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BFH 10.05.2017 - II R 16/14
BFH 10.05.2017 - II R 16/14 - Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer beim Erwerb eines Grundstücks zur Errichtung einer Windkraftanlage
Normen
§ 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 8 Abs 1 GrEStG 1997, § 9 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 29. Januar 2014, Az: 3 K 528/11, Urteil
Leitsatz
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Bei dem Erwerb eines Grundstücks zur Errichtung einer Windkraftanlage gehört eine Entschädigungszahlung, die der Käufer an den Verkäufer für An- und Durchschneidungen und ggf. notwendige Baulasten und Dienstbarkeiten auf anderen Grundstücken des Verkäufers zahlt, nicht zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 29. Januar 2014 3 K 528/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. September 2010 vom Land ein Grundstück zur Errichtung einer Windkraftanlage. Sie hatte neben dem vereinbarten Kaufpreis von 11.550 € einen "Entschädigungswert für das Recht zur Errichtung von einer Windkraftanlage incl. des Entschädigungswerts für An- und Durchschneidung und ggf. notwendiger Baulasten und Dienstbarkeiten" in Höhe von insgesamt 454.500 € zu zahlen. Das Land verpflichtete sich, auf den ihm weiterhin gehörenden Grundstücken in der Umgebung des verkauften Grundstücks die zum Betrieb der Windkraftanlage erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten zu bestellen. Der Berechnung des "Entschädigungswerts" lag ein Sachverständigengutachten zu Grunde. Danach entfiel dieser Wert zu 93.800 € auf das verkaufte Grundstück und zu 360.700 € auf die anderen Grundstücke des Landes. Das Land schuldete nicht die Verwendbarkeit des an die Klägerin verkauften Grundstücks für deren Zwecke.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 4. Februar 2011 gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 16.311 € fest. Als Bemessungsgrundlage legte das FA sowohl den Kaufpreis in Höhe von 11.550 € als auch den gesamten Entschädigungsbetrag in Höhe von 454.500 € zu Grunde. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der auf Herabsetzung der Grunderwerbsteuer auf 404 € gerichteten Klage insoweit statt, als es die Grunderwerbsteuer auf 3.687 € festsetzte. Nach seiner Ansicht unterliegen nur der Kaufpreis von 11.550 € und der anteilig auf das verkaufte Grundstück entfallende Entschädigungswert in Höhe von 93.800 € der Grunderwerbsteuer, nicht aber der auf die benachbarten Grundstücke des Landes entfallende Anteil am Entschädigungswert.
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Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung von § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Entschädigung von 360.700 €, die auf die dem Land verbleibenden Grundstücke entfällt, nicht zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gehört.
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1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG bemisst sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung.
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a) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis. Der Kaufpreis ist in Übereinstimmung mit dem bürgerlichen Recht (§ 433 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) das Entgelt für den Kaufgegenstand "Grundstück". Zum Kaufpreis gehört alles, was der Käufer vereinbarungsgemäß an den Verkäufer leisten muss, um den Kaufgegenstand zu erhalten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. September 2009 II R 20/08, BFHE 227, 379, BStBl II 2010, 495, Rz 11, m.w.N.).
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Das gilt auch für "Entschädigungen", die der Verkäufer für mit dem Verlust des Grundstücks verbundene negative wirtschaftliche Folgen erhält. Zum Kaufpreis gehört beispielsweise der Betrag, den sich der Verkäufer eines Grundstücks vom Käufer zum Ausgleich einer zu erwartenden Wertminderung der ihm verbleibenden Nachbargrundstücke bezahlen lässt (BFH-Urteil vom 8. August 1990 II R 22/88, BFH/NV 1991, 412; Loose in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 18. Aufl., § 9 Rz 108).
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b) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gelten zudem als Gegenleistung bei einem Kauf auch die vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Als sonstige Leistungen sind alle Verpflichtungen des Käufers anzusehen, die zwar nicht unmittelbar Kaufpreis für das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, aber gleichwohl Entgelt für den Erwerb des Grundstücks sind. Der Erwerb des Grundstücks und die Gegenleistung müssen kausal verknüpft sein. Dabei ist nicht ausschlaggebend, was die Vertragschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich verpflichtet haben (BFH-Urteile vom 2. Juni 2005 II R 6/04, BFHE 210, 60, BStBl II 2005, 651; vom 13. Dezember 2006 II R 22/05, BFH/NV 2007, 1183, und vom 18. Juni 2014 II R 12/13, BFHE 246, 211, BStBl II 2014, 857).
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Leistungen des Erwerbers, die nicht den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen, insbesondere also für eine andere Leistung aufgewendet werden als für die Verpflichtung, Besitz und Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen, scheiden demgegenüber aus der Gegenleistung i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aus (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 412).
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2. Das FG hat danach zu Recht angenommen, dass der auf die benachbarten Grundstücke des Landes entfallende Anteil am Entschädigungswert in Höhe von 360.700 € nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen ist. Diesen Betrag hat die Klägerin nicht bezahlt, um das Eigentum an dem gekauften Grundstück zu erhalten, sondern für davon zu unterscheidende Leistungen des Landes, nämlich die Bestellung der für den Betrieb der Windkraftanlage erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten an den ihm verbleibenden Grundstücken und die Duldung von An- und Durchschneidungen dieser Grundstücke. Es handelt sich somit nicht um eine Entschädigung für eine bloße Wertminderung dieser Grundstücke.
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Dass der gesamte Entschädigungswert in Höhe von 454.500 € nach dem Wortlaut des Kaufvertrags (auch) "für das Recht zur Errichtung von einer Windkraftanlage" vereinbart wurde, rechtfertigt es nicht, diesen Entschädigungswert insgesamt in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Diese Vereinbarung hat nicht zur Folge, dass auch der anteilig auf die benachbarten Grundstücke des Landes entfallende Anteil am Entschädigungswert in Höhe von 360.700 € Gegenleistung für den Erwerb des Eigentums an dem gekauften Grundstück ist. Sie ändert nichts daran, dass dieser Anteil am Entschädigungswert eine Gegenleistung der Klägerin für die vereinbarten weiteren Leistungen des Landes ist, die sich auf die ihm verbleibenden Grundstücke beziehen. Das im Kaufvertrag angesprochene Recht zur Errichtung der Windkraftanlage auf dem gekauften Grundstück hat als solches keinen darüber hinausgehenden, eigenständigen Wert, der die Einbeziehung des gesamten Entschädigungswerts in Höhe von 454.500 € in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer begründen könnte. Im Kaufvertrag konnte nur die zivilrechtliche Seite der Errichtung der Anlage im Verhältnis der Klägerin zum Land vereinbart werden. Das Land schuldet nach den im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen nicht die Verwendbarkeit des Grundstücks für Zwecke der Klägerin. Die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens ergibt sich nicht aus dem Kaufvertrag. Sie richtet sich vielmehr nach den maßgebenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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