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BFH 27.11.2019 - XI R 56/17
BFH 27.11.2019 - XI R 56/17 - Haftungsbescheid: Zur Ermessensergänzung und Teilrücknahme im finanzgerichtlichen Verfahren
Normen
§ 94 FGO, § 102 S 2 FGO, § 73 AO, § 118 S 1 AO, § 119 Abs 1 AO, § 124 Abs 2 AO, § 130 Abs 1 AO, § 157 Abs 1 S 2 AO, § 191 Abs 1 S 1 AO
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 12. Dezember 2016, Az: 6 K 4464/12 H(K), Urteil
Leitsatz
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NV: Das FG hat über den ursprünglichen Haftungsbescheid zu entscheiden, wenn die im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebene Erklärung des FA weder als zulässige Ermessensergänzung i.S. des § 102 Satz 2 FGO noch als wirksame Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO zu werten ist .
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 12.12.2016 - 6 K 4464/12 H(K) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens wird dem Finanzgericht übertragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH i.L., die durch Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin der X-GmbH ist, für Steuerschulden des Jahres 1999 der A-AG i.L., jene als Gesamtrechtsnachfolgerin der B-AG, über deren Vermögen am ... das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, zu Recht nach § 73 der Abgabenordnung (AO) in Anspruch genommen wurde.
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An der Y-GmbH, die ab ... unter der Firma X-GmbH auftrat, war die Z-GmbH zu 100 % beteiligt. Am ... wurde zwischen der Y-GmbH und der Z-GmbH ein "Ergebnisausschließungsvertrag" mit dem Gegenstand einer Übertragung der Geschäftsergebnisse der Y-GmbH an die Z-GmbH geschlossen. Die Gesellschafterversammlung der X-GmbH hat dem Vertrag durch Beschluss vom ... zugestimmt.
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Die Z-GmbH wurde am ... durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes rückwirkend zum 01.01.1999 auf die B-AG verschmolzen. Aufgrund dieser Verschmelzung bestand im Jahr 1999 --was zwischen den Beteiligten nunmehr u.a. im Streit steht-- eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft zwischen der B-AG als Organträgerin und der X-GmbH als Organgesellschaft. Durch Körperschaftsteuerbescheid für 1999 vom 31.01.2001 wurde die Körperschaftsteuer der X-GmbH auf 0 DM festgesetzt. Der an die B-AG abzuführende Jahresüberschuss betrug ... DM.
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Nach einer die Ermittlung der steuerrechtlichen Verhältnisse der B-AG betreffenden und u.a. das Jahr 1999 umfassenden Außenprüfung wurden (unter Auswertung des Prüfungsberichts vom 30.09.2009) die entsprechenden Steuerforderungen bei ihrer Gesamtrechtsnachfolgerin (A-AG i.L.) zur Insolvenztabelle angemeldet.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erließ unter dem 24.09.2010 einen auf § 73 AO gestützten Haftungsbescheid gegen die Klägerin (als Gesamtrechtsnachfolgerin der X-GmbH) über Körperschaftsteuer (... €) und Solidaritätszuschlag (... €) für das Jahr 1999 in Höhe von insgesamt ... €. Das FA nahm für die Ermittlung dieser Beträge Bezug auf die von der Konzernsteuerabteilung der A-AG i.L. am 11.05.2010 übersandte Aufstellung über die endgültige Verteilung der Körperschaftsteuerzahllasten innerhalb des körperschaftsteuerrechtlichen Organkreises mit Stand vom 06.05.2010. Aus dieser Aufstellung ergibt sich, dass das zu versteuernde Einkommen der X-GmbH für das Jahr 1999 in Höhe von ... € (entsprechend ... DM) einem Anteil am zu versteuernden Einkommen des Organkreises von X % zuzüglich übernommener Verluste von Organgesellschaften entspricht. Unter Berücksichtigung eines Verlustanteils in Höhe von ... € ermittelte das FA für die anteilige Körperschaftsteuer (nebst Solidaritätszuschlag) der X-GmbH eine Bemessungsgrundlage in Höhe von ... €.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 wies das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück und führte dort (unter 7. der Gründe) zu seinen Ermessenserwägungen weiter aus.
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Im anschließenden Klageverfahren hat das FA in der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2016 zu Protokoll erklärt: "Der Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 wird dahingehend geändert, dass die Ermessenserwägungen zum Haftungsumfang wie folgt ergänzt werden:
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1. Im Rahmen des Ermessens wurde die Haftungssumme unter Berücksichtigung der im Haftungsbescheid und der Einspruchsentscheidung dargestellten Methodik auf die Körperschaftsteuer beschränkt, die sich bei Zugrundelegen den der Körperschaftsteuerberechnung vom 23.04.2010 für die [A-AG i.L.] ausgewiesenen 'festgesetzten' Körperschaftsteuer i.H. von ... € ergibt.
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2. Zudem wird die Haftungssumme im Rahmen des Ermessens maximal auf den Betrag beschränkt, der sich bei einer fiktiven Körperschaftsteuerveranlagung 1999 der [X-GmbH] auf Basis eines Jahresüberschusses für 1999 in Höhe von ... DM ergeben würde."
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Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 687 veröffentlichten Urteil vom 12.12.2016 - 6 K 4464/12 H(K) unter Ablehnung eines Vertagungsantrags des FA, dass der Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 mit der vom FA in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll diktierten Ergänzung aufzuheben sei. Die zu Protokoll gegebene Erklärung des FA sei keine nach § 102 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Ergänzung der Ermessenserwägungen. Durch diese Erklärung sei auch kein wirksamer Haftungsbescheid i.S. des § 68 FGO an die Stelle des ursprünglichen Haftungsbescheids vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 getreten. Mangels Bestimmtheit i.S. von § 119 Abs. 1 AO sei ein möglicher Änderungsbescheid unwirksam, soweit man die Protokollerklärung als solchen werte.
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Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG habe völlig überraschend in der mündlichen Verhandlung offenbart, dass aus seiner Sicht die Haftungsinanspruchnahme nach § 73 AO für Rückforderungsbeträge nicht nur --wie im richterlichen Hinweisschreiben vom 08.08.2016 bereits angedeutet-- rechtswidrig sei, sondern auch einen schwerwiegenden Ermessensfehler bei der Ermittlung der Haftungssumme darstelle, der eine Aufhebung des gesamten Haftungsbescheids erforderlich mache. Es habe den Antrag auf Vertagung unter Verletzung des Gebots zur Gewährung rechtlichen Gehörs zu Unrecht abgelehnt. In der mündlichen Verhandlung habe das FG mit der zweiten Unterbrechung jedenfalls keine Möglichkeit dazu gegeben, einen geänderten Haftungsbescheid ausarbeiten zu können. In dem vom FG zugestandenen Zeitrahmen von fünf Minuten sei es ausgeschlossen gewesen, die Formulierungen im Detail so zu wählen, dass sie alle in Betracht kommenden rechtlichen und tatsächlichen Aspekte des sehr komplexen Streitfalls abgedeckt hätten. Das angefochtene Urteil sei außerdem nicht mit Gründen versehen. Ihm seien keine Ausführungen zum Haftungsumfang nach § 73 AO zu entnehmen, obgleich das FG diese Rechtsfrage im Streitfall für grundsätzlich bedeutsam erachtet und deswegen die Revision zugelassen habe.
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Der durch die in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebene Erklärung ergangene Änderungsbescheid, der nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei, sei inhaltlich hinreichend bestimmt und daher wirksam. Das FG hätte ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, dass der Änderungsbescheid vom 12.12.2016 unwirksam sei, jedenfalls den Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 unter Beachtung der geänderten Ermessenserwägungen würdigen müssen, was nicht geschehen sei.
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise den angefochtenen Haftungsbescheid dahingehend zu ändern, dass die Haftungssumme wegen rückständiger Körperschaftsteuer für 1999 auf ... € und wegen des rückständigen Solidaritätszuschlags für 1999 auf ... € herabgesetzt wird, äußerst hilfsweise die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie meint, die Verfahrensrüge der Versagung rechtlichen Gehörs gemäß § 119 Nr. 3 FGO sei unzulässig, jedenfalls sei sie unbegründet. Gleiches gelte für die Verfahrensrüge des Fehlens von Entscheidungsgründen gemäß § 119 Nr. 6 FGO. Für den Fall, dass --entgegen ihrer Ansicht-- der ursprüngliche Haftungsbescheid wieder aufleben sollte und rechtlich zu würdigen sei, macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen für das Bestehen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft nicht festgestellt worden seien, kein Einwendungsausschluss nach § 166 AO vorliege bzw. sich das FA nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht hierauf berufen könne, die materielle Rechtmäßigkeit der Körperschaftsteuer nicht nachgewiesen sei und eine Haftung für die Rückforderung nicht gerechtfertigter Steuererstattungen nach § 73 AO jedenfalls nicht in Betracht komme.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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Zu Recht hat das FG erkannt, dass die zu Protokoll gegebene Erklärung des FA nicht als i.S. des § 102 Satz 2 FGO zulässige Ergänzung der den angefochtenen Haftungsbescheid betreffenden Ermessenserwägungen gewertet werden kann. Da mangels Bestimmtheit des Bescheids ebenso wenig eine wirksame Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO vorliegt, wäre --was das FG jedoch nicht in Erwägung gezogen hat-- der ursprüngliche Haftungsbescheid, der weder ersetzt noch aufgehoben wurde, rechtlich zu würdigen gewesen. Die Vorentscheidung kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist indessen nicht spruchreif.
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1. Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann u.a. nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Nach § 73 Satz 1 AO haftet eine Organgesellschaft für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft von Bedeutung ist. Den Steuern stehen nach § 73 Satz 2 AO die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
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Das FA hat die Klägerin als Haftungsschuldnerin mit Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 als vormalige Organgesellschaft für Steuerschulden der B-AG als vormalige Organträgerin nach § 191 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 73 Satz 1 AO in Anspruch genommen (Haftungssumme: ... €). Dieser Haftungsbescheid war Gegenstand des Klageverfahrens.
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2. Mit seiner zu Protokoll gegebenen Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2016 hat das FA seine im angefochtenen Haftungsbescheid getroffenen Ermessenserwägungen nicht i.S. des § 102 Satz 2 FGO ergänzt.
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a) Einer wirksamen Ergänzung der Ermessenserwägungen gemäß § 102 Satz 2 FGO steht allerdings --wie das FG zutreffend erkannt hat-- wegen der schriftformersetzenden Wirkung des richterlichen Protokolls ein Formmangel nicht entgegen (vgl. allgemein Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24.05.1991 - III R 105/89, BFHE 165, 345, BStBl II 1992, 123, unter 2.c; vom 25.11.1997 - VIII R 4/94, BFHE 184, 255, BStBl II 1998, 461, unter II.3.; BFH-Beschluss vom 09.12.2014 - I B 48/14, BFH/NV 2015, 472, Rz 3; Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 94 Rz 4; jeweils m.w.N. insbesondere zum Schriftformerfordernis nach § 157 Abs. 1 Satz 1 AO).
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b) Das FG hat zu Recht dahin erkannt, dass die zu Protokoll gegebene Erklärung des FA nach ihrem Inhalt nicht als nach § 102 Satz 2 FGO zulässige Ergänzung der bisherigen Ermessenserwägungen des angefochtenen Haftungsbescheids gewertet werden kann.
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aa) Die Finanzbehörde kann zwar nach § 102 Satz 2 FGO ihre Ermessenserwägungen im Haftungsbescheid bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens, mithin noch im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem FG, ergänzen. Damit ist es der Finanzbehörde aber nur gestattet, bereits an- oder dargestellte Ermessenserwägungen zu vertiefen, zu verbreitern oder zu verdeutlichen. Nicht dagegen ist die Behörde befugt, Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren erstmals anzustellen, die Ermessensgründe auszuwechseln oder vollständig nachzuholen. Eine Heilung der behördlichen Entscheidung bei fehlerhaftem Entschließungs- oder Auswahlermessen, Über- oder Unterschreitung des Ermessens sowie bei erheblichen Mängeln in der Sachverhaltsermittlung ist im Wege einer Ergänzung nach § 102 Satz 2 FGO nicht möglich (vgl. dazu BFH-Urteile vom 11.03.2004 - VII R 52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579, unter II.2.a; vom 24.04.2014 - IV R 25/11, BFHE 245, 499, BStBl II 2014, 819, Rz 49; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 102 FGO Rz 12; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 102 Rz 25; jeweils m.w.N.). Ebenso können auf Grundlage des § 102 Satz 2 FGO keine Änderungen der Rechtsfolgen, wie z.B. die Herabsetzung der Haftungssumme, vorgenommen werden (vgl. Nacke, Die Haftung für Steuerschulden, 4. Aufl., Rz 10.17; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 102 FGO Rz 68; Brandt in Gosch, FGO § 102 Rz 77; jeweils m.w.N.). Eine Änderung des Entscheidungsausspruchs ist danach keine zulässige Ergänzung der Ermessenserwägungen.
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bb) Die Voraussetzungen des § 102 Satz 2 FGO sind hier nicht erfüllt. Zwar hat das FA zu Protokoll erklärt, "dass die Ermessenserwägungen zum Haftungsumfang … ergänzt werden". In der Sache hat es jedoch, wie sich aus dem Wortlaut seiner Protokollerklärung zu Nr. 1 und Nr. 2 ergibt, die Haftungssumme "im Rahmen des Ermessens" beschränkt, ohne allerdings die aus jedenfalls einer Variante der Erklärung folgende Herabsetzung der Haftungssumme genau zu beziffern. Insoweit hatte das FA offenkundig beabsichtigt, den angefochtenen Haftungsbescheid im Rechtsfolgenausspruch zu ändern.
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3. Bei der zu Protokoll gegebenen Erklärung des FA handelt es sich um eine unwirksame Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO.
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a) In der Reduzierung der Haftungssumme liegt eine Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO, wenn durch Bescheid der Haftungsbescheid nicht aufgehoben oder ersetzt wird, sondern die Haftungssumme allein deshalb herabgesetzt wird, weil im ursprünglichen Haftungsbescheid zu hoch angeforderte Beträge ermäßigt oder nicht mehr berücksichtigt werden und der nunmehrige Haftungsausspruch zum Haftungstatbestand sowie zur Ermessensausübung im Wesentlichen die gleiche Begründung wie der Erstbescheid enthält (vgl. BFH-Beschlüsse vom 04.11.2003 - VII B 34/03, BFH/NV 2004, 460, unter II.2.; vom 08.02.2008 - VII B 156/07, BFH/NV 2008, 967, unter II.2.b; jeweils m.w.N.). Eine Teilrücknahme nach § 130 Abs. 1 AO berührt die Wirksamkeit des nicht betroffenen Regelungsinhalts des ursprünglichen Verwaltungsaktes nicht (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2004, 460, unter II.2.; in BFH/NV 2008, 967, unter II.2.b; Nacke, a.a.O., Rz 10.3; jeweils m.w.N.). Die Frage, ob bei einer i.S. des § 102 Satz 2 FGO unzulässigen Ermessensergänzung der Erlass eines geänderten Verwaltungsaktes angenommen werden kann, der den bisherigen aufhebt oder ersetzt (zu dem mit § 102 Satz 2 FGO inhaltlich übereinstimmenden § 114 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung vgl. Riese in Schoch/ Schneider/Bier, VwGO § 114 Rz 272), stellt sich im Fall eines durch Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO korrigierten Haftungsbescheids somit nicht.
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b) Die danach als Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO zu wertende Erklärung des FA ist jedoch unwirksam; die Reduzierung der Haftungssumme war nicht hinreichend bestimmt.
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aa) Ein Verwaltungsakt muss nach § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Er muss mithin bestimmt, unzweideutig und vollständig den Willen der Behörde zum Ausdruck bringen. Dieses Erfordernis dient vor allem der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit sowie der Abgrenzung der Entscheidungswirkungen einschließlich der Bestandskraft der Verwaltungsakte und des einer Vollstreckung oder Vollziehung zugrunde zu legenden Entscheidungsinhalts. Wo die Grenze des "Hinreichenden" im Einzelfall zu ziehen ist, legt § 119 Abs. 1 AO indes nicht fest. In Anlehnung an die für schriftliche Steuerbescheide getroffene Regelung (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO) muss auch für Haftungsbescheide verlangt werden, dass sie die festgesetzte Steuer (Haftungsschuld) nach Art und Betrag bezeichnen und die Person des Haftungsschuldners benennen (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 17.07.1984 - VII S 9/84, BFH/NV 1986, 583, unter 2.a; Nacke, a.a.O., Rz 9.17; jeweils m.w.N.). Ein Haftungsbescheid --für dessen Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO kann nichts anderes gelten-- ist danach nur dann inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn für den Betroffenen erkennbar ist, was von ihm verlangt wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16.07.1992 - VII R 59/91, BFH/NV 1993, 146, unter II.1.a; vom 17.12.2014 - II R 18/12, BFHE 248, 92, BStBl II 2015, 619, Rz 20; BFH-Beschluss vom 27.08.2009 - V B 75/08, BFH/NV 2009, 1964, unter II.2.b aa; jeweils m.w.N.). Ob dazu die Höhe der Haftungsschuld genau beziffert sein muss (vgl. dazu Nacke, a.a.O., Rz 9.17; Loose in Tipke/Kruse, § 191 AO Rz 88; jeweils m.w.N.), d.h. die bloße Bestimmbarkeit nicht ausreicht, oder es genügt, wenn aus dem gesamten Inhalt des Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über das Verlangte gewonnen werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 24.04.1990 - VII R 114/88, BFH/NV 1991, 137, unter II.1.b; in BFH/NV 1993, 146, unter II.1.a; in BFHE 248, 92, BStBl II 2015, 619, Rz 20; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2009, 1964, unter II.2.b aa; vom 27.08.2009 - V B 76/08, BFH/NV 2010, 8, unter II.2.b aa), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Es ist jedenfalls nicht eindeutig erkennbar, in welchem Umfang die Klägerin nach der Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO, die das FA zu Protokoll erklärt hat, haften soll.
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bb) Das FA hatte zunächst im Haftungsbescheid vom 24.09.2010 die Haftungssumme als Anteil der Klägerin in Bezug auf den Organkreis der A-AG i.L. ermittelt und die Haftung für rückständige Körperschaftsteuer auf ... € festgesetzt. Nach Nr. 1 der zu Protokoll gegebenen Ergänzung soll sich die Haftungssumme auf die Körperschaftsteuer beschränken, die sich bei einem "Zugrundelegen" der in der Körperschaftsteuerberechnung vom 23.04.2010 für die A-AG i.L. ausgewiesenen "festgesetzten" Körperschaftsteuer in Höhe von ... € ergibt, was --wie das FG festgestellt hat-- rechnerisch zu einer Haftungssumme in Höhe von ... € führen würde. Diese Haftungssumme für rückständige Körperschaftsteuer entspricht im Übrigen der, auf die das FA mit seinem Revisionsantrag nunmehr abstellt. Daneben steht die Protokollerklärung Nr. 2 des FA, wonach "die Haftungssumme im Rahmen des Ermessens maximal auf den Betrag beschränkt [wird], der sich bei der fiktiven Körperschaftsteuerveranlagung 1999 der [X-GmbH] auf Basis eines Jahresüberschusses für 1999 i. H. von ... DM ergeben würde". Diese als Deckelung der nach Maßgabe der Erklärung zu Nr. 1 ermittelten Haftungssumme zu verstehende Erklärung zu Nr. 2 führt jedoch zu einer Haftungssumme für rückständige Körperschaftsteuer, die bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von ... € (entsprechend ... DM) unter Berücksichtigung des im Jahr 1999 maßgeblichen Körperschaftsteuersatzes von 40 % zu einer Haftungssumme von ... € führt, die den rechnerisch ermittelten Betrag nach Nr. 1 der Erklärung mithin übersteigt. In welcher Höhe die Klägerin danach in Haftung genommen wird, bleibt unklar und ergibt sich --wie das FG ferner unwidersprochen festgestellt hat-- auch nicht aus vom FA in Bezug genommenen Unterlagen. Danach ist die Höhe der Haftungsschuld nach der zu Protokoll gegebenen Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO weder genau beziffert noch kann aus dem gesamten Inhalt des Haftungsbescheids hinreichende Klarheit über das Verlangte gewonnen werden.
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c) Ist die Teilrücknahme i.S. des § 130 Abs. 1 AO --wie hier-- mangels Klarheit hinsichtlich der verbleibenden Haftungssumme nach § 119 Abs. 1 AO unbestimmt und entfaltet sie keine Wirkung, hat der ursprüngliche Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung weiter Bestand. Denn ein Verwaltungsakt bleibt gemäß § 124 Abs. 2 AO wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Dies ist hier der Fall.
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4. Danach konnte die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Das FG hat mit dem angefochtenen Urteil den ursprünglichen Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 mit der vom FA zu Protokoll gegebenen Erklärung aufgehoben. Diese vollumfängliche Aufhebung kommt indes nur dann in Betracht, wenn der ursprüngliche Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung seinerseits rechtswidrig ist. Dazu hat das FG jedoch nicht entschieden, obgleich dieser Haftungsbescheid weiterhin Gegenstand des Verfahrens blieb. Eine tatsächliche und rechtliche Würdigung des ursprünglichen Haftungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist der Vorentscheidung jedenfalls nicht zu entnehmen. Das FG hat das Streitprogramm mithin nicht abgearbeitet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben.
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5. Da schon die Rüge der Verletzung materiellen Rechts revisionsrechtlich Erfolg hat, kommt es auf die vom FA ebenfalls erhobenen Verfahrensrügen nicht an.
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6. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat ausgehend von seiner bisherigen Rechtsauffassung weder Feststellungen zu den zwischen den Beteiligten nach wie vor im Streit stehenden Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme nach § 73 Satz 1 AO, auf deren Grundlage der Haftungsbescheid gegen die Klägerin ergangen ist, noch zu den Erwägungen des FA hinsichtlich seines Entschließungs- und Auswahlermessens sowie seines Ermessens in Bezug auf die Frage nach der Haftungsbeschränkung getroffen. Diese Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Der Rechtsstreit ist mithin an das FG zurückzuverweisen. Im zweiten Rechtsgang wird das FG auch über die im Schrifttum streitige Frage zu entscheiden haben, ob nach § 73 Satz 1 AO auch für Ansprüche auf Erstattung von zu Unrecht gewährten Steuererstattungen gehaftet wird (zum Streitstand vgl. z.B. Nacke, a.a.O., Rz 5.15, m.w.N.), soweit es --anders als noch im ersten Rechtsgang-- darauf ankommen sollte.
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7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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