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BFH 21.02.2019 - III B 7/18
BFH 21.02.2019 - III B 7/18 - Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland
Normen
§ 8 AO, § 9 AO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 62 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 29. November 2017, Az: 5 K 1134/14, Urteil
Leitsatz
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NV: Der Frage, welche Anforderungen an einen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt zu stellen sind, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, denn sie ist nicht klärungsbedürftig, weil die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, durch langjährige Rechtsprechung geklärt sind. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist nach den objektiven Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 29. November 2017 5 K 1134/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung für die Kinder der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit Bescheid vom 4. März 2014 ab Juli 2010 auf und forderte das für den Zeitraum Juli 2010 bis Juni 2011 gezahlte Kindergeld in Höhe von 6.696 € zurück.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen des § 62 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht; sie habe insbesondere weder einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung --AO--) noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland. Die Familienwohnung in L (Inland) sei spätestens Ende Juni 2010 aufgegeben worden; anschließend habe die Klägerin mit ihrem Ehemann und ihrem jüngsten Sohn in England gewohnt. Sie habe weder im Haushalt ihrer Schwiegereltern noch in der von ihrer Tochter und deren Partner angemieteten 50 m² großen Zweiraumwohnung über eine Wohnung verfügt. Die Aufenthalte in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) seien zwar umfangreich, überstiegen aber nicht den für Besuchsaufenthalte üblichen Rahmen. Dafür spreche auch die familiäre Situation.
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Zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde trägt die Klägerin vor, die Rechtssache sei grundsätzlich bedeutsam und erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Das FG-Urteil weiche von den BFH-Urteilen vom 18. Juli 2013 III R 71/11 (BFH/NV 2014, 24) und vom 18. Dezember 2013 III R 44/12 (BFHE 244, 344, BStBl II 2015, 143) ab.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor, soweit sie überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt wurden.
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei soll es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss. Eine Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Juni 2006 IV B 75/05, BFH/NV 2006, 2243; vom 19. September 2013 III B 53/13, BFH/NV 2014, 38).
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Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ist daher eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Hierzu bedarf es substantiierter Angaben, inwieweit die aufgeworfene Frage im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärungsfähig ist. Dazu muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist. Insbesondere muss sich die Klägerin auch mit der bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzen und substantiiert darlegen, weshalb nach ihrer Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe. Bei Streitfragen, die maßgeblich von der Beurteilung des Einzelfalls abhängen, bedarf es substantiierter Darlegungen, weshalb der Rechtsfrage ausnahmsweise eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 14. April 2016 III B 108/15, BFH/NV 2016, 1250, Rz 12).
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b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Soweit die Klägerin vorbringt, die Voraussetzungen eines inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes seien streitig, fehlt es bereits an der ordnungsgemäßen Konkretisierung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage. Die Konkretisierung erfordert regelmäßig, dass die Rechtsfrage mit "Ja" oder mit "Nein" beantwortet werden kann (z.B. Senatsbeschluss vom 21. Juni 2016 III B 95/15, BFH/NV 2016, 1575, Rz 11). Die Klägerin setzt sich zudem weder mit der gesetzlichen Regelung noch mit der einschlägigen Rechtsprechung oder dem Schrifttum auseinander.
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Die Frage, welche Anforderungen an einen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt zu stellen sind, ist zudem nicht klärungsbedürftig. Denn die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, sind durch langjährige Rechtsprechung geklärt (z.B. Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist nach den objektiven Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.
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2. Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO). Dieser Zulassungsgrund ist ein Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Juli 2017 XI B 37/17, BFH/NV 2017, 1635, Rz 16). Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn davon auszugehen ist, dass im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze und Leitlinien für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (z.B. BFH-Beschluss vom 24. Juni 2014 XI B 45/13, BFH/NV 2014, 1584, Rz 35). Dieser Zulassungsgrund setzt eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage voraus (BFH-Beschluss vom 24. Juli 2017 XI B 25/17, BFH/NV 2017, 1591, Rz 25), an der es hier --wie oben ausgeführt-- fehlt.
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3. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) zuzulassen.
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a) Die Zulassung der Revision aus diesem Grund setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist. Ferner muss das Urteil des FG im Grundsätzlichen von der Divergenzentscheidung abweichen (z.B. Senatsbeschluss vom 20. Mai 2016 III B 62/15, BFH/NV 2016, 1293, Rz 16, m.w.N.).
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b) Das FG-Urteil weicht weder vom Senatsurteil in BFHE 244, 344, BStBl II 2015, 143 noch vom Senatsurteil in BFH/NV 2014, 24 ab.
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Das Senatsurteil in BFHE 244, 344, BStBl II 2015, 143 betrifft einen Kläger, der neben seinem Lebensmittelpunkt und Hauptwohnsitz in Tschechien einen Zweitwohnsitz im Inland beibehalten hatte; gestritten wurde über die Frage, ob die Anwendbarkeit der §§ 62 ff. EStG durch Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen war. Nach den Feststellungen des angefochtenen FG-Urteils hatte die Klägerin dagegen keinen inländischen Wohnsitz.
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Das Senatsurteil in BFH/NV 2014, 24 betrifft ebenfalls einen anders gelagerten Sachverhalt: Die dortige Klägerin lebte mit ihrer Familie in Deutschland, nahm aber in den Niederlanden eine abhängige Beschäftigung auf. Streitig war, ob --trotz des inländischen Wohnsitzes-- aufgrund der Beschäftigung im Ausland nur noch ein Anspruch auf niederländische Familienleistungen bestand.
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c) Soweit die Klägerin die materielle Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung rügt, legt sie keinen Zulassungsgrund dar. Materiell-rechtliche Fehler können nur im Falle qualifizierter Rechtsanwendungsfehler i.S. einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung zur Revisionszulassung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO führen. Etwaige, unterhalb dieser Schwelle liegende, auch erhebliche Rechtsfehler des FG --wenn solche überhaupt vorliegen sollten, was hier nicht ersichtlich ist-- reichen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung und somit einen Grund für die Zulassung der Revision anzunehmen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 9. Oktober 2018 VIII B 49/18, BFH/NV 2019, 17).
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4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.
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