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BFH 13.06.2019 - VIII B 146/18
BFH 13.06.2019 - VIII B 146/18 - Klagebefugnis bei Verschmelzung der Personen- auf eine Kapitalgesellschaft und negativem Feststellungsbescheid
Normen
§ 48 Abs 1 Nr 1 FGO, § 48 Abs 1 Nr 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 6 FGO, § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO
Vorinstanz
vorgehend Thüringer Finanzgericht, 18. September 2018, Az: 2 K 921/17, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Klagebefugnis einer Personengesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO geht nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft über, wenn diese auf eine Kapitalgesellschaft verschmolzen wird .
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2. NV: Gegenüber einem negativen Feststellungsbescheid, mit dem die Feststellung inländischer Einkünfte einer Personengesellschaft in Ermangelung des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft abgelehnt wird, sind sämtliche Gesellschafter auch ohne die Beschränkung des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt .
Tenor
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Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 18.09.2018 - 2 K 921/17 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Thüringer Finanzgericht zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.
Gründe
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Die Beschwerde ist begründet.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) zu Unrecht als unzulässig angesehen und durch Prozessurteil abgewiesen. Aufgrund dieses Verfahrensfehlers gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hebt der Senat die Vorentscheidung auf und verweist den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück (§ 116 Abs. 6 FGO).
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1. Das FG hat die bereits seit 2009 vollbeendete Partnerschaftsgesellschaft fehlerhaft als Klägerin des Verfahrens angesehen und die Klage in Ermangelung einer Klagebefugnis der vollbeendeten Partnerschaftsgesellschaft als unzulässig abgewiesen. Erlässt ein FG zu Unrecht ein Prozessurteil, anstatt zur Sache zu entscheiden, liegt darin nach ständiger Rechtsprechung ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Juli 2012 - IV B 55/11, BFH/NV 2012, 1817).
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a) Die Auslegung einer Klageschrift erfolgt nach den für die Willenserklärungen geltenden Grundsätzen. Für die Auslegung und Bestimmung der in der Klageschrift genannten Kläger sind alle dem FG und dem Finanzamt bekannten und vernünftigerweise erkennbaren Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 1817, Rz 14). Danach ist im Streitfall die Auslegung des FG, die Klage sei von der vollbeendeten Partnerschaftsgesellschaft erhoben worden, rechtsfehlerhaft. Die Einspruchsentscheidung vom 22. November 2017 erging nach deren Rubrum auf den Einspruch der "Frau A." (der Klägerin) "für" die Partnerschaftsgesellschaft. Im Schriftsatz zur Klageerhebung, der am 22. Dezember 2017 beim FG eingegangen ist, wird eine Klage im Namen der "Frau A." (Hervorhebung durch Fettdruck) "für" die Partnerschaftsgesellschaft erhoben. Diese Formulierung ist unter Einbeziehung der Gestaltung des Schriftbildes auslegungsbedürftig. Sie lässt sowohl die Auslegung zu, dass die Klägerin persönlich (als ehemalige Gesellschafterin der Partnerschaftsgesellschaft) Klage erheben als auch dass sie dies für die Partnerschaft als Prozessstandschafterin tun wollte. Da das FG weiter festgestellt hat, dass die Partnerschaftsgesellschaft mit Eintragung der Verschmelzung bereits seit 2009 vollbeendet war, war für das FG erkennbar, dass eine Klageerhebung der Klägerin namens der nicht mehr existenten Partnerschaftsgesellschaft nicht gewollt sein konnte. Eine rechtsschutzgewährende und sinnvolle Auslegung der Klageschrift durch das FG hätte zu dem Ergebnis führen müssen, dass die Klägerin als ehemalige Gesellschafterin der Partnerschaftsgesellschaft nur im eigenen Namen Klage erhoben hat.
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b) Die Klägerin war auch persönlich gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 48 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 FGO klagebefugt.
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aa) Erlischt eine Personengesellschaft durch Vollbeendigung ohne Abwicklung, kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein Gewinnfeststellungsbescheid nur noch von den früheren Gesellschaftern angefochten werden, deren Mitgliedschaft die Zeit berührt, die der anzufechtende Gewinnfeststellungsbescheid betrifft. Die aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO folgende Befugnis der Personengesellschaft, in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe gegen die Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen, endet mit deren Vollbeendigung. Insoweit lebt die bis zum Zeitpunkt der Vollbeendigung überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf. Die Klagebefugnis geht deshalb auch nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft über (z.B. BFH-Beschluss vom 30. Mai 2017 - IV B 20/17, BFH/NV 2017, 1188, Rz 17). Dies gilt auch, wenn wie im Streitfall eine Partnerschaftsgesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft (hier: die ... GmbH) verschmolzen wird (vgl. zum insoweit vergleichbaren Fall des Formwechsels BFH-Urteil vom 11. April 2013 - IV R 20/10, BFHE 241, 132, BStBl II 2013, 705, Rz 19).
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bb) Zudem sind gegenüber einem negativen Feststellungsbescheid nach ständiger Rechtsprechung sämtliche Gesellschafter auch ohne die Beschränkung des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt (vgl. BFH-Urteile vom 21. Mai 1992 - IV R 47/90, BFHE 168, 217, BStBl II 1992, 865, unter 1.; vom 11. November 2014 - VIII R 37/11, nicht veröffentlicht). Ein solcher wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) erlassen, da es eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung für die Partnerschaftsgesellschaft für das Streitjahr 2007 abgelehnt hat.
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c) Das FG hat demnach die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen. Wegen dieses Verfahrensfehlers erscheint es dem Senat sachgerecht, die Vorentscheidung gemäß § 116 Abs. 6 FGO aufzuheben und den Rechtsstreit an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
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d) Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat darauf hin, dass das FG an die Auslegung des Senats, die Klage sei namens der Frau A. erhoben worden, gemäß § 126 Abs. 5 FGO gebunden ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2017, 1188, Rz 20). Das FG wird im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob die Mitgesellschafterin der Klägerin, Frau B., gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen ist und ob beide (ehemaligen) Gesellschafterinnen Mitunternehmerinnen waren (vgl. dazu das Senatsurteil vom 3. November 2015 - VIII R 63/13, BFHE 252, 294, BStBl II 2016, 383), die gemeinschaftlich Einkünfte erzielt haben.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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