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BFH 18.03.2014 - X R 8/11
BFH 18.03.2014 - X R 8/11 - Grobes Verschulden bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen
Normen
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 13. Dezember 2010, Az: 5 K 2099/09, Urteil
Leitsatz
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NV: Der Begriff des Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen ist nicht anders auszulegen als bei schriftlich gefertigten Erklärungen.
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Diplom-Finanzwirt (FH) und Notar, die Klägerin ist Buchhalterin und Hausfrau.
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Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2006 haben die Kläger mit Hilfe des elektronischen Steuerprogramms Elster/Formular 2006/2007 an den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) übermittelt und eine komprimierte (verkürzte) Steuererklärung in Papierform unterschrieben nachgereicht. In dem elektronischen Erklärungsformular haben die Kläger in Zeile 62 des Mantelbogens, in der nach Beiträgen zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen bei Nichtarbeitnehmern gefragt ist, Zahlungen des Klägers an die Notarversorgungskasse nicht eingetragen. Im Veranlagungszeitraum 2005 hatten sie diesen Posten korrekt in der ebenfalls mit Hilfe des elektronischen Steuerprogramms Elster erstellten Erklärung geltend gemacht.
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Das FA setzte die Einkommensteuer 2006 mit Bescheid vom 25. Juli 2008 erklärungsgemäß fest; Zahlungen an die Notarversorgungskasse wurden nicht berücksichtigt. Aus den Erläuterungen zum Bescheid ergibt sich, die Günstigerprüfung für die Veranlagung des Jahres 2006 habe ergeben, dass die Ermittlung der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nach der Rechtslage des Jahres 2004 zu einem günstigeren Ergebnis führe.
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Mit Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 baten die Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2009, den Einkommensteuerbescheid 2006 zu ändern. Bei Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 2007 hätten sie bemerkt, dass im Vorjahr die Zahlungen des Klägers an die Notarversorgungskasse in Höhe von 18.457 € irrtümlich nicht in Zeile 62 des Mantelbogens eingetragen worden seien. Das FA entsprach diesem Begehren nicht. Mit Schreiben vom 22. April 2009 beantragten die Kläger daraufhin die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2006 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO). Das FA lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, die Kläger treffe ein grobes Verschulden daran, dass die Zahlungen in der Einkommensteuererklärung 2006 nicht geltend gemacht worden seien.
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 685). Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Kläger treffe kein grobes Verschulden daran, dass die Zahlungen des Klägers an die Notarversorgungskasse erst nachträglich bekannt geworden seien. Sie hätten übersehen, die sich aus ihren handschriftlichen Notizen ergebenden Zahlungen in die elektronische Bildmaske des Elsterprogramms zu übernehmen. Die Einkommensteuererklärung sei ansonsten vollständig ausgefüllt worden und die Zahlungen an die Notarversorgungskasse seien in den Jahren vor 2006 und im Jahr 2007 stets geltend gemacht worden. Es sei daher von einem Übertragungs- bzw. Eingabefehler aus den handschriftlichen Notizen des Klägers überschrieben mit "Vorsorgeaufwendungen" in die Zeile 62 des Mantelbogens auszugehen.
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Der Senat könne darin keine Pflichtverletzung erkennen, die in ungewöhnlichem Maße und nicht entschuldbarer Weise die gebotene Sorgfalt außer Acht lasse. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass solche Fehler --trotz großer Sorgfalt-- bei der Übertragung von Daten, insbesondere aber bei der Bearbeitung größerer Dokumente am PC immer wieder vorkämen, begünstigt durch die technischen Gegebenheiten und einer Vielzahl von Bildmasken und Fenstern, die stets nur einen kleinen Ausschnitt des Gesamtdokuments zeigten. Zu berücksichtigen sei auch, dass das ElsterFormular bzw. ElsterOnline den Finanzämtern die mechanische Erfassungsarbeit von Steuererklärungsdaten abnehme und auf den Steuerpflichtigen verlagere und deshalb ein Sorgfaltsverstoß des Steuerpflichtigen nach den gleichen Maßstäben beurteilt werden müsse wie ein Übertragungs- oder Eingabefehler des Bearbeiters im FA. Ein solcher berechtige nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Berichtigung nach § 129 AO. Deshalb sei es sachgerecht, einen vergleichbaren Fehler des Steuerpflichtigen entsprechend zu qualifizieren, sodass er einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht entgegenstehe.
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Zwar sei nach der Rechtsprechung des BFH bei der Prüfung des groben Verschuldens auch der Zeitraum bis zur Bestandskraft des Bescheids einzubeziehen. Ein grobes Verschulden i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO könne auch darin bestehen, dass der Steuerpflichtige es unterlasse, gegen einen Steuerbescheid Einspruch einzulegen, obwohl sich ihm innerhalb der Einspruchsfrist die Geltendmachung von bisher dem FA nicht bekannter Tatsachen hätte aufdrängen müssen. Die Kläger hätten nach ihren Angaben jedoch bei Erhalt des Einkommensteuerbescheids 2006 die festgesetzte Steuer mit der Probeberechnung des ElsterProgramms verglichen und konsequenterweise habe ihnen der Fehler nicht auffallen können. Der Senat könne offenlassen, ob dieser Datenabgleich ausreiche. Selbst wenn man angesichts der juristischen Fertigkeiten und steuerrechtlichen Kenntnisse des Klägers eine umfassende Prüfungspflicht annehme, hätte sich ihm nicht aufdrängen müssen, dass die Beiträge zur Notarversorgungskasse nicht geltend gemacht worden seien. Wegen des teilweise nur prozentualen Ansatzes der Beiträge sei auch für einen steuerlichen Fachmann nicht ohne weiteres zu erkennen, welche Beiträge in welcher Höhe aus der Erklärung der Berechnung zugrunde gelegt worden seien. Zudem hätten die Kläger, wäre ihnen aufgefallen, dass ein erheblicher Teil ihrer Vorsorgeaufwendungen und Versicherungsbeiträge fehlt, rechtliche Überlegungen dahingehend anstellen müssen, dass die abziehbaren Aufwendungen nach einer anderen Rechtslage zu berechnen seien. Bei der Höchstbetragsberechnung in der bis zum Jahr 2004 geltenden Rechtslage hätten sich die Zahlungen nicht ausgewirkt.
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Mit der Revision rügt das FA Verletzung von Bundesrecht. Das FG habe die aus dem Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit abzuleitenden Sorgfaltspflichten verkannt. Das Urteil weiche von der Rechtsprechung des BFH ab, nach der die Nichtbeantwortung einer ausdrücklich im Steuererklärungsformular gestellten, sich auf einen bestimmten Vorgang beziehenden Frage ein grobes Verschulden i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO darstelle. Im Streitfall hätten die Kläger die im Erklärungsformular in Zeile 62 ausdrücklich gestellte Frage nach den als Sonderausgaben abziehbaren Beiträgen zu berufständischen Versorgungseinrichtungen nicht beantwortet. Ohne Bedeutung sei, dass sie zur Übermittlung ihrer Steuererklärung das elektronische System Elster benutzt und die Daten in einen Computer statt handschriftlich in ein Formular eingegeben hätten. Der Steuerpflichtige müsse prüfen, ob die Angaben aus einer Kladde oder einem Entwurf der Steuererklärung in den für das FA bestimmten Erklärungsbogen vollständig und richtig übertragen worden seien (BFH-Beschluss vom 30. Januar 1997 III B 99/95, BFH/NV 1997, 385). Diese Anforderungen müssten auch dann gelten, wenn Daten aus einem schriftlichen Entwurf in ein Computerprogramm übertragen würden. Es sei den Klägern als grobes Verschulden anzulasten, wenn sie den Abgleich ihrer handschriftlichen Notizen mit den für das FA zur elektronischen Übermittlung bestimmten Computerdaten unterlassen oder ihnen nicht auffällt, dass Daten nicht in das vorgesehene, ausdrücklich nachgefragte Eingabefeld eingegeben werden.
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Auch bestehe die Möglichkeit, sich unter ElsterFormular den amtlichen Erklärungsvordruck am Bildschirm anzeigen zu lassen. Diese Möglichkeit bestehe auch noch nach der elektronischen Übermittlung der Daten an das FA und dem Ausdruck der komprimierten Erklärung. Die Steuerpflichtigen handelten grob schuldhaft, wenn sie sich allein auf die Druckvorschau verließen und die weitergehende Prüfmöglichkeit nicht nutzten.
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Das FG etabliere ein Sonderrecht für elektronische Steuererklärungen, indem es den Verschuldensmaßstab entgegen der ständigen Rechtsprechung des BFH abmildere. Bedenke man, dass die Finanzverwaltung zur schnelleren Bearbeitung der Steuererklärungen im Sinne der Serviceorientierung bemüht sei, die Steuerpflichtigen zur verstärkten Nutzung der elektronischen Steuererklärung zu bewegen, die elektronische Abgabe bei der Umsatzsteuervor- und der Lohnsteueranmeldung sowie ab dem Veranlagungszeitraum 2011 für Jahreserklärungen im betrieblichen Bereich verpflichtend sei, würde bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des FG eine nachträgliche Änderung der Steuerbescheide zugunsten des Steuerpflichtigen aufgrund des geringeren Verschuldensmaßstabs zum Regelfall werden und das Verschuldenskorrektiv des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO entgegen der gesetzgeberischen Intention weitgehend leerlaufen. Das Einspruchsverfahren würde an Bedeutung verlieren, weil die Steuerpflichtigen auch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist noch in großem Umfang Änderungen zu ihren Gunsten erreichen könnten.
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Grob schuldhaft hätten die Kläger auch deshalb gehandelt, weil sie den Steuerbescheid nicht daraufhin überprüft hätten, ob die Beiträge an das Versorgungswerk erfasst waren. Auch wenn das FA die Rechtslage 2004 der Besteuerung zugrunde gelegt habe, wären auch nach alter Rechtslage die Beiträge an das Versorgungswerk in der Summe der Altersvorsorgeaufwendungen im Bescheid aufgeführt worden. Diese hätten 18.457 € betragen; im Bescheid seien jedoch nur 16.294 € Versicherungsbeiträge ohne prozentuale Kürzung ausgewiesen worden. Auch sei den Klägern ein Abgleich mit dem Bescheid des Vorjahres möglich und zumutbar gewesen. Hier seien die Sonderausgaben nach der Rechtslage 2005 abgezogen worden.
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§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO knüpfe an Verschulden an und sei daher mit § 129 AO nicht vergleichbar.
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Das FA beantragt sinngemäß,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Mit dem FG vertreten sie die Auffassung, dass die Anforderungen an den Steuerpflichtigen, der das elektronische Programm Elster nutzt, niedriger sein müssten als beim Ausfüllen der Papierformulare. Zu bedenken sei auch, dass die Erklärungsvordrucke von Jahr zu Jahr geändert würden. Die Finanzbehörden müssten elektronisch ausgefüllte Vordrucke kritisch auf Fehler und Unstimmigkeiten untersuchen. Dem FA hätte der Fehler auffallen müssen. Die Beiträge zur Notarversorgungskasse seien in jedem Vorjahr angefallen. Wenn das FA die Daten nicht selbst erfassen müsse, müsse es umso kritischer die vom Steuerpflichtigen ausgefüllten Datensätze kontrollieren.
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Bei der großen Zahl von fehlerhaften Steuererklärungen könne nicht jeder Übertragungsfehler eine grobe Fahrlässigkeit sein. Eine Milderung des Verschuldensmaßstabs in § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO diene dem Rechtsfrieden und der Waffengleichheit zwischen dem FA und dem Steuerpflichtigen. Unterlaufe dem FA ein reiner Tippfehler, könne es den Bescheid jederzeit ändern; unterlaufe dem Steuerpflichtigen derselbe Fehler, müsse er dieselben Rechte haben. Im Streitfall handele es sich um einen Fall des sog. "umgekehrten § 129 AO".
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG war zu Unrecht der Ansicht, der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr könne nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zugunsten der Kläger geändert werden, weil diesen kein grobes Verschulden vorzuwerfen sei.
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Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.
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1. Allein streitig ist das Vorliegen eines groben Verschuldens.
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a) Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Letztere ist dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat (z.B. BFH-Urteile vom 20. November 2008 III R 107/06, BFH/NV 2009, 545, und vom 9. November 2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545).
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Grob fahrlässiges Handeln liegt insbesondere vor, wenn ein Steuerpflichtiger seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkommt, indem er unvollständige Steuererklärungen abgibt (z.B. BFH-Urteile vom 30. Oktober 1986 III R 163/82, BFHE 148, 208, BStBl II 1987, 161; vom 1. Oktober 1993 III R 58/92, BFHE 172, 397, BStBl II 1994, 346, und in BFH/NV 2009, 545). Beruht die unvollständige Steuererklärung auf einem Rechtsirrtum wegen mangelnder Kenntnis steuerrechtlicher Vorschriften, ist dies dem Steuerpflichtigen in der Regel nicht als grobes Verschulden anzulasten (BFH-Urteile vom 23. Februar 2000 VIII R 80/98, BFH/NV 2000, 978, und in BFH/NV 2009, 545).
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Auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum kann sich der Steuerpflichtige --auch wenn ihm steuerrechtliche Kenntnisse fehlen-- dann nicht berufen, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantwortet (z.B. BFH-Urteile vom 23. Oktober 2002 III R 32/00, BFH/NV 2003, 441, und in BFH/NV 2009, 545, sowie in BFH/NV 2012, 545, zur Angabe von Pflichtbeiträgen Selbständiger zur gesetzlichen Rentenversicherung als Vorsorgeaufwendungen).
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b) Nach der Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 20. März 2013 VI R 5/11, BFHE 240, 504, sowie VI R 9/12, BFHE 240, 507) handelt der Steuerpflichtige auch dann regelmäßig grob fahrlässig i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn er die dem elektronischen ElsterFormular beigefügten Erläuterungen zur Einkommensteuererklärung unbeachtet lässt, soweit solche Erläuterungen für einen steuerlichen Laien ausreichend verständlich, klar und eindeutig sind (vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 III R 12/12, BFHE 241, 226, zum groben Verschulden eines Beraters in Zusammenhang mit der Erstellung einer elektronischen Steuererklärung).
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2. Ob der Beteiligte im jeweiligen Einzelfall grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen Tatfrage. Die dazu getroffenen Feststellungen und daraus folgenden Würdigungen des FG können --abgesehen von zulässigen und begründeten Verfahrensrügen-- von der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit und die aus ihm abzuleitenden Sorgfaltspflichten richtig erkannt worden sind und ob die Würdigung der Umstände hinsichtlich des individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen entspricht (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 545, m.w.N.).
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3. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kann das Urteil des FG keinen Bestand haben.
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Entgegen der Annahme des FG trifft den Kläger ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden seiner Zahlungen an die Notarversorgungskasse. Im Streitjahr 2006 hat das Erklärungsformular des Elsterprogramms in Zeile 62 ausdrücklich die Frage nach den als Sonderausgaben abziehbaren Beiträgen zu berufständischen Versorgungseinrichtungen gestellt. Diese Frage hat der Kläger unbeantwortet gelassen. Beantwortet ein Steuerpflichtiger aber eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf bestimmte Vorgänge bezogene Fragen nicht, kann er sich nach ständiger Rechtsprechung nicht auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum berufen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 441, m.w.N.).
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Entgegen der Auffassung des FG lässt der Umstand, dass der Kläger seine Steuererklärung mit Hilfe des Elsterprogramms gefertigt hat und dieses keinen vollständigen Ausdruck des Steuererklärungsformulars liefert, sondern letztlich nur die Werte und Kennziffern aufführt, zu denen der Steuerpflichtige Eintragungen vorgenommen hat, das grobe Verschulden des Klägers nicht entfallen. Denn dies mag zwar einen Nachteil der elektronischen Steuererklärung darstellen, betrifft aber nicht den Grund für die Annahme der groben Fahrlässigkeit, nämlich die fehlende An- und Eingabe im ElsterFormular selbst (BFH-Urteil in BFHE 240, 504). Zudem besteht die Möglichkeit, sich den amtlichen Erklärungsvordruck auf dem Bildschirm anzeigen zu lassen.
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Der Begriff des Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen ist nicht anders auszulegen als bei schriftlich gefertigten Erklärungen. Es gibt hier kein Sonderrecht (BFH-Urteile in BFHE 240, 504; in BFHE 240, 507, und in BFHE 241, 226). Bei Anwendung des Verschuldensmaßstabs des FG wäre im Übrigen ein grobes Verschulden bei unterlassenen Eintragungen im Erklärungsvordruck des ElsterProgramms kaum denkbar; Änderungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO wären --entgegen der gesetzgeberischen Intention-- die Regel.
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Im Streitfall trifft den Kläger zudem ein grobes Verschulden bei der Prüfung der Steuererklärung. Der Vergleich der festgesetzten Steuer mit der Probeberechnung des ElsterProgramms ist nicht geeignet, unterlassene Eintragungen im Programm aufzudecken, da diese zwangsläufig in die Probeberechnung nicht eingehen können. Bei einer Prüfung des Steuerbescheids hätte dem Kläger angesichts der Höhe seiner Beiträge zum Versorgungswerk (diese haben 18.457 € betragen; im Bescheid sind jedoch nur insgesamt 16.294 € Versicherungsbeiträge aufgeführt) auffallen müssen, dass ein erheblicher Betrag nicht in die Steuerberechnung eingegangen ist. Das FA hat im Revisionsverfahren vorgetragen, die abziehbaren Vorsorgeaufwendungen im Jahr 2005 seien nach der Rechtslage des Jahres 2005 berechnet worden. Trifft dies zu --entsprechende Feststellungen des FG fehlen-- ist das Verschulden des Klägers bei der Prüfung seines Steuerbescheids für 2006 offensichtlich. Jeder Steuerpflichtige würde sich die Frage stellen, weshalb sich 2005 die abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nach der Rechtslage des Jahres 2005 berechnen, die Vorsorgeaufwendungen des Jahres 2006 jedoch --da für ihn vorteilhaft-- nach der Rechtslage im Jahr 2004. Doch selbst wenn die Sonderausgaben im Jahr 2005 nicht nach der Rechtslage des Jahres 2005 berechnet worden sind, hätte die Tatsache, dass für das Streitjahr 2006 die abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nach der Rechtslage des Jahres 2004 wegen des günstigeren Ergebnisses berechnet worden sind, den Kläger wenigstens zu Nachfragen beim FA veranlassen müssen. Das Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes und die damit verbundene bessere Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen ab dem 1. Januar 2005 muss dem Kläger angesichts der umfassenden Berichterstattung in den Medien bekannt gewesen sein.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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