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BFH 12.03.2014 - I B 94/13
BFH 12.03.2014 - I B 94/13 - Erschütterung eines Anscheinsbeweises
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 17. April 2013, Az: 12 K 12338/11, Urteil
Leitsatz
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NV: Die Rüge, das FG habe einen Anscheinsbeweis fehlerhaft nicht als erschüttert angesehen, vermag die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht zu rechtfertigen.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt eine Werbeagentur. Für drei ihrer Geschäftsführer, die zugleich Gesellschafter waren, erwarb sie gegen Zahlung erheblicher Beiträge eine Mitgliedschaft im C-Club. Der Club versteht sich als Institution zur Pflege des gesellschaftlichen Miteinanders. Er verfügt über exklusiv ausgestattete Räumlichkeiten (Restaurant, Besprechungszimmer, Bar und Bibliothek) in einem Palais. Unternehmer und Prominente aus Wirtschaft und Kultur bilden den Mitgliederkreis. Ein vierter Geschäftsführer, der zeitlich später seine Arbeit aufnahm und kein Gesellschafter der Klägerin war, wurde nicht Mitglied des Clubs.
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Den von der Klägerin begehrten Abzug der Clubbeiträge als Betriebsausgaben ließen weder der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) noch das Finanzgericht (FG) zu (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. April 2013 12 K 12338/11).
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Die Klägerin beantragt die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil.
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Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin hat die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) genügenden Form dargelegt.
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1. Einen zur Zulassung der Revision führenden Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO hat die Klägerin nicht schlüssig geltend gemacht.
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a) Die Sachverhaltswürdigung und die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen. Deshalb wird mit Einwendungen gegen die Sachverhalts- oder Beweiswürdigung kein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend gemacht (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. März 2011 X B 151/10, BFH/NV 2011, 1165, m.w.N.). Selbst Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze stellen in der Regel materiell-rechtliche Fehler dar, und zwar auch dann, wenn sich diese Fehler auf die Würdigung von Tatsachen erstrecken (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1165, m.w.N.); sie sind deshalb der Nachprüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich entzogen und können nur --nach erfolgter Zulassung aufgrund eines gegebenen gesetzlichen Revisionszulassungsgrundes (§ 115 Abs. 2 FGO)-- im Revisionsverfahren beanstandet werden.
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b) Soweit die Klägerin die Revisionszulassung mit der Begründung begehrt, das FG habe bei seiner Tatsachenwürdigung, wonach bei der Clubmitgliedschaft private Belange der Geschäftsführer gegenüber betrieblichen Belangen wesentlich ins Gewicht fielen, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze außer Acht gelassen, muss der Beschwerde demnach der Erfolg versagt bleiben. Denn damit wird kein Verfahrens-, sondern ein materiell-rechtlicher Mangel gerügt.
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Soweit sich die Einwendungen der Klägerin letztlich gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung richten, können diese im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg führen. Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall --so sie denn vorliegen-- rechtfertigen für sich genommen nicht die Zulassung der Revision (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 4. August 2010 X B 198/09, BFH/NV 2010, 2102; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34). Eine Ausnahme hiervon kommt nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nur dann in Betracht, wenn das angefochtene Urteil derart schwerwiegende Fehler bei der Auslegung des revisiblen Rechts aufweist, dass die Entscheidung des FG "objektiv willkürlich" erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (z.B. BFH-Beschluss vom 14. Dezember 2011 X B 85/11, BFH/NV 2012, 749). Dies ist im Streitfall weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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c) Auch mit der Rüge, das FG habe einen Anscheinsbeweis, der für eine überwiegende oder ausschließliche private Veranlassung der Mitgliedschaft im C-Club spreche, zu Unrecht nicht als erschüttert angesehen, macht die Klägerin keinen Verfahrensmangel geltend. Der BFH hat zwar Rechtsverstöße, die die Grundlagen der Beweiswürdigung betreffen, als Verfahrensmängel qualifiziert. Davon ist er unter anderem dann ausgegangen, wenn das FG einen Anscheinsbeweis als widerlegt ansieht und seiner Entscheidung einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt, ohne zuvor alle Beweise erhoben zu haben, die den an sich näher liegenden und deshalb zu erwartenden Geschehensablauf auszuschließen geeignet sind (Senatsurteil vom 14. September 1994 I R 52/94, BFH/NV 1995, 606; vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 108). Doch ist ein solcher Fehler dem FG nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin gar nicht unterlaufen. Das FG ist bei seiner Tatsachenwürdigung nicht ohne genügenden Anlass von einem typischen Geschehensablauf zugunsten eines atypischen Sachverhalts abgewichen. Vielmehr hat es, so die Beanstandung der Klägerin, den typischen Ablauf (überwiegende private Veranlassung der Clubmitgliedschaft) selbst dann noch seiner Entscheidung zugrunde gelegt, als es schon von der Erschütterung des Anscheinsbeweises ausgehen musste. Darin ist kein Verstoß gegen die Grundlagen der Beweiswürdigung, sondern allenfalls ein "normaler" Beweiswürdigungsfehler zu erblicken (vgl. BFH-Beschluss vom 20. August 2008 VI B 45/08, BFH/NV 2008, 2021), der den Weg zur Revision grundsätzlich nicht eröffnet. Vorliegend kommt hinzu, dass das FG einen Anscheinsbeweis gar nicht bemüht hat, um zu seiner Überzeugung zu kommen. Es hat zur Beurteilung der Tatfrage, ob die Mitgliedschaft der Geschäftsführer der Klägerin im C-Club betrieblich veranlasst war oder nicht, lediglich Folgerungen aus festgestellten Einzeltatsachen gezogen.
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2. a) Für die von der Klägerin begehrte Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) ist kein Raum. Hierzu wäre es insbesondere erforderlich gewesen, einen abstrakten tragenden Rechtssatz des angefochtenen FG-Urteils sowie einen tragenden abstrakten Rechtssatz einer genau bezeichneten divergierenden Entscheidung herauszuarbeiten und so gegenüberzustellen, dass die behauptete Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 25. September 2012 I B 189/11, BFH/NV 2013, 92, m.w.N.).
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b) Bei der Rüge, das FG habe die Aufteilung der streitgegenständlichen Clubbeiträge unterlassen und sei dadurch vom Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) abgewichen, fehlt eine solche Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze. Die Vorinstanz hat, was sich unmittelbar aus der Bezugnahme auf das in den Gründen zitierte Urteil des FG Köln vom 16. Juni 2011 10 K 3761/08 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1782) ergibt, die vom BFH entwickelten Grundsätze zur Aufteilbarkeit gemischt veranlasster Aufwendungen seinem Urteil zugrunde gelegt. Damit richten sich die unter dem Mantel einer Divergenzrüge vorgetragenen Angriffe der Klägerin tatsächlich gegen die tatrichterliche Anwendung dieser Rechtsgrundsätze im konkreten Einzelfall. Selbst wenn dem FG hierbei Fehler unterlaufen sein sollten, kann damit, wie vorstehend unter II.1.b der Gründe dieses Beschlusses bereits ausgeführt, die Revisionszulassung grundsätzlich nicht erreicht werden.
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