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BFH 08.01.2014 - X B 245/12
BFH 08.01.2014 - X B 245/12 - Richterliche Hinweispflicht bei steuerlich beratenem Kläger; Berichtigung des Urteilstenors; Terminverlegung
Normen
§ 76 Abs 1 S 1 FGO, § 76 Abs 2 FGO, § 107 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 227 Abs 1 ZPO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 18. Oktober 2012, Az: 5 K 5054/10, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Eine offenbare Unrichtigkeit in Bezug auf die Höhe der nachgewiesenen Einnahmen eines Steuerpflichtigen verpflichtet zur Berichtigung des Urteilstenors gemäß § 107 FGO.
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2. NV: Ein unterlassener Hinweis des Gerichts stellt jedenfalls dann keine Pflichtverletzung i.S. des § 76 Abs. 2 FGO dar, wenn der Kläger steuerlich beraten ist und die Gelegenheit zur Erörterung in der mündlichen Verhandlung besteht.
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3. NV: Der bloße Hinweis, wegen eines anderen Termins sei ein fristgerechtes Erscheinen zur mündlichen Verhandlung nicht möglich, stellt keinen erheblichen Grund zur Terminsverlegung gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO dar.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wendet sich gegen Hinzuschätzungen auf Grund der ungeklärten Herkunft von Einzahlungen auf seinem Bankkonto sowie die Nichtanerkennung von geltend gemachten Aufwendungen.
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Im Rahmen des Klageverfahrens gegen die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2005 reichte der Kläger eine Umsatzliste seines Bankkontos für das Streitjahr 2006 ein. Soweit die Herkunft von Einzahlungen auf dieses Bankkonto aus Sicht des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) nicht nachgewiesen wurde, schätzte er unter Berücksichtigung pauschaler Betriebsausgaben Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb und änderte die Einkommensteuerfestsetzung für 2006 entsprechend. Als Folge dieser Änderung ergab sich kein Verlustrücktrag nach 2005 mehr. Deshalb änderte das FA auch die Einkommensteuerfestsetzung 2005.
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Der Kläger erhob daraufhin auch Klage hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzung 2006.
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Im Klageverfahren gegen die Einkommensteuerfestsetzung 2006 forderte das Finanzgericht (FG) den Kläger gemäß § 79b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf, Grund und Höhe der noch streitigen Geldzuflüsse nachzuweisen. Daraufhin überreichte der Kläger u.a. einen Darlehensvertrag zwischen ihm und A. Die Darlehenssumme betrug 12.000 €. Dessen Rückzahlung erläuterte der Kläger anhand seiner Kontounterlagen.
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Am Tag der mündlichen Verhandlung kündigte die zuständige Rechtsanwältin der Prozessbevollmächtigten ihr verspätetes Erscheinen für ca. 15:00 Uhr aufgrund anderer terminlicher Verpflichtungen an. Die Vorsitzende lehnte es in einem darauf hin erfolgenden Telefonat ab, den Beginn der auf 14:15 Uhr angesetzten mündlichen Verhandlung zu verschieben.
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Für den Kläger trat in der mündlichen Verhandlung anschließend niemand auf, obwohl diese tatsächlich erst um 15:34 Uhr eröffnet wurde.
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In der mündlichen Verhandlung, in der die beiden Klageverfahren durch Beschluss verbunden worden sind, erklärte das FA, es ändere den Einkommensteuerbescheid 2006 dahingehend, dass von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.207,01 € auszugehen sei.
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Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Aufgrund der Vielzahl der Einzahlungen sei davon auszugehen, dass die in der Umsatzliste enthaltenden Kontogutschriften, deren Herkunft nicht nachgewiesen sei, auf steuerpflichtigen Einkünften beruhten. Soweit Belege zum Nachweis der Aufwendungen fehlten, gehe dies zu Lasten des Klägers. Mangels Vorliegens eines negativen Gesamtbetrags der Einkünfte im Streitjahr 2006 sei ein Verlustrücktrag nach 2005 nicht möglich. Die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2005 sei nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) trotz Bestandskraft möglich.
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In den Urteilsgründen erläuterte das FG die vom FA angenommenen gewerblichen Einkünfte in Höhe von 9.207,01 € anhand der Zahlen aus dem Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung (AdV) vom 22. Dezember 2011 5 V 5320/11, der u.a. von einer Darlehensrückzahlung von insgesamt 11.000 € ausging. Aus dem Tatbestand des Urteils ergibt sich hingegen, der Kläger habe die Darlehensrückzahlung im Zeitraum Mai bis November 2006 in Höhe von insgesamt 12.000 € erläutert.
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Mit seiner Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger einen Verfahrensmangel geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Das FG habe den Sachverhalt nicht ausreichend erforscht, da es weder die angebotenen Zeugen vernommen noch Akten aus anderen Klageverfahren beigezogen habe. Auch habe der Kläger einen Hinweis des Gerichts erbeten, welche Zahlungen noch der Aufklärung bedurft hätten. Fälschlicherweise habe das FG nicht berücksichtigt, dass die Darlehensrückzahlungen des A 12.000 € und nicht nur 11.000 € betragen hätten.
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Das FA tritt der Beschwerde entgegen.
Entscheidungsgründe
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II. Das angefochtene Urteil ist gemäß § 107 FGO wegen offenbarer Unrichtigkeit zu korrigieren.
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1. Eine offenbare Unrichtigkeit liegt vor, weil das FG ausweislich der Urteilsgründe die vom Kläger nachgewiesenen Darlehensrückzahlungen uneingeschränkt als geklärte Einnahmen ansieht. Dennoch geht es --ausgehend von der im AdV-Beschluss falsch wiedergegebenen Summe von 11.000 €-- von einem um 1.000 € zu geringen Betrag aus. Im Tatbestand seines Urteils nennt es den richtigen Betrag von 12.000 €.
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Aufgrund dieser offenbaren Unrichtigkeit nahm es --wie das FA-- gewerbliche Einkünften in Höhe von 9.207,01 € und nicht rechnerisch richtige in Höhe von 8.207,01 € an. Da das FG die Klage vollumfänglich abgewiesen hat, stimmt der erkennbar gewollte Inhalt der gerichtlichen Aussage --wie er aus den Urteilsgründen deutlich wird-- mit dem Urteilstenor nicht überein.
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2. Der beschließende Senat kann den Tenor berichtigen. Er ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens über die Nichtzulassung der Revision für die Berichtigung zuständig (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. November 1999 III B 5/99, BFH/NV 2000, 844, und vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114).
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III.
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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.
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1. Die geltend gemachte Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt worden. Eine schlüssige Aufklärungsrüge setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass die ermittlungsbedürftigen Tatsachen und die angebotenen Beweismittel genau bezeichnet werden. Zudem muss auch dargelegt werden, inwieweit das Urteil des FG --ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- auf der nicht durchgeführten Beweisaufnahme und hier der unterlassenen Beiziehung von Akten beruhen kann sowie was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre (Senatsbeschluss vom 24. Oktober 2006 X B 107/06, nicht veröffentlicht --n.v.--). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift schon deshalb nicht gerecht, weil lediglich pauschal auf die Notwendigkeit der Vernehmung von Zeugen und der Beiziehung von Akten aus anderen Klageverfahren verwiesen wird. Inwieweit dadurch die konkret nicht nachgewiesenen Aufwendungen bzw. nicht aufgeklärten Einnahmen bewiesen werden können, bleibt in der Beschwerdeschrift offen.
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Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vorträgt, das FG sei von unzutreffenden Annahmen ausgegangen, macht er materielle Rechtsfehler geltend, die nach dem abschließenden Katalog des § 115 Abs. 2 FGO nicht zu einer Zulassung der Revision führen können (BFH-Beschluss vom 22. Juni 1999 III B 92/98, n.v.). Auch führt die Berichtigung des angefochtenen Urteils nicht dazu, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte in 2006 negativ wird und deshalb (wieder) ein Verlustrücktrag ins Streitjahr 2005 nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG vorzunehmen wäre.
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2. Eine Verletzung der richterlichen Hinweispflichten nach § 76 Abs. 2 FGO liegt nicht vor. Ein unterlassener Hinweis des Gerichts stellt jedenfalls dann keine gegen § 76 Abs. 2 FGO verstoßende Pflichtverletzung dar, wenn der Beteiligte --wie hier der Kläger-- steuerlich beraten und im Prozess entsprechend vertreten wird und für diesen die für das Gericht maßgeblichen Streitpunkte erkennbar waren (Senatsbeschluss vom 10. Juni 2013 X B 147/11, BFH/NV 2013, 1440, m.w.N.). So ist es im Streitfall, weil das FG dem Kläger aufgegeben hatte, den Grund und die Höhe der streitigen Geldzahlungen nachzuweisen. Das FG war nicht gehalten, dem Kläger vor Ergehen des Urteils einen Hinweis zu geben, ob ihm der angeforderte Nachweis gelungen ist.
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Dies gilt erst recht, wenn das Gericht --wie hier-- eine mündliche Verhandlung durchführt. Hierdurch verschafft es den Beteiligten nicht nur ausreichend Gelegenheit zur Äußerung zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen, sondern gibt ihnen auch Gelegenheit zu Nachfragen.
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Dabei ist es unerheblich, dass die Vorsitzende im vorliegenden Fall den Beginn der mündlichen Verhandlung zunächst nicht bis zur angekündigten Ankunft der Rechtsanwältin der Prozessbevollmächtigten verschieben wollte, weil diese keinen erheblichen Grund (§ 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung) vorgebracht hatte. Der bloße Hinweis der Prozessbevollmächtigten, wegen eines anderweitigen Termins sei ihr Erscheinen zu dem angesetzten Termin nicht möglich, reicht für die Darlegung eines erheblichen Grunds nicht aus. Das Telefonat zwischen der Vorsitzenden und der Rechtsanwältin des Prozessbevollmächtigten befreite diese nicht davon, bei Gericht zu erscheinen, zumal die Vorsitzende in dem Telefonat ausdrücklich eine Terminsänderung abgelehnt hat.
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