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BFH 12.04.2012 - X B 190-196/11, X B 190/11, X B 191/11, X B 192/11, X B 193/11, X B 194/11, X B 195/11, X B 196/11
BFH 12.04.2012 - X B 190-196/11, X B 190/11, X B 191/11, X B 192/11, X B 193/11, X B 194/11, X B 195/11, X B 196/11 - Auftreten eines Steuerberaters ohne Prozessvollmacht; Kostenpflicht des vollmachtlosen Vertreters
Normen
§ 62 Abs 2 FGO, § 62 Abs 4 FGO, § 62 Abs 6 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 14. Oktober 2011, Az: 8 K 1807/11, Urteil
vorgehend FG Köln, 14. Oktober 2011, Az: 8 K 2445/11, Urteil
vorgehend FG Köln, 14. Oktober 2011, Az: 8 K 2476/11, Urteil
vorgehend FG Köln, 14. Oktober 2011, Az: 8 K 2656/11, Urteil
vorgehend FG Köln, 14. Oktober 2011, Az: 8 K 2812/11, Urteil
vorgehend FG Köln, 14. Oktober 2011, Az: 8 K 2851/11, Urteil
vorgehend FG Köln, 14. Oktober 2011, Az: 8 K 2852/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Auch im Verhältnis zu einem Steuerberater oder Rechtsanwalt ist die Anforderung einer schriftlichen Prozessvollmacht ermessensgerecht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Person tatsächlich nicht oder nicht wirksam bevollmächtigt ist.
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2. NV: Derartige Anhaltspunkte sind u.a. gegeben, wenn dem Auftreten des Berufsträgers im Klage- oder Rechtsmittelverfahren nicht der aktuelle Sachstand des Besteuerungsverfahrens des vorgeblich Vertretenen zugrunde liegt, die Prozessführung nicht auf die Sache und den konkreten Einzelfall bezogen ist und zahlreiche unstatthafte oder aus anderen Gründen unzulässige Anträge --mit entsprechendem Kostenrisiko für den vorgeblich Vertretenen-- gestellt werden.
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3. NV: Wird eine für einen Dritten erhobene Klage oder ein für einen Dritten eingelegtes Rechtsmittel wegen des Fehlens einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung als unzulässig verworfen, hat der vollmachtlose Vertreter die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
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I. Streitig war in den Klageverfahren im Wesentlichen die Höhe von Hinzuschätzungen, die der Beklagte und Beschwerdegegner zu 1. FA N zu den Erlösen der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betriebenen Friseursalons wegen fehlender formeller und materieller Ordnungsmäßigkeit der Einnahmenaufzeichnungen vorgenommen hatte. In den vorliegenden Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es vorrangig darum, ob der als Prozessbevollmächtigter des Klägers auftretende Steuerberater (S) vom Kläger tatsächlich bevollmächtigt worden ist.
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Der Kläger betrieb seit 2004 einen kleinen Friseursalon, seit Februar 2007 zusätzlich eine deutlich größere Zweigniederlassung. Er reichte für die Streitjahre 2005 bis 2007 zunächst keine Steuererklärungen ein. Im Rahmen einer im Juli 2007 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte die Prüferin erhebliche formelle und materielle Mängel der Einnahmenaufzeichnungen des Klägers fest. Daraufhin erließ das FA N im Wege der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen Bescheide über Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für 2005, später auch entsprechende Schätzungsbescheide für die Jahre 2006 und 2007.
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Nachdem S dem FA N am 1. Februar 2008 mitgeteilt hatte, er habe das Mandat vom bisherigen Steuerberater des Klägers übernommen, forderte das FA N am 8. Februar 2008 eine auf S lautende Vollmacht an. Mit Telefax vom 14. Februar 2008 reichte S zwei Fax-Kopien von Vollmachten ein. Diese sind auf den 31. Januar 2008 datiert und umfassen ausdrücklich nur die Vertretung vor dem FA; von einer Prozessführung ist nicht die Rede. Der Umfang, mit dem die Vollmachten im Festsetzungs- und Erhebungsverfahren gelten sollen, ist nicht --durch Ankreuzen der hierfür auf dem Formular vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten-- festgelegt worden. In seinem Begleitschreiben kündigte S die Nachreichung der Originalvollmachten an. Dies ist jedoch --soweit nach Aktenlage ersichtlich-- tatsächlich nicht geschehen.
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Am 15. Februar 2008 beanstandete das FA N gegenüber S die hinsichtlich des Umfangs der Vertretungsmacht unvollständige Ausfüllung des Vollmachtsvordrucks und bat um Vorlage einer vollständig ausgefüllten Vollmacht. Hierauf hat S nach Aktenlage nicht reagiert.
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Auf Anregung des FA N erließ die zuständige Gewerbebehörde gegen den Kläger am 9. Februar 2009 eine Gewerbeuntersagung, deren sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Die Gewerbeuntersagung wurde auf die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers gestützt. Zur näheren Begründung verwies die Gewerbebehörde auf die sich aus den Schätzungsbescheiden ergebenden Steuerschulden, die Verletzung steuerlicher Erklärungspflichten und das Betreiben der Friseursalons ohne die erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle. Sowohl das Eilverfahren als auch das Hauptsacheverfahren gegen die Gewerbeuntersagung blieben vor dem zuständigen Verwaltungsgericht ohne Erfolg. Der Kläger ließ den im Hauptsacheverfahren ergangenen klageabweisenden Gerichtsbescheid vom 26. November 2009 rechtskräftig werden.
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Noch während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte der Kläger die Steuererklärungen für die Streitjahre beim FA N eingereicht. Das FA N --bzw. ab Ende 2010 der aufgrund eines Wohnsitzwechsels des Klägers örtlich neu zuständig gewordene Beklagte und Beschwerdegegner zu 2. (FA S)-- folgte weitgehend den Angaben in den Steuererklärungen, nahm im Hinblick auf die von der Prüferin festgestellten Aufzeichnungsmängel aber noch Sicherheitszuschläge zu den erklärten Erlösen in Höhe von 16.000 € (2005), 10.000 € (2006) und ca. 20.000 € (2007) vor. Nach Erlass der entsprechenden Änderungsbescheide bzw. Einspruchsentscheidungen stellten sich die streitigen Steuerfestsetzungen wie folgt dar:
-
Jahr
2005
2006
2007
Summe
Einkommensteuer
962,00 €
0,00 €
0,00 €
962,00 €
Gewerbesteuer/-messbetrag
0,00 €
0,00 €
0,00 €
0,00 €
Umsatzsteuer lt. angefochtenem Bescheid
7.689,34 €
5.847,28 €
7.475,63 €
Umsatzsteuer lt. Steuererklärung
5.129,34 €
4.247,28 €
3.627,56 €
Differenzbetrag = streitige Umsatzsteuer
2.560,00 €
1.600,00 €
3.848,07 €
8.008,07 €
Gesamtbetrag der streitigen Steuerfestsetzungen
8.970,07 €
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Hiergegen erhob der Kläger vor dem Finanzgericht (FG) insgesamt fünf Klagen, wobei er die einzelnen Verwaltungsakte teilweise doppelt oder sogar mehrfach rechtshängig machte. Weil sich zwei der Klagen sowohl gegen Verwaltungsakte des FA N als auch des FA S richteten, trennte das FG aus diesen Klagen jeweils ein Verfahren ab und führte damit insgesamt sieben Verfahren fort.
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S reichte beim FA und FG --daneben auch bei der Oberfinanzdirektion und bei verschiedenen Bundesministerien-- eine Fülle von Schriftsätzen ein, deren Inhalt größtenteils verworren ist, kaum Bezugspunkte zum konkreten Sachverhalt aufweist und die eine Vielzahl zumeist unzulässiger Anträge enthalten.
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In den Klageverfahren wurde S am 16. September 2011 die Ladung zur mündlichen Verhandlung für den 14. Oktober 2011 (9:00 Uhr) zugestellt. Erstmals am 6. Oktober 2011 beantragte S, die mündliche Verhandlung "wegen akuter Lebensgefahr für den Kläger" auf unbestimmte Zeit zu verlegen. Der Kläger sei wegen akuter Selbsttötungsgefahr in die geschlossene Abteilung der Universitätsklinik X eingeliefert worden. Unterlagen zur Glaubhaftmachung dieses Vorbringens waren nicht beigefügt. S wiederholte den Terminverlegungsantrag mit Schreiben vom 9. und 12. Oktober 2011.
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Die beim FG zuständige Senatsvorsitzende lehnte den Terminverlegungsantrag mit Telefaxschreiben vom 13. Oktober 2011, das S um 14:11 Uhr übermittelt wurde, ab, weil bisher keine erheblichen Gründe hinreichend glaubhaft gemacht worden seien. Ferner forderte sie S auf, in der mündlichen Verhandlung die erteilten Prozessvollmachten im Original vorzulegen.
- 12
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Mit Telefax-Schreiben vom 13. Oktober 2011, 14:28 Uhr legte S "Einspruch" gegen die Ablehnung des Terminverlegungsantrags ein. Zur Begründung führte er aus, in dieser einmaligen Ausnahmesituation sei eine Verhandlung weder ihm noch dem Kläger zuzumuten. Er sehe sich außerstande, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, während gleichzeitig die Ärzte um das Leben des Klägers kämpfen würden. Unterlagen zur Glaubhaftmachung des behaupteten Klinikaufenthalts des Klägers waren nicht beigefügt.
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Zur mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2011 erschien weder S noch der Kläger. Die Vertreter des FA N und des FA S rügten das Fehlen der Prozessvollmacht, da die Art der Prozessführung durch S Anlass zu der Vermutung gebe, dass diese nicht im Sinne des Klägers erfolge.
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Das FG verwarf die Klagen als unzulässig und legte die Kosten dem S als vollmachtlos aufgetretenem Vertreter auf. Eine Verlegung des Termins sei nicht vorzunehmen gewesen, weil eine Erkrankung des Klägers nicht durch ärztliches Attest glaubhaft gemacht worden sei. Zudem habe weder das FG das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet noch habe S Gründe für die Notwendigkeit der persönlichen Anwesenheit des Klägers vorgetragen. Die Klagen seien wegen des Fehlens der erforderlichen Prozessvollmacht unzulässig. Aus der offensichtlich unzureichenden Prozessführung des S ergäben sich begründete Zweifel daran, ob dessen Vorgehensweise noch auf einer aktuellen Mandatsbeziehung beruhe. In einem solchen Fall sei auch bei einem Steuerberater die Anforderung einer Vollmacht zulässig.
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Hinsichtlich zahlreicher Streitgegenstände seien die Klagen zudem wegen fehlenden Abschlusses des Vorverfahrens, doppelter Rechtshängigkeit, entgegenstehender Rechtskraft früherer Entscheidungen, Bezeichnung des falschen Beklagten sowie fehlender Beschwer bei Anfechtung von Bescheiden, die auf 0 € lauten, unzulässig. Selbst wenn die Klagen zulässig wären, wären sie jedenfalls unbegründet, da die Schätzungen des FA angesichts der gravierenden formellen und materiellen Mängel der Gewinnermittlungen des Klägers jedenfalls nicht zu hoch ausgefallen seien. Das FG verkündete seine Entscheidungen am Tage der mündlichen Verhandlung.
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Am 2. November 2011 reichte S beim FG eine Bescheinigung der Universitätsklinik X vom 6. Oktober 2011 ein, wonach der Kläger seit dem 2. Oktober 2011 stationär behandelt werde.
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Zur Begründung seiner im Namen des Klägers erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden trägt S vor, eine Prozessvollmacht habe in allen Verfahren vorgelegen. Jedenfalls hätte das FG die Vollmacht anfordern müssen. Das FG hätte zudem die mündliche Verhandlung nicht durchführen dürfen, während der Kläger mit dem Tode gerungen habe. Die Schätzungen seien weit überhöht und daher nichtig; für Amtshandlungen, die türkische Mitbürger wegen falscher Beschuldigungen in den Selbstmordversuch treiben würden, sei in einem Rechtsstaat kein Platz.
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Am 8. Dezember 2011 hat S beim Bundesfinanzhof (BFH) die Kopie einer Blanko-Prozessvollmacht eingereicht. Diese weist zwar eine Unterschrift des Klägers und das Datum "19.02.2008" auf; die Rubriken für die Angabe eines bestimmten Prozessbevollmächtigten sowie eines Streitgegenstands sind indes nicht ausgefüllt. Am 7. Februar 2012 hat S eine weitere Kopie vorgelegt, auf der nunmehr sein Kanzleistempel angebracht ist; im Übrigen ist diese Kopie identisch mit der am 8. Dezember 2011 vorgelegten.
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Der Vorsitzende des erkennenden Senats hat S mit Schreiben vom 23. Februar 2012 (zugestellt am 2. März 2012) gebeten, bis zum 26. März 2012 sowohl eine aktuelle Prozessvollmacht des Klägers im Original, die die anhängigen Verfahren genau bezeichnet, als auch die Originale der Vollmachten einzureichen, die S mit Schreiben vom 8. Dezember 2011 und 7. Februar 2012 vorgelegt hatte. S hat dazu am 13. März 2012 erwidert, dem Präsidenten des BFH werde "in Kürze" eine "notariell beglaubigte Vollmacht" vorgelegt werden.
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Am 30. März 2012 ging zu den Akten eines beim II. Senat des BFH geführten Parallelverfahrens die Kopie einer Vollmacht ein, die hinsichtlich des Datums und der Unterschrift erneut identisch ist mit der am 8. Dezember 2011 vorgelegten, auf den 19. Februar 2008 datierten Blanko-Prozessvollmacht. Der Kopf der Vollmacht ist nunmehr wie folgt ausgefüllt worden:
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"Vollmacht
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wird hiermit in Sachen S
-
Steuerberater
-
wegen Prozessführung
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Vollmacht erteilt ... ".
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Neben diesem Text ist der Kanzleistempel des S angebracht. Unter dem Text befindet sich ein Beglaubigungsvermerk eines Notars vom 9. März 2012, dass die vorgelegte Kopie mit der Urschrift wörtlich übereinstimme.
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Das FA S hält die Beschwerden für unzulässig, das FA N für unbegründet.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerden sind unzulässig, weil S, der sie im Namen des Klägers erhoben hat, seine Bevollmächtigung nicht nachgewiesen hat.
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1. Gemäß § 62 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) müssen sich die Beteiligten vor dem BFH durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt gemäß § 62 Abs. 4 Satz 2 FGO bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem BFH eingeleitet wird. Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen, kann aber innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist nachgereicht werden (§ 62 Abs. 6 Sätze 1 und 2 FGO).
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a) Allerdings hat das Gericht einen Mangel der Vollmacht nur dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn als Bevollmächtigter nicht eine in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichnete Person oder Gesellschaft auftritt (§ 62 Abs. 6 Satz 4 FGO). Da S als Steuerberater zugelassen ist, ist der erkennende Senat nicht bereits von Amts wegen zu einer Berücksichtigung des Mangels der Vollmacht gezwungen.
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Daraus folgt aber nicht, dass das Fehlen der Prozessvollmacht unbeachtlich ist. Vielmehr muss das Gericht in einem solchen Fall nach pflichtgemäßem Ermessen darüber entscheiden, ob es die Vorlage einer Vollmacht für notwendig erachtet oder nicht (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2011 X B 109/11, BFH/NV 2012, 438, m.w.N.). Kommt das Gericht dabei zu dem Ergebnis, dass die Vorlage der Vollmacht nicht verzichtbar ist, so ist der von dem vollmachtlosen Vertreter eingelegte Rechtsbehelf als unzulässig zu verwerfen.
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b) Im Verhältnis zu einer der in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO genannten Personen oder Gesellschaften ist die Anforderung einer schriftlichen Prozessvollmacht ermessensgerecht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Person tatsächlich nicht oder nicht wirksam bevollmächtigt ist. Diese Voraussetzung ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung u.a. bejaht worden, wenn der vor dem BFH auftretenden Person das Mandat bereits im Verfahren vor dem FG entzogen worden war (BFH-Beschlüsse vom 11. November 2009 I B 152/09, BFH/NV 2010, 449, und vom 15. April 2010 V B 7/09, BFH/NV 2010, 1830), wenn Eheleute getrennt leben und ein Berufsträger eine große Zahl unzulässiger Rechtsbehelfe für beide Ehegatten einlegt, obwohl er nur eine von einem der Ehegatten unterzeichnete Vollmacht vorlegen kann (BFH-Beschluss vom 12. November 2009 VIII B 167/09, BFH/NV 2010, 450: Annahme fehlender Bevollmächtigung durch den anderen Ehegatten) oder die vor dem BFH auftretende Person schon vom FG erfolglos aufgefordert worden war, eine Prozessvollmacht vorzulegen (Senatsbeschluss in BFH/NV 2012, 438). Demgegenüber begründet allein der Umstand, dass keine Klagebegründung eingereicht worden ist, noch keinen Zweifel am Bestehen einer Vollmacht (BFH-Entscheidungen vom 11. Februar 2003 VII R 18/02, BFHE 201, 409, BStBl II 2003, 606, und vom 10. Februar 2009 X B 211/08, BFH/NV 2009, 782).
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2. Bei Anwendung dieser Grundsätze war in den vorliegenden Beschwerdeverfahren eine Prozessvollmacht anzufordern und das Fehlen der Vollmacht zu berücksichtigen.
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a) So ist erkennbar, dass dem Auftreten des S im Verwaltungs-, Klage- und Rechtsmittelverfahren nicht der aktuelle Sachstand des Besteuerungsverfahrens des Klägers zugrunde liegt.
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Obwohl der Gesamtbetrag der streitigen Steuerfestsetzungen (für alle Streitjahre und Steuerarten zusammengenommen) durch die FÄ N und S bereits vor Klageerhebung auf 8.970,07 € reduziert worden ist, wiederholt S in jedem seiner Schriftsätze die Behauptung, das FA verlange vom Kläger mehr als 102.000 €.
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Zudem hat S auch die Bescheide über Einkommensteuer 2006 und 2007 sowie Gewerbesteuermessbetrag 2005 bis 2007 angefochten, obwohl die entsprechenden Steuer- bzw. Messbeträge noch vor Klageerhebung aufgrund der nachgereichten Steuererklärungen auf jeweils 0 € herabgesetzt worden sind und der Kläger durch diese Bescheide daher nicht mehr beschwert ist.
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Auch der Umstand, dass die Zuständigkeit für das Besteuerungsverfahren noch vor Erhebung der ersten hier streitgegenständlichen Klage auf das FA S übergegangen ist, ist durch S nicht verarbeitet worden. Vielmehr hat er in seiner Klageschrift vom 3. Juni 2011 darum gebeten, dass das FG den richtigen Beklagten bestimmen möge ("wer Beklagte ist, Gerichtsentscheidung").
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Dies alles zeigt --ebenso wie die Fristversäumung bei den anfänglich erhobenen "Sprungklagen"--, dass S seine Prozessführung nicht auf den aktuellen Stand des Besteuerungsverfahrens des Klägers stützt, was wiederum den Schluss auf das Fehlen einer Bevollmächtigung zulässt.
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b) Die Prozessführung durch S ließ von Anfang an und lässt weiterhin nicht erkennen, dass sie auch nur ansatzweise auf die Sache und den konkreten Einzelfall bezogen wäre. So wiederholt S vielfach die immer gleichen Behauptungen, die größtenteils bereits durch die weitere Entwicklung überholt sind; auch legt er in ständiger Wiederholung Kopien der immer gleichen, nicht sachdienlichen Unterlagen vor (allgemeine Schreiben von Bundesministerien; Aufstellungen rückständiger Beträ0ge, die seit langer Zeit überholt sind; Auszüge aus der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergangenen Entscheidung; unvollständige Ablichtungen des Protokolls einer in einem früheren Verfahren vor dem FG durchgeführten mündlichen Verhandlung, das die Behauptungen des Klägers zum Verlauf dieser Verhandlung zudem nicht trägt). Eine Auseinandersetzung mit den vom FA N konkret aufgezeigten Mängeln der Gewinnermittlungen des Klägers sowie mit den zahlreichen prozessualen Problemen der von S eingeleiteten Verfahren, auf die das FG mehrfach hingewiesen hat, findet hingegen nicht statt.
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Auch der Umstand, dass S --trotz entsprechender Hinweise des FG-- zahlreiche Anträge gestellt sowie Rechtsbehelfe eingelegt hat, die jeweils nicht statthaft oder aus anderen Gründen unzulässig sind, zeigt, dass bei seinem Handeln nicht der Gesichtspunkt einer tatsächlichen und sachgerechten Vertretung des Klägers leitend ist. Allein vor dem erkennenden Senat hat S im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt 30 Verfahren eingeleitet, die allesamt --auch unabhängig vom Fehlen einer Bevollmächtigung-- unzulässig oder zumindest offensichtlich unbegründet sind. Auch das hieraus für den Kläger resultierende Risiko, aus Gerichtskosten und den von S berechneten Steuerberatungsgebühren in Anspruch genommen zu werden, spricht in derartigen Fällen für eine sorgfältige Prüfung, ob ein solches Prozessverhalten in Ausübung einer tatsächlich bestehenden Vollmacht erfolgt.
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Dass auch S selbst sich nicht zu einer sachgerechten Vertretung des Klägers in der Lage sieht, zeigt der Umstand, dass er mehrfach die "Beiladung" eines Rechtsanwalts beantragt hat, um "Waffengleichheit" zu erreichen.
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c) Zudem hatte S bereits im Verwaltungsverfahren weder eine Originalvollmacht vorgelegt, obwohl er dies selbst angekündigt hatte, noch hatte er --trotz entsprechender Aufforderung durch das FA N-- den lediglich lückenhaft ausgefüllten Vollmachtsvordruck in einer vervollständigten Fassung eingereicht.
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d) Bei dieser Sachlage reicht die am 8. Dezember 2011 übersandte Kopie einer auf den 19. Februar 2008 datierten Blankovollmacht zum Nachweis einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung für die Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht aus. Zum einen lässt diese Kopie nicht erkennen, welche Person für welches konkrete Verfahren bevollmächtigt worden sein soll. Zum anderen ist die Urkunde, die der Kopie zugrunde liegt, mehr als drei Jahre vor Erhebung der ersten hier zu beurteilenden Klage unterzeichnet worden. Am 19. Februar 2008 waren lediglich die erstmaligen Schätzungsbescheide über Einkommen- und Umsatzsteuer 2005 ergangen. In den nunmehr anhängigen Verfahren geht es hingegen um Einkommen- und Umsatzsteuer sowie Gewerbesteuermessbetrag 2005 bis 2007; zudem haben sich die tatsächlichen Grundlagen durch die Einreichung der Steuererklärungen und die darauf beruhende weitgehende Abhilfe durch die FÄ N und S erheblich geändert.
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Der am 7. Februar 2012 --ebenfalls nur in Kopie-- übermittelte Vollmachtsvordruck, in dem diese Blankovollmacht mit dem Kanzleistempel des S versehen worden ist, reicht im konkreten Fall zum Nachweis einer Bevollmächtigung ebenfalls nicht aus. S hat das entsprechende Originaldokument trotz Aufforderung nicht eingereicht. Zudem ist unklar, zu welchem Zeitpunkt der Kanzleistempel angebracht worden ist. Der zeitliche Ablauf lässt eher darauf schließen, dass dies erst nach dem 8. Dezember 2011 --der erstmaligen Vorlage einer Kopie der Blankovollmacht beim BFH-- geschehen ist.
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Gleiches gilt für die am 30. März 2012 zu den Akten des II. Senats eingereichte Vollmachtskopie. Auch hier ist die Unterschrift des Klägers auf den 19. Februar 2008 datiert. Eine konkrete Bezeichnung der anhängigen Verfahren, auf die sich die Vollmacht beziehen soll, fehlt. Diese Vollmacht ist zudem in sich unschlüssig, weil sie "in Sachen" des Steuerberaters S erteilt worden ist, also nicht etwa in Sachen des Klägers. Auch ist keine Originalurkunde eingereicht worden; der Ablauf lässt vielmehr erneut vermuten, dass die Urkunde in der Form, wie sie heute vorliegt, nicht am 19. Februar 2008 angefertigt worden ist. Daran ändert auch die notarielle Beglaubigung der Übereinstimmung der vorgelegten Kopie mit der Urschrift nichts. Ungeachtet der Frage, ob der auf der Kopie erkennbare Vermerk sich tatsächlich auf den vorstehenden Text bezog, sich mithin auf einem Original befindet, hat der Notar nur beglaubigt, dass am 9. März 2012 die angefertigte Kopie mit der an diesem Tag dem Notar vorgelegten Urschrift übereinstimmte. Der Notar hat hingegen keine Aussage darüber getroffen, welche Teile der Vollmachtsurkunde an welchem Tag von welcher Person angefertigt worden sind.
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Erst recht genügt der Umstand, dass der Kläger unter dem 7. Juli 2011 eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unterzeichnet hat und diese Erklärung anschließend von S bei Gericht eingereicht worden ist, nicht, um auf das Bestehen einer Vollmacht schließen zu können. Zum einen ist in dem Erklärungsvordruck keine Bevollmächtigung eines Dritten enthalten; zum anderen ist der Vordruck lange vor Einleitung der vorliegenden Rechtsmittelverfahren ausgefüllt worden.
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Die vom Senatsvorsitzenden angeforderten Originale der am 8. Dezember 2011 und 7. Februar 2012 eingereichten Vollmachtskopien sowie eine auf die zahlreichen eingeleiteten Rechtsmittelverfahren bezogene Originalvollmacht sind hier bis heute nicht eingegangen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Kosten der Beschwerdeverfahren sind S als vollmachtlosem Vertreter aufzuerlegen (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2012, 438, unter II.4., m.w.N.).
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