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BFH 29.05.2018 - IX R 33/16
BFH 29.05.2018 - IX R 33/16 - Gebäude-AfA - Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer - Nachträgliche Herstellungskosten bei degressiver AfA
Normen
§ 7 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 7 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG 2009, § 7 Abs 5 S 1 Nr 2 EStG 2009, EStG VZ 2009
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 27. Oktober 2015, Az: 5 K 1909/12, Urteil
Leitsatz
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Ein Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht möglich .
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27. Oktober 2015 5 K 1909/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin des Grundstücks A-Straße in Z. Das Grundstück ist bebaut mit einem 1994 für den Betrieb eines Autohauses errichteten Gebäude (Werkstatt und Verkaufsräume) und Außenanlagen. Die Klägerin vermietet das Grundstück seit Fertigstellung des Gebäudes an das von ihrem Ehemann als Einzelkaufmann betriebene Autohaus.
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Im Jahr 2009 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück einen Anbau an das bestehende Werkstattgebäude und überdachte einen Teil der Freifläche. Dafür wandte sie Herstellungskosten von insgesamt 85.137 € auf.
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In den Jahren von 1994 bis 2008 machte die Klägerin bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung degressive Absetzungen für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf die Gebäudeherstellungskosten geltend. Diese beliefen sich ursprünglich auf 584.390 €. Der am 1. Januar 2009 noch nicht abgeschriebene Gebäuderestwert belief sich auf 255.665 €.
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In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin AfA in Höhe von 33.477 € geltend. Auf Nachfrage korrigierte sie den Betrag auf 34.081 €. Entgegen der bisherigen Annahmen betrage die voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes nicht 50, sondern nur 25 Jahre. Der am 1. Januar 2009 noch nicht abgeschriebene Gebäuderestwert von 255.665 € müsse um die im Streitjahr angefallenen Herstellungskosten von 85.137 € auf 340.802 € erhöht und auf die restlichen 10 Jahre gleichmäßig verteilt werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG).
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte demgegenüber als AfA nur 1,25 % der um die nachträglichen Herstellungskosten erhöhten ursprünglichen Bemessungsgrundlage (584.390 € + 85.137 € = 669.527 € x 1,25 % = gerundet 8.370 €) und führte zur Erläuterung aus, eine kürzere als die bislang angenommene voraussichtliche Nutzungsdauer sei nicht dargelegt worden (nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderter Einkommensteuerbescheid vom 24. Oktober 2011). Den Einspruch wies das FA als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 2012).
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision erhebt die Klägerin die Sachrüge (Verletzung von § 7 Abs. 5 und § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG).
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Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben, den Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu ändern und die Einkommensteuer auf den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Abschreibungen in Höhe von 34.081 € berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften dienen und nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt worden sind, jährlich 2 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Werbungskosten abgezogen werden. Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes weniger als 50 Jahre, können anstelle dieser Absetzungen die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden AfA vorgenommen werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG). Bei Gebäuden, die der Steuerpflichtige aufgrund eines vor dem 1. Januar 1995 gestellten Bauantrags hergestellt hat, können abweichend von Abs. 4 degressive Abschreibungen vorgenommen werden: in den ersten acht Jahren jeweils 5 %, in den darauf folgenden sechs Jahren jeweils 2,5 % und in den darauf folgenden 36 Jahren jeweils 1,25 % (§ 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG).
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2. Ein späterer Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht möglich.
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a) Der Bundesfinanzhof (BFH) musste die Frage bisher nicht beantworten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Steuerpflichtige an die einmal getroffene Wahl für die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG grundsätzlich gebunden. Der spätere Wechsel zu einer anderen AfA-Methode ist damit grundsätzlich ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 3. April 2001 IX R 16/98, BFHE 195, 273, BStBl II 2001, 599). Insbesondere ist ein Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu den normalen, linearen Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 EStG nicht möglich (BFH-Urteil vom 10. März 1987 IX R 24/86, BFHE 149, 527, BStBl II 1987, 618). Auf die Frage, ob dies auch einen Wechsel zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) ausschließt, kam es insoweit nicht an. Zugelassen hat der BFH allerdings den Wechsel von der AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG a.F. (BFH-Urteil in BFHE 149, 527, BStBl II 1987, 618); den umgekehrten Wechsel hat er indes ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 17. Februar 1976 VIII R 188/71, BFHE 118, 319, BStBl II 1976, 414). Zugelassen hat er ferner den Wechsel von einer degressiven AfA zu einer anderen degressiven AfA nach einer Nutzungsänderung (BFH-Urteil vom 15. Februar 2005 IX R 32/03, BFHE 210, 481, BStBl II 2006, 51).
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b) Die Finanzverwaltung schließt einen Wechsel von der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer bei Gebäuden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) aus, beanstandet jedoch bei Anwendung der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG die Inanspruchnahme von Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nicht (R 7.4 Abs. 11 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien).
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c) Im Schrifttum wird die Frage unterschiedlich beantwortet. Die ganz überwiegende Ansicht schließt einen späteren Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer aus (Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz 565; Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 EStG Rz 333; Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7 Rz F33; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 7 Rz 105; Schnitter in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 7 Rz 481; Stuhrmann in Bordewin/Brandt, § 7 EStG Rz 232; Bartone in Korn, § 7 EStG Rz 179; Rosarius in EStG-eKommentar, Stand 1. Januar 2015, § 7 Rz 195). Lediglich eine Mindermeinung plädiert dafür, den Wechsel zuzulassen (Schmidt/Kulosa, EStG, 27. Aufl., § 7 Rz 176).
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d) Der Senat schließt sich der im Schrifttum überwiegend vertretenen Ansicht an. Im Gesetz fehlt eine Regelung für den Übergang von der degressiven zur linearen AfA bei Gebäuden. Der Übergang ist danach weder vorgesehen noch eindeutig ausgeschlossen (BFH-Urteil in BFHE 149, 527, BStBl II 1987, 618). Er ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 7 Abs. 5 EStG eine starre, unveränderliche Abschreibungsregel enthält, deren Sätze weder unter- noch überschritten werden dürfen (so aber BFH-Urteil in BFHE 118, 319, BStBl II 1976, 414). Dieser Befund gilt zunächst nur innerhalb der AfA nach § 7 Abs. 5 EStG und schließt den Wechsel zu einer anderen AfA-Methode nicht grundsätzlich aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 149, 527, BStBl II 1987, 618: Wechsel zu § 7b EStG a.F.). Kein Argument ergibt sich ferner aus der Erwägung, dass der Steuerpflichtige, der in den ersten Jahren die Vorteile der degressiven AfA genossen hat, in späteren Jahren auch die Nachteile der Vorschrift in Kauf nehmen muss. Dies schließt zwar einen Wechsel von der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur linearen AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG generell aus, nicht jedoch einen Wechsel zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG. Wie der Streitfall zeigt, kann sich bei (behaupteter) kürzerer Nutzungsdauer des Gebäudes die Inanspruchnahme der degressiven AfA in den ersten Jahren im Nachhinein als nachteilig darstellen.
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Ein solcher Wechsel würde jedoch die mit der Vorschrift bezweckte Rechtsvereinfachung konterkarieren. § 7 Abs. 5 EStG typisiert die Nutzungsdauer eines Gebäudes und dient damit der Rechtsvereinfachung. Bei Wahl der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG erübrigt sich die Feststellung der tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes. Der Steuerpflichtige entscheidet sich bei Wahl der degressiven AfA bewusst dafür, die Herstellungskosten des Gebäudes in 50 der Höhe nach festgelegten Jahresbeträgen geltend zu machen. Die Vereinfachung tritt nur ein, wenn die Wahl über die gesamte Dauer der Abschreibung bindend ist. Die Wahl der degressiven AfA ist deshalb unabänderlich.
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Dagegen bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere durfte der Gesetzgeber bei der Wahl der degressiven AfA auf eine Anpassungsregelung wie in § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG verzichten. Die degressive AfA kommt nur bei neu hergestellten Gebäuden in Betracht. Bei neuen Gebäuden ist die Annahme einer voraussichtlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren in aller Regel nicht unangemessen. Sollte dies aufgrund der Bauart oder der in Aussicht genommenen Art der Nutzung im Einzelfall anders sein, wird dies in aller Regel von Anfang an erkennbar sein. Dann hat es der Steuerpflichtige in der Hand, von vornherein die Abschreibung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG zu wählen. Die Möglichkeit, dass sich bei einem neuen Gebäude (ohne eine nachträgliche Änderung der Nutzungsart) erst nachträglich eine wesentlich kürzere voraussichtliche Nutzungsdauer als ursprünglich angenommen ergibt, durfte der Gesetzgeber dagegen vernachlässigen (so schon Söffing, Deutsche Steuer-Zeitung 1969, 161, 170).
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Ohne Erfolg macht die Revision schließlich geltend, dass ein nachträglicher Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer in systematischer Hinsicht eine Rückkehr zum Grundprinzip des § 7 Abs. 1 EStG darstellen würde. Das trifft nicht zu. § 7 Abs. 4 und 5 EStG regeln die Abschreibung bei Gebäuden "abweichend von Absatz 1" (§ 7 Abs. 4 Satz 1 EStG). Ein Rückgriff auf Absatz 1 der Vorschrift ist damit bei Gebäuden ausgeschlossen. Bei Gebäuden ist die Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer nicht der Grundfall, sondern die Ausnahme. § 7 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 EStG typisieren die Nutzungsdauer des Gebäudes; das ist seit 1964 der Normalfall. Die in § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG davon vorgesehene Abweichung ist die Ausnahme und zudem nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur "anstelle der Absetzungen nach Satz 1" zulässig.
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3. Nachträgliche Herstellungskosten sind bei der degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG ab dem Jahr ihres Anfalls zusammen mit den bisherigen Erstellungskosten des Gebäudes nach dem für diese geltenden Prozentsatz abzusetzen (BFH-Urteil vom 20. Januar 1987 IX R 103/83, BFHE 149, 448, BStBl II 1987, 491). Daran hält der Senat fest. Wie mit dem nicht abgeschriebenen Restwert zu verfahren ist, der nach Ablauf der in § 7 Abs. 5 EStG auf 50 Jahre angelegten Staffel bei nachträglichen Herstellungskosten verbleibt, bedarf im Streitjahr keiner Entscheidung.
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4. Nach diesen Maßstäben hält das angefochtene Urteil der Revision stand. Das FG ist deshalb der Behauptung des Klägers, die bestehenden Gebäude hätten im Streitjahr nur noch eine restliche Nutzungsdauer von 10 Jahren gehabt, zu Recht nicht nachgegangen.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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