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BFH 28.02.2019 - VII B 133/18
BFH 28.02.2019 - VII B 133/18 - Anforderungen an eine Nichtzulassungsbeschwerde im Zusammenhang mit einer abgelehnten Erstattung aus Billigkeit
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 227 AO, AO-DV Zoll
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 13. April 2018, Az: 4 K 41/15, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Frage nach der Entstehung der Energiesteuer durch Abgabe eines Energieerzeugnisses an einen Nichtberechtigten ist in einem Revisionsverfahren betreffend die abgelehnte Erstattung von Energiesteuer aus Billigkeitsgründen nicht klärungsfähig.
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2. NV: Allein mit dem Vorbringen, die Steuerentstehung sei im Streitfall unverhältnismäßig, wird nicht dargelegt, warum die Klärung einer damit verbundenen Rechtsfrage im Interesse der Allgemeinheit liegt.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 13. April 2018 - 4 K 41/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Inhaberin einer Erlaubnis zur Herstellung und zur Lagerung von Energieerzeugnissen unter Steueraussetzung mit jeweils zugelassener Betriebsstätte A. Eine ihrer Betriebsstätten war die Bunkerstation B, von der aus sie die Fähren der D mit steuerbefreitem Schiffsbetriebsstoff (sog. Marine Fuel Oil --MFO--) bebunkerte. Nachdem die Klägerin die Bunkerstation B aus ihrem Betriebsstättenverzeichnis genommen hatte, übernahm B die bestehenden Verträge mit D zur Bebunkerung der Fähren. Mit der Organisation der Transporte beauftragte B die E, die wiederum überwiegend F mit dem Transport des MFO von A in das Tanklager der Bunkerstation B beauftragte. Diese Transporte stellte F der B in Rechnung. In den Versandanzeigen der Klägerin waren jeweils B als Rechnungsempfänger und Warenempfänger und E als steuerlicher Empfänger angegeben.
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Auf diese Weise wurden im Zeitraum vom 17. April 2008 bis zum 14. Juli 2008 insgesamt ... kg MFO von der Klägerin an B geliefert, die weder über eine Bewilligung als Steuerlagerinhaber noch über eine Verteilererlaubnis für das MFO verfügte. E war Inhaberin einer Verteilererlaubnis, F dagegen nicht.
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Mit Steuerbescheid vom 30. November 2009 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) gegen die Klägerin Energiesteuer fest und lehnte ein Absehen von der Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ab. Die Klage gegen die Steuerfestsetzung blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Erstattung der Energiesteuer aus Billigkeitsgründen. Das HZA habe die Erstattung ermessensfehlerfrei abgelehnt. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Ermessensrichtlinie des HZA die Entschuldbarkeit des Verhaltens verlange. Das HZA sei in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass das Verhalten der Klägerin nicht entschuldbar gewesen sei, weil diese fahrlässig gehandelt und ihre Sorgfaltspflichten bei der Abklärung der energiesteuerrechtlichen Zulässigkeit der neuen Verfahrensweise verletzt habe. Das HZA habe frühestens am 9. Juli 2008 hinreichende Kenntnis von der Sachlage erlangt. Abgesehen davon sei das MFO allein an die weder über eine Verwendererlaubnis noch über eine Verteilererlaubnis verfügende B abgegeben worden, nicht hingegen an E. Die erst nachfolgende steuerfreie Verwendung des MFO durch D habe nicht zum Nichtentstehen der Energiesteuer geführt. Vielmehr sei die Energiesteuer bereits mit der Entnahme des MFO aus dem Steuerlager entstanden. Eine Billigkeitsmaßnahme sei weder unter dem Gebot der Gleichbehandlung noch aus unionsrechtlichen Gründen gerechtfertigt. Die Voraussetzungen, unter denen eine sachliche Nachprüfung der festgesetzten Energiesteuer im Billigkeitsverfahren eröffnet sei, seien im Streitfall nicht gegeben.
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Die Klägerin begründet ihre Nichtzulassungsbeschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und mit der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Es sei zu klären, ob die Energiesteuer entstehe, wenn das Erzeugnis zunächst nicht an einen Verteiler, sondern an einen Nichtberechtigten abgegeben worden sei, es aber letztlich gleichwohl steuerfrei verwendet worden sei. Zur Begründung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nimmt die Klägerin auf einen Schriftsatz an das FG und einen Schriftsatz an den BFH in dem vorangegangenen Steuerfestsetzungsverfahren Bezug. Weiterhin sei die Frage zu beantworten, ob ein Überhang des gesetzlichen Tatbestands des § 8 Abs. 1 i.V.m. § 24 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) i.S. des § 227 der Abgabenordnung (AO) bereits deshalb vorliege, weil entsprechend Nr. 7.1.5 der Dienstvorschrift zur Anwendung der Abgabenordnung im Bereich der Zollverwaltung (AO-DV Zoll) zu § 227 AO der Abnehmer die Verteilererlaubnis binnen kurzer Zeit (drei Monate) nach der vorzeitigen Lieferung erhalten habe, die verbrauchsteuerpflichtigen Erzeugnisse unverzüglich in die steuerlichen Anschreibungen des Lieferers aufgenommen worden seien und diese zu dem begünstigten Zweck nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie (EG) 2003/96 des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom i.V.m. § 27 EnergieStG verwendet worden seien, ohne dass es dabei auf eine Entschuldbarkeit des Lieferers ankomme, was aber die genannte Dienstvorschrift zusätzlich fordere. Es komme steuerschuldrechtlich nur darauf an, dass das Erzeugnis rein objektiv betrachtet zweckgerecht verwendet worden sei, während die Entschuldbarkeit eines Verstoßes gegen Steueraufsichtsmaßnahmen keine entscheidende Rolle spiele. Im Streitfall sei die Steuerentstehung unverhältnismäßig, weil sämtliche Steueraufsichtserfordernisse so erfüllt worden seien, als hätte B eine Verteilererlaubnis gehabt. Als dritte Rechtsfrage sei zu klären, ob Nr. 7.1.5 AO-DV Zoll zu § 227 AO das Fehlen grober Fahrlässigkeit voraussetze, oder ob Entschuldbarkeit schon nicht mehr bei leichter Fahrlässigkeit gegeben sei. Die Versagung einer Billigkeitsmaßnahme wegen eines leicht fahrlässig begangenen Arbeitsfehlers, falls dieser hier überhaupt vorliegen sollte, lasse § 227 AO praktisch leerlaufen. Schließlich sei die Frage zu klären, ob ein krass unangemessenes Ergebnis i.S. des § 227 AO bereits dann vorliege, wenn und weil ein fahrlässiges Fehlverhalten, das zu keiner zweckwidrigen Verwendung und zu keiner Steuerverkürzung nach §§ 370, 378 AO geführt habe, mit 1,7 Mio. € bestraft werde, während § 378 AO eine leichtfertige Steuerverkürzung mit maximal 5.000 € sanktioniere.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
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1. Grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist einer Rechtsfrage beizumessen, deren Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich also um eine Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist. Hierzu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2012 VII B 167/11, BFH/NV 2012, 2029, m.w.N.). Hängt die Beurteilung eines Steuerfalls wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, wie dies bei einem Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen der Fall ist, bedarf es besonderer Darlegungen, weshalb der Rechtsfrage ausnahmsweise eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll, weil insoweit allgemeine abstrakte Grundsätze durch den BFH aufzustellen sind (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 2008 VIII B 253/05, BFH/NV 2008, 740).
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2. Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerde nicht.
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a) Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage nach der Entstehung der Energiesteuer im Zusammenhang mit der Abgabe eines Energieerzeugnisses an einen Nichtberechtigten stellt sich in einem etwaigen Revisionsverfahren nicht. Denn im Streitfall geht es um die Erstattung von Energiesteuer im Billigkeitswege, während über die Entstehung der Energiesteuer bereits rechtskräftig entschieden wurde.
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Soweit sich die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die vermeintliche Unionsrechtswidrigkeit der in § 8 Abs. 1 i.V.m. §§ 24, 27 EnergieStG getroffenen Regelungen beruft, bezieht sich dieses Vorbringen nicht auf einen --sich lediglich in Einzelfällen zeigenden-- ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestands, sondern auf eine Vielzahl von Fällen, in denen der Gesetzgeber die in § 27 EnergieStG normierte Steuerbefreiung vom Besitz einer Verteilererlaubnis abhängig macht. Nach Ansicht der Klägerin sollen die begünstigten Energieerzeugnisse auch ohne das Erfordernis einer Verteilererlaubnis abgegeben und von den jeweiligen Empfängern steuerbefreit verwendet werden dürfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wie auch des BFH dürfen Billigkeitsmaßnahmen jedoch nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren. Mit Billigkeitsmaßnahmen darf die Geltung des Gesetzes nicht unterlaufen werden (Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184). Dies gilt auch für den Fall, dass eine gesetzliche Bestimmung deshalb keine Geltung beanspruchen kann, weil sie sich --z.B. wegen eines Verstoßes gegen unionsrechtliche Regelungen oder gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz-- als unionsrechtswidrig erweisen sollte.
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Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Inbezugnahme zweier Schriftsätze an das FG bzw. im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens an den BFH, weil dies zur substantiierten Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht ausreicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. September 2011 X B 144/10, BFH/NV 2012, 3, und vom 26. Januar 1995 III B 52/93, BFH/NV 1995, 709).
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b) Nicht klärungsfähig ist auch die Frage, ob Nr. 7.1.5 AO-DV Zoll zu § 227 AO das Fehlen grober Fahrlässigkeit voraussetzt oder ob Entschuldbarkeit schon nicht mehr bei leichter Fahrlässigkeit gegeben ist. Wie die Verwaltung ihre eigene Dienstvorschrift versteht, ist eine rein interne Verwaltungsangelegenheit.
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c) Die Frage nach dem Begriff des "krass unangemessene[n] Ergebnis[ses]" i.S. des § 227 AO unter Heranziehung steuerstrafrechtlicher Normen ist nicht entscheidungserheblich, weil die Festsetzung der Abgaben keine Strafe darstellt.
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3. Im Zusammenhang mit ihrer zweiten Rechtsfrage legt die Klägerin nicht dar, warum deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit liegen soll. Vielmehr bringt sie im Wesentlichen vor, ihrer Ansicht nach sei im Streitfall die Steuerentstehung unverhältnismäßig. Damit behauptet sie einen angeblichen Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall, was für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigt (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2013 VII B 94/13, BFH/NV 2014, 697, m.w.N.; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N.). Im Übrigen bezieht sich das Vorbringen auf das Steuerfestsetzungs- und nicht auf das im Streitfall vorliegende Billigkeitsverfahren.
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4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
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