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BFH 29.10.2012 - III B 37/12
BFH 29.10.2012 - III B 37/12 - Gewerbliche Einkünfte einer unternehmensberatenden GbR - Verfahrensmangel
Normen
§ 18 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG 2002, § 76 Abs 1 FGO, § 96 Abs 1 FGO, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 9. Februar 2012, Az: 8 K 1108/10 G, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Eine GbR, die betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen erbringt, erzielt gewerbliche Einkünfte, wenn ihre Gesellschafter nicht über die Qualifikation eines beratenden Betriebswirts verfügen.
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2. NV: Liegt der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit auf nichttechnischem Gebiet, dann erzielt ein Steuerpflichtiger, auch wenn er über die formelle Qualifikation eines Ingenieurs verfügt, keine Einkünfte aus einer Ingenieurstätigkeit.
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3. NV: Die unzureichende Würdigung von Beteiligtenvorbringen stellt grundsätzlich keinen Verfahrensmangel dar.
Gründe
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Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Denn die Beschwerde genügt nicht den sich aus § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ergebenden Anforderungen an die Darlegung von Revisionszulassungsgründen.
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1. Rechtsgrundsätzliche Bedeutung
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a) Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, begehrte Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausgestellt wird, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist. Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist und deshalb eine höchstrichterliche Klärung über die materiell-rechtliche Beurteilung des Streitfalles hinaus für die Allgemeinheit Bedeutung hat. Der Hinweis, beim Bundesfinanzhof (BFH) seien in ähnlich gelagerten Fällen bereits Revisionsverfahren anhängig, reicht ebenso wenig aus wie das Vorbringen, der BFH habe über eine bestimmte Rechtsfrage noch nicht entschieden. Sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, ist eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (z.B. BFH-Beschlüsse vom 22. Oktober 2003 III B 14/03, BFH/NV 2004, 224; vom 18. März 2005 IX B 193/04, BFH/NV 2005, 1342; vom 5. Dezember 2007 VIII B 79/07, BFH/NV 2008, 732; vom 15. Oktober 2008 II B 74/08, BFH/NV 2009, 125).
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b) Diesen Vorgaben genügen die Ausführungen in der Beschwerdebegründungsschrift nicht.
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Soweit die Klägerin die Frage aufwirft, ob die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit eines Architekten oder Ingenieurs bei zeitgleich ausgeübter betriebswirtschaftlicher Tätigkeit bei der Qualifizierung der Einkünfte als freiberufliche Einkünfte derart in den Hintergrund rückt, dass eine Überprüfung der Tätigkeit eines Architekten oder Ingenieurs ausschließlich an der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts zu orientieren ist, kann offen bleiben, ob die Klägerin mit dieser Formulierung eine abstrakte Rechtsfrage hinreichend substantiiert und verständlich herausgestellt hat. Jedenfalls hat die Klägerin die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinlänglich herausgearbeitet. Eine hinreichende Auseinandersetzung mit den zahlreichen Entscheidungen des BFH und Literaturbeiträgen zur Berufstätigkeit von Ingenieuren und Architekten i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fehlt (vgl. nur die Nachweise bei Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 18 EStG Rz 161 und 162). Die Beschwerde befasst sich in diesem Zusammenhang zwar mit mehreren Urteilen des BFH und mit Auffassungen in der Literatur. Die Zitate erfolgen jedoch einzig zu dem Zweck, die Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Finanzgerichts (FG) aufzuzeigen. Mit anderen Worten: Die Klägerin macht mit den Zitaten deutlich, dass die von ihr aufgeworfene Rechtsfrage eigentlich schon in ihrem Sinne geklärt wurde und ihr Fall anhand der geklärten Rechtsgrundsätze anders zu entscheiden gewesen wäre. Damit kann die Zulassung der Revision wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung der Sache aber nicht erreicht werden.
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2. Divergenz
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a) Zur Darlegung einer Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) wäre insbesondere erforderlich gewesen, einen abstrakten tragenden Rechtssatz des angefochtenen FG-Urteils sowie einen tragenden abstrakten Rechtssatz einer divergierenden Entscheidung herauszuarbeiten und so gegenüberzustellen, dass die behauptete Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 13. März 2000 III B 92/99, BFH/NV 2000, 1120, m.w.N.). Die Beschwerdebegründung enthält eine solche Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze nicht.
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b) Im Hinblick auf die behauptete, aber nicht ordnungsgemäß dargelegte Divergenz zum BFH-Urteil vom 6. September 2006 XI R 3/06 (BFHE 215, 124, BStBl II 2007, 118) fehlt es im Übrigen an der Vergleichbarkeit der Sachverhalte (zu dieser Voraussetzung der Divergenz vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 III B 56/11, BFH/NV 2012, 178, m.w.N.).
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Die Klägerin führt aus, dass der BFH in der genannten Entscheidung den abstrakten Rechtssatz aufgestellt habe, dass die Berufstätigkeit als Ingenieur i.S. des § 18 EStG nicht voraussetzt, dass die konkret ausgeübte Tätigkeit ein konstruierendes Element enthält. Einen davon abweichenden Rechtssatz hat das FG seiner Entscheidung weder ausdrücklich noch konkludent --im Rahmen lediglich fallbezogener Ausführungen-- zugrunde gelegt. Dazu bestand auch kein Anlass, weil das FG über einen anderen Sachverhalt entschieden hat. In der vermeintlichen Divergenzentscheidung ging es um den interdisziplinären Beruf des Wirtschaftsingenieurs, der Merkmale des Ingenieurs und des Betriebswirts vereint. Die Bauleitertätigkeit eines Steuerpflichtigen, der ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens erfolgreich absolviert hatte, konnte als Ingenieurtätigkeit qualifiziert werden, weil diese ein konstruierendes Element nicht notwendigerweise enthalten muss. Dagegen war Gegenstand des Betriebs der Klägerin nach den Feststellungen des FG die Unternehmensberatung, also die betriebswirtschaftliche Beratung. Die Gesellschafter der Klägerin waren keine Wirtschafts-ingenieure, sondern hatten den Beruf der Architektin bzw. des Ingenieurs erlernt. Sie verfügten nach den Feststellungen des FG gerade nicht über die wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse eines beratenden Betriebswirts bzw. vermochten den entsprechenden Nachweis nicht zu erbringen. Die Beschwerde verkennt, dass es sich bei dem "normalen" Ingenieur --und über einen solchen hatte das FG im angegriffenen Urteil entsprechend seiner Feststellungen zu befinden-- um einen wissenschaftlich oder auf wissenschaftlicher Grundlage ausgebildeten Fachmann der Technik (Brandt in HHR, § 18 EStG Rz 161) und nicht der Betriebswirtschaft handelt. Wenn zur Berufstätigkeit des Ingenieurs typischerweise auch überwachende, kontrollierende und rein beratende Tätigkeiten gerechnet werden, die Tätigkeit folglich ein konstruierendes Element nicht enthalten muss (BFH-Urteile vom 28. Juni 2001 IV B 20/01, BFH/NV 2010, 1400; vom 9. Februar 2006 IV R 27/05, BFH/NV 2006, 1270), so beziehen sich die Handlungen doch auf die technische Seite eines Werkes oder Vorhabens. Liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit auf nicht-technischem Gebiet (z.B. Absatzberatung, Datenschutzaufgaben, klassische Handelstätigkeiten, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24. April 1997 IV R 60/95, BFHE 183, 150, BStBl II 1997, 567, zum Verkauf von Computerhardware; vom 5. Juni 2003 IV R 34/01, BFHE 202, 336, BStBl II 2003, 761; vom 18. April 2007 XI R 57/05, BFH/NV 2007, 1854), dann erzielt ein Steuerpflichtiger, auch wenn er über die formelle Qualifikation eines Ingenieurs verfügt, keine Einkünfte aus einer Ingenieurstätigkeit.
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3. Verletzung der Sachaufklärungspflicht
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a) Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), muss bei sachkundig vertretenen Beteiligten zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels einer Verletzung des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO ausgeführt werden, dass die mangelnde Sachaufklärung in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder, wenn dies nicht geschehen sein sollte, weshalb die rechtzeitige Rüge nicht möglich war (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 69 und 70, m.w.N.).
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b) Solches Vorbringen enthält die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht. Auch dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ist keine Rüge oder auch nur ein Hinweis zu entnehmen, dass die fachkundig vertretene Klägerin eine dahingehende Aufklärung wünschte, dass ihre Tätigkeit --entgegen der Annahme des FG-- nicht ausschließlich betriebswirtschaftlich angelegt ist.
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4. Verstoß gegen § 96 Abs. 1 FGO
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Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 I R 111/94 (BFH/NV 1996, 554) rügt, das FG habe § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt, weil es einen bestimmten Sachverhalt als richtig unterstellt habe und eine solche Sachverhaltsunterstellung jedenfalls dann nicht dem Gesamtergebnis des Verfahrens entspreche, wenn sie durch keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getragen werde, so ist damit ein Verfahrensmangel nicht schlüssig geltend gemacht worden. Denn zu einer solchen --nicht durch Ermittlungen und tatsächliche Feststellungen gestützten-- Sachverhaltsunterstellung ist es im Streitfall nicht gekommen. Vielmehr hat das FG aufgrund des ausführlichen klägerischen Sachvortrags und der Angaben in diversen Steuererklärungen ausreichende eigene tatsächliche Feststellungen zu den Berufen der Gesellschafter der Klägerin und deren Unternehmensgegenstand getroffen. Selbst wenn das FG dem Vorbringen der Klägerin, wonach z.B. auch die Planung von Hochbauprojekten, also eine typische Ingenieur- und Architektentätigkeit, zu ihren unternehmerischen Aktivitäten gehört habe, keine hinreichende Beachtung geschenkt haben sollte, so ist auch damit eine mögliche Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht ausreichend erkennbar gemacht worden. Denn die unzureichende Würdigung von Beteiligtenvorbringen stellt grundsätzlich keinen Verfahrensfehler dar (BFH-Beschluss vom 27. August 2008 IX B 207/07, BFH/NV 2008, 2022, m.w.N.).
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