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BFH 31.08.2016 - VI R 14/16
BFH 31.08.2016 - VI R 14/16 - Aufwendungen eines Kundendienstmonteurs für die Wege zwischen seiner Wohnung und dem Betrieb des Arbeitgebers
Normen
§ 9 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG 2009, EStG VZ 2013
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 17. Februar 2016, Az: 11 K 3235/14 E, Urteil
Leitsatz
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NV: Ein Kundendienstmonteur, der arbeitstäglich mit seinem privaten PKW zum Betrieb des Arbeitgebers fährt, sich dort sowohl zu Beginn als auch zum Ende seiner Arbeitszeit jeweils zwischen 15 bis 20 Minuten aufhält und im Übrigen auf auswärtigen Baustellen tätig ist, die er mit einem auf dem Betriebsgelände stationierten Firmenfahrzeug anfährt, kann die Aufwendungen für die Wege zwischen seiner Wohnung und dem Betrieb des Arbeitgebers nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten berücksichtigen, weil der Kundendienstmonteur schwerpunktmäßig auswärts und nicht an einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG tätig ist.
Tenor
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Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 17. Februar 2016 11 K 3235/14 E aufgehoben.
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Die Einkommensteuer 2013 wird unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids des Beklagten vom 28. Juli 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. September 2014 auf den Betrag festgesetzt, der sich bei Ansatz weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 1.242 € ergibt.
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Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob Aufwendungen für die Wege zwischen der Wohnung des Steuerpflichtigen und dem Betrieb des Arbeitgebers nach Dienstreisegrundsätzen oder nach Maßgabe der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
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Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erzielte als Kundendienstmonteur im Streitjahr (2013) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Betriebsgelände seines Arbeitgebers nutzte er seinen privaten PKW. Dort hielt er sich sowohl morgens zu Beginn als auch nachmittags zum Ende seiner Arbeitszeit jeweils zwischen 15 bis 20 Minuten auf. Im Übrigen war der Kläger im Streitjahr auf auswärtigen Baustellen tätig, die er mit einem auf dem Betriebsgelände "stationierten" Firmenfahrzeug anfuhr. Bei den Fahrten zu den auswärtigen Baustellen nahm der Kläger bisweilen weitere Firmenangehörige und gegebenenfalls Werkzeug sowie in geringem Umfang sonstige Materialien mit. Nach Rückkehr zum Betriebsgelände seines Arbeitgebers am Nachmittag gab der Kläger die ausgefüllten Bautagesberichte am Betriebssitz ab und ergänzte diese im Rahmen der Anfertigung von so genannten Tagesberichten um weitere Angaben (z.B. zu den Fahrtzeiten zu den Baustellen und zu den Pausenzeiten). Ansonsten hielt sich der Kläger während seiner Arbeitszeit regelmäßig nicht am Betriebssitz seines Arbeitgebers auf, an dem er seinen Privat-PKW tagsüber abstellte.
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In der Einkommensteuererklärung für 2013 machte der Kläger Reisekosten in Höhe von 2.484 € als Werbungskosten geltend. Diese Kosten entfielen auf die täglichen Fahrten des Klägers mit seinem Privat-PKW von seiner Wohnung zum Betrieb seines Arbeitgebers und zurück. Die einfache Wegstrecke betrug 18 km. Bei Berechnung der Fahrtkosten setzte der Kläger nicht die Entfernungspauschale je Entfernungskilometer für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sondern die Fahrtkosten je tatsächlich gefahrenem Kilometer an (2 x 18 km x 230 Tage x 0,30 € je km = 2.484 €).
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die geltend gemachten Wegekosten hingegen lediglich nach Maßgabe der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in Höhe von 1.242 €.
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 893 veröffentlichtem Urteil ab.
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Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Das FG habe den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte fehlerhaft und entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausgelegt. Es seien weitere Werbungskosten in Höhe von 1.242 € (2.484 € - 1.242 € bereits berücksichtigter Fahrtaufwendungen) abzugsfähig.
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Sie beantragen,
das Urteil des FG Münster vom 17. Februar 2016 11 K 3235/14 E und die Einspruchsentscheidung vom 4. September 2014 aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid vom 28. Juli 2014 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 2013 weitere Fahrtkosten in Höhe von 1.242 € als Werbungskosten berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers zu Unrecht auf dem Betriebsgelände des Arbeitgebers des Klägers verortet.
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1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen sind grundsätzlich auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings sind die Aufwendungen dafür nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nur begrenzt nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.
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a) Regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist die dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht. Das ist regelmäßig der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers (vgl. z.B. Senatsurteil vom 26. Februar 2014 VI R 68/12, BFH/NV 2014, 1029, m.w.N.).
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b) Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen der Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit (Senatsurteile vom 19. Januar 2012 VI R 36/11, BFHE 236, 353, BStBl II 2012, 503, und VI R 32/11, BFH/NV 2012, 936, sowie vom 9. Juni 2011 VI R 55/10, BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38, und VI R 36/10, BFHE 234, 160, BStBl II 2012, 36, und VI R 58/09, BFHE 234, 155, BStBl II 2012, 34). Allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer eine betriebliche Einrichtung seines Arbeitgebers nachhaltig (arbeitstäglich) aufsucht, kann dort keine regelmäßige Arbeitsstätte begründen (Senatsbeschluss vom 9. November 2015 VI R 8/15, BFH/NV 2016, 196, m.w.N.).
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2. Diesen Rechtsgrundsätzen wird die angefochtene Vorentscheidung nicht gerecht. Das FG hat --für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO)-- festgestellt, dass im Streitfall der qualitative Mittelpunkt der eigentlichen Arbeitstätigkeit des Klägers in den auswärtigen Gebäuden und auf den auswärtigen Baustellen lag, weil er dort die ihm aufgegebenen Arbeiten verrichtete. Damit war er schwerpunktmäßig auswärts und nicht an einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG tätig. Das Urteil kann daher keinen Bestand haben.
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3. Die Sache ist spruchreif. Einwände gegen die vom Kläger vorgelegte Berechnung der tatsächlichen Fahrtkosten für die Fahrten zwischen Wohnung und dem Betriebsgelände seines Arbeitgebers sind vom FA weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Berechnung der Steuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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