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BFH 20.04.2020 - II B 22/19
BFH 20.04.2020 - II B 22/19 - Prozesszinsen bei Grundsteuererlass
Normen
§ 236 Abs 1 AO, § 33 Abs 1 S 1 GrStG vom 07.08.1973, § 33 Abs 3 Nr 3 GrStG vom 07.08.1973, § 227 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 12. Dezember 2018, Az: 3 K 3005/16, Urteil
Leitsatz
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NV: Es ist geklärt, dass ein Anspruch auf Prozesszinsen nach § 236 Abs. 1 AO nicht besteht, wenn eine Steuer durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung im Erhebungsverfahren erlassen wird. Das gilt auch bei § 33 Abs. 1 GrStG.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 12.12.2018 - 3 K 3005/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet.
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Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) oder wegen der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
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1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Ist die Rechtslage eindeutig, bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Das gilt auch dann, wenn sie bereits durch den BFH geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (BFH-Beschlüsse vom 22.11.2018 - II B 51/18, BFH/NV 2019, 205, Rz 11, m.w.N., und vom 29.08.2019 - II B 79/18, BFH/NV 2020, 22, Rz 2). Da die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ein Spezialfall der Grundsatzrevision ist, gilt insoweit dasselbe (BFH-Beschluss in BFH/NV 2019, 205, Rz 12).
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Macht ein Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, muss die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert darlegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (z.B. BFH-Beschluss vom 08.08.2019 - X B 117/18, BFH/NV 2019, 1219, Rz 13).
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2. Im Streitfall liegt die grundsätzliche Bedeutung --bei Zweifeln daran, dass die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfüllt sind-- jedenfalls nicht vor.
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Die von der Klägerin aufgeworfene Frage der Verzinsung des Erstattungsbetrags nach § 236 der Abgabenordnung (AO), wenn durch eine Gerichtsentscheidung Grundsteuer gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 3 des Grundsteuergesetzes i.d.F. vom 07.08.1973 (BGBl I 1973, 965) --GrStG-- erlassen wird, ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist so zu beantworten, wie es das Finanzgericht in dem angegriffenen Urteil getan hat.
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a) Wird durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt, ist der zu erstattende oder zu vergütende Betrag gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 AO vorbehaltlich des Abs. 3 vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. § 236 AO sieht aber nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Prozesszinsen vor, wenn die vorausgegangene gerichtliche Entscheidung nicht im Steuerfestsetzungsverfahren, sondern im Steuererhebungsverfahren ergangen ist (BFH-Urteil vom 26.04.1988 - VII R 97/87, BFHE 153, 490, BStBl II 1988, 865, unter II.4.; BFH-Beschluss vom 01.04.2008 - V B 178/06, Zeitschrift für Steuern und Recht 2008, R698, unter II.2., m.w.N.).
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Das ist z.B. der Fall, wenn Steuern nach § 227 AO erlassen worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 16.05.2013 - II R 20/11, BFHE 241, 320, BStBl II 2013, 770, Rz 17; BFH-Beschluss vom 20.01.1999 - IV B 40/98, BFH/NV 1999, 1055, m.w.N.).
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b) An eine analoge Anwendung des § 236 AO sind wegen des ersichtlich abschließenden Charakters dieses Zinstatbestands strenge Anforderungen zu stellen (BFH-Urteil vom 29.08.2012 - II R 49/11, BFHE 238, 499, BStBl II 2013, 104, Rz 24). Für die Fälle des Rechtsstreits über einen Abrechnungsbescheid und des Erlasses von Steuern nach § 227 AO hat die Rechtsprechung eine Analogie abgelehnt (BFH-Urteile vom 12.05.1987 - VII R 203/83, BFHE 150, 298, BStBl II 1987, 702; in BFHE 153, 490, BStBl II 1988, 865, unter II.4.).
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c) Das BFH-Urteil vom 05.04.2006 - I R 80/04 (BFH/NV 2006, 1435) führt zu keinem anderen Ergebnis. Der I. Senat hat darin Prozesszinsen wegen einer besonderen Verfahrenskonstellation zugesprochen. Für "Streitigkeiten im Erhebungsverfahren ohne Bezug zu einer Steuerfestsetzung" (BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1435, unter II.2.) hat er aber an der bisherigen Rechtsprechung festgehalten.
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d) Der BFH hat sich auch bereits mit dem Argument befasst, das Ergebnis sei aus der Sicht des Steuerpflichtigen unbefriedigend (so Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 236 AO Rz 6). Die Beschränkung der Prozesszinsen muss dennoch, weil vom Gesetzgeber gewollt, beachtet werden; von einem allgemeinen Rechtsgrundsatz auf (angemessene) Verzinsung rückständiger Staatsleistungen kann nicht ausgegangen werden (vgl. BFH-Urteil vom 29.04.1997 - VII R 91/96, BFHE 182, 253, BStBl II 1997, 476, unter II.2.b; BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1055).
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e) Für den Erlass von Grundsteuer nach § 33 GrStG gelten keine anderen Maßstäbe. Es handelt sich dabei um eine dem Erlass nach § 227 AO vergleichbare Entscheidung, die im Steuererhebungsverfahren getroffen wird (vgl. BFH-Urteil vom 30.07.2008 - II R 5/07, BFH/NV 2009, 7, unter II.1.). Dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 3 GrStG ein Rechtsanspruch auf Erlass der Grundsteuer besteht (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 7, unter II.1., m.w.N.), ist für die Frage der Verzinsung des Erstattungsbetrags nach § 236 Abs. 1 Satz 1 AO ohne Bedeutung.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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4. Von einer weiteren Begründung, insbesondere der Darstellung des Tatbestands, sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
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