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BFH 31.01.2019 - VII B 147/18
BFH 31.01.2019 - VII B 147/18 - (Entscheidungsgründe im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 31.01.2019 VII B 115/18 - Verbrennung von Erdgas zur Erzeugung einer Schutzgasatmosphäre)
Normen
§ 51 Abs 1 Nr 1 Buchst d EnergieStG, Art 2 Abs 4 Buchst b Alt 2 EGRL 96/2003
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 25. Juli 2018, Az: 4 K 1968/17 VE, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Eine Verwendung mit zweierlei Verwendungszweck liegt nicht vor, wenn das Energieerzeugnis neben der Verwendung als Heizstoff nicht für die eigentliche Produktion des herzustellenden Produkts erforderlich ist .
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2. NV: Die Ausnutzung einer bestimmten (hier inerten) Eigenschaft eines unweigerlich anfallenden Verbrennungsprodukts im Produktionsprozess reicht nicht aus, um neben der Verwendung des eingesetzten Energieerzeugnisses als Heizstoff einen weiteren Verwendungszweck zu bejahen .
Tenor
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Die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 25. Juli 2018 4 K 1968/17 VE wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) betrieb sechs Kohlemahlanlagen zur Herstellung von Kohlestaub durch Mahlen und Trocknen von Rohkohle. Die Kohle wurde aus Bunkern mengengerecht auf die einzelnen, kontinuierlich arbeitenden Mühlen verteilt und gemahlen, während die erzeugte Staubkohle abgezogen wurde. Während des Mahlvorgangs durchströmten Heißgase die Mühle und nahmen den erzeugten Staub und den bei der Trocknung der Kohle anfallenden Wasserdampf mit. Die Tragluft für die Staubkohle trat unten im Mahlraum ein und verließ die Mühle am oberen Ende, wo sie einen Gewebefilter durchströmte. Die dort abgeschiedene Staubkohle wurde über Förderschnecken und Zellradschleusen aus dem Filter ausgetragen und pneumatisch zu den Staubbunkern gefördert. Die staubfreie Luft des Filters wurde teilweise dem Heißlufterzeuger zugeführt und teilweise über einen Kamin in die Atmosphäre geleitet.
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Zur Sicherung des ordnungsgemäßen Betriebs wurden die Kohlemahlanlagen mit einer nicht explosionsfähigen Atmosphäre betrieben, indem der Sauerstoffgehalt im geschlossenen System begrenzt wurde. Dazu wurden die über 1 000 °C heißen Rauchgase des Heißgaserzeugers, die durch das Verbrennen von Erdgas erzeugt wurden, auf höchstens 450 °C abgekühlt und zum Trocknen des Kohlestaubs in die Anlage eingeführt. Zudem bewirkte der bei der Trocknung entstandene Wasserdampf eine weitere Reaktionsträgheit (Inertisierung).
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Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt --HZA--) gewährte der Klägerin insoweit eine Entlastung von der Energiesteuer nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energiesteuergesetzes in der hier maßgeblichen Fassung (EnergieStG).
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Mit Steueränderungsbescheid vom ... Dezember 2013 forderte das HZA die für den Monat Dezember 2011 gewährte Entlastung zurück, weil es der Auffassung war, das verbrannte Erdgas sei nur zur Erzeugung von Wärme und nicht gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken verwendet worden.
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Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Klägerin stehe der Erstattungsanspruch zu. Das Erdgas werde im Streitfall nicht nur zum Verheizen, sondern in erster Linie zur Rauchgaserzeugung verwendet, wobei das Rauchgas zwei Wirkungen habe. Es stelle die nicht explosionsfähige Atmosphäre in den Kohlemahlanlagen her, wobei es durch seine Restwärme auch die gewollte Entstehung von Wasserdampf bewirke, und entferne damit gleichzeitig die Feuchtigkeit aus der gemahlenen Kohle. Damit werde das Erdgas nicht nur als Heizstoff, sondern zur Erzeugung des für die Kohlemahlanlagen erforderlichen Inertgases benötigt, das zudem durch seine Wärme die Trocknung des Kohlestaubs bewirke. Aufgrund der klar definierten Parameter für das Rauchgas, die Erhitzung über 1 000 °C und sein anschließendes Abkühlen auf höchstens 450 °C im Zusammenhang mit dem Betrieb der Kohlemahlanlagen sei auch die Zusammensetzung des erforderlichen Inertgases eindeutig beschrieben.
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Das HZA begründet seine Nichtzulassungsbeschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und mit der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO). Es sei zu klären, ob eine Verwendung mit zweierlei Verwendungszweck i.S. des Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich der Richtlinie (EG) 2003/96 des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom --EnergieStRL-- (Amtsblatt der Europäischen Union 2003, Nr. L 283/51) auch dann vorliege, wenn das konkrete Energieerzeugnis neben der Verwendung als Heizstoff nicht für die eigentliche Produktion des herzustellenden Produkts erforderlich ist. Weiterhin sei die Frage zu beantworten, ob ein eigener Verwendungszweck bereits darin zu sehen sei, dass lediglich die inerte Eigenschaft eines unweigerlich anfallenden Verbrennungsprodukts im Produktionsprozess ausgenutzt wird. Über die hier vorliegende Konstellation, wonach kein für den weiteren Produktionsprozess benötigter Stoff erzeugt, sondern lediglich die jedem Verbrennungsgas innewohnende inerte Eigenschaft genutzt werde, sei bisher nicht entschieden worden. Im Streitfall liege lediglich ein Verheizen des eingesetzten Erdgases zur Erzeugung von Wärme zur Trocknung vor. Im Unterschied dazu seien bei den vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und dem BFH entschiedenen Verfahren chemische oder physikalische Prozesse erfolgt, die nur mittels der konkret verwendeten Energieerzeugnisse hätten in Gang gesetzt werden können und die das zu erzeugende Produkt verändert hätten. In diesen Verfahren sei durch die Verbrennung eines Energieerzeugnisses jeweils ein konkret bezeichneter, im Verbrennungsgas enthaltener Stoff erzeugt worden, der im weiteren Produktionsprozess eine ganz bestimmte Funktion erfüllt habe und deshalb hierfür zwingend erforderlich gewesen sei.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
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1. Die vom HZA aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung bereits geklärt worden.
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a) Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG wird auf Antrag eine Energiesteuerentlastung für nachweislich versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet worden sind. Diese Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich EnergieStRL, wonach die Richtlinie nicht für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck gilt.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt die Verwendung eines Energieerzeugnisses nur dann nicht in den Anwendungsbereich der EnergieStRL, wenn dieses Erzeugnis --in seiner Funktion als Energiequelle-- selbst anders als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird (EuGH-Urteil X vom 2. Oktober 2014 C-426/12, EU:C:2014:2247, Rz 23, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2014, 308). Ein Energieerzeugnis, das im Rahmen eines Herstellungsprozesses verbrannt wird, kann daher zweierlei Verwendungszweck haben, wenn dieser Prozess nicht ohne Einsatz eines Stoffes durchgeführt werden kann, von dem feststeht, dass er nur durch die Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden kann (EuGH-Urteil X, EU:C:2014:2247, Rz 24, ZfZ 2014, 308; EuGH-Beschluss YARA Brunsbüttel vom 17. Dezember 2015 C-529/14, EU:C:2015:836, Rz 24, ZfZ 2016, 99). Ist dagegen ein bei der Verbrennung entstehendes Gas nicht das zur Durchführung des Produktionsprozesses erforderliche Erzeugnis, sondern ein Rückstand dieses Prozesses, der lediglich verwertet wird, hat das Energieerzeugnis selbst keinen zweierlei Verwendungszweck (EuGH-Urteil X, EU:C:2014:2247, Rz 26, ZfZ 2014, 308; EuGH-Beschluss YARA Brunsbüttel, EU:C:2015:836, Rz 25, ZfZ 2016, 99). Es kommt daher darauf an, ob das Energieerzeugnis selbst oder dessen Verbrennungsprodukte für den Abschluss des Produktionsprozesses erforderlich sind. Eine stoffliche Verbindung zwischen dem Energieerzeugnis und dem hergestellten Produkt wird nicht vorausgesetzt (Senatsurteile vom 13. Januar 2015 VII R 35/12, BFHE 248, 287, ZfZ 2015, 167, und vom 10. November 2015 VII R 40/14, ZfZ 2016, 79).
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Eine Verwendung zum Verheizen liegt immer dann vor, wenn Energieerzeugnisse verbrannt werden und die so erzeugte thermische Energie zum Heizen genutzt wird (vgl. § 1a Satz 1 Nr. 12 EnergieStG), und zwar unabhängig vom Zweck des Heizens, der auch die Umwandlung oder Vernichtung des Stoffes umfassen kann, auf den die thermische Energie bei einem chemischen und industriellen Prozess übertragen wird (EuGH-Urteil Kommission/ Deutschland vom 29. April 2004 C-240/01, EU:C:2004:251, ZfZ 2004, 231; Senatsurteil in BFHE 248, 287, ZfZ 2015, 167). Weiterhin hat der Senat entschieden, dem Begriff "zweierlei Verwendungszweck" sei keine Rangfolge der Zwecke zu entnehmen. Es wird auch keine streng zeitgleiche Verwendung vorausgesetzt (Senatsurteil in BFHE 248, 287, ZfZ 2015, 167).
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b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Frage des HZA, ob eine Verwendung mit zweierlei Verwendungszweck auch dann vorliegt, wenn das Energieerzeugnis neben der Verwendung als Heizstoff nicht für die eigentliche Produktion des herzustellenden Produkts erforderlich ist, von der Rechtsprechung verneint und damit bereits beantwortet worden. Das Energieerzeugnis selbst oder dessen Verbrennungsprodukte müssen für den Abschluss des Produktionsprozesses erforderlich sein (Senatsurteile in BFHE 248, 287, ZfZ 2015, 167, und in ZfZ 2016, 79). Hat das Energieerzeugnis für die Produktion keine Bedeutung und wird es nur zur Erzeugung von thermischer Energie verwendet, dient es nicht zweierlei Verwendungszweck.
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c) Auch die zweite vom HZA aufgeworfene Rechtsfrage kann als durch die Rechtsprechung geklärt angesehen werden. Die Ausnutzung einer bestimmten (hier inerten) Eigenschaft eines unweigerlich anfallenden Verbrennungsprodukts im Produktionsprozess reicht nicht aus, um neben der Verwendung als Heizstoff einen weiteren Verwendungszweck zu bejahen.
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Eine sogenannte dual-use-Verwendung liegt nur dann vor, wenn der Produktionsprozess nicht ohne Einsatz eines Stoffes durchgeführt werden kann, von dem feststeht, dass er nur durch die Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden kann (EuGH-Urteil X, EU:C:2014:2247, Rz 24 f., ZfZ 2014, 308; EuGH-Beschluss YARA Brunsbüttel, EU:C:2015:836, Rz 24, ZfZ 2016, 99). Gerade durch die Verbrennung des Energieerzeugnisses muss ein Stoff entstehen, der für den Abschluss des Produktionsprozesses erforderlich ist. Kann dieser Stoff auch durch die Verbrennung eines anderen Energieerzeugnisses hergestellt oder dieser Effekt unter Einsatz anderer Stoffe erreicht werden, sind die Voraussetzungen einer dual-use-Verwendung aufgrund der Substituierbarkeit nicht erfüllt. Auch die bloße Verwertung eines Verbrennungsrückstands reicht nicht aus.
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2. Da die von der Beschwerde bezeichneten Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des EuGH und des Senats geklärt sind, hätte die Beschwerde zur Begründung einer gleichwohl vorliegenden grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache eingehend darlegen müssen, warum sie eine erneute Entscheidung des BFH zu der betreffenden Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung für erforderlich hält, und hätte hierfür substantiiert darlegen müssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantwortete Frage umstritten ist, insbesondere welche neuen gewichtigen, vom EuGH bzw. BFH bislang nicht geprüften Einwände in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Auffassung erhoben werden (vgl. BFH-Beschluss vom 3. April 2000 VIII B 99/99, BFH/NV 2000, 985, m.w.N.).
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3. Die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO entfällt --ebenso wie § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO-- mangels einer ungeklärten Rechtsfrage, deren Beantwortung aus Gründen der Rechtsklarheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 10. Februar 2016 VII B 185/14, BFH/NV 2016, 787).
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4. Es kommt nicht darauf an, ob die Entscheidung des FG in materieller Hinsicht richtig ist, weil --wie das HZA meint-- lediglich die jedem Verbrennungsgas innewohnende inerte Eigenschaft genutzt werde. Angebliche Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2013 VII B 94/13, BFH/NV 2014, 697, m.w.N.; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N.).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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