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BFH 01.07.2014 - X E 6, 7/14, X E 6/14, X E 7/14
BFH 01.07.2014 - X E 6, 7/14, X E 6/14, X E 7/14 - Gerichtskostenansatz bei getrennten Klagen von Ehegatten gegen Zusammenveranlagungsbescheide - Erinnerung: Besetzung der Richterbank, kein Vertretungszwang
Normen
§ 1 Abs 5 GKG vom 23.07.2013, § 52 Abs 1 GKG, § 71 Abs 1 GKG vom 23.07.2013, § 62 Abs 4 FGO
Leitsatz
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1. NV: Bezieht sich eine wegen des Gerichtskostenansatzes erhobene Erinnerung auf ein Rechtsmittelverfahren, das vor dem 1. August 2013 beim BFH eingegangen ist, entscheidet der BFH über die Erinnerung auch nach Inkrafttreten des § 1 Abs. 5 GKG in der Besetzung mit drei Richtern.
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2. NV: Auch im zeitlichen Anwendungsbereich des § 62 Abs. 4 FGO sind Erinnerungen von dem für Verfahren vor dem BFH grundsätzlich angeordneten Vertretungszwang ausgenommen.
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3. NV: Wenn Ehegatten gegen Einkommensteuer-Zusammenveranlagungsbescheide jeweils einzeln --aber in Bezug auf den gesamten Inhalt des Bescheids-- Klage erheben und Rechtsmittel einlegen, ist den Kostenrechnungen im Verfahren jedes Ehegatten der volle Streitwert der Gesamtschuld zugrunde zu legen.
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4. NV: Wenn ein finanzgerichtliches Urteil, mit dem hinsichtlich eines Steuerbescheids über mehrere Streitpunkte entschieden worden ist, mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen wird und dabei keine ausdrückliche und eindeutige Beschränkung auf einzelne Streitpunkte vorgenommen wird, kann der Streitwert für das Beschwerdeverfahren nicht geringer bemessen werden als derjenige für das Klageverfahren.
Tatbestand
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I. Das Finanzamt (FA) hatte gegen die Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) im Anschluss an eine Betriebs- und Steuerfahndungsprüfung geänderte Einkommensteuer-Zusammenveranlagungsbescheide für die Jahre 1997 bis 2003 erlassen, gegen die Kostenschuldnerin ferner erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1998 bis 2003. Hiergegen hatten beide Kostenschuldner --getrennt-- Einsprüche eingelegt. Nach deren Zurückweisung erhoben beide Kostenschuldner in getrennten Schriftsätzen jeweils Klage. Das Finanzgericht (FG) führte das Klageverfahren der Kostenschuldnerin und dasjenige des Kostenschuldners gesondert unter verschiedenen Aktenzeichen. In der mündlichen Verhandlung beantragten die Kostenschuldner in ihren jeweiligen Verfahren, die geänderten Einkommensteuerbescheide aufzuheben; die Kostenschuldnerin beantragte zusätzlich, die ergangenen Gewerbesteuermessbescheide aufzuheben.
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Das FG erließ in jedem Verfahren ein gesondertes Urteil und wies beide Klagen ab. Hiergegen haben beide Kostenschuldner getrennt Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Der erkennende Senat verwarf die Rechtsmittel mit den beiden Beschlüssen vom 5. November 2013 X B 41/13 und X B 42/13 als unzulässig.
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Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) setzte die Gerichtskosten für die Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde --nach Anhörung der Beteiligten der Beschwerdeverfahren zur Höhe des Streitwerts-- mit den angegriffenen Kostenrechnungen vom 30. Januar 2014 in Höhe von 1.312 € für die Kostenschuldnerin und ebenfalls in Höhe von 1.312 € für den Kostenschuldner an. Dem lagen Streitwerte von 70.807 € bzw. 69.321 € zugrunde.
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Am 18. Februar 2014 ging beim BFH ein Schreiben des Kostenschuldners ein, in dem er um Überprüfung der Kostenrechnung bat. Es handele sich um ein gemeinsames Verfahren der Eheleute und damit um den gleichen Streitwert, der aufgeteilt werden müsse. In einem späteren Schreiben behauptete er, das FA habe am 3. Juli 2007 einen Aufteilungsbescheid erlassen. Die Gesamtschuldnerschaft sei damit "durchbrochen" und der Streitwert zu ändern. Ferner habe er "nur zu einigen Punkten des Steuerbescheides Beschwerde eingelegt". Das FG habe einen wesentlich geringeren Streitwert zugrunde gelegt. Nähere Angaben machte der Kostenschuldner nicht.
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Die Kostenschuldnerin wandte sich am 2. März 2014 gegen eine Zahlungserinnerung der Bundeskasse wegen der offenen Gerichtskosten aus der Kostenrechnung vom 30. Januar 2014. Sie bat darin um "Rückstellung", da "Einspruch betreffs des Streitwertes eingelegt" worden sei. Weitere Äußerungen hat sie im Verfahren nicht abgegeben.
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Den Kostenschuldnern wurde mitgeteilt, dass ihre jeweiligen Eingaben als Erinnerungen gewertet würden. Einwendungen hiergegen wurden nicht erhoben.
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Die Kostenschuldner haben keinen konkreten Antrag gestellt.
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Die Vertreterin der Staatskasse beantragt,
die Erinnerungen zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. 1. Die Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung beruht auf § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Auch wenn die zugrunde liegenden Rechtsmittelverfahren von den Kostenschuldnern getrennt geführt worden sind, ist die Verbindung der Erinnerungsverfahren sachgerecht, da inhaltliche Einwendungen allein vom Kostenschuldner erhoben worden sind. Die Kostenschuldnerin hat sich am Erinnerungsverfahren lediglich dadurch beteiligt, dass sie in einem Schreiben an die Bundeskasse auf die vom Kostenschuldner --seinerzeit allein im eigenen Namen-- bereits erhobenen Einwendungen gegen die Höhe des Streitwerts verwiesen hat. Vor diesem Hintergrund würde eine getrennte Führung der Verfahren weder zusätzliche Rechtserkenntnisse erbringen noch zum Zwecke des Schutzes persönlicher Daten geeignet sein.
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2. Die Entscheidung über die Erinnerungen ergeht durch den Senat in der für Beschlüsse außerhalb der mündlichen Verhandlung angeordneten Besetzung mit drei Richtern (§ 10 Abs. 3 FGO).
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Die Regelung des § 1 Abs. 5 des Gerichtskostengesetzes i.d.F. des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2586) --GKG n.F.--, wonach die Vorschriften des GKG über die Erinnerung --und damit die in § 66 Abs. 6 GKG angeordnete Entscheidung durch den Einzelrichter-- den Vorschriften der FGO vorgehen, ist erst am 1. August 2013 in Kraft getreten (Art. 50 2. KostRMoG). Damit ist sie gemäß § 71 Abs. 1 GKG auf die Erhebung der Kosten in den vorliegenden Verfahren noch nicht anzuwenden, weil die zugrunde liegenden Nichtzulassungsbeschwerden am 18. März 2013 --und damit vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung-- erhoben worden sind.
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III.
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Die zulässigen Erinnerungen sind unbegründet.
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1. Der Zulässigkeit der Erinnerungen steht nicht entgegen, dass sie durch die nicht postulationsfähigen Kostenschuldner persönlich eingelegt worden sind. Auch im zeitlichen Anwendungsbereich der Neufassung des § 62 Abs. 4 FGO sind Erinnerungsverfahren von dem für Verfahren vor dem BFH grundsätzlich angeordneten Vertretungszwang --ebenso wie nach § 62a FGO in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung-- ausgenommen (Senatsbeschlüsse vom 17. November 2011 X E 1/11, BFH/NV 2012, 428, und vom 21. Juni 2012 X E 3/12, BFH/NV 2012, 1618).
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2. Die Erinnerungen sind unbegründet, da die Kostenansätze in den angegriffenen Kostenrechnungen sich als zutreffend erweisen. Weder die von den Erinnerungsführern erhobenen Einwendungen noch die Überprüfung der Kostenansätze von Amts wegen haben Fehler zum Nachteil der Kostenschuldner ergeben.
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a) Soweit die Kostenschuldner darauf verweisen, dass sie sich in ihren getrennten Rechtsmittelverfahren gegen dieselben Einkommensteuer-Zusammenveranlagungsbescheide gewandt haben, kann dies nicht zu einer Ermäßigung oder Aufteilung des Streitwerts führen. Die Kostenschuldner haben sich --wie bereits im Einspruchs- und Klageverfahren-- dafür entschieden, nicht gemeinsam als Streitgenossen gegen die angefochtenen Änderungsbescheide vorzugehen, sondern getrennte Verfahren einzuleiten. Jeder Kostenschuldner hat dabei den gesamten Bescheid --auch hinsichtlich der Einkünfte des jeweils anderen Ehegatten-- angegriffen. Eheleute sind in der Entscheidung, in welcher Weise --gemeinsam oder getrennt-- sie Rechtsschutz gegen ergangene Zusammenveranlagungsbescheide suchen wollen, frei. Die von den Eheleuten getroffene Entscheidung ist von den Gerichten zu respektieren; ebenso haben die Eheleute dann aber auch die kostenrechtlichen Folgen eines getrennten Vorgehens zu akzeptieren, zumal eine solche Verfahrensweise für die Gerichte mit höherem Aufwand verbunden ist.
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b) Die Behauptung der Kostenschuldner, das FA habe Aufteilungsbescheide erlassen, kann im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil diese Bescheide weder im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde noch im Erinnerungsverfahren vorgelegt worden sind.
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Im Übrigen hätte eine --erst im Erhebungsverfahren vorgenommene-- Aufteilung keine Auswirkungen auf den Streitwert der allein gegen die Steuerfestsetzungen gerichteten Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde.
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c) Der Streitwert der Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde war auch nicht geringer zu bemessen als der Streitwert der Klageverfahren.
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Im Klageverfahren hatten die Kostenschuldner jeweils die Aufhebung der ergangenen Einkommensteuer-Änderungsbescheide beantragt, die Kostenschuldnerin zusätzlich die Aufhebung der Gewerbesteuermessbescheide. Mit den Nichtzulassungsbeschwerden wurden die FG-Urteile ihrem gesamten Inhalt nach angegriffen; ein Erfolg der Beschwerden hätte dazu geführt, dass die angefochtenen Bescheide im Revisionsverfahren in vollem Umfang überprüft worden wären. Eine Beschränkung der Rechtsmittel auf einzelne Bescheide oder einzelne Streitpunkte lässt sich weder den Beschwerdeschriften noch den Beschwerdebegründungen --die im Übrigen in wesentlichen Teilen nicht von einem Prozessbevollmächtigten erstellt wurden und inhaltlich verworren waren-- entnehmen.
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Auf die --in keiner Weise substantiierte-- Behauptung der Kostenschuldner, das FG habe für die Klageverfahren einen "wesentlich geringeren" Streitwert angesetzt, kommt es nicht an, da die Kosten für jede Instanz gesondert angesetzt werden.
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d) Nach diesen Grundsätzen ermittelt sich der Streitwert für das Beschwerdeverfahren des Kostenschuldners wie folgt:
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Bescheid
Festsetzung
ErstbescheidFestsetzung
ÄnderungsbescheidDifferenz
= StreitwertESt 1997
0,00 €
2.187,31 €
2.187,31 €
ESt 1998
0,00 €
6.651,91 €
6.651,91 €
ESt 1999
3.266,13 €
14.254,82 €
10.988,69 €
ESt 2000
2.736,43 €
18.553,76 €
15.817,33 €
ESt 2001
252,58 €
13.981,79 €
13.729,21 €
ESt 2002
0,00 €
10.751,00 €
10.751,00 €
ESt 2003
0,00 €
13.383,00 €
13.383,00 €
Summe
Einkommensteuer73.508,45 €
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Für die Kostenschuldnerin kommt noch der Streitwert der Einwendungen gegen die Gewerbesteuermessbescheide hinzu, der sich wie folgt ermittelt:
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Gewerbesteuermessbetrag 1998
18,41 €
Gewerbesteuermessbetrag 1999
50,11 €
Gewerbesteuermessbetrag 2000
166,68 €
Gewerbesteuermessbetrag 2001
97,15 €
Gewerbesteuermessbetrag 2002
89,00 €
Gewerbesteuermessbetrag 2003
58,00 €
Summe Gewerbesteuermessbeträge
479,35 €
maßgebender Hebesatz
310 %
Streitwert
Gewerbesteuermessbescheide1.485,98 €
zzgl. Streitwert
Einkommensteuer73.508,45 €
Summe Streitwert
Kostenschuldnerin74.994,43 €
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Insgesamt ergibt sich danach für das Verfahren des Kostenschuldners ein Streitwert von 73.508,45 € und für das Verfahren der Kostenschuldnerin ein Streitwert von 74.994,43 €. Beide Streitwerte übersteigen sowohl diejenigen, die den angegriffenen Kostenrechnungen zugrunde liegen, als auch diejenigen die der Kostenbeamte des BFH den Kostenschuldnern mit Schreiben vom 26. Februar 2014 mitgeteilt hat.
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An den Gerichtsgebühren ändert sich dadurch allerdings nichts, da die einfache Gebühr bei Streitwerten von 65.001 € bis 80.000 € jeweils 656 € beträgt (Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 GKG i.d.F. vor den Änderungen durch das 2. KostRMoG --GKG a.F.--).
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Für die Verwerfung einer Nichtzulassungsbeschwerde fallen 2,0 Gebühren an (Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG a.F.). Die sich damit für das jeweilige Verfahren ergebenden Gerichtsgebühren von 1.312 € sind in den angegriffenen Kostenrechnungen zutreffend angesetzt worden.
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3. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
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