedarf besteht im Allgemeinen nicht mehr, wenn die Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar oder vorgetragen sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom 22.12.2011 - XI B 21/11, BFH/NV 2012, 813; vom 23.10.2019 - VII B 40/19, BFH/NV 2020, 81, Rz 15, und vom 20.01.2020 - VIII B 121/19, BFH/NV 2020, 506, Rz 3).
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An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es auch dann, wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (BFH-Beschluss vom 05.07.2018 - X B 24/18, BFH/NV 2018, 1148, Rz 9).
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In allen drei Rechtsfragen besteht nach diesem Maßstab kein Klärungsbedarf mehr.
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2. Soweit der Kläger die Beschränkung der Steuerbefreiung des für Unterrichtszwecke genutzten Grundbesitzes auf "ausgewählte" Eigentümer beanstandet, nennt er Auswahlkriterien, die unterschiedlich geartet sind. Insoweit ist zu differenzieren.
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a) Einerseits spricht der Kläger mit seiner Aufzählung die Steuerbefreiungen in § 3 GrStG an. Die in dieser Vorschrift vorgenommene Auswahl zielt auf solche Rechtsträger, die sich ungeachtet ihrer konkreten Betätigung schon durch eine in ihrem Status selbst angelegte Gemeinwohlorientierung auszeichnen. Gegen die Entscheidung des Gesetzgebers, eine Begünstigungsentscheidung nicht zuletzt an einen solchen Status des Rechtsträgers anzuknüpfen, ist nichts ersichtlich und nichts vorgetragen.
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b) Andererseits spricht der Kläger, indem er den Schulbetreiber als ausgewählten Eigentümer benennt, die Steuerbefreiung in § 4 Nr. 5 GrStG an. Die in dieser Vorschrift vorgenommene Auswahl knüpft nicht an den Status des Rechtsträgers, sondern an die konkrete Betätigung des Rechtsträgers (beliebigen Status), hier den Unterrichtsbetrieb auf dem betreffenden Grundstück an. Der Rechtsträger des Grundstücks muss dieses selbst in der geforderten Weise nutzen, es sei denn, es handele sich um eine juristische Person des öffentlichen Rechts.
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aa) Soweit der Kläger das in § 4 Nr. 5 Satz 2 Halbsatz 1 GrStG enthaltene Erfordernis der Rechtsträgeridentität verfassungsrechtlich beanstandet, haben die seitens des Klägers selbst angeführten Entscheidungen des BFH diese Frage bereits geklärt. Diese betreffen zwar nicht § 4 Nr. 5 GrStG, sondern § 4 Nr. 6 GrStG. Diese Vorschrift ist jedoch parallel aufgebaut. Der BFH hatte ausgeführt, dass das Ziel der Vorschrift, nämlich die Förderung der Einrichtung "Krankenhaus" als solcher, mit der erforderlichen Sicherheit nur bei einer Identität zwischen Grundstückseigentümer und Krankenhausbetreiber erreicht werden könne. Andernfalls müssten die Vertragsverhältnisse im Einzelnen (in der damaligen Betriebsaufspaltungskonstellation das Fortbestehen der Beteiligungsverhältnisse und ggf. die Angemessenheit der zwischen Besitz- und Betriebsgesellschaft vereinbarten Miete) laufend überprüft werden (BFH-Urteil in BFHE 201, 315, BStBl II 2003, 485, unter II.3.; unveränderter Anschluss im BFH-Urteil vom 25.04.2007 - II R 14/06, BFH/NV 2007, 1924, unter II.2.b). Damit hat der BFH im Interesse der Zuverlässigkeit und Zielgenauigkeit der Begünstigung ausdrücklich wegen der Abwälzbarkeit oder tatsächlichen Abwälzung von Kosten keine verfassungsrechtlichen Bedenken an dem Erfordernis der Rechtsträgeridentität gehegt.
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bb) Der Kläger hat nichts angeführt, was eine erneute Überprüfung dieser Rechtsprechung verlangen könnte.
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Er beruft sich darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine Umsatzsteuerbefreiung nicht allein an die Rechtsform eines Unternehmers anknüpfen darf (BVerfG-Beschluss vom 10.11.1999 - 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151, BStBl II 2000, 160). Inwieweit die in § 4 Nr. 5 GrStG verlangte Rechtsträgeridentität überhaupt einer Anknüpfung an die Rechtsform gleichsteht, sei dahingestellt. Jedenfalls sind Grundsteuer und Umsatzsteuer grundlegend verschieden. Bei der Grundsteuer als Objektsteuer kann es zwar zur Beteiligung zweier verschiedener Rechtsträger und damit zu einer Abwälzmöglichkeit kommen, wenn Eigentümer und Nutzer auseinanderfallen; dies ist jedoch nicht zwingend. Der Umsatzsteuer ist diese Konstellation immanent.
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Auch die gegen die Rechtsträgeridentität angebrachte Überlegung des Klägers, dass nach bürgerlichem Recht sowie allgemeiner Rechtspraxis die Grundsteuer regelmäßig tatsächlich abgewälzt wird, wenn Eigentümer und Nutzer nicht identisch sind, ist bereits inhaltlich in diese Rechtsprechung eingegangen. Diese Rechtsprechung geht davon aus, dass die erforderliche Sicherheit im Erreichen des Begünstigungszwecks nicht gewährleistet wäre, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen Eigentümer und Nutzer überprüft werden müssten. Das bedeutet, dass es auf diese Rechtsbeziehungen nicht ankommen kann. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, es bedürfe einer solchen Überprüfung nie, da die Grundsteuer stets abgewälzt würde. Dies trifft nicht zu. Es mag regelmäßig so sein, muss aber gerade bei personell eng verbundenen Rechtsträgern nicht so sein, zumal das bürgerliche Recht insoweit grundsätzlich disponibel ist.
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3. Der Kläger zieht ferner die Rechtsformneutralität des § 4 Nr. 5 GrStG in Zweifel. Diese hat der BFH in seinem Urteil in BFHE 201, 315, BStBl II 2003, 485, unter II.3., für § 4 Nr. 6 GrStG ebenfalls bereits bejaht. Es gibt keinen Anlass, die Frage noch einmal aufzurollen. Die Überlegungen des BFH in dem genannten Urteil waren formaler Natur. Die Frage der Rechts"form"neutralität kann aber auch nicht anders beantwortet werden. Vielmehr wäre es grundsätzlich ein innerer Widerspruch, die Frage der Neutralität eines Gesetzes in Bezug auf die Rechtsform der beteiligten Rechtsträger von Wirtschaftlichkeitserwägungen --aufgrund nichtsteuerlicher Rechtsvorschriften oder aus sonstigen Gründen-- abhängig zu machen, auch wenn diese ihrerseits untrennbar mit der Rechtsform zusammenhängen. Unter diesen Umständen könnten höchstens Bedenken an der Rechtsformneutralität dieser außersteuerlichen Vorschriften bestehen.
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Es kann dahinstehen, wie es zu beurteilen wäre, wenn aufgrund außersteuerlicher Vorschriften die Wahl einer bestimmten Rechtsform nicht nur wirtschaftlich nachteilig, ggf. auch wirtschaftlich sehr schwer zu bewältigen, sondern rechtlich unmöglich wäre. So verhält es sich im Streitfall nicht.
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4. Mit der dritten Rechtsfrage spricht der Kläger zwei unterschiedliche Gleichheitsaspekte an.
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a) Soweit er auf die bürgerlich-rechtlich vorgesehene und regelmäßig auch praktizierte Abwälzung der Grundsteuer auf den Mieter hinweist, ist auf II.2.b bb Bezug zu nehmen.
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b) Der Kläger beanstandet schließlich die Unterscheidung danach, ob der Vermieter ein Privater oder dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Diese folgt aus § 4 Nr. 5 Satz 2 Halbsatz 2 GrStG, wonach die Steuerbefreiung bei Auseinanderfallen von Eigentümer und Nutzer (nur) dann gewährt wird, wenn Vermieter eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist.
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Die Privilegierung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts mag ein Fremdkörper innerhalb einer Steuerbefreiungsvorschrift sein, die auf den Nutzungszweck abstellt. Ihre Rechtmäßigkeit ist in den BFH-Urteilen in BFHE 201, 315, BStBl II 2003, 485, und in BFH/NV 2007, 1924, zwar nicht näher erörtert, jedoch inzident bejaht worden. Auf dieser Grundlage ist die Frage bereits als geklärt zu betrachten. Überdies rechtfertigt sie eine Zulassung der Revision jedenfalls deshalb nicht, weil sie eindeutig so zu beantworten ist wie das FG es getan hat. Mit dieser Regelung wird über den Nutzungszweck hinaus ein bestimmter Rechtsträger begünstigt, dem zum einen die Orientierung am Gemeinwohl immanent ist und der zum anderen einer Haushaltskontrolle unterliegt. Inhaltlich koppelt die Vorschrift damit an § 3 GrStG an. Das ist auch unter Beachtung von Art. 7 Abs. 4 GG nicht zu beanstanden. Der Kläger selbst führt aus, dass eine Privatperson keinen Gemeinnützigkeitsnachweis erbringen kann. Der Privatperson fehlt damit ein wesentliches Merkmal, mittels dessen sie der juristischen Person des öffentlichen Rechts im vorliegenden Sachzusammenhang gleichgestellt werden könnte.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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6. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.
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