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BFH 05.03.2014 - VII B 105/13
BFH 05.03.2014 - VII B 105/13 - Die Frage, ob Fehler oder Ungenauigkeiten bei der Eröffnung eines elektronischen Steuerversandverfahrens trotz Zuteilung eines Referenzcodes zur Steuerentstehung führen können, ist nicht klärungsfähig
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 105 Abs 5 FGO, § 143 Abs 1 BranntwMonG, § 143 Abs 2 Nr 1 BranntwMonG, § 21 Abs 2 BrStV
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 3. Mai 2013, Az: 3 K 421/12, Urteil
Leitsatz
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NV: Der Frage, ob ein Steuerlagerinhaber nachträglich wegen von der Finanzbehörde behaupteter Fehler und Ungenauigkeiten bei der Verwendung des elektronischen Verwaltungsdokuments hinsichtlich der dadurch evtl. entstandenen Branntweinsteuer trotz beanstandungsloser Zuteilung eines Referenzcodes als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden kann, kommt deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie einer allgemeingültigen Klärung nicht fähig ist. Ob es in solchen Fällen zu einer Steuerentstehung kommt, hängt vielmehr von den besonderen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von den jeweiligen Angaben im elektronischen Verwaltungsdokument und von der Menge und Beschaffenheit der versandten verbrauchsteuerpflichtigen Erzeugnisse ab.
Tatbestand
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I. Dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der als Schiffsausrüster tätig ist, wurde eine Erlaubnis zum Betrieb eines Steuerlagers für Branntwein und branntweinhaltige Erzeugnisse erteilt. Im Zeitraum von April bis August 2012 lieferte er auf verschiedene Schiffe branntweinsteuerpflichtige Erzeugnisse. Dabei erstellte er die hierzu erforderlichen Entwürfe für das elektronische Verwaltungsdokument (eVD) im EMCS (Excise Movement and Control System). Nach der Validierung teilte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) --zunächst ohne Beanstandungen-- die für jedes Steuerversandverfahren vorgesehenen Referenzcodes zu. Nach der Belieferung der Schiffe verglich das HZA die vorgelegten Lieferscheine mit den Angaben im eVD. Bei diesen Überprüfungen fiel auf, dass hinsichtlich der insgesamt acht streitgegenständlichen Lieferungen entweder einzelne Flaschen nicht aufgeführt waren oder der Alkoholgehalt unzutreffend angegeben war. Darüber hinaus verwendete der Kläger anstelle des Produktcodes für branntweinhaltige Waren den für Zwischenerzeugnisse vorgesehenen Produktcode. Aufgrund dieser Feststellungen setzte das HZA mit insgesamt acht Steuerbescheiden Branntweinsteuer fest, die insgesamt den Abgabenbetrag von 500 € nicht überstieg.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verband die einzelnen Verfahren und entschied nach § 94a der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Ausweislich der Urteilsgründe wurde die Absicht, nach § 94a FGO zu entscheiden, dem Kläger zuvor schriftlich mitgeteilt und ihm unter Fristsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Von dieser sowie von der in § 94a Satz 2 FGO vorgesehenen Möglichkeit hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht. In den Entscheidungsgründen stellte das FG ausdrücklich nach § 105 Abs. 5 FGO fest, dass es sich zur Begründung auf die Einspruchsentscheidungen beziehe. Weitere Ausführungen folgten nicht.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Zur Begründung trägt er vor, das FG habe lediglich drei Klagen miteinander verbunden und diese durch das angefochtene Urteil abgewiesen. Über sechs Klagen sei noch zu entscheiden. Eine Verfügung mit dem Hinweis, dass nach § 94a FGO verfahren werde, habe er nicht erhalten. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob bei einem Steuerlagerinhaber mit dem Status des registrierten Versenders nachträglich Branntweinsteuer aufgrund vom HZA behaupteter Fehler oder Ungenauigkeiten bei der Verwendung des eVD erhoben werden könne, obwohl die Genehmigung entsprechend der gestellten Anträge zur Ausfuhr erteilt worden und die Erzeugnisse tatsächlich ausgeführt worden seien. Branntweinsteuer könne nur dann erhoben werden, wenn Branntwein ohne eine entsprechende Genehmigung aus dem Steuerlager entfernt werde. Zunächst habe das HZA die Angaben im eVD unbeanstandet gelassen und die Steuerversandverfahren genehmigt. Auf Anweisung des HZA habe er, der Kläger, zusätzlich zum Entwurf für das eVD eine Kopie des Lieferscheins abgeben müssen. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte das HZA eine vollständige Überprüfung vornehmen müssen. In Bezug auf die ausgeführten Liköre sei er hinsichtlich des zu verwendenden Produktcodes den Anweisungen der Finanzbehörde nachgekommen. Vom Service-Desk des Informations- und Wissensmanagement Zoll (IWM Zoll) habe er die Auskunft erhalten, dass es bei der Angabe des Alkoholgehalts von Branntwein ausreiche, den höchsten Alkoholgehalt dieser Warengruppe im Entwurf des eVD anzugeben.
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Verfahrensfehlerhaft habe das FG im Verfahren nach § 94a FGO entschieden und sich nach § 105 Abs. 5 FGO die Ausführungen des HZA in den Einspruchsentscheidungen zu eigen gemacht, obwohl weiterer Aufklärungsbedarf bestanden habe. Auf den nach erfolgreicher Validierung der eVD gegebenen Hinweis des HZA "keine Beanstandungen" sowie auf die Einweisung durch das IWM Zoll habe er vertrauen dürfen. Zudem sei die Arbeit mit EDV-Dokumenten durch ständige Änderungen und Wartungen der EMCS-Software erheblich erschwert worden. Aus diesen Gründen erweise sich die Abweisung der verbundenen Klagen als willkürlich. Da noch weitere Klagen anhängig seien, bestehe Wiederholungsgefahr, so dass die Revision auch deshalb zuzulassen sei.
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Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten. Durch den Inhalt der Erlaubnis sowie mehrere informelle Schreiben sei der Kläger über die Verfahrensweise im EMCS hinreichend aufgeklärt worden. Bei der automatisierten Prüfung des Entwurfs des eVD auf die in der SEED-Datei gespeicherten Berechtigungen und die Vollständigkeit der Pflichtangaben habe noch kein Abgleich mit anderen Dokumenten --z.B. Lieferscheinen-- erfolgen können. Entgegen der Ansicht des Klägers seien keine Klagen mehr anhängig.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 FGO) ist unzulässig und daher zu verwerfen; denn in der Beschwerdebegründung ist keiner der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO so dargelegt, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.
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1. Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) muss der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formulieren und auf ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Erforderlich ist darüber hinaus der substantiierte Vortrag, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Ferner muss die aufgeworfene Frage klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.)
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Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob Fehler oder Ungenauigkeiten bei der Verwendung des eVD trotz Genehmigung der Ausfuhr nachträglich dazu führen können, dass vom Steuerlagerinhaber als Verfahrensinhaber Branntweinsteuer erhoben werden kann, ist einer allgemeingültigen Klärung nicht fähig. Es liegt auf der Hand, dass nicht jegliche Ungenauigkeit bei der Erstellung des Entwurfs des eVD zur Steuerentstehung führt. Ob durch die Entfernung der Erzeugnisse aus dem Steuerlager trotz Verwendung eines zuvor validierten eVD die Steuer entsteht, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von den jeweiligen Angaben im eVD und von der Menge und Beschaffenheit der versandten verbrauchsteuerpflichtigen Erzeugnisse ab. Darüber hinaus legt der Kläger mit seinen Ausführungen kein Interesse der Allgemeinheit an der Klärung einer abstrakten Rechtsfrage, sondern insbesondere sein Einzelinteresse an der Klärung der aufgeworfenen Frage dar, das er mit vermeintlich widersprüchlichen Auskünften und Hinweisen des HZA und des IWM Zoll belegt. Im Übrigen geht die Beschwerde in Bezug auf die Vermeidung von Branntweinsteuer durch Eröffnung eines Steuerversandverfahrens von einer "Genehmigung" des HZA aus, die einen Vertrauenstatbestand schaffen soll. In diesem Zusammenhang legt der Kläger nicht dar, auf welcher Rechtsgrundlage eine solche Genehmigung nach den verbrauchsteuerrechtlichen Vorschriften erteilt werden sollte. Nach § 21 Abs. 2 der Branntweinsteuerverordnung überprüft das HZA automatisiert die Angaben im Entwurf des eVD. Gibt es keine Beanstandungen, wird der Entwurf des eVD mit einem eindeutigen Referenzcode versehen und dem Versender als eVD übermittelt. Eine förmliche Genehmigung mit Verwaltungsaktcharakter ist in diesen Bestimmungen nicht vorgesehen. Ob allein in der beanstandungslosen Erteilung des Referenzcodes als Voraussetzung für die wirksame Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens ein anfechtbarer Verwaltungsakt gesehen werden könnte, kann dabei dahingestellt bleiben. Jedenfalls kommt im Streitfall eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO aufgrund der aufgezeigten Darlegungsmängel nicht in Betracht.
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2. Wird geltend gemacht, das FG hätte den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Antrag von Amts wegen umfassender aufklären müssen, ist u.a. darzulegen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei der weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern bei der Beweiserhebung --etwa durch Zeugeneinvernahme-- eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes auf der Grundlage des materiellen Rechtsstandpunktes des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. Senatsbeschluss vom 28. August 2003 VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493, 494, m.w.N.).
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Die schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels ist der Beschwerde jedoch nicht zu entnehmen. Ausweislich der Gerichtsakten wurde am 21. Januar 2013 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Schreiben gerichtet, in dem mitgeteilt wird, dass das FG beabsichtige, die Verfahren 3 K 421/12 und 3 K 422/12 gemäß § 73 FGO zu verbinden, auf den bezeichneten Einzelrichter zu übertragen und gemäß § 94a FGO zu entscheiden. Ausdrücklich wurde dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Unter dem Aktenzeichen 3 K 421/12 wurde sodann das streitgegenständliche Urteil erlassen. Bei diesem Befund reicht die bloße Behauptung des Klägers zur Darlegung eines Verfahrensmangels nicht aus, ein Schreiben mit einem Hinweis auf § 94a FGO nicht erhalten zu haben.
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Auch legt die Beschwerde nicht schlüssig dar, inwieweit das FG bei Anhörung des Klägers bzw. nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der Vernehmung der benannten Zeugen zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis gekommen wäre. Zur Begründung seines Urteils hat das FG auf die Einspruchsentscheidungen Bezug genommen. In diesen hat das HZA ausgeführt, die Branntweinsteuer sei nach § 143 Abs. 1 und 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol dadurch entstanden, dass der Kläger infolge fehlender oder unzutreffender Angaben im eVD die Formvorschriften für die wirksame Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens nicht eingehalten habe und dass der nachträglich angeforderte Lieferschein für die Eröffnung des Steuerversandverfahrens unbeachtlich sei. Ausführungen in Bezug auf eine rechtliche Wertung der von der Beschwerde behaupteten Irreführung des Klägers durch fehlerhafte Auskünfte des HZA oder des IWM Zoll enthalten die Einspruchsentscheidungen nicht. In Anbetracht der vom FG ausdrücklich in Bezug genommenen Ausführungen des HZA legt der Kläger nicht schlüssig dar, warum eine weitere Sachaufklärung hinsichtlich der Wartungen des EMCS und der Einweisung in das System trotz der unzutreffenden Angaben im eVD zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass eine Steuer nicht entstanden sei. Auch der Vorwurf der Willkürlichkeit wird nicht näher substantiiert.
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Sofern der Kläger behauptet, vor dem FG seien insgesamt neun Klagen anhängig, von denen durch das angefochtene Urteil lediglich drei Klagen entschieden worden seien, fehlt es ebenfalls an einer schlüssigen Darlegung dieses Vorbringens, das bereits durch das Urteil des FG und den Akteninhalt widerlegt wird. Im Urteil selbst hat das FG darauf hingewiesen, durch zwei Beschlüsse insgesamt acht Verfahren gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO verbunden zu haben.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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