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BFH 12.09.2014 - VII B 99/13
BFH 12.09.2014 - VII B 99/13 - (Zu den Voraussetzungen einer Haftung nach § 71 AO bei Einbindung in einen Umsatzsteuerkarussellbetrug - Verstoß gegen die sachliche Zuständigkeit als Nichtigkeitsgrund)
Normen
§ 69 Abs 2 FGO, § 69 Abs 3 FGO, § 108 FGO, § 113 Abs 1 FGO, § 128 Abs 3 FGO, § 71 AO, § 125 Abs 2 Nr 1 AO, § 131 AO, § 168 AO, § 164 AO, § 191 Abs 5 AO, § 202 Abs 1 AO, § 202 Abs 2 AO, § 219 S 2 AO, § 370 Abs 1 AO, § 6a UStG 2005, § 14c Abs 2 UStG 2005, § 25d UStG 2005, Art 17 EWGRL 388/77, EStG VZ 2009
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 26. April 2013, Az: 6 V 1827/12, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Dem Erlass eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids steht nicht entgegen, dass weitere Haftungsschuldner nach § 25d UStG in Anspruch genommen werden könnten.
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2. NV: In den Fällen, in denen nach der Rechtsprechung des EuGH der Vorsteuerabzug zu versagen ist, weil aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, handelt es sich um einen von der Rechtsprechung entwickelten eigenständigen Versagungsgrund. Einer ausdrücklichen Normierung eines solchen im nationalen Umsatzsteuerrecht bedarf es nicht.
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3. NV: In Fällen von Steuerhinterziehung wird der im Haftungsrecht zu beachtende Subsidiaritätsgrundsatz durch § 191 Abs. 5 Satz 2 AO und § 219 Satz 2 AO eingeschränkt.
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4. NV: Beim Erlass eines Haftungsbescheids ist zu berücksichtigen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einem Erlass der Steuern und damit mit einer Tilgung der Primärschuld zu rechnen ist.
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5. NV: Im Fall einer Steuerhinterziehung steht eine mögliche Überkompensation des Vermögensschadens dem Erlass eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids nicht entgegen, da etwaige umsatzsteuerrechtliche Korrekturmöglichkeiten ihre Ursache nicht im Haftungsrecht haben.
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6. NV: Bei einem Ermittlungsbericht der Steuerfahndung handelt es sich nicht um einen Prüfungsbericht i.S. des § 202 Abs. 1 AO.
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7. NV: Beim Erlass eines Haftungsbescheids ist die Finanzbehörde nicht verpflichtet, den Ausgang eines gegen den Haftungsschuldner eingeleiteten Strafverfahrens abzuwarten.
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8. NV: Dem Erlass eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids steht grundsätzlich nicht entgegen, dass nur ein vorläufiger Ermittlungsbericht der Steuerfahndung vorliegt.
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9. NV: Die Rücknahme eines Einspruchs kann nur in besonders gravierenden Fällen unwirksam sein, wenn z.B. die Rücknahme von der Behörde durch eine bewusste Täuschung oder eine Drohung veranlasst worden ist. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, wenn einem Angeklagten für den Fall einer Rücknahme eines Einspruchs eine Berücksichtigung der damit verbundenen Schadensminderung ihm Rahmen der Strafzumessung in Aussicht gestellt wird.
Tatbestand
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I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) wurde vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) wegen Umsatzsteuerschulden einer GmbH, für die er als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer tätig war und die sich mit dem außerbörslichen Handel mit Emissionszertifikaten beschäftigte, nach § 71 der Abgabenordnung (AO) als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Unter Hinweis auf die Verurteilung des Antragstellers wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall begründete das FA die Haftungsinanspruchnahme im Wesentlichen damit, dass der Antragsteller wissentlich und zumindest mit bedingtem Vorsatz als Steuerhinterzieher in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden gewesen sei. Die Pflichtverletzung des Antragstellers liege darin, dass in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für November 2009 Vorsteuerbeträge aus Leistungen anderer Unternehmen geltend gemacht worden seien, obwohl dem Emissionszertifikatehandel eine wirtschaftliche Tätigkeit und somit umsatzsteuerbare Leistungen nicht zugrunde gelegen hätten. Aber selbst wenn von einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgegangen werden könne, sei ein Vorsteuerabzug deshalb ausgeschlossen, weil der Antragsteller wusste bzw. hätte wissen müssen, dass die GmbH Umsätze getätigt habe, die in eine Steuerhinterziehung einbezogen gewesen seien. Gegen den Haftungsbescheid legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung (AdV), die vom FA jedoch abgelehnt wurde.
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Mit der Begründung, am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 71 AO bestünden keine ernstlichen rechtlichen Zweifel, lehnte auch das Finanzgericht (FG) den Antrag auf AdV ab.
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Der Antragsteller habe veranlasst, dass in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für November 2009 die Vorauszahlungen zu niedrig angegeben worden seien. Mit der Abgabe der unrichtigen Steuererklärung sei die Steuerhinterziehung vollendet gewesen. Zwar habe die GmbH durch den Handel mit Emissionszertifikaten trotz ihrer Einbindung in ein betrügerisches Umsatzsteuerkarussell sonstige Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 i.V.m. § 3 Abs. 9 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbracht --weshalb § 14c UStG nicht entscheidungserheblich sei--, doch sei die Vorsteuer aus der Lieferung der Emissionszertifikate an die GmbH deshalb nicht abziehbar, weil der Antragsteller hätte wissen müssen, dass die GmbH in eine Mehrwertsteuerhinterziehung eingebunden gewesen sei. Deshalb sei er nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 6. Juli 2006 C-439/04 (Slg. 2006, I-6161) als ein an der Hinterziehung Beteiligter anzusehen. Hinsichtlich des Wissens bzw. des Wissenmüssens schließe sich das FG der Würdigung im Urteil des Landgerichts und den Ausführungen im Beschluss des Oberlandesgerichts im Haftprüfungsverfahren an. Aufgrund der ihm bekannt gewordenen Umstände zur Gründung und Geschäftsgestaltung der GmbH sowie aufgrund seiner geschäftlichen Erfahrung könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Antragsteller es als möglich und nicht ganz fernliegend angesehen habe, dass die GmbH in eine Umsatzsteuerhinterziehung eingebunden gewesen sei. Die Pflichtverletzung des Antragstellers sei für den eingetretenen Schaden kausal, der sich im Streitfall nach den verkürzten und vorsätzlich nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträgen bemesse und durch die Entrichtung der in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer durch die Lieferanten nicht kompensiert werde. Eine mögliche Überkompensation könne bei der Schadensbemessung im Rahmen des § 71 AO keine Berücksichtigung finden. Das Vorsteuerabzugsverbot auf jeder Handelsstufe im Fall von Steuerhinterziehung sei nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil in Slg. 2006, I-6161) eine Ausnahme vom Neutralitätsprinzip. Auf die Frage, ob und in welcher Höhe Abnehmer der Zertifikate Vorsteuerbeträge zurückgezahlt hätten oder ob der Steuerschaden durch die Besteuerung mehrerer sog. Buffer überkompensiert werde, komme es deshalb nicht an. Aufgrund der Einbindung in eine Steuerhinterziehung könnten im Streitfall die Grundsätze der anteiligen Tilgung, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch bei einer Haftung nach § 71 AO zu berücksichtigen seien, keine Anwendung finden, weil sich ansonsten der Haftungsschuldner durch eine geringe Kapitalausstattung und entsprechende Steuerung des Mittelzuflusses und Mittelabflusses der Haftung entziehen könne. Infolgedessen brauche auf die Mittel der GmbH im Haftungszeitraum und auf die Ermittlung der Tilgungsquote durch das FA nicht näher eingegangen zu werden. Fehler hinsichtlich der Ermessensausübung seien nicht erkennbar, obgleich sich die bedeutsame Frage stelle, ob infolge der Berichtigungsmöglichkeit nach § 14c Abs. 2 Satz 3 ff. UStG bei Scheinlieferungen, die bei tatsächlichen Lieferungen nicht möglich sei, und der damit verbundenen Ungleichbehandlung vergleichbarer Hinterziehungstatbestände eine Berücksichtigung der Überkompensation des Steuerschadens im Rahmen der Ermessensausübung geboten sei.
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Mit seiner Beschwerde gegen die Versagung der beantragten AdV, für die er die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt, rügt der Antragsteller die Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes), weil das FG eine angekündigte schriftsätzliche Stellungnahme nicht abgewartet habe, und die fehlerhafte Rechtsanwendung des FG. Im Gegensatz zum FA habe das FG zwar zu Recht umsatzsteuerbare Leistungen und eine wirtschaftliche Tätigkeit der GmbH angenommen, jedoch den nunmehr eröffneten Haftungstatbestand des § 25d UStG unberücksichtigt gelassen. Da im Streitfall eine Rechnungsberichtigung nach § 14c UStG nicht in Betracht komme, müsse eine Überkompensation durch Rückgriff auf § 25d UStG vermieden werden, der es ermögliche, sämtliche Unternehmer nachfolgender Handelsstufen als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen und damit die haftungsrechtliche Inanspruchnahme auf den tatsächlich eingetretenen Schaden zu begrenzen und zugleich eine Haftung nach § 71 AO auszuschließen.
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Unzutreffend sei die Rechtsansicht, das bloße Wissen um die Einbindung in ein Umsatzsteuerkarussell müsse zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs führen; vielmehr sei hierzu eine nationale Regelung erforderlich, wie das EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-6161 belege, das sich auf eine belgische Vorschrift zur Versagung des Vorsteuerabzugs im Fall eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung beziehe. Im deutschen Steuerrecht fehle es an einer solchen Vorschrift, denn Bösgläubigkeit sei in § 15 Abs. 1 UStG nicht als negatives Tatbestandsmerkmal ausgewiesen. Da der Vorsteuerabzug nicht hätte versagt werden dürfen, sei der angefochtene Haftungsbescheid rechtswidrig. Im Streitfall dränge sich die Anwendung des § 163 AO auf. Denn es könne nicht sein, dass derjenige in einem größeren Umfang in Anspruch genommen werde, der lediglich um die Betrugsbehaftetheit eines tatsächlichen Umsatzes hätte wissen müssen, als derjenige, der einen Umsatzsteuerbetrug durch Scheinlieferungen begehe. Die Zahlungspflicht im Fall der Versagung des Vorsteuerabzugs sei eine Sanktion, die dem Neutralitätsprinzip widerspreche und die Anwendung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ausschlösse, wobei die Aberkennung der Vorsteuer auf der Ebene des Buffers und Distributors dazu führe, dass eine Steuerschuld festgesetzt werde, die mit einer zuvor eingetretenen Bereicherung in keinem Zusammenhang stehe. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 6a UStG und zur Versagung der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen könne auf den Streitfall übertragen werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Steuerhinterziehung vorliege, könne es nicht um die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen des vermeintlichen Buffers, sondern nur um die Erklärungen des Missing Traders als dem eigentlichen Steuerhinterzieher gehen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Beteiligte, die in keinem abgesprochenen Verhältnis zum Steuerhinterzieher stünden und keine Bandenmitglieder seien, die strafrechtlichen Folgen des vom Missing Trader begangenen Betrugs tragen sollten. Der versagte Vorsteuerabzug könne kein Anknüpfungspunkt für die Anwendung des § 370 AO sein, so dass auch der Tatbestand des § 71 AO nicht erfüllt sei. In mehreren Punkten seien die Tatsachenfeststellungen des FG, u.a. hinsichtlich der Preise im OTC-Markt, bestimmter Vergütungen, der Verwendung des Begriffs Lieferanten, der Zusammensetzung der Erwerbe und hinsichtlich der Einspruchsrücknahme richtigzustellen. Zu Unrecht habe das FG ein Mitverschulden des FA durch das Beobachten der Tat und der Erteilung der Zustimmung nach § 168 AO, deren rechtzeitige Versagung Schäden hätte abwenden können, unberücksichtigt gelassen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids müsse es auch darauf ankommen, dass die Steuerschuld unverändert nach § 14c UStG festgesetzt sei.
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Die im gerichtlichen AdV-Verfahren vorgelegten Steuerakten enthielten keinen Schlussbericht der Steuerfahndung, sondern lediglich einen Zwischenbericht und einen vorläufigen Ermittlungsbericht, auf den das FA den angefochtenen Haftungsbescheid zu Unrecht gestützt habe. Die Bearbeitung der Einsprüche und der Anträge auf AdV der gegen die GmbH erlassenen Umsatzsteuerbescheide habe das FA bewusst verzögert, um den Weg zu den Finanzgerichten zu erschweren. Dabei seien die Ermittlungsbehörden --u.a. die von der Generalstaatsanwaltschaft X bundesweit eingesetzte Ermittlungskommission-- zu der unzutreffenden und daher zu korrigierenden Rechtsauffassung gelangt, die GmbH habe aufgrund ihrer Beteiligung an einem Umsatzsteuerkarussellbetrug keine umsatzsteuerbaren Leistungen erbracht. Schließlich habe das Veranlagungsfinanzamt ohne eigene Willensbildung und Auswertung des Zwischenberichts, der unter Verletzung des § 202 Abs. 2 AO nicht bekannt gegeben worden sei, dem Anliegen der Steuerfahndung entsprochen und gegen die GmbH Umsatzsteueränderungsbescheide erlassen, die zur Sicherung des Steueranspruchs überhaupt nicht erforderlich gewesen seien. Tatsächlich müsse der Erlass dieser Bescheide der Steuerfahndung zugerechnet werden, so dass sich aus deren Unzuständigkeit die Nichtigkeit der Bescheide nach § 125 Abs. 2 Nr. 1 AO ergeben könnte.
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Vor der strafrechtlichen Beurteilung sei es nicht zu einer abschließenden Überprüfung des Vorgangs durch die Finanzgerichte gekommen. Die Generalstaatsanwaltschaft habe im Strafverfahren eine kürzere Haftstrafe von der Einstellung der steuerlichen Verteidigung und von der Rücknahme sämtlicher Einsprüche abhängig gemacht. Indes sei die Rücknahme der Einsprüche, mit der das FA seine unzutreffende Rechtsauffassung habe durchsetzen wollen, zur Schadensminderung nicht erforderlich gewesen, weil der einzige vermeintliche Distributor alle aus dem Emissionshandel geltend gemachten Vorsteuern, die die der Anklage zugrunde gelegte Schadenssumme ausmachten, zurückgezahlt habe. Der Gesamtverlauf des strafrechtlichen Verfahrens deute auf ein unzulässiges Zusammenwirken von FA, Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft hin. Tatsächlich habe der Mitangeklagte, der ebenfalls einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH gewesen sei, unter dem Eindruck des Angebots der Staatsanwaltschaft, das auch als Drohung verstanden werden könne, und zur Erreichung einer Haftverkürzung die Einsprüche noch in der Hauptverhandlung zurückgenommen. Infolge der unzulässigen Einflussnahme, die das FA nicht unterbunden habe, sei von einer Unwirksamkeit der Rücknahme auszugehen.
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Nicht hinreichend habe das FG die Indizien --insbesondere die vermeintlichen Mehrfachdurchläufe, die Preise der Zertifikate und die vermeintlich unzureichenden Preisverhandlungen-- gewürdigt, die es zur Begründung des Kennenmüssens des Antragstellers herangezogen habe. Der Vortrag zu den Mechanismen des dynamischen Marktes und der Nichtanwendbarkeit der Erkenntnisse aus einem Warenhandel sei unzulänglich gewürdigt worden.
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Inzwischen hat das FA dem BFH mit Schreiben vom 12. Februar 2014 den steuerlichen Bericht der Steuerfahndung vom 2. Dezember 2013 übersandt. In diesem Bericht wird festgestellt, dass die GmbH als Buffer wissentlich in planmäßig hintereinander geschaltete Leistungsketten mit dem Handel so genannter Emissionsberechtigungen mit dem Ziel des Umsatzsteuerbetrugs eingebunden gewesen sei und dass sämtliche von der GmbH gehandelten Zertifikate zuvor über verschiedene Missing Trader gehandelt worden seien. Da der Bericht erst nach Abschluss des Strafverfahrens vorgelegt worden ist, hält der Antragsteller ihn für unwirksam. Das Versäumnis der rechtzeitigen Vorlage des Schlussberichts könne nicht mehr behoben werden.
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Der Antragsteller beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 13. Januar 2012 und der Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit den Nummern 21026/12, 21027/12, 21028/12, 21029/12, 21030/12, 21031/12, 21033/12, 21034/12 jeweils vom 24. Januar 2012 und Nr. 21036/12 vom 6. Februar 2012 auszusetzen.
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Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
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Es schließt sich nunmehr in Bezug auf die von der GmbH getätigten Umsätze der Rechtsauffassung des FG an. Bei der Übertragung von Emissionszertifikaten handele es sich um sonstige Leistungen. Ein Vorsteuerabzug sei indes zu versagen, weil bei dem Antragsteller aufgrund einer Vielzahl an Indizien feststehe, dass er als Geschäftsführer der GmbH wusste bzw. hätte wissen müssen, dass sich die GmbH an Umsätzen beteiligt habe, die in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen gewesen seien, weshalb für eine Korrektur nach § 14c Abs. 2 UStG kein Raum sei. Eine mögliche Überkompensation könne bei einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme nach § 71 AO keine Berücksichtigung finden. Auf die Vorsteuerbeträge habe der Distributor ohne Anerkennung einer Rechtspflicht verzichtet und gegen die geänderten Steueranmeldungen Rechtsmittel eingelegt. Die Versagung des Vorsteuerabzugs auf jeder Handelsstufe diene der Betrugsprävention. Nach der Rechtsprechung des EuGH stehe nur dem redlichen Unternehmer der Vorsteuerabzug zu, so dass eine Durchbrechung des Neutralitätsprinzips gerechtfertigt sei. Bei einer Rückgängigmachung des Leistungsaustausches bestehe nach § 17 Abs. 1 UStG die Möglichkeit zur Korrektur der geschuldeten Umsatzsteuer. Die Vorsteuerversagung sei von der Haftung einer anderen Person nach § 25d UStG scharf zu trennen, zumal bei einer Haftung nach § 71 AO das Ermessen regelmäßig vorgeprägt sei. Da die Einsprüche wirksam zurückgenommen worden seien, sei der Antragsteller mit Einwendungen gegen die Primärschuld ausgeschlossen.
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Mit Beschluss vom 22. Juli 2014 VII S 18/13 (PKH) hat der BFH den Antrag auf Gewährung von PKH unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers abgelehnt.
Entscheidungsgründe
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II. Die nach § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen.
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Nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage gelangt der beschließende Senat zu der Auffassung, dass an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids keine ernstlichen Zweifel bestehen, so dass das FG den Antrag auf AdV zu Recht abgelehnt hat.
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1. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Nach der Rechtsprechung des BFH bestehen solche Zweifel, wenn bei summarischer Prüfung des Bescheids neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung einer Rechtsfrage bewirken (BFH-Entscheidungen vom 15. Juli 1998 I B 134/97, BFH/NV 1999, 372, und vom 10. November 1994 IV R 44/94, BFHE 176, 303, BStBl II 1995, 814, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.
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2. Soweit der Antragsteller rügt, das FG habe den Gehörsanspruch verletzt, weil es eine angekündigte Stellungnahme nicht abgewartet habe, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen, welchen Inhalt die Stellungnahme gehabt hätte und weshalb das FG verpflichtet gewesen wäre, seine Entscheidung bis zu einem ungewissen Zeitpunkt zurückzustellen.
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3. Eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Antragstellers nach § 71 AO ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil zugleich eine Inanspruchnahme eines ebenfalls in den Umsatzsteuerbetrug eingebundenen Unternehmens nach § 25d UStG in Betracht käme. Nach dieser Vorschrift, die der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs in Form von Karussellgeschäften dienen soll, kann ein Rechnungsempfänger, wie z.B. ein Buffer I oder --wie die GmbH im Streitfall-- ein Buffer II, der nicht in einer unmittelbaren Beziehung zum Missing Trader steht, für die Umsatzsteuer in Anspruch genommen werden, die eigentlich vom leistenden Unternehmer geschuldet wird, wobei Voraussetzung ist, dass der Haftungsschuldner von dem Vorliegen eines Karussellgeschäftes wusste oder den Umständen nach von diesem hätte Kenntnis erlangen müssen (BTDrucks 14/6883). Im Streitfall konnte das FA aus seiner Sicht von der Möglichkeit des § 25d UStG vor Erlass des angefochtenen Haftungsbescheids keinen Gebrauch machen, weil es die Rechtsauffassung vertrat, die GmbH habe keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt und folglich nicht als Unternehmer gehandelt.
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Sofern durch die Entscheidung des FG und die infolgedessen geänderte Rechtsauffassung des FA nunmehr der Weg für ein Vorgehen nach § 25d UStG eröffnet ist, kann dies auf die Rechtmäßigkeit des auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids keine Auswirkungen haben. Nach der Rechtsprechung des BFH ist § 71 AO keine Sanktions-, sondern eine Haftungsnorm, mit der ein schadenersatzähnlicher Ausgleich herbeigeführt werden soll. Dabei bemisst sich der für die Haftung maßgebliche Schaden allein nach dem Umfang der tatsächlichen Erfüllung der Steuerschuld, zu deren rechtzeitiger Begleichung der in Anspruch genommene Haftungsschuldner verpflichtet war (Senatsurteil vom 21. Juni 1994 VII R 34/92, BFHE 175, 198, BStBl II 1995, 230). Im Fall eines unberechtigten Vorsteuerabzugs besteht der Schaden in der Begründung eines Umsatzsteuervergütungsanspruchs, der im Ergebnis zu einer entsprechenden Minderung der Steuerschuld und zu einem nicht angemeldeten nominalen Steuerbetrag führt (BFH-Urteile vom 26. September 2012 VII R 3/11, BFH/NV 2013, 337, und vom 5. August 2010 V R 13/09, BFH/NV 2011, 81). Da die bei der Finanzbehörde eingereichten Voranmeldungen nach § 168 i.V.m. § 164 AO zu Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung führen, ist mit der Abgabe der unrichtigen Steuererklärungen die begangene Steuerhinterziehung vollendet (Senatsurteil in BFH/NV 2013, 337). Es ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträge auf Dauer verkürzt sind (Entscheidungen des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 21. Januar 1998 5 StR 686/97, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht --wistra-- 1998, 146, und vom 20. April 1999 5 StR 54/99, wistra 1999, 298). Dabei haben hypothetische Kausalverläufe, wie etwa eine theoretische Inanspruchnahme eines weiteren Haftungsschuldners nach § 25d UStG, außer Betracht zu bleiben. Dies gilt selbst dann, wenn durch die mögliche Inanspruchnahme mehrerer Haftungsschuldner und die Versagung des Vorsteuerabzugs eine Überkompensation einträte, denn eine solche hätte ihre Ursache nicht im Haftungsrecht, so dass die Rechtmäßigkeit eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids nicht durch den Hinweis auf die Möglichkeit einer späteren Änderung von Umsatzsteuerbescheiden oder einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme weiterer Haftungsschuldner nach § 25d UStG in Frage gestellt werden kann.
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Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass bei nachträglicher Erfüllung der Primärschuld durch den Steuerschuldner oder einen ebenfalls in Haftung genommenen Gesamtschuldner eine Änderung des Haftungsbescheids in Betracht kommt. In diesen Fällen kann der Haftungsschuldner nach § 131 AO den Widerruf des Haftungsbescheids beantragen, der durch eine Tilgung der Erstschuld nach Erlass der Einspruchsentscheidung nicht rechtswidrig wird (Senatsentscheidung vom 11. Juli 2001 VII R 28/99, BFHE 195, 510, BStBl II 2002, 267). Ob im Streitfall unter der Voraussetzung einer Rückgängigmachung der von der GmbH getätigten Umsätze eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG in Betracht gezogen werden könnte --wie das FA meint-- ist im Rahmen der hier zu treffenden summarischen Entscheidung aufgrund der präsenten Akten nicht zu entscheiden.
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4. Die Versagung des von der GmbH geltend gemachten Vorsteuerabzugs aufgrund ihrer Einbindung in einen Umsatzsteuerkarussellbetrug ist entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht zu beanstanden.
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a) Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Finanzverwaltung und das nationale Gericht den Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise geltend gemacht worden ist (EuGH-Urteile vom 3. März 2005 C-32/03, Slg. 2005, I-1599, und in Slg. 2006, I-6161, Rz 55). Nicht nur bei Scheingeschäften, sondern auch bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war (EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03, C-484/03, Slg. 2006, I-483, und in Slg. 2006, I-6161; BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315). Dabei handelt es sich um einen von der Rechtsprechung des EuGH eigenständig entwickelten Versagungsgrund (Grube, Darstellung und Analyse der neueren Rechtsprechung zum innergemeinschaftlichen Umsatzsteuerkarussell, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht 2013, 8). Entgegen der Ansicht der Beschwerde lässt sich der Entscheidung des EuGH in Slg. 2006, I-6161 nicht entnehmen, dass die Anwendung dieses Grundsatzes nur dann in Betracht kommt, wenn nationale Rechtsvorschriften diesen Versagungsgrund ausdrücklich normieren. Gegen eine solche Deutung spricht bereits der zweite Leitsatz der Entscheidung, der auf die im ersten Leitsatz wiedergegebene nationale Bestimmung keinen Bezug mehr nimmt. Im Übrigen hat der EuGH zur Auslegung des Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern Stellung genommen, der in Abs. 2 die Voraussetzungen des Rechts zum Vorsteuerabzug regelt, und in diesem Zusammenhang auf den allgemeinen Grundsatz hingewiesen, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt sei. Die Entscheidungsgründe sind dahin zu deuten, dass dem Recht auf Vorsteuerabzug eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Steuervorteils entgegensteht und dass die nationalen Finanzverwaltungen und nationalen Gerichte dies --unabhängig von der ausdrücklichen Normierung eines solchen Versagungsgrundes in den nationalen Bestimmungen-- zu berücksichtigen haben. Daher ist eine von der Beschwerde angemahnte nationale Regelung zur Versagung des Vorsteuerabzugs entbehrlich. Auch ist kein Grund ersichtlich, einen Unternehmer, der nicht als Missing Trader, sondern wie im Streitfall als Buffer II tätig wird, von der Versagung des Vorsteueranspruchs auszunehmen, die im Übrigen eine zulässige Ausnahme vom Neutralitätsgrundsatz ist (BFH-Urteil vom 19. Mai 2010 XI R 78/07, BFH/NV 2010, 2132).
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b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Versagung des Vorsteuerabzugs mit der Folge der gleichzeitigen Begründung eines Zahlungsanspruchs gegen den Steuerpflichtigen keine Sanktion in Form einer Kriminalstrafe, so dass nicht von einer Verkürzung von Steuern i.S. des § 370 Abs. 1 AO ausgegangen werden könnte. Vielmehr ist die Zahlungspflicht im Steuerschuldverhältnis begründet. In Höhe des durch den unberechtigten Vorsteuerabzug herabgesetzten Betrags ist nämlich eine bislang ungetilgte Steuerschuld entstanden (Senatsbeschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891). Die Versagung des Vorsteuerabzugs wirkt sich damit auf eine nach den Vorschriften des UStG tatsächlich entstandene Umsatzsteuerschuld aus und begründet keinen eigenen Anspruch auf eine zusätzliche Steuerschuld, die dem Unternehmen als Verwaltungssanktion auferlegt wird. In den Rechtsfolgen bestehen somit erhebliche Unterschiede zu dem Fall der Versagung der Steuerbefreiung und des in § 6a UStG normierten Vertrauensschutzes im Fall einer tatsächlich durchgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung eines Gegenstands in einen anderen Mitgliedstaat, wenn der Unternehmer davon Kenntnis hat, dass der Empfänger die im Bestimmungsland entstandene Steuer nicht abführen wird (EuGH-Urteil vom 7. Dezember 2010 C-285/09, Slg. 2010, I-12605). Denn in diesem Fall tritt der steuerliche Schaden allein im Ausland ein, so dass sich vergleichbare Rechtsfragen nicht stellen (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2132). Daher lässt sich entgegen der Ansicht der Beschwerde die zu § 6a UStG entwickelte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht auf den Streitfall übertragen.
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5. Zu Recht weist das FG darauf hin, dass in Fällen der betrügerischen Einbindung in Umsatzsteuerkarusselle beim Vorliegen von Scheingeschäften, denen keine umsatzsteuerbaren Leistungen zugrunde liegen, eine Berichtigung der geschuldeten Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG in Betracht kommt, da es sich in diesen Fällen um einen unberechtigten Steuerausweis handelt. Liegt indes eine wirtschaftliche Tätigkeit vor, so dass von einer Unternehmereigenschaft des Betroffenen auszugehen ist, kommt eine Anwendung des § 14c Abs. 2 UStG nicht in Betracht, so dass sich der dem Fiskus zugefügte Vermögensschaden zumindest durch eine Korrektur nach § 14c Abs. 2 UStG nicht ausgleichen lässt. Dieser Umstand und die damit verbundene Ungleichbehandlung beider Fälle kann jedoch nicht dazu führen, dass das FA in den Fällen, in denen eine Korrekturmöglichkeit nach § 14c Abs. 2 UStG nicht gegeben ist, aufgrund einer etwaigen Ermessensreduzierung am Erlass eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids von vornherein gehindert wäre. Denn in beiden Fällen sind etwaige Korrekturmöglichkeiten, die zu einem Wegfall oder einer Reduzierung der Erstschuld führen könnten, nur in Ausnahmefällen zu berücksichtigen.
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In den Fällen von Steuerhinterziehung wird der im steuerlichen Haftungsrecht zu beachtende Subsidiaritätsgrundsatz bereits durch § 191 Abs. 5 Satz 2 AO und § 219 Satz 2 AO eingeschränkt. Das FA braucht in Bezug auf die Primärschuld den Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht zu beachten und mit dem Erlass eines Haftungsbescheids auch nicht abzuwarten, bis Vollstreckungsmöglichkeiten gegen den Erstschuldner ausgeschöpft sind. Darüber hinaus braucht es auch nicht zuzuwarten, bis die Beteiligten etwaige Korrekturmöglichkeiten nach umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften ausgeschöpft haben. Nur bei außergewöhnlichen Umständen, bei denen feststeht, dass die Steuerschuld und damit die Primärschuld nicht besteht bzw. zu erlassen wäre, kann der Erlass eines Haftungsbescheids ermessensfehlerhaft sein. Infolgedessen ist nach der Rechtsprechung des BFH im Rahmen der Ausübung des Entschließungsermessens eine beim Steuerschuldner vorhandene Erlasssituation zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 II R 67/98, BFH/NV 2002, 610).
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Dagegen brauchte das FA im Streitfall im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nicht zu prüfen, ob die Steuerschuld, d.h. die von der GmbH geschuldete und mit Bescheid vom 19. Mai 2010 festgesetzte Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat November 2009, für die der Antragsteller haftet, zu mindern oder zu erlassen sein würde. Denn der Sohn des Antragstellers hat die gegen die Änderungsbescheide eingelegten Einsprüche noch vor dem Erlass des Haftungsbescheids zurückgenommen und damit die Bestandskraft der Steuerbescheide herbeigeführt. Somit waren hinreichende Gründe, nach denen das FA mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Erlass der Steuerschuld hätte ausgehen müssen, bei Erlass des Haftungsbescheids nicht ersichtlich. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass bei Erlass der Einspruchsentscheidung von einer gesicherten Überkompensation des Schadens nicht ausgegangen werden konnte. Denn auf die von ihm geltend gemachten Vorsteuerbeträge hat der Distributor nicht endgültig verzichtet und Rechtsmittel gegen die geänderten Steueranmeldungen eingelegt. Unter solchen Umständen können selbst Zahlungen von Gesamtschuldnern auf die Erstschuld bei der Ermessensentscheidung außer Betracht bleiben (Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 VII R 37/06, BFH/NV 2008, 526). Sofern sich aufgrund der Besonderheiten des Umsatzsteuerrechts in anderen Fallkonstellationen als denen des Streitfalls --insbesondere bei Scheingeschäften-- erweiterte Möglichkeiten zur Schadenskompensation bzw. zur Aufhebung der Erstschuld ergeben, kann dies keinen Einfluss auf die im konkreten Haftungsfall zu treffende Ermessensentscheidung haben, denn die Unterschiede in den Korrekturmöglichkeiten haben keine Ursache im Haftungsrecht (zur Überkompensation vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2013, 337).
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6. Soweit der Antragsteller die Tatsachenfeststellungen des FG angreift, ist im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung nicht ersichtlich, dass das als "klarstellender Vortrag" bezeichnete Vorbringen zu einer Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids führen könnte, zumal der Antragsteller die Berichtigung vermeintlicher Unrichtigkeiten oder Unklarheiten in dem vom FG festgestellten Tatbestand durch einen Antrag nach § 108 Abs. 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 FGO hätte veranlassen können.
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Soweit die Beschwerde darüber hinaus vorträgt, trotz einfacher Darstellung der Preisgestaltung im OTC-Handel und des dynamischen Marktgeschehens hätte das FG die Indizien unzutreffend gewürdigt und mit der Verwendung des Begriffs "Lieferanten" deutlich gezeigt, den dynamischen Markt nicht verstanden zu haben, kann daraus nicht geschlossen werden, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Antragsteller habe von der Einbindung der GmbH in einen Karussellbetrug Kenntnis haben müssen. Vielmehr ist die vom FG vorgenommene Würdigung der Indizien nachvollziehbar, wenn nicht sogar naheliegend. Im steuerlichen Bericht vom 2. Dezember 2013 sind eine Vielzahl an Indizien aufgelistet, die bei einer summarischen Betrachtung den Schluss nahelegen, dass dem Antragsteller --der in der Hauptverhandlung kein Geständnis abgelegt und ein Kennenmüssen der Umstände bestritten hat-- die Einbindung in einen groß angelegten Karussellbetrug nicht verborgen geblieben sein kann. Nachvollziehbar legt der Bericht als zu berücksichtigendes präsentes Beweismittel eine unübliche Preisgestaltung und exemplarisch unzureichende Preisverhandlungen dar. Vor dem Hintergrund der Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens in mehreren Mitgliedstaaten, über die der Antragsteller Erkundigungen einzog, plante er die die Gründung von Tochtergesellschaften in Mitgliedstaaten der Europäischen Union, in denen das insbesondere der Betrugsbekämpfung dienende Erhebungsverfahren noch nicht eingeführt werden sollte. Ausweislich des steuerlichen Berichts belegen die Bemühungen um "alternative Handelsplätze" sowie die im Büro der GmbH sichergestellten Unterlagen, dass der Antragsteller in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH und dem für die Risikoprüfung Verantwortlichen von der Einbindung in einen Umsatzsteuerkarussellbetrug wusste. Bei diesem Befund bestehen nach Auffassung des beschließenden Senats keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versagung des Vorsteuerabzugs und damit an der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme des Antragstellers nach § 71 AO.
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7. Die Behauptung der Beschwerde, das FG habe ein etwaiges Mitverschulden des FA im Rahmen seiner Entscheidungsfindung unberücksichtigt gelassen, trifft nicht zu. Zum einen hat das FG darauf hingewiesen, dass ein Verschulden des FA nicht vorliegt, zum anderen hat es auf das Urteil des BFH vom 21. Januar 2004 XI R 3/03 (BFHE 205, 394, BStBl II 2004, 919) verwiesen, nach dem das Ermessen im Fall einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners, der zu einer Steuerhinterziehung Beihilfe geleistet hat, derart vorgeprägt ist, dass es einer Begründung der Ermessensentscheidung nicht bedarf. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des BFH ein etwaiges Mitverschulden der Finanzbehörde nur in den Fällen im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, in denen ihr Fehlverhalten gegenüber einem eher geringen Verschulden des Haftungsschuldners besonders stark ins Gewicht fällt (Senatsentscheidungen vom 2. November 2001 VII B 75/01, BFH/NV 2002, 310; vom 11. Mai 2000 VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442, und vom 19. März 1999 VII B 158/98, BFH/NV 1999, 1304). Von einer groben Pflichtverletzung des FA durch bloßes Zuwarten und Erteilung der Zustimmung nach § 168 AO trotz gefasster Absicht, den Vorsteuerabzug zu versagen, und einem eher geringen Verschulden des Antragstellers, das gegenüber dem Verwaltungshandeln nicht besonders ins Gewicht fällt, kann im Streitfall jedoch keine Rede sein; immerhin wurde der Antragsteller rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) verurteilt.
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8. Soweit die Beschwerde beanstandet, dem FA habe bei Erlass des angefochtenen Haftungsbescheids lediglich ein Zwischenbericht und ein vorläufiger Ermittlungsbericht der Steuerfahndung vorgelegen, kann dieser Umstand nicht zur Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids führen. Im Rahmen der Ausübung des ihr zustehenden Entschließungs- und Auswahlermessens kann die Finanzbehörde sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nutzbar machen, wobei sie den Ausgang eines anhängigen Strafverfahrens nicht abzuwarten braucht (Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 71 AO Rz 20; BFH-Urteil vom 27. August 1991 VIII R 84/89, BFHE 165, 330, BStBl II 1992, 9). Soweit nach Erlass des Haftungsbescheids ein Freispruch erfolgen sollte, sind die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Haftungsbescheids nach § 130 Abs. 1 AO zu prüfen (Jatzke in Beermann/Gosch, AO § 71 Rz 13, m.w.N.). Erst recht hängt der Erlass eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids nicht von der vollständigen Erstellung und Vorlage eines Schlussberichts der Steuerfahndung ab.
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Zudem ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass das FA den am 13. Januar 2012 erlassenen Haftungsbescheid nicht nur auf den vorläufigen Ermittlungsbericht vom 11. Februar 2011, sondern auch auf die Verurteilung vom 21. Dezember 2011 des Antragstellers wegen Steuerhinterziehung und damit auf das Ergebnis der Hauptverhandlung gestützt hat. Es brauchte dabei weder die Vorlage eines Schlussberichts der Steuerfahndung noch das Ergebnis des vom Antragsteller vor dem BGH eingeleiteten Revisionsverfahrens abzuwarten. Ausreichend ist vielmehr, dass das FA aufgrund eigener Ermittlungen und der Aktenlage bei Erlass des Haftungsbescheids zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Unbeachtlich ist darüber hinaus, dass das FA den steuerlichen Bericht über die Feststellungen im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung erst am 2. Dezember 2013 und damit nach Erlass des Haftungsbescheids erstellt hat. Soweit die Beschwerde eine Verletzung des § 202 Abs. 2 AO behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass Ermittlungsberichte der Steuerfahndung keine Prüfungsberichte i.S. des § 202 Abs. 1 AO sind (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 202 AO Rz 1), auch wenn Verwaltungsvorschriften (Nr. 127 AStBV (St) 2013, BStBl I 2012, 1019, 1051) auf eine entsprechende Anwendung des § 202 AO verweisen.
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Eine Gehörsverletzung durch das FA liegt nicht vor, weil der Antragsteller selbst vorträgt, dass ihm dieser Bericht bereits im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 12. Februar 2014 zugesandt worden ist. Auch der vorläufige Ermittlungsbericht vom 11. Februar 2011 war ihm aus dem Strafverfahren bekannt.
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9. Soweit sich die Beschwerde gegen die Rechtmäßigkeit der gegen die GmbH erlassenen Umsatzsteueränderungsbescheide richtet, ist darauf hinzuweisen, dass diese infolge der Rücknahme der dagegen gerichteten Einsprüche bestandskräftig geworden sind. Somit können diese Einwände in dem vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden. Auch die behauptete Nichtigkeit der Bescheide nach § 125 Abs. 2 Nr. 1 AO aufgrund vermeintlicher Mängel in der sachlichen Zuständigkeit liegt nicht vor. Die Steuerbescheide wurden von dem für die GmbH zuständigen Veranlagungsfinanzamt erlassen. Auch wenn die Steuerfahndung auf den Erlass dieser Bescheide Einfluss genommen oder darauf hingewirkt haben sollte, verbliebe es beim Erlass durch die sachlich zuständige Behörde. Im Übrigen begründen Verstöße gegen die sachliche Zuständigkeit allenfalls dann einen Nichtigkeitsgrund, wenn eine absolut sachliche Unzuständigkeit vorläge, so dass die Behörde --z.B. im Fall einer Ressortunzuständigkeit-- unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für den Erlass des Bescheids zuständig sein könnte (Rozek in HHSp, § 125 AO Rz 18, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall offensichtlich nicht vor.
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10. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Rücknahme der Einsprüche wirksam. Dass der ebenfalls einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der GmbH und Mitangeklagte zur Rücknahme der Rechtsbehelfe nur durch Äußerungen der Staatsanwaltschaft und die Aussicht auf eine mildere Strafe motiviert worden ist, kann an der Wirksamkeit der Rücknahme nichts ändern. Zwar ist die Rücknahme eines Einspruchs in besonders gelagerten Fällen unwirksam, wenn sie durch eine bewusste Täuschung oder Drohung veranlasst worden ist (BFH-Urteile vom 29. Juni 2005 II R 21/04, BFH/NV 2005, 1964, und vom 1. September 1988 V R 139/83, BFH/NV 1989, 206), doch liegen im Streitfall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Voraussetzung erfüllt ist. Die Beschwerde behauptet lediglich, die Staatsanwaltschaft habe in Bezug auf das Strafmaß ein Angebot gemacht, das auch als Drohung habe verstanden werden können. In der Praxis ist es nicht unüblich, dass ein Angeklagter durch den Vertreter der Staatsanwaltschaft darauf hingewiesen wird, dass sich ein ernsthaftes Bemühen um Schadensbegrenzung bzw. Wiedergutmachung im Rahmen der Strafzumessung zu seinem Vorteil auswirken könne. Dabei liegt die Annahme fern, ein solcher Hinweis stelle eine unzulässige Drohung mit einer höheren Strafe im Fall einer Nichtbefolgung des Hinweises dar. Zudem geht es nicht um einen erwarteten Verzicht auf Rechtsmittel gegen das Strafurteil. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerde ist im Streitfall nicht ersichtlich, dass der Mitangeklagte mit unlauteren Mitteln zur Rücknahme der Einsprüche veranlasst worden sein sollte. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen nach der Rechtsprechung des BFH von einer Unwirksamkeit der Rücknahme der Einsprüche ausgegangen werden könnte.
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11. Wegen der beantragten AdV der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen wird auf die Gründe des FG-Beschlusses verwiesen.
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12. Gründe für eine Vollziehungsaussetzung wegen unbilliger Härte sind nicht ersichtlich.
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13. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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